Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga  (Gelesen 14650 mal)

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Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« am: 16. Februar 2006, 14:39:12 »
Ich habe hier schon vor einiger Zeit um Rat gefragt wegen eines Vertrags Bestpreis Gas der Stadtwerke Leipzig:
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2226

Ich habe dann wie vorgeschlagen Widerspruch gegen die Preiserhöhungen eingelegt, zum einen gestützt auf den weiterhin gültigen Vertrag, zum anderen auf § 315 BGB.
http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2262&highlight=bestpreis

 Am 18.01.2006 kam erst mal eine Mahnung wegen nicht eingelöster Lastschrift, die ich umgehend zurückgewiesen habe. Am 23. Januar kam eine Antwort auf meinen Widerspruch vom Vertriebsteam.

Sinngemäß und knapp zusammengefaßt: die Stadtwerke gehen mit ihren Lieferungen in Vorleistung, ich möge in Zukunft auch meine Zahlungspflicht erfüllen. Ich möge die vereinbarten Abschläge zunächst zahlen, und dann eine Rückforderung geltend machen.  Außerdem wird noch darauf hingewiesen, daß das von mir zitierte BGH-Urteil nur im Rahmen der Wasserversorgung gilt und die Stadtwerke mir aus Wettbewerbsgründen keinen Einblick in die Kostenlage und Kalkulationsgrundlagen gewähren könne. Dann bietet man mir noch einmal den Abschluß eines neuen Bestpreis Gas-Vertrages an (in dem nun übrigens auch die in meinem Vertrag fehlende Preisanpassungsklausel enthalten ist) und verweist ausführlich auf die kontroverse Diskussion in der Öffentlichkeit, gestiegene Ölpreise, Preisanpassungsklausel usw. bla bla.

Auf dieses Schreiben habe ich wegen Urlaub leider noch nicht antworten können.

Nun habe ich am 9. 2. erneut ein Schreiben der Stadtwerke Leipzig - 2. Mahnung von der Abteilung Energie-Abrechnung - erhalten, in dem mir eine Versorgungs-Sperre für den 7. März von 08:00 bis 11:00 Uhr angekündigt wird, wenn nicht bis 27.2. die ausstehenden Beträge bei den Stadtwerken eingegangen sind. Begründung: §33 Abs. 2 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts-/Gasversorgung von Tarifkunden. Gleichzeitig werden Kosten für die Unterbrechung des Netzanschlusses iHv 36,21 EUR und für die Wiederinbetriebnahme iHv 26,51 (73,50) EUR angekündigt.

Die Stadtwerke machen mich weiter darauf aufmerksam, daß ich gem. § 16 AVBEltV/GasV verpflichtet bin, den Beauftragten der Stadtwerke Zutritt zum Zähler zu gestatten. Für den Fall, daß ich den Zutritt verweigere, droht man gerichtliche Schritte (einstweilige Verfügung) mit weiteren Kosten für mich an.

Was kann ich nun tun? Erst mal nur Hinweis auf meinen Widerspruch? Oder muß ich gleich gerichtliche Schritte gegen die Sperrandrohung (Hausverbot, Schutzschrift) einlegen?

Offline RR-E-ft

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #1 am: 16. Februar 2006, 14:46:02 »
@alinea

Erst einmal Hinweis auf den Widerspruch, um ein \"Missverständnis\" durch ein Nichtsetzen einer Mahnsperre in der EDV auszuschließen.

Kurze Fristsetzung zur Stellungnahme,  um ggf. genug Zeit zu haben, juristisch vorzugehen.

Aufforderung zur schriftlichen Rücknahme der Sperrandrohung zur Meidung rechtlicher Schritte dabei nicht vergessen.



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Cremer

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #2 am: 16. Februar 2006, 15:15:35 »
@alinea,

sprechen Sie doch mal freundlich mit der Abteilung Energieabrechnung. Die haben wohl keine Ahnung aus der Kundenbetreuung bzg. Ihres Widerspruches.

Neben dem schriftlichen Hinweis auf Ihren Widerspruch können sie ja freundlich den Sachbearbeiter auch daraufhinweisen, dass Widerspruch gemäß § 315 vorliegt und damit die AVBGasV nachrangig ist.

Man möge sich doch bitte innerhalb des Hauses SWL kurzschließen!
 
Vielleicht ist Ihr Widerspruchsschreiben in der großen SWL in der falschen Abteilung gelandet

Nehmen Sie keine neuen Vertrag an. Dieser könnte so formuliert sein, dass § 315 ausgeschlossen ist.
MFG
Gerd Cremer
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Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #3 am: 16. Februar 2006, 16:07:43 »
@ Cremer
- ein kurzer Telefonanruf hat zumindest schon mal ergeben, daß die Sperrandrohung storniert wird, da ein Widerspruch von mir noch nicht bearbeitet wurde. Die wissen intern wirklich nicht, was die andere Abteilung tut.

@ Fricke
werde so verfahren, danke für die Hinweise.

Ich halte alle im Forum auf dem Laufenden...

Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #4 am: 30. März 2006, 12:00:37 »
Nachdem die Stadtwerke die angedrohte Sperrung der Zufuhr tatsächlich auch schriftlich zurückgenommen haben (mit der Post erst 4 Stunden nach der angedrohten Sperrung bei mir eingegangen...), trudeln nun wieder Mahnungen usw. ein.

Hinsichtlich des Vertrages verweisen die SWL jetzt auf § 30 (kein offensichtlicher Fehler), § 25 (neuer Abschlag) und § 4 Abs. 2 AVBGasV (Preisanpassung). Danach stünde den SWL Leipzig ein Preiserhöhungsrecht zu und ich dürfte auch nicht gegen Ansprüche des Gasversorgers aufrechnen und muß die neu festgesetzten Abschläge zahlen.
Netterweise haben die SWL mir jetzt auch mal die AVBGasV beigelegt.

Aber gelten die in meinem Fall auch wirklich? Wie soll ich jetzt reagieren?

Offline RR-E-ft

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #5 am: 30. März 2006, 12:23:04 »
@alinea


Wie man auf unberechtigte Sperrandrohungen reagiert, ist hinlänglich beschrieben.

Ob die Bestimmungen der AVBGasV wirksam in den Vertrag einbezogen waren, Ihnen diese vor dem Vertragsschluss bekannt und Sie mit der Einbeziehung einverstanden waren, müssten Sie nochmals rekapitulieren.

Dann ist es mit den Preiserhöhungen jedoch auch nicht so einfach für den Gaslieferanten, wie dieser es darzustellen sucht.

Lesen Sie auch hier:


http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2994

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=2956

Verweisen Sie auf die Rechtsprechung des LG Heilbronn und LG Potsdam, RdE 2004, 307, wonach auch auf solche Preiserhöhungen § 315 BGB Anwendung findet und § 30 AVBV das Zurückbehaltungsrecht des Kunden nicht ausschließt. Zur Wirkung des Unbilligkeitseinwandes verweisen Sie auf LG Köln RdE 2004, 306.


Im Übrigen sei das Durchstöbern der Entscheidungssammlung anempfohlen.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #6 am: 31. März 2006, 16:31:08 »
@ Fricke

Lt. Ziffer 7 des Vertrages Bestpreis Gas sind die AVBGasV wohl (wirksam?) einbezogen worden:

7. Allgemeine Vereinbarungen
\"... Im Übrigen gilt, soweit in diesem Vertrag keine abweichenden Regelungen getroffen sind, die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV). Die in §§ 6 und 7 der AVBGasV aufgeführte Haftungsregelung... Änderungen/Ergänzungen des Vertrages und Kündigungen sowie diese Schriftformbestimmung bedürfen der Schriftform.

Jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung des Vertrages und der zugehörigen Anlagen.\"

a) Anlagen sind im Vertrag keine besonderen aufgeführt
b) ich habe mit dem Vertrag auch keine AVBGasV ausgehändigt bekommen.

Frage: wirklich wirksam vereinbart???

Die AVBGasV haben mir die SWL übrigens mit dem letzten Schreiben nun auch mal mitgeschickt.

Falls aber die AVBGasV nun doch wirksam vereinbart sind, was antworte ich den Stadtwerken auf das letzte Schreiben?

Oder kann ich mich allmählich mal auf den Standpunkt stellen, ich habe ausreichend dargelegt, daß ich mich auf einen weiter wirksamen Bestpreis Gas beziehe und zusätzlich wegen § 315 BGB die Erhöhungen zurückweise? Und warte gelassen darauf, ob und wann mich die Stadtwerke auf Zahlung verklagen? Ist schon eine Menge Schreibkram...

Offline RR-E-ft

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #7 am: 03. April 2006, 04:39:52 »
@alinea


Es fehlt wohl schon an der wirksamen Einbeziehung in den Vertrag, § 305 BGB. Verlangen Sie einen Nachweis darüber.
 
Da die Vorschrift ( §§ 4 II AVBGAsV) zudem nicht direkt zur Anwendung kommt, da es sich um einen Sondervertrag handelt, wird die Regelung wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 BGB für unwirksam gehalten:

Säcker, RdE 2006, 67f.;
BGH Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 38/05.

Wo die Klausel unwirksam ist, können Preiserhöhungen erst gar nicht darauf gestützt werden, so das LG Bremen in der Verhandlung in Sachen swb am 24.03.2006.

Sollte die Klausel wirksam einbezogen und wirksam sein, gilt Folgendes:


Im Falle von Preisänderungen unter Berufung auf ein einseitiges Preisänderungsrecht gem. § 4 Abs. 2 AVBV  findet die Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB Anwendung in unmittelbarer (direkter) Anwendung der Norm.

Das entspricht der herrschenden Auffassung.

Fundstellen, die dies belegen:

Markert, RdE 2006, 84, 87 f;
Säcker, RdE 2006, 65, 75;

Franke in: Schneider/Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, S. 934 f. Rn. 52

Witzel/ Topp, Allg. Versorgungsbedingungen für Fernwärme, 2. Aufl., S. 79; Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Stand 2002, § 4 AVBEltV, Rdn. 4, § 24 AVBFernwärmeV, Rdn. 17; OLG Hamburg, WuW/E OLG 2838;KG, WuW/E OLG 3091.
 
Verweisen Sie darauf und warten Sie ab, ob die Stadtwerke wirklich eine gerichtliche Klärung wollen, was ich mir derzeit nicht vorstellen kann.

 


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #8 am: 03. April 2006, 16:03:33 »
@ Fricke

Vielen Dank für die detaillierte und ausführliche Antwort - ich halte das Forum über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden.

Gibt es eigentlich sonst niemand in Leipzig, der sich gegen die SWL und die Bestpreise Gas wehrt??? Meldet Euch doch mal zwecks Erfahrungsaustausch!

Offline alinea

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #9 am: 20. April 2006, 10:08:31 »
Die Stadtwerke haben mir jetzt wie folgt geantwortet:

"... Den Verweis auf die AVBGasV finden Sie unter Ziffer 7, Absatz 2 Ihres Vertrages. Soweit die in Sonderkundenverträgen verwendeten Bestimmungen mit der AVBGasV übereinstimmen, unterliegen sie wegen § 310 Abs. 2 BGB nicht den Klauselverboten der §§ 308 und 309 BGB. Auch eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB kann nur in der Weise erfolgen, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Sonderkunden vorliegt. Eine derartige unangemessene Benachteiligung ist aber dann auszuschließen, wenn sich, wie hier, das Versorgungsunternehmen an der AVB orientiert. Die allgemeinen Versorgungsbedingungen sind unter Berücksichtigung der wirtschaftlich technischen Besonderheiten an der Zielsetzung der rechtlichen Bestimmungen zu den AGB ausgerichtet [??? was das wohl heißen soll ???]. Insofern kann eine Übernahme der Regelungen der AVB in den Sondervertrag keine unangemessene Benachteiligung des Kunden bewirken.

Zusammenfassend sei angemerkt, das wir unverändert an unseren Forderungen festhalten werden und Ihrem Wunsch, von weiteren Mahnungen abzusehen, nicht entsprechen können. Wir betrachten die Angelegenheit damit als erschöpfend behandelt."

So ganz verstehe ich das nicht - gelten die AVBGasV nun oder nicht? Muß ich nun davon  ausgehen, daß die SWL mich als nächstes auf Zahlung verklagen werden? Oder weiter mahnen, weitere Sperrandrohungen aussprechen usw.? Wie gehe ich jetzt weiter vor - ruhig und gelassen abwarten oder muß ich noch einmal tätig werden?

Offline RR-E-ft

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Sperrandrohung Stadtwerke Leipzig Bestpreis Ga
« Antwort #10 am: 20. April 2006, 12:20:15 »
@alinea

Die Stadtwerke wissen wohl selbst nicht recht weiter.

Verweisen Sie doch noch auf die Urteil des BGH vom 15.02.2006 - VIII ZR 138/05, aus dem eindeutig hervorgeht, dass § 30 AVBV beim Einwand der Unbilligkeit der Preisbestimmung keine Anwendung findet.

Harren Sie sodann der Dinge, die da kommen.



Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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