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Autor Thema: Fälligkeit, Verzug, Prozesskosten bei Zahlungsklage EVU  (Gelesen 3500 mal)

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Offline RR-E-ft

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Nach dem Urteil des BGH vom 15.02.2006 - VIII ZR 138/05 wird der Einwand der Unbilligkeit gegen die einseitige Preisfestsetzung des Versorgungsunternehmens durch § 30 Nr. 1 AVBV nicht ausgeschlossen:

BGH Urteil vom 15.02.2006 zu §§ 315 BGB, 30 AVBV !!!

Eine einseitige Leistungsbestimmung ist gem. § 315 BGB nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.01.2006 - VIII ZR 71/05 zudem nochmals klargestellt, dass bei einer Zahlungsklage vor Eintritt der Fälligkeit der Leistung gem. § 93 ZPO der Kläger die Prozesskosten zu tragen hat, wenn der Beklagte zu dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch fällig wird, diesen noch sofort anerkennt:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=35739&anz=619&pos=28&Frame=2

Nach wohl herrschender Meinung wird die einseitige Preisbestimmung eines EVU erst mit dem Nachweis der Billigkeit bzw. mit der Rechtskraft eines eine unbillige Preisbestimmung ersetzenden Urteils fällig.

Ein entsprechender Nachweis wird mit den Musterbriefen gefordert.

Der Billigkeits- Nachweis muss für den anderen nachvollziehbar und prüffähig sein. Prof. Salje spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Forderung erst fällig wird, wenn das Versorgungsunternehmen die Billigkeit bewiesen hat (vgl. Salje, Energiewirtschaftliche Tagesfragen 2005, S. 278, (279), m.w.N.).

Der Bestimmungsberechtigte muss die Billigkeit deshalb entsprechend substantiieren.

Der Beklagte ist vor entsprechender Substantiierung nicht gezwungen, die Forderungen \"auf Verdacht\" anzuerkennen, um die Kostenfolge des § 93 ZPO zu bewirken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt:


\"Eine Partei ist nicht gehalten, einen erst im weiteren Verlauf des Rechtsstreits substantiiert vorgetragenen Klageanspruch schon zuvor - gleichsam auf Verdacht - als begründet anzuerkennen, nur um sich der Kostentragungslast entziehen zu können.\"


http://www.rws-verlag.de/BGH-FREE/volltext6/vo100407.htm


Vor dem Nachweis der Billigkeit  liegt keine Fälligkeit und mithin auch kein Verzug vor.

Wurde der Gesamtpreis als unbillig gerügt, muss dessen Billigkeit nachvollziehbar und prüffähig nachgewiesen werden, wozu keine Unterlagen genügen können, welche sich nur zu einer Preiserhöhung bei unterstelltem \"Preissockel\" verhalten, wenn der \"Preissockel\" auf keiner Einigung der Parteien beruhte, sondern ebenso, ggf. faktisch einseitig bestimmt wurde.

In solcher Konstellation sind Nachweise allein mit Bezug auf den Anstieg der Arbeitspreise nicht ausreichend:

http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=556&file=dl_mg_1133022767.pdf

Man sollte immer wieder auch schriftlich darauf hinweisen, dass der Nachweis der Billigkeit noch nicht nachvollziehbar und prüffähig erbracht wurde, ohne diesen Nachweis die Forderung nach § 315 BGB als unverbindlich gilt.



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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