@Uwes
Ich trage Eulen nach Athen:
Die angegriffenen Preiserhöhungen sind unwirksam, wenn es
a) überhaupt an einem Recht zur einseitigen Leistungs(neu)bestimmung
fehlt
oder
b) ein solches Recht zwar besteht, jedoch nicht in den Grenzen der
Billigkeit gem. § 315 BGB ausgeübt wurde.
Soweit ersichtlich hatte der Versorger selbst bestritten, dass ihm überhaupt ein vertragliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt sei.
Daran müsste er sich festhalten lassen, so dass es kein Recht zu Preiserhöhungen gibt.
Ein solches Recht folgt jedenfalls nicht aus den Vorschriften des GWB.
Soweit sich der Versorger auf einen Preisänderungsvorbehalt in den AGB beruft, beurteilt sich die Frage, ob ein solcher wirksam vertraglich vereinbart wurde, nach §§ 305, 307 BGB.
Auch die Beantwortung dieser Fragen lässt sich nicht nach GWB- Vorschriften beurteilen.
Besteht indes ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, findet § 315 BGB direkte Anwendung.
Im Tatbestand des § 315 BGB findet sich kein Hinweis darauf, dass dieser nur auf marktbeherrschende Unternehmen Anwendung fände.
Die Frage des Billigkeitsmaßstabes kann schon deshalb nicht von der Frage einer marktbeherrschenden Stellung abhängen, weil die Vorschrift des § 315 BGB auch dann Anwendung findet, wenn der Leistungsbestimmungsberechtigte eine solche Stellung gerade nicht inne hat (Vermieter, Arbeitgeber, Patentanwalt etc. pp.).
Deshalb ist schlicht keine kartellrechtliche Vorfrage denkbar, zumal sich die Kläger zur Stützung des Klageanspruches wohl auch nicht auf GWB- Vorschriften berufen haben werden.
Es liegt immer in der Entscheidung des Klägers, welchen Sachverhalt er zur Entscheidung des Gerichts stellt, § 308 ZPO.
Es kann nicht Sache der Beklagten sein, sich darauf zu berufen, sie habe (k)eine marktbeherrschende Stellung inne, diese jedenfalls nicht missbräuchlich ausgenutzt, um somit die Zuständigkeit zu bestimmen.
Mit gleicher Begründung könnten demnächst alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten Kartellsachen werden, wenn sich die beklagte Partei allein immer darauf beruft, gar keine marktbeherrschende Stellung inne zu haben und diese zudem jedenfalls nicht missbräuchlich ausgenutzt zu haben.
(Familiensachen bleiben wohl bei den Familiengerichten, auch wenn etwa einer der Ehepartner geltend machen will, er sei in seiner ehelichen Monopolstellung beeinträchtigt worden.)
Zudem hatten die Versorger zuvor vehement bestritten, überhaupt eine marktbeherrschende Stellung inne zu haben (einheitlicher Wärmemarkt, ggf. sogar weltweiter Energiemarkt).
Das Absurde liegt darin, dass den Klägern von der Beklagten wohl unterstellt wurde, diese hätten dieser den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen und allein deshalb sei das Kartellgericht zuständig.
Nach alldem gibt es keine kartellrechtlichen Vorfragen, nach denen der Sachverhalt nach §§ 305 ff., ggf. § 315 BGB zu beurteilen wäre.
Die Voraussetzungen für das Aussetzen des Verfahrens liegen schlicht nicht vor.
Es handelt sich wohl eher um eine nach § 19 IV GG unzulässige Justizverweigerung.
@ESG-Rebell
Möglicherweise ist Ihnen in der Diskussion entgangen, dass es immer nur im Interesse des Versorgers liegt, die Zuständigkeit eines Kartellgerichts zu begründen.
Verbraucher streben dies nicht an, weil sie eine Verhandlung vor einer Kammer mit drei Berufsrichtern wünschen, die eine juristische Ausbildung erfahren haben.
Kartellkammern sind nur mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem ausgestattet, der von den ehrenamtlichen Richtern, die von der IHK gestellt werden o.ä. und gerade keine solche Ausbildung genossen haben, überstimmt werden kann.
Es gibt noch weitere Gründe.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt