@cabello
Korrekt.
Nur hatten wir schon längst darauf hingewiesen, bevor es das BGH- Urteil gab.
\"Nett\" ist jedoch keine Kategorie in einer Auseinandersetzung über juristische Fragen. Entscheidend sind die Ausführungen auf Seite 22 f..
Zu Prof. Ehrickes Thesen ist anzumerken, dass er meine Ansicht stützt, dass sich aus § 4 Abs. 2 AVBV selbst gar kein Recht zu einseitigen Preisanpassungen ergibt, ein solches Recht vielmehr im Vertrag selbst vereinbart sein muss.
Die Konsequenz dürfte er allerdings im Überschwang nicht bedacht haben:
Derjeneige, der sich auf ein Recht beruft, die Leistung nach Vertragsschluss einseitig neu zu bestimmen, hat zu beweisen, dass ihm ein solches Recht überhaupt eingeräumt ist, wie schon das Reichsgericht ausführte, vgl. Palandt, BGB, § 315 Rn. 19.
Ein entsprechender Beweis dürfte dem Versorger schwer fallen, wo er entgegen § 2 AVBV schon keinen schriftlichen Vertrag begründet hat, wie das sehr oft der Fall ist. Dann kann auch schon schlecht nachgewiesen werden, dass die AVBV gem. § 305 BGB überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.
Der Vertrag soll nach der Vorschrift schriftlich abgeschlossen werden.
Auch ein nichtschriftlicher Vertrag ist wirksam, wie § 2 Abs 2 AVBV verdeutlicht, nur hat der Versorger eben wohl Beweisprobleme....
Prof. Ehricke stützt damit meine These, dass sich die EVU aktuell wegen unzulänglicher Vertragsgestaltung oft in der Situation sehen, keine einseitigen Preiserhöhungen durchsetzen zu können, ohne dass es überhaupt erst auf eine Billigkeitskontrolle ankäme.
Kann der Versorger nicht nachweisen, dass ihm ein solches Recht vertraglich eingeräumt wurde, ist er zur einseitigen Leistungsneubestimmung gerade gar nicht berechtigt, ohne dass es auf eine Billigkeit ankommt.
Im Übrigen sei es aufgrund der Tatsache, dass Prof. Ehricke kein AGB-Rechtler ist, nachgesehen, dass seine Einschätzung hinsichtlich eines Schutzes durch ein Sonderkündigungsrecht unzutreffend ist, vgl. Arzt/ Fitzner, ZNER 2005, 308 ff.; Arzt N&R 2006, 2 ff.
Als Energierechtler hätte ihm indes auffallen dürfen, dass der BGH in dem Urteil vom 05.02.2003 - VIII ZR 111/02 und auch in den Urteilen vom 30.04.2003 - VIII ZR 278/02 die Billigkeitskontrolle nicht etwa deshalb entfallen ließ, weil der Vertrag durch den Kunden ebenso gekündigt werden konnte.
Selbstredend bestand auch in dem vom BGH im Urteil vom 18.10.2005 - KZR 36/04 zu entscheidenen Fall sicherlich ein Recht des Stromlieferanten, sich aus dem Vertragsverhältnis zu lösen.
Niemand zwang den Stromlieferanten zu einem Vertragsabschluss oder einem Festhalten am Vertrag. Er hätte sich ja auch woanders betätigen können.
Nur hatte der Stromlieferant einen gesetzlichen Anspruch auf die Leistung des Netzbetreibers, ebenso wie die Kunden gegenüber bestimmten EVU.
Darauf kommt es also an und nicht etwa auf eine Monopolstellung oder eine Leistung der \"Daseinsvorsorge\", wozu die Netznutzung für einen Stromhändler gerade nicht zählt, weil für dessen Dasein der Staat gar nicht vorsorgen muss. Viele Stromhändler sind zwischenzeitlich nicht mehr da, sondern insolvent oder einfach von den Konzernen liquidiert (abgewickelt).
Das Kündigungsrecht war jeweils ersichtlich vollkommen ohne Relevanz für die Frage der Anwendbarkeit des § 315 BGB nach der Rechtsprechung des BGH.
Zu den Ausführungen von Frau Ambrosius ist anzumerken, dass die auf Seiten 24/ 25 diskutierten Fragen vom BGH m. E. bereits entschieden wurden, undzwar recht eindeutig.
Das entsprechende BGH- Urteil vom 02.10.1991 findet sich u. a. hier:
http://www.energieverbraucher.de/de/Allgemein/Service/Container_Urteilssammlung/site__1653/Mit der BGH- Entscheidung wurde ein klageabweisendes Urteil bestätigt, die Ausführungen finden sich auf Seite 16 f. des Urteils.
Die Bestimmung ist (insgesamt) nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Für die Billigkeit trägt das EVU die Darlegungs- und Beweislast.
Wird das Gericht durch den Vortrag des EVU nicht in die Lage versetzt, zu prüfen, ob und inwieweit die Bestimmung etwa unbillig ist, ist die Zahlungsklage vollständig als derzeit unbegründet abzuweisen (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 183, 186).
Auch ist das Gericht nicht etwa von sich aus befugt, einen billigen Preis zu bestimmen. Für das inzidente Feststellungs- bzw. \"versteckte\" Gestaltungsurteil bedarf es vielmehr eines entsprechenden Antrages der einen oder der anderen Partei (vgl. BGH, aaO.).
Das Gericht ist - einen entsprechenden Antrag vorausgesetzt - nur dann zu einer solchen Ersatzbestimmung berechtigt, wenn die Bestimmung vom Leistungsbestimmungsberechtigten verzögert wurde oder positiv feststeht, dass die Leistungsbestimmung unbillig ist (vgl. BGH, aaO.).
Kann eine solche Feststellung, ob die Preisbestimmung unbillig ist, nicht getroffen werden, scheidet eine Ersatzbestimmung durch das Gericht aus (vgl. BGH aaO.).
Demnach kann nicht irgend etwas bereits verbindlich sein, soweit es der Billigkeit entspricht. Dies würde nämlich dem Bestimmungsgegner das Risiko auferlegen, für sich selbst schon einmal eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung zu ermitteln, die er gegen sich gelten lassen muss.
Zu einer solchen Ermittlung einer der Billigkeit entsprechenden Bestimmung ist der Kunde jedoch gar nicht in der Lage, weil er ja schon die preisbestimmenden Faktoren und deren Entwicklung (innerhalb des EVU) schlicht nicht kennen kann.
Diese Fragen sind also bereits vom BGH eindeutig entschieden.
Daraus wird auch deutlich, wie weniog sinnvoll es ist, als Bestimmungsgegner die Bestimmung eines billigen Preises durch das Gericht zu beantragen, wie es oftmals bei Feststellungsklagen von Verbrauchern der Fall war.
Das schutwürdige Interesse des Kunden ist darauf gerichtet, festzustellen, dass die Bestimmung unverbindlich, also unwirksam ist.
Dies ist selbstredend der Fall, wenn die Preisbestimmung nach den getroffenen Feststellungen unbillig ist, gilt jedoch auch schon dann, wenn das EVU nicht nachweisen kann, dass die einseitige Bestimmung der Billigkeit entspricht.
Denn die Bestimmung ist für den anderen Teil nach der Rechtsprechung nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Diese vom Gesetzgeber eindeutig gewollte Regelung ergibt sich auch unzweifelhaft aus den Motiven und Protokollen zum BGB.
Dieses Ergebnis steht in vollkommener Übereinstimmung mit der prozessualen Darlegungs- und Beweislast.
Wenn im Zahlungsprozess des EVU erst nach entsprechender Substantiierung des EVU die Billigkeit für den Kunden nachvollziehbar wird, hat dieser noch die Möglichkeit des \"sofortigen\" Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO mit der Folge, dass das klagende EVU die Prozesskosten zu tragen hat.
Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH ein \"sofortiges\" Anerkenntnis regelmäßig nicht mehr möglich, wenn im schriftlichen Vorverfahren eine Verteidigungsanzeige abgegeben wurde.
Im Falle einer einseitigen Leistungsbestimmung gem. § 315 BGB verhält es sich jedoch nach der Rechtsprechung des BGH besonders anders (vgl.
Fricke, WuM 2005, 547, 552 m.w.N.).
Hierzu gibt es mehrere Entscheidungen des BGH, welche meine Auffassung stützen.
Demnach können dem klagenden EVU die Verfahrenskosten in dieser besonderen Konstellation auch auferlegt werden, wenn der verklagte Kunde die einseitige Bestimmung des EVU erst nach nachvollziehbarer Substantiierung des EVU \"sofort\" anerkennt.
Durch das Anerkenntnis ist es dabei ohne Belang, ob die Preisbestimmung tatsächlich billig oder unbillig war. Dem Gericht wird die Entscheidungskompetenz durch ein Anerkenntnis des Beklagten entzogen.
Es ergeht ein Anerkenntnisurteil, vermöge dessen der Verbraucher den geforderten Betrag zu zahlen hat.
Wegen der bis dahin bestehenden Unverbindlichkeit und Nichtfälligkeit m.E. ohne Zinsen, weil bis zum Anerkenntnis die Billigkeit und damit Verbindlichkeit durch das EVU nicht nachgewiesen war.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt