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Autor Thema: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen  (Gelesen 6822 mal)

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Offline Amazone

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Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« am: 27. Mai 2013, 14:27:02 »
Aufgeklärte Verbraucher, die sich von ihren Versorgern nicht mehr alles bieten lassen wollen, teilen diesen immer öfter mit, dass sie die Schlichtungsstelle Energie e.V. einschalten werden. Als Reaktion darauf kommt es teilweise zu geradezu grotesken Antworten und Versuchen der Versorger, den Verbraucher mit irreführenden, manipulativen und drohenden Aussagen von der Einleitung eines Schlichtungsverfahrens abzuhalten. Hier ein Besipiel, das mir soeben zugeleitet worden ist.

Zitat
Sehr geehrter ...

wie sie uns mitgeteilt haben, gedenken Sie, ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Energie e.V. einzuleiten. Da wir stets auf die Zufriedenheit unserer Kunden bedacht sind, bedauern wir dieses natürlich sehr. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie sich vor diesem Schritt nochmals mit uns in Verbindung setzen würden, um eine Lösung für Ihr Anliegen zu suchen.

Wir möchten Sie in diesem Zusammenhang noch auf Etwas hinweisen, was Ihnen vielleicht nicht bewusst ist. Die Aufgabe der Schlichtungsstelle Energie e.V. ist ausschließlich die außergerichtliche und einvernehmliche Lösung von individuellen Streitfällen zwischen Verbrauchern und Energieversorgungsunternehmen. Ist daher eine Einigung zwischen Verbraucher und Energieversorgungsunternehmen bereits vor der Anrufung der Schlichtungsstelle nicht zu erreichen, so macht die Anrufung der Schlichtungsstelle für den Verbraucher wenig Sinn. Dieses gilt umso mehr, als dass bis zum Ausspruch einer Schlichtungsempfehlung durch die Schlichtungsstelle viele Monate vergehen. Denn die Schlichtungsstelle muss sich täglich mit einer Vielzahl von Fällen beschäftigen und kann aufgrund der Vielzahl von Fällen eine Bearbeitung jeden Falles nicht bzw. nicht zeitnah gewährleisten. Sehr viele Anträge auf Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens werden zudem nicht berücksichtigt, sodass eine Eröffnung des Schlichtungsverfahrens durch die Schlichtungsstelle abgelehnt wird. Hierdurch ist dem Verbraucher selbstverständlich keineswegs geholfen. 
 
Die Schlichtungsstelle wird zudem nur bei Vorliegen einer Beschwerde tätig, der durch den Energieversorger nicht abgeholfen worden ist. Teilen wir jedoch der Schlichtungsstelle mit, dass wir Ihnen eine adäquate Lösung Ihres Anliegens angeboten haben, welche Sie jedoch ausgeschlagen haben, macht das weitere Betreiben des Verfahrens auch für die Schlichtungsstelle keinen Sinn. Denn es verhält sich so, dass eine Empfehlung der Schlichtungsstelle weder für den Kunden noch für den Energieversorger bindend ist. Wir sind daher auch nicht verpflichtet, uns an Schlichtungsempfehlungen zu halten, sondern können unser weiteres Vorgehen vollständig unabhängig von einer Schlichtungsstellenempfehlung gestalten. Hierzu gehören dann leider mitunter auch notwendig werdende Schritte, die mit weiteren Kosten für Sie verbunden sein könnten.   
 
Im Schlimmsten Falle sind für Sie also viele Monate Zeit verstrichen, ohne dass Sie der Lösung Ihrer Angelegenheit auch nur ansatzweise näher gekommen sind. Dieses wollen wir insbesondere auch in Ihrem eigenen Interesse vermeiden. Sicherlich finden wir daher auch in Ihrem Falle eine Lösung Ihres Anliegens, die die ohnehin wenig hilfreiche Einschaltung der Schlichtungsstelle überflüssig macht.

Teilen Sie uns doch bitte einfach kurz mit, ob Sie an einer einvernehmlichen Regelung Ihrer Angelegenheit interessiert sind. Gerne können Sie dieses auch per E-Mail mitteilen. Wir werden uns dann gerne mit Ihnen in Verbindung setzen, um die weiteren Möglichkeiten zu besprechen.

 Fasst man es? Sind derartige Einschüchterungsversuche rechtlich überhaupt noch zulässig?
« Letzte Änderung: 27. Mai 2013, 15:04:40 von Amazone »

Offline DieAdmin

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #1 am: 27. Mai 2013, 14:53:23 »
@Amazone,

auch ich hab den Eindruck, das Energieversorger dahingehend jonglieren wollen, dass die Zulassungskriterien für die Eröffnung des Schlichtungsverfahren nicht erreicht werden oder zumindest lang verschoben werden soll

In meinen Fall von energieGUT mit einen Endlos-Schleifen-Mailwechsel. (siehe im dortigen Bereich)

