Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Sonderkündigungsrecht bei Preisanpassung - Vorgehen Kündigung, Fristen
enwg_newbee:
Guten morgen und recht herzlichen Dank für die bisherige Beteiligung! :)
@khh Die rechtmäßige Einbeziehung der GVV sehe ich bei meinem Versorger schon als gegeben an. Aufgrund der sehr weichen AGB-Formulierungen ("jederzeitiges" Kündigungsrecht bei Preisanpassungsklauseln lt. Preisanpassungsschreiben, AGB zu Punkt Preisänderungen: "Ändert die XXX die Preise, so hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen." -> Wortlaut 1:1 EnWG, Hinweis in den AGB "Diese Bedingungen werden durch die Regelungen der Stromgrundversorgungsverordnung vom 26.10.2006 (StromGVV) einschließlich der Ergänzenden Bedingungen (...) in der jeweils gültigen Fassung ergänzt.") ist für mich eine wirksame Einbeziehung der GVV erfolgt.
@PLUS Dieses Urteil der Schlichtungsstelle habe ich bereits gelesen. Nur leider findet sich auch in dieser Einschätzung keine genaue Definition was genau "fristgerecht" bedeutet, d.h. welche Frist überhaupt anzusetzen ist. Hier wäre ich über Auslegungshinweise, gern auch mit rechtlicher Untermauerung (§) sehr dankbar.
bolli:
--- Zitat von: PLUS am 24. Januar 2014, 15:29:07 ---Offensichtlich ist da noch mehr Bedarf. Dann sollte besser hier weiterdiskutiert werden: Der neue § 41 Abs. 3 EnWG
--- Ende Zitat ---
Bei der dortigen Diskussion ging es aber um eine andere Frage, die sich aus §41 Abs. 3 EnWG ergab. Dieses hatte nichts mit der Frist an sich zu tun. Daher sollte man DA sicher nicht weitermachen (auch wenn es formal die gleiche Rechtsvorschrift betrifft).
--- Zitat von: PLUS am 24. Januar 2014, 15:29:07 ---Hier war die Schlichtungsstelle ("fristgemäß") schon tätig:
--- Zitat ---Unter die in § 41 Absatz 3 Satz 2 EnWG genannten Vertragsbedingungen fallen zudem entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin insbesondere auch Preisänderungen. Denn der vereinbarte Preis bestimmt das Maß der Hauptleistungspflichten des Letztverbrauchers und stellt damit die wichtigste Vertragsbedingung für den Verbraucher dar. Es gibt keinerlei plausible Anzeichen dafür, dass der Gesetzgeber ausgerechnet diese für den Verbraucher wichtigste Vertragsbedingung nicht unter § 41 Absatz 3 Satz 2 EnWG fassen wollte.
Da die Beschwerdegegnerin vorliegend wie dargestellt unberechtigterweise einseitig die Vertragsbedingungen geändert hat, besaß der Beschwerdeführer in diesem Fall auch ein Kündigungsrecht, welches er mit der Kündigung vom 21.Dezember wahrgenommen hat. Diese Kündigung geschah auch fristgemäß. Denn der Beschwerdeführer hat hier innerhalb von 5 Wochen gekündigt. Dem Wortlaut nach sieht § 41 Absatz 3 Satz 2 EnWG sogar ein fristloses Kündigungsrecht vor. In Anbetracht der Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer nicht wie in § 41 Absatz 3 Satz 1 EnWG gesetzlich vorgeschrieben über sein Recht, sich vom Vertrag zu lösen, unterrichtet hat, ist eine Zeit von 5 Wochen jedenfalls als fristgemäß anzusehen. Folglich hat der Beschwerdeführer den Vertrag wirksam gekündigt, so dass das Vertragsverhältnis am 31. Januar 2012 endete.
--- Ende Zitat ---
Quelle: Schlichtungsstelle Energie - Seite 2
--- Ende Zitat ---
Nach der Schilderung des Falles gehe ich davon aus, dass in dem Fall der Schlichtungsstelle eine Preisänderung zum 01.02. ausgesprochen wurde und der Beschwerdeführer daher seinen Vertrag zum 31.01., also vor Beginn des Greifens der Preiserhöhung, sonderkündigen wollte. Dieses hatte ihm wohl der Versorger verwehrt, wie dieses einige eine Zeit lang gemacht haben und teilweise noch heute machen.
