@Wusel
@Schöfthaler
Es gab bisher ersichtlich noch nie den Fall, dass ein Gericht einen \"billigen\" Preis bestimmen konnte/ bestimmt hat.
Das macht die Sache ja gerade so spannend.
Zahlungsklagen wurden deshalb jeweils vollständig abgewiesen, vgl. Urteile LG Mannheim, LG Neuruppin, AG Karlsruhe, AG Neuenahr-Ahrweiler, so auch schon OLG München, NJW-RR 1999, 421 und BGH NJW-RR 1992, 183 ff. oder zugesprochen, etwa KG Berlin, Urteil vom 15.02.2005.
Wenn Sie den Gesamtpreis als unbillig rügen, geht der Streit bei einer Zahlungsklage gerade nicht lediglich um die Angmessenheit der Preiserhöhung.
Die Situation ist deshalb eine andere als beim LG Heilbronn, wo die Angemessenheit einer Preiserhöhung zu prüfen war.
Zu hohe Vorlieferantenpreise widersprechen einer energiewirtschaftlich- rationellen Betriebsführung und können deshalb nicht zu billigen Preisen führen.
Es sind eben nicht alle Kosten des Versorgers berücksichtigungsfähig.
Darüber gibt es vielfältige wie umfangreiche Aufsätze und Dissertationen, so dass es unmöglich ist, Ihnen das hier zu vermitteln.
Wenn Sie eine letzte Gewissheit fordern, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es eine solche nicht geben kann:
Amtsgerichtliche Entscheidungen bei einem Streitwert unter 600 EUR sind regelmäßig nicht berufungsfähig, bedürfen nur eingeschränkt einer Begründung. Man kann jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Zulassung der Berufung beantragen.
Man könnte es auch anders ausdrücken:
In bestimmten Gerichtsverfahren ist über dem entscheidenden Richter \"nur noch der Himmel\".
Gerade Amtsrichter sind daran interessiert, ihre Verfahren schnell zu erledigen. Eine schnelle Erledigung versprechen also vollständige Klageabweisung oder vollständige Verurteilung, nicht jedoch die aufwendige Bestimmung eines billigen Preises....
Genau die gleiche Unwägbarkeit verspüren auch die Versorger.
Nur wäre für diese eine rechtskräftige Klageabweisung insgesamt katastrophaler...
Deshalb hat wohl niemand ein Interesse daran, den Streit ohne Möglichkeit eines Rechtsmittels durch einen Amtsrichter entscheiden zu lassen. Die Chancen dort stehen aus genannten Gründen 50 : 50.
Man könnte auch würfeln oder aber ein Streichholz ziehen....
Eben dies ist gemeint mit \"Vor Gericht und auf hoher See\". Recht haben, recht bekommen und Recht durchsetzen sind verschiedene Paar Schuhe.
Gerade auch um den Amtsgerichten zukünftig den Weg zu weisen und Orientierung zu geben, gibt es die Sammelklagen, welche in der Rechtsprechung der höheren Gerichte für Klarheit sorgen sollen.
Jedoch gibt es - wie aufgezeigt - prozessuale Unterschiede zwischen einer Feststellungsklage und einer Zahlungsklage. Deshalb kann die Rechtsprechung des LG Heilbronn nicht 1:1 auf einen Prozess, welcher die Zahlungsklage des EVU zum Gegenstand hat, übertragen werden.
Wenn Sie also ganz sicher gehen wollten, müssten Sie vollständig zahlen. Dann können Sie fast vollständige Gewissheit haben, dass der Versorger das Geld hat und auch nie wieder herausgeben muss. Das Geld ist dann ganz sicher weg.
Korrekt ausgedrückt ist das Geld gar nicht weg, sondern nur bei den anderen.
Wer also größtmögliche Sicherheit will, wählt diesen Weg.
In der Presse können Sie dann irgendwann lesen, ein deutscher Konzern habe einen spanischen Versorger gekauft. Der Kaufpreis in Milliardenhöhe wurde in bar bezahlt. Wie beruhigend.
Jurisprudenz ist etwas anderes als Mathematik.
Selbst in der Mathematik gibt es oft keine eineindeutigen Lösungen.
Es ist zum ersten Mal der Fall, dass sich Verbraucher, nachdem sie über ihre Rechte informiert wurden, gegen zu hohe Energiepreisein in großem Stil zur Wehr setzen.
Dementsprechend gering ist bisher noch die Anzahl entsprechender Gerichtsentscheidungen. Das ändert sich gerade und der Trend dabei ist aus meiner Sicht eindeutig.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt