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EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"

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janto:
EWE kündigt reihenweise (vielleicht alle) Online-Gas- und Strom-Verträge mit Schreiben vom 24.11.14 "außerordentlich" zum 31.12.14, um den Kunden neue AGB ab 1.1.15 anzudienen. Wer nicht widerspricht, ist ab 1.1.15 automatisch im neuen Online-Vertrag. Meines Erachtens ist eine außerordentliche Kündigung zum Zweck der Vertragsänderung laut EWE-AGB nicht vorgesehen und somit nicht zulässig. Außerordentlich kündigen kann EWE nur bei Vertragsverletzung durch den Kunden, nicht aber für eine AGB-Änderung. EWE kann die AGB entweder während des laufenden Vertrags ändern, muss das aber 6 Wochen vorher ankündigen und den Kunden ein Sonderkündigungsrecht einräumen. Oder EWE kann den Kunden mit Frist von 1 Monat zum regulären Vertragsablauf "ordentlich" kündigen. Ob eine "ordentliche Änderungskündigung" möglich ist, scheint mir fraglich. Käme mir erstmal komisch vor. Eine "außerordentliche Änderungskündigung" sehe ich in den AGB nicht vorgesehen. Würde mich nicht wundern, wenn EWE hier mal wieder in Sonnenkönigs-Manier eigenes Recht setzt. Recht ist, was EWE gerade passt.
Wenn mir jemand erklärt, wie ich hier eine JPG-Datei einfügen kann, will ich gern so eine "außerordentliche AGB-Änderungskündigung" einstellen, damit sich alle ein Bild machen können.
Janto
www.bezahlbare-energie.de

janto:
Hier der Text der Änderungskündigung. Möge sich jeder ein Bild von der Rechtmäßigkeit dieser außerordentlichen Kündigung machen:

Guten Tag Herr …
wir freuen uns, dass Sie unser Produkt EWE Strom online nutzen. Die Vertragsbedingungen dafür orientieren sich an der gesetzlichen Grundversorgungsverordnung. Der Gesetzgeber hat jetzt diese Verordnung, die deutschlandweit gilt, in Teilen geändert.
Warum hat sich die Grundversorgungsverordnung geändert?
Der Gesetzgeber möchte, dass alle Energielieferanten ihre Preise und deren Änderungen für Kunden noch transparenter darstellen. So müssen Lieferanten nach der neuen Verordnung zum Beispiel die Bestandteile ihrer Energiepreise detaillierter ausweisen als bislang.
Die geänderte Rechtslage haben wir in unseren neuen Vertragsbedingungen, die wir Ihnen mit dem anliegenden Vertragsformular zukommen lassen, berücksichtigt. Der Austausch der Vertragsbedingungen erfolgt durch eine sogenannte Änderungskündigung. Aus diesem Grunde kündigen wir Ihren bestehenden Liefervertrag außerordentlich zum 31. Dezember 2014 und bieten Ihnen den beigefügten neuen Vertrag zum 1. Januar 2015 an. Unser Preis ändert sich dadurch nicht.
Wie geht es weiter?
Wenn Sie mit den neuen Vertragsbedingungen einverstanden sind, nehmen Sie das anliegende Vertragsformular einfach nur zu Ihren Unterlagen. Rechtlich heißt das, EWE verzichtet nach § 151 BGB auf Rücksendung Ihrer Annahmeerklärung und beliefert Sie ab dem 1 Januar 2015 zu den Bedingungen des neuen Vertrages.
Sollten Sie eine Belieferung zu den neuen Bedingungen ab 1. Januar 2015 nicht wünschen, teilen Sie uns dies bitte zeitnah mit. Wir bieten Ihnen gerne eine Produktalternative von EWE an. Unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden: Ihre Energieversorgung ist in jedem Fall im Rahmen der gesetzlichen Grundversorgung gesichert.
Haben Sie Fragen zu diesem Schreiben? Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantworten Ihnen diese gern. Besuchen Sie uns in unseren EWE KundenCentern und ServicePunkten oder rufen Sie uns kostenlos unter 0800 3931112 an.
Freundliche Grüße
Sebastian Jurczyk
Geschäftsführer
i.V. XXXXXXX
Leiter Produktmanagement

[Edit DieAdmin: Name anonymisiert]

Didakt:

--- Zitat von: janto am 28. November 2014, 00:57:33 ---...Ob eine "ordentliche Änderungskündigung" möglich ist, scheint mir fraglich. Käme mir erstmal komisch vor. Eine "außerordentliche Änderungskündigung" sehe ich in den AGB nicht vorgesehen. Würde mich nicht wundern, wenn EWE hier mal wieder in Sonnenkönigs-Manier eigenes Recht setzt. Recht ist, was EWE gerade passt.
--- Ende Zitat ---

Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang folgendes, das ich als juristischer Laie einbringe:


--- Zitat ---Eine Vertragsänderung ist die nachträgliche Änderung, Anpassung oder Ergänzung eines bestehenden Vertrags. Grundsätzlich ist an geschlossenen Verträgen festzuhalten (Pacta sunt servanda). Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es den Parteien jedoch unbenommen, den Vertrag abzuändern.

Änderung von AGB
Sollen nachträglich geänderte AGB wirksam in einen Vertrag einbezogen werden, ist dafür regelmäßig das ausdrückliche Einverständnis der anderen Vertragspartei erforderlich. Es bedarf hierzu einer Änderungsvereinbarung, da der Inhalt eines Vertrages grundsätzlich nicht einseitig geändert werden kann.

Einvernehmliche Vertragsänderung
Grundsätzlich problemlos möglich ist die einvernehmliche Vertragsänderung, wenn also alle Parteien die Vertragsänderung vereinbaren. In diesen Fällen liegt ein sog. Änderungsvertrag (auch "Abänderungsvertrag") vor. Hier gelten nur in wenigen Ausnahmefällen Besonderheiten.
Ein Änderungsvertrag ist in einigen Fällen formbedürftig. Dies ist er insbesondere dann, wenn der ursprüngliche Vertrag formbedürftig war.

Vertragsanpassung
In bestimmten Fällen kann jedoch eine Vertragsänderung von einer Seite verlangt werden, d. h. eine Partei hat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch darauf, dass ein Vertrag geändert (angepasst) wird.

--- Ende Zitat ---

Die Notwendigkeit einer Vertragsanpassung (bedingt durch die geänderte Gesetzgebung) scheint mir vorliegend gegeben zu sein.

Edit: Zur Annahme des EWE-Angebots wäre noch folgendes zu sagen:

Die Annahme ist wie das Angebot eine grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Annahme kann auch konkludent durch schlüssiges Verhalten erfolgen. In einigen Ausnahmefällen ist der Zugang der Annahme nicht erforderlich (§ 151 BGB). Dies ist der Fall, wenn nach der Verkehrssitte kein Zugang erforderlich ist oder wenn der Antragende auf eine Annahme verzichtet; in beiden Fällen kommt ein wirksamer Vertrag zustande.

khh:
Diese "außerordentlichen Änderungskündigungen" dürften rechtlich unwirksam sein. Zumindest bedarf es m.E.
einer unterschriftlichen Annahme des neuen Vertragsangebotes seitens der Kunden (von Letzterem ist wohl eher abzuraten).

EWE hatte spätestens nach dem EuGH-Urteil vom 21.03.2013 (C-92/11) und dem BGH-Urteil vom 31.07.2013 (VIII ZR 162/09) mehr als Anlass und ausreichend Zeit, sich von diesen unliebsam gewordenen Verträgen mit der unwirksamen AGB-Preisänderungsklausel per ordentlicher (Änderungs)Kündigung zu lösen!

Ich würde auf dieses "Angebot" gar nicht reagieren, nötigenfalls zu gegebener Zeit Vertragserfüllung bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer einfordern und mich ohnehin schnellstmöglich von diesem immer fragwürdiger werdenden Laden verabschieden.

Didakt:
EWE kommt nicht umhin, seine AGB anzupassen, um sich in rechtlicher Hinsicht nicht angreifbar zu machen. Aber die Vorgehensweise kann man nur als unverschämt bezeichnen und durchaus in Frage stellen.

Die kurzfristige außerordentliche Kündigung der Lieferverträge erfolgte wohl aus einem taktischen Kalkül heraus, um die sicherlich beim Großteil der Kunden vorhandene Rechtsunsicherheit in dieser Situation auszunutzen mit der Erwartung, dass diese in Unkenntnis der Rechtslage und einen aus zeitlichen Gründen kaum noch zum 01.01.2015 zu vollziehenden Versorgerwechsel den neuen Verträgen nebst neuen AGB schnell zustimmen werden, um Befürchtungen weiterer Probleme aus dem Weg zu gehen.

Es stellt sich durchaus die Frage, weshalb nach den vielen missliebigen Querelen in der Vergangenheit noch 1,4 Mio. Stromkunden mit diesem Laden vertraglich verbunden sind. Aber bekanntlich ist des Menschen Wille sein Himmelreich.

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