Ob die getätigten Aussagen auch noch gelten, wenn der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Preiserhöhung schon verstrichen ist, ist nicht ersichtlich. Es dürfte möglicherweise auch auf die Zeitpunkte ankommen, zu dem der Kunde Kenntnis von der beabsichtigten Preiserhöhung erhalten hat. Dazu hat der TE aber bisher noch nichts gesagt.
Dafür hat er aber geäußert, dass in den AGB ein Bezug auf die GVV hergestellt wurde. Hier müsste man tatsächlich nochmal prüfen, wie weit diese Bezugnahme geht. Aber aus dieser Bezugnahme habe ich dann (möglicherweise etwas vorschnell, da näheres noch nicht bekannt) hergeleitet, dass hier wohl die Preisanpassungsregelungen der GVV gelten sollen, wo in §5 Abs. 3 geregelt ist, dass "der Kunde das Recht (hat), den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen zu kündigen." Dieses setzt meines Erachtens voraus, dass der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen eben noch nicht verstrichen ist, wie im vorliegenden Fall.
@enwg_newbee
Zwar handelt es sich beim EnWG tatsächlich um ein "echtes" Gesetz, aber die StromGVV (und auch die GasGVV) hat in § 39 Abs. 2 des EnWG ihre Ermächtigungsgrundlage zum Erlass und ist somit wohl als konkretisierende Verordnung anzusehen. Im Sinne von "Lex spezialis vor Lex generalis" sollte daher die GVV die konkretere Norm sein. Daher sollte für den Fall, dass die GVV auf Ihren Sondervertrag in diesem Punkt anzuwenden ist, auch die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 StromGVV gelten. Ob dieses der Fall ist, kann ohne Kenntnis der genauen AGB-Formulierungen nicht beurteilt werden.
Im übrigen sagt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zum Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen:
--- Zitat ---Auch Sonderkunden haben ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht anlässlich von Preiserhöhungen. Gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG können sie den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen und den Anbieter wechseln. Allerdings verwenden einige Stromanbieter Preiserhöhungsklauseln, die bei Preiserhöhungen aufgrund gestiegener staatlicher Umlagen, Abgaben oder speziell bei Erhöhung der EEG-Umlage das Kündigungsrecht ausschließen. Solche Klauseln sind nach Auffassung der Verbraucherzentrale unwirksam.
Man muss jedoch damit rechnen, dass der Anbieter sich auf seine Klauseln beruft und eine Kündigung nicht anerkennen wird. Daher sollten Sonderkunden ebenfalls zunächst einen Tarifcheck vornehmen und prüfen, ob sich eine Kündigung und der Wechsel zu einem anderen Anbieter lohnen. Ist das der Fall, kommt eine Kündigung in Betracht. Die Verbraucherzentralen empfehlen Kunden, die wechseln möchten, unverzüglich zu kündigen, also sofort nachdem Sie die Mitteilung über die geplante Änderung erhalten haben. Das gilt unabhängig davon, dass sie - rechtlich gesehen - noch bis zu dem Zeitpunkt kündigen könnten, zu dem die Preiserhöhung wirksam wird.
--- Ende Zitat ---
Strompreiserhöhung – was man tun kann
enwg_newbee:
@ bolli Vielen Dank für Ihre Antwort. Wenn ich das richtig verstehe, liegt also der Schlüssel zu der Antwort in der Frage der Anwendbarkeit bzw. Gültigkeit des § 5 Abs. 3 StromGVV.
Bezügl. der Fristbestimmung sagten Sie, dass der Zeitpunkt der Inkenntnissetzung auch entscheidend für eine mögliche Frist wäre. Mein alter Versorger hat mich mit Schreiben vom 29.10.2013 über die anstehende Preiserhöhung zum 01.01.2014 informiert. Daher sind die vom EnWG geforderten 6 Wochen auf jeden Fall eingehalten worden.
Nach den bisherigen Einschätzungen bzw. Antworten sieht es also bzgl. der Kündigungsfrist eher schlecht für mich aus. Aufgrund der späten Kündigung (nach dem Wirksamwerden der Änderung) steht mir also kein (Sonder-) Kündigungsrecht zum 31.01.2014 zu und die automatische Vertragsverlängerum um Jahr greift. Somit kann ich bei rechtzeitiger Kündigung erst wieder zum 31.12.2014 den Versorger wechseln!?
Könnte ich dann aber bei der nächsten Preisanpassung und rechtzeitiger Kündigung (vor dem Wirksamwerden) dennoch durch einen neuen Lieferanten kündigen lassen, oder muss ich die Sonderkündigung zwingend selbst aussprechen?
Vielen Dank!
khh:
--- Zitat von: enwg_newbee am 27. Januar 2014, 09:53:48 ---... Mein alter Versorger hat mich mit Schreiben vom 29.10.2013 über die anstehende Preiserhöhung zum 01.01.2014 informiert. Daher sind die vom EnWG geforderten 6 Wochen auf jeden Fall eingehalten worden. ...
--- Ende Zitat ---
Nicht das EnWG sondern die StromGVV verlangt, dass die briefliche Mitteilung an den Kunden mindestens 6 Wochen vor der beabsichtigten Preisänderung erfolgen muss. ;)
--- Zitat von: enwg_newbee am 27. Januar 2014, 09:53:48 ---... Aufgrund der späten Kündigung (nach dem Wirksamwerden der Änderung) steht mir also kein (Sonder-) Kündigungsrecht zum 31.01.2014 zu und die automatische Vertragsverlängerung um Jahr greift. Somit kann ich bei rechtzeitiger Kündigung erst wieder zum 31.12.2014 den Versorger wechseln!?
Könnte ich dann aber bei der nächsten Preisanpassung und rechtzeitiger Kündigung (vor dem Wirksamwerden) dennoch durch einen neuen Lieferanten kündigen lassen, oder muss ich die Sonderkündigung zwingend selbst aussprechen?
--- Ende Zitat ---
Zur ersten Frage: Korrekt, eine ordentliche Kündigung mit Fristwahrung ist erst wieder zum Ablauf des 31.12. 2014 möglich.
Zur zweiten Frage: Das wird von den Versorgern unterschiedlich ausgelegt. Sicherheitshalber würde ich das außerordentliche Sonderkündigungsrecht selbst ausüben.
--- Zitat von: enwg_newbee am 27. Januar 2014, 08:14:22 ---... Die rechtmäßige Einbeziehung der GVV sehe ich bei meinem Versorger schon als gegeben an. ...
--- Ende Zitat ---
Mit meiner Antwort #3 meinte ich nicht die wirksame Einbeziehung der StromGVV in Ihren Vertrag (§ 305 BGB) sondern die Wirksamkeit einer AGB-Preisanpassungsklausel analog § 5 (2) Strom-/GasGVV. Ohne ergänzende Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich Anlass und Umfang der Preisanpassung, ist von der Unwirksamkeit der übernommenen GVV-Regelung als AGB-Klausel eines Sondervertrages auszugehen (vgl. die genannten Urteile des EuGH u. BGH und siehe „Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest > EuGH-Urteil vom 21.03.13 ...“, insbesondere Antwort #43)
Falls es in der bei Vertragsabschluss verwendeten AGB keine solche ergänzende Bestimmung gibt, würde ich der Preiserhöhung ab 01.01.2014 und ggf. früheren Preisanpassungen widersprechen und nur den (lt. BGH) „anerkannten“ Preis bezahlen (ein erstmaliger Widerspruch hat lt. BGH eine Rückwirkungsfrist von längstens 3 Jahre) und ggf. Rückforderungsansprüche aus vorherigen unberechtigten Preiserhöhungen geltend machen.
RR-E-ft:
Für eine wirksame Einbeziehung der Bestimmungen der StromGVV als AGB wäre gem. § 305 Abs. 2 BGB bei einem Vertragsabschluss unter Abwesenden wohl notwendig gewesen, dass der Stromlieferant deren Wortlaut vor Vertragsabschluss mit dem Hinweis aushändigte, dass diese als AGB Vertragsbestandteil werden sollen, und der Kunde sich mit der Einbeziehung einverstanden erklärt hat.
Es ist wohl davon auszugehen, dass in den betroffenen Sondervertrag keine wirksame Preisänderungsklausel einbezogen wurde, folglich die einseitige Preisänderung aus diesem Grunde unwirksam ist.
Unter dieser Prämisse macht die Ausübung eines Sonderkündigungsrechts wohl nur dann Sinn, wenn man einen anderen Lieferanten zur Hand hat, welcher künftig die Belieferung zu einem günstigeren Preis anbietet gegenüber demjenigen Preis, welcher mit dem bisherigen Stromlieferanten bisher im Sondervertrag vereinbart war. Der maßgebliche vereinbarte Preis mit dem bisherigen Lieferanten muss nicht derjenige sein, den dieser Stromlieferant bis zum 31.12.13 verlangte, da in jenem Vertragsverhältnis auch vorangegangene einseitige Preiserhöhungen bereits aus selbem Grund unwirksam gewesen sein können.
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