Energiepreis-Protest > swb

Stadtwerke Bremen SWB

<< < (5/16) > >>

Cremer:
@Fricke,

was heißt im Urteil auf der Seite 17, 3. Absatz die ersten beiden Sätze.

"§§315, 316 BGB können ebenfalls....."

Könen Sie dies kurz erläutgern?

RR-E-ft:
@uwes

Das Gericht stellt in der Tat darauf ab, man habe sich bei Vertragsabschluss auf einen Preis geeinigt.

Preiserhöhungen könnten nur erfolgen bei wirksam vereinbarter Preisanpassungsklausel, an der es in den Verträgen fehlt, weil die entsprechenden Klauseln unwirksam sind.

Dies mag für Sonderverträge gelten.

Es könnten wohl unter Berufung auf das Urteil nun unverjährte Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden, wobei sich die Frage nach dem überhaupt geschuldeten Preis stellt, wenn der Vertrag ggf. schon seit über zehn Jahren besteht.

Dabei kann auch eine Verwirkungsproblematik eine Rolle spielen.

Bei echten Tarifkunden hingegen, auf welche § 4 Abs. 1, Abs. 2 AVBGasV direkt Anwendung findet, gilt indes nach der neuen Tariferechtsprechung des BGH (vgl. nur  BGH, Urt. v. 18.10.2005, NJW 2006, 684, 685 Rn. 10), dass es dabei an einer Einigung auf einen Anfangspreis gerade fehlt, sondern auch dieser einseitig bestimmt und vorgegeben wurde.

Wer an einem Morgen Erdgas aus dem Verteilnetz entnimmt - ohne die aktuellen Preise zu kennen - und damit konkludent einen Vertrag schließt (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.02.2006, WuM 2006, 207, 209, Rnr. 15/ 16) und sodann am Mittag in der Zeitung liest, dass für den nächsten Tag neue Tarife bekannt gegeben werden, kann sich nicht mit dem Unternehmen auf einen bestimmten Anfangspreis als solchen geeinigt haben.

So sollte es auch bei Sonderkunden - die Unterscheidung ist vollkommen willkürlich - liegen.

Denn es kommt nun zu einer Ungleichbehandlung, wenn etwa ein Kunde aktuell einen solchen Vertrag bei hohem Preisniveau geschlossen hat, der Nachbar jedoch den selben Vertrag mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln bereits 2002 und nun beide bei gleicher Abnahme und gleichem Lastverhalten vollkommen unterschiedliche Preise schulden sollen, was die Konsequenz daraus wäre, dass man sich auf einen Anfangspreis geeinigt hatte, der weiter Geltung beansprucht.

Das Urteil wirft also sehr viele auch grundsätzliche Fragen auf.

Ich stehe weiter auf dem Standpunkt, dass in jedem Falle bereits der Anfangspreis einseitig bestimmt wurde und auch dieser vom GVU bestimmte Preis sich jederzeit anhand §§ 1, 2 EnWG messen lassen muss.

Denn der Versorger schuldet schon immer allen Anspruchsberechtigten gem. § 10 EnWG a.F (jederman) von Anfang an eine möglichst preisgünstige Versorgung und hat seine Preisbildung daran auszureichten (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.10.2005, NJW 2006, 684, 685 re. Sp. Rn. 13 am Ende)

Dies hat dann jedoch die Anwendung von § 315 BGB bei umfassender Preiskontrolle anhand der offen zu legenden Kalkulation zur Folge.

Weil sich beide Argumentationen teilweise gegenseitig widersprechen, ist unser Geschäft nun nicht eben leichter geworden.  

@Cremer

Eine entsprechende Erläuterung findet sich in Energiedepesche Sonderheft S. 5.

§ 315 BGB besagt Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen durch einen Vertragsteil, wenn man sich nicht auf deie Leistung (hier: den zu zahlenden Preis ) bei Vertragsschluss geeinigt hat. Aus § 316 BGB soll sich ergeben, dass es der Versorger ist, der diese Leistungsbestimmung nach § 315 BGB treffen können soll. Es könnte ja sonst auch der Kunde sein, der den Preis für die von ihm bezogenen Leistungen einseitig bestimmt....Es ist indes der Gläubiger welcher die Leistung, hier die Entgeltzahlung hiernach beanspruchen kann.

Sonst könnten sich alle Kunden die Preise unbillig selbst festsetzen....


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Cremer:
@Fricke,

wenn ich das Urteil richtig gelesen habe, dann sind für Sondervertragskunden die AVBGasV nicht gültig.

Im Gegenteil war es bei den SW KH. Da stand in den "Bestimmungen zum Erdgas-Sondervertrag A, (Ausgabe 09/1992) in der Pos. 1, dass die AVBGasV gelten.      

Bei meinem Energieclubvertrag in "Allgemeine Bestimmungen zum Kreuznacher Eergiepaket Gas" wird ausgesagt, dass die AVBGasV nicht gelte. Aufgeführt werden aber darin unter Preisänderungen ebenso die allgemeinnen Floskeln wiec in den Allgemeien Vertragsbestimmugen (Preisformel, Anpassungstermine etc.)

RR-E-ft:
@Cremer

Die AVBGasV gilt direkt nur für Tarifkunden. Man kann die Bestimmungn allenfalls vertraglich in einen Sondervertrag einbeziehen, muss sich aber darüber einig sein. Zudem sind die §§ 305 ff. BGB zu beachten.

Eine Einbeziehung einer Klausel in einem Sondervertrag, die § 4 AVBGasV entspricht sei jedoch mit dem Transparenzgebot und der BGH- Rechtsprechung dazu im Flüssiggasurteil unvereinbar.

Auch das Gericht hinterfragt kritisch, ob sich aus § 4 Abs. 2 AVBV überhaupt ein Recht auf eine Preisänderung ergibt, da sich diese Bestimmung nur zu dem Zeitpunkt des frühestmöglichen Wirksamwerdens verhält.

Eigentlich bedarf es einer entsprechenden vertraglichen Regelung über Zeit, Art und Umfang von einseitigen Preisänderungen und aus § 4 Abs. 2 AVBV kann sich dann nur ergeben, wann die nach einer gesonderten vertraglichen Abrede bestimmte Preisänderung frühestens wirksam wird.

Das Urteil besagt, dass man mit Sondervertragskunden die Geltung der Bestimmungen der AVBGasV als AGB insoweit nicht wirksam vereinbaren kann, eine solche Einbeziehung deshalb unwirksam ist und der bei Vertragsschluss vereinbarte  Preis deshalb immer weiter gilt.

Ich habe meine Zweifel, ob letztere Aussage richtig sein kann, weil dann gerade neu hinzugekommene Sondervertragskunden benachteiligt wären.

Wegen §§ 1, 2, 36 EnWG hat der Versorger m.E.  von Anfang an für alle potentiellen Kunden, die einen gesetzlichen Versorgungsanspruch haben, möglichst preisgünstige Tarife durch öffentliche Bekanntgabe feil zu bieten

Aber das sind alles Grundsatzfragen, die eigntlich nicht in diesen thread gehören.

Aus dem Bremer Urteil kann man entnehmen, dass Papier geduldig ist und nicht jede Klausel in einem Vertrag wirksam ist, so dass Preierhöhungen unbedingt auf sie gestützt werden können und dass das Vertragsmanagemnt der Versorger bisher zu schlicht organisiert war.

In Bremen liegt eine unzulässige Ungleichbhandlung der Kunden offensichtlich schon darin, dass  Kunden des Unternehmens zeitlich parallelzu vollkommen unterschiedlichen  Vertragbedingungen mit Erdgas versorgt werden.

So ein Zustand ist oft Folge von Fusionen. Er verstößt indessen schon gegen das Gleichbehandlungsgebot und kartellrechtliche Diskriminierungsverbot.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

uwes:

--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Aber das sind alles Grundsatzfragen, die eigntlich nicht in diesen thread gehören.
--- Ende Zitat ---


Die gesamte Bremer Entscheidung wirft Grundsatzfragen auf, wie ich schon oben dargelegt habe. Insbesondere stellt sich für alle Bremer Gaskunden die Frage nach dem geschuldeten Preis. Ist der jetzige, der zum Zeitpunkt des Widerspruchs gültige oder nur der am Anfang des Vertragsverhältnisses geltende Preis geschuldet? Ich gehe mit Herrn Fricke davon aus, dass das Landgericht Bremen unabhängig von Verwirkungsgesichtspunkten (worin sollen die außer beim Zeitablauf eigentlich liegen?)  nur den Am Anfang geltenden Preis als den geschuldeten ansieht.


--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Aus dem Bremer Urteil kann man entnehmen, dass Papier geduldig ist und nicht jede Klausel in einem Vertrag wirksam ist, so dass Preierhöhungen unbedingt auf sie gestützt werden können und dass das Vertragsmanagemnt der Versorger bisher zu schlicht organisiert war.
--- Ende Zitat ---


Ja, aber das ist auch bei anderen Versorgern der Fall. Mir sind Fälle bekannt, in denen Kunden der swb neue Vertragsbedingungen ohne konkrete Erläuterung der Änderungen zugeschickt worden sind und ohne dass man den Kunden Unterschriften zum Zeichen Ihrer Zustimmung abverlangt hätte.


--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---In Bremen liegt eine unzulässige Ungleichbhandlung der Kunden offensichtlich schon darin, dass  Kunden des Unternehmens zeitlich parallel zu vollkommen unterschiedlichen  Vertragbedingungen mit Erdgas versorgt werden.
--- Ende Zitat ---


Gleichheit im Unrecht gibt es nicht. Nicht jeder Kunde hat bei Geltung neuerer Vertragsbedingungen diese auch zugeschickt bekommen. Das war so in Bremen üblich. Schließlich hatte ja noch niemand die Entgeltforderungen der swb bemängelt oder gar angegriffen.


--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---So ein Zustand ist oft Folge von Fusionen. Er verstößt indessen schon gegen das Gleichbehandlungsgebot und kartellrechtliche Diskriminierungsverbot.

--- Ende Zitat ---


Hier ist nie "fusioniert" worden. Lediglich die Anteile von Bremen sind verkauft worden (Bis auf eine Aktie) und die ehemaligen Stadtwerke haben jetzt für die verschiedenen Geschäftsfelder diverse Tochterunternehmen.

http://www.swb-gruppe.de/unternehmen/unternehmensstruktur.php

Im übrigen sehe ich hier keine Notwendigkeit von Gleichbehandlungen. Wenn ein Bremer Kunde die neuen Bedingungen der sbw AG nicht akzeptiert oder diese nicht in die Altverträge einbezogen werden, so kann man m.E. nicht den Versorger zwingen, mit Neukunden auf der Basis der Altverträge Neuverträge abzuschließen.

Interessant an dem Urteil des Bremer Landgerichts ist aber m.E.  das Ergebnis, dass  die Kammer - wie schon in meinem Beitrag vom 24.3.2006 enthalten -
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?p=11652#11652
meint, bei unwirksamer Preisänderungsklausel sei auch ein Preisbestimmungsrecht der swb AG  nach gesetzlichen Bestimmungen nicht gegeben. Das ist nach AGB - rechtlichen Grundsätzen (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) konsequent und richtig.

Das bedeutet, dass die swb AG alle Verträge mit ihren Kunden neu gestelten müsste um die Preisanpassungen vornehmen zu können.

Wenn das die Kunden aber nicht wollen.....?

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