@nomos
Die Aneinanderreihung von Zitaten ersetzt nicht den Blick ins wirkliche Leben.
Mir ist kein Gemeindeverband bekannt, der ein Strom- oder Gasnetz, ein Kraftwerk oder Gaswerk errichtet hat, um den Grundbedarf seiner Bürger zu decken, und deshalb Gebührenbescheide an die Bürger verschickt. Das heißt nicht, dass es so etwas nicht geben kann. Gemeinden sind insbesondere nicht verpflichtet, Gaswerke und Gasnetze zu errichten. In vielen Gemeinden besteht schon gar kein Gasnetz. Der gesetzliche Anspruch aus § 36 Abs. 1 EnWG richtet sich nicht gegen die Gemeinde, sondern gegen einen Grundversorger, was dessen Existenz vor Ort voraussetzt. Auch aus dem Kommunalrecht der einzelnen deutschen Länder ergibt sich wohl keine Verpflichtung der Gemeinden, einzeln oder gemeinsam mit anderen, Gasnetze zu errichten.
Die Gemeinden haben oft Konzessionsverträge abgeschlossen, welche es privaten Netzbetreibern gestatten, den öffentlichen Grund für die Leitungsverlegung zu nutzen. Dafür können die Gemeinden von den Netzbetreibern sog. Konzessionsabgaben beanspruchen, die keine Abgaben sind, sondern ein privatrechtliches Entgelt für die Sondernutzung durch den Netzbetreiber darstellen.
Die privaten Netzbetreiber wiederum haben mit Kostenaufwand Strom- und Gasnetze errichtet und betreiben diese, die Dritte für Energielieferungen an ihre Kunden benutzen können, weil die Netzbetreiber sie den Energielieferanten diskriminierungsfrei gegen Entgelt (und nicht etwa unentgeltlich) zur Verfügung stellen müssen.
Für die Nutzung ihrer so errichteten und betriebenen privaten Strom- und Gasnetze verlangen die Netzbetreiber von Energielieferanten oder anderen Netznutzern (wobei es sich auch um Letztverbraucher handeln kann) Netznutzungsentgelte. Die gesetzlich höchstzulässigen Netzentgelte werden dabei von den Regulierungsbehörden auf Antrag genehmigt und sodann von den Netzbetreibern veröffentlicht.
Bereits diese veröffentlichten Netzengelte enthalten einen fixen Preisbestandteil, daneben auch Entgelte für den Messstellenbetrieb, Messung und Abrechnung. Dem Energielieferanten, der mit dem Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag abgeschlossen hat, um das Netz für die Belieferung eigener Kunden zu nutzen, entstehen deshalb mit der vertraglichen Zahlungspflicht der Netzentgelte bereits fixe Kosten, die der Energielieferant über seine Preise abdecken muss. Schließt der Letztverbraucher selbst den Netznutzungsvertrag mit dem Netzbetreiber ab, enstehen unmittelbar dem Letztverbraucher diese fixen Kosten aus dem privatrechtlichen Netznutzungsvertrag.
Allein mit einem Netznutzungsvertrag kann ein Energielieferant seine Vertragspflicht zur Vorhaltung von Energie und zur Bedarfsdeckung seinen Kunden gegenüber indes auch noch nicht erfüllen. Er muss deshalb zusätzlich noch sicherstellen, dass die eigentliche Energie im Bedarfsfall für die Kunden zur Verfügung steht. Wenn der Energielieferant - wie so oft - über kein eigenes Kraftwerk verfügt und auch keine eigene Gasblase angebohrt hat, muss er die Energie auf dem Markt beschaffen und auch die Vorhaltung der Energie absichern. Auch dafür hat der Energielieferant vertragliche Entgelte zu zahlen, die er über seine Preise abdecken muss.
Ein Stromlieferant könnte sich etwa an einem Karftwerk beteiligen und eine sog. Kraftwerksscheibe kaufen. Dann wird er an den Kosten beteiligt, die der Betrieb des betreffenden Kraftwerks mit sich bringt (Refinanzierungskosten des Kraftwerks, Brennstoffkosten, Personalkosten), wobei u.a. die Refinanzierungskosten und die Personalkosten auch dann anfallen, wenn das Kraftwerk nicht produziert (zB. wenn sich der Energielieferant an einem abgeschalteten Kernkraftwerk beteiligt hat, zB Biblis A, B oder Krümmel), und über die Preise abzudecken sind. Bei der Beteiligung an einem Kraftwerk hat der Energilieferant das Recht, seinen bzw. den Bedarf seiner Kunden aus dem Kraftwerk zu decken. Das hilft wiederum nicht, wenn man sich an einem Kraftwerk beteiligt hat, das (zwangs-)abgeschaltet ist. Dann muss Ersatzenergie am Markt beschafft werden, und auch deren Vorhaltung verursacht fixe Kosten, die über die Preise abgedeckt werden müssen. Ähnlich verhält es sich, wenn sich ein Gaslieferant an einem Gasfeld, dessen Erchließung und Ausbeutung beteiligt.
Deshalb entstehen den Energielieferanten fixe Kosten, die sich über ihre Preise abdecken müssen und die sie - verursachungsgerecht - über verbrauchsunabhägige Grundpreise auf ihre Kunden abzuwälzen suchen.
Die Gemeinden beteiligen sich nicht (erst recht nicht gebührenfinanziert) an diesen Kosten der einzelnen im Gemeindegebiet tätigen Energielieferanten.
Wenn Sie nun meinen, die Gemeinden und Gemeindeverbände hätten daneben aber noch gebührenfinanzierte Strom- und Gasnetze und auch Kraftwerke, evtl. Gasspeicher zu errichten, dann ist das wenig nachvollziehbar. Warum sollte man das machen, wo die Energieversorgung durch private Dritte im wesentlichen beanstandungslos gewährleistet ist?Angenommen die Gemeinden folgen diesem Vorschlag, werden sich die Bürger wohl herzlichst bedanken, wenn sie die entsprechenden Gebühren zu tragen haben, die dann besonders hoch ausfallen müssen, wenn diese errichteten Anlagen deshalb gar nicht ausgelastet werden, weil sich die Bürger für einen ggf. weit günstigeren Bezug von Strom und Gas zB. bei Lichtblick oder den Elektrizitätswerken Schönau entscheiden. Dann ensteht das selbe Problem, als habe man eine gebührenfinanzierte Kläranlage oder Müllverbrennungsanlage hinsichtlich des tatsächlichen Bedarfs überdimensioniert. Die gemeinen Kosten bleiben und müssen abgedeckt werden.
Oder sollen die Bürger etwa wieder verpflichtet werden, ihren gesamten leitungsgebundenen Energiebedarf gebührenfinanziert beim kommunalen Gemeindewerk abzudecken, was diesem eine gesicherte Monopolstellung einräumt?!
Diese Zeiten sind seit 1998 vorbei und ein solches Monopol wäre auch mit Europarecht schwer vereinbar, welches den freien Wettbewerb auf den Energiemärkten und auch die freie Anbieterwahl für die Kunden absichert.
Ihre Überlegungen sind möglicherweise eher in Wolkenkuckungsheim angesiedelt. Deren Ansatz ist schon unzutreffend, mag vielleicht im letzten Jahrhundert noch seine Berechtigung gehabt haben, nicht mehr jedoch nach der europäischen Liberalisierung der Energiemärkte.
Eigentlich geht es in diesem Thread um die nachträgliche Änderung der Tarifstruktur durch einen Grundversorger, namentlich im sächsischen Freiberg.