Übrigens das Schreiben von Almado lässt vermuten, dass die ähnliches vorhaben, wie Flextrom mit ihren Bonus.
Schlichtungsempfehlung ignorieren, Kunden androhen, wenn sie sich an die Schlichtungsstelle wenden, zu verklagen. Das es bei Flexstrom viele Kunden gab, die den Weg vor Gericht nicht scheuten, hat sicherlich auch Flexstrom nicht mit gerechnet.
Das BGH-Urteil zu dem Bonus ist ja dann nach der Insolvenzmeldung verkündet worden.
« Letzte Änderung: 28. Mai 2013, 10:41:43 von Evitel2004 »

Offline Ronny

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #2 am: 28. Mai 2013, 09:45:48 »
Entschuldigen Sie die Nachfrage, aber worin soll bei dem zitierten Schreiben denn der Einschüchterungsversuch bestehen?

Offline Amazone

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #3 am: 29. Mai 2013, 11:15:12 »
@Ronny

Entschuldigen Sie die Nachfrage: Haben Sie das Schreiben nicht gelesen oder möchten Sie hier nur einfach provozieren?

@Evitel

Für den Versorger ist es in klar gelagerten Fällen, wie z.B. einer eindeutigen Falschbestätigung des Vertragsendes, wohl alles andere als sinnvoll, sich auf einen Streit mit dem Verbraucher einzulassen. Denn zum einen wird dem Versorger für die Eröffnung jedes Schlichtungsverfahrens eine Gebühr in Rechnung gestellt, die in vielen Fällen die Höhe der angestrebten Bonuseinsparung übersteigt. Außerdem kann er bei Ignorierung der Schlichtungsempfehlung damit rechnen, in einem sich anschließenden Gerichtsverfahren zu unterliegen, was nochmals nicht unerhebliche Kosten verursacht.

Aus diesen Gründen versuchen unseriöse Versorger, den Verbraucher mit Schreiben wie dem obigen einzuschüchtern und schon von einer Eröffnung des Schlichtungsverfahrens abzuhalten. Man kann allen Verbrauchern nur raten, sich davon nicht beeindrucken zu lassen und unter Androhung auch gerichtlicher Schritte darauf zu bestehen, dass der Beschwerde über die falsche Kündigungsbestätigung fristgerecht und vollumfänglich abgeholfen wird. Keinesfalls sollte man sich mit dem Versorger auf irgendwelche Verhandlungen über "einvernehmliche Lösungen" einlassen. Denn was gibt es da zu verhandeln?
« Letzte Änderung: 29. Mai 2013, 11:40:39 von Amazone »

Offline DieAdmin

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #4 am: 29. Mai 2013, 11:41:00 »
@Amazone,

isoliert das Schreiben betrachtet sind die Formulierungen schon deutungsoffen. Gerade wenn man den vorangegangen MailBriefwechsel zwischen Almado (ich nehme mal an, es handelt sich um die Vorverlegung des Vertragsendes wg. Bonus) und Kunde nicht kennt.

Der Versorger schreibt, dass er schon eine Lösung angeboten hätte. Worin bestand der Vorschlag?
« Letzte Änderung: 29. Mai 2013, 11:51:37 von Evitel2004 »

Offline Amazone

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #5 am: 29. Mai 2013, 11:50:37 »
Es gab keinerlei Lösungsvorschlag.

Der entsprechende Satz ist schlicht wie folgt zu verstehen: "Wenn Sie sich jetzt nicht - wie in diesem Schreiben unten von uns ungeboten - auf Verhandlungen mit uns einlassen, sondern weiter auf der von Ihnen geforderten Korrektur des Vertragsendes bestehen, dann dürfen Sie damit rechnen, dass wir bei Beantragung eines Schlichtungsverfahrens der Schlichtungsstelle mitteilen werden, dass wir Ihnen einen annehmbaren Lösungsvorschlag gemacht, Sie diesen jedoch abgelehnt haben. Dann wird die Schlichtungsstelle Ihren Antrag erst gar nicht annehmen, sondern Ihr Gesuch ablehnen."

Übler gehts wohl kaum noch, oder?

« Letzte Änderung: 29. Mai 2013, 12:21:54 von Amazone »

Offline energienetz

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #6 am: 29. Mai 2013, 13:16:06 »
lassen sie es doch drauf ankommen, die schlichtungsstelle kann ja erst tätig werden, wenn der lösungsvorschlag des anbieters vom verbraucher nicht akzeptiert wird, würde die zitierte behauptung stimmen, dann würde die schlichtungsstelle jeden antrag ablehnen, das ist also blanker unsinn. eine beschwerde bei der schlichtungstelle kostet sie nichts.

Offline Amazone

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #7 am: 29. Mai 2013, 13:44:25 »
lassen sie es doch drauf ankommen, die schlichtungsstelle kann ja erst tätig werden, wenn der lösungsvorschlag des anbieters vom verbraucher nicht akzeptiert wird, würde die zitierte behauptung stimmen, dann würde die schlichtungsstelle jeden antrag ablehnen, das ist also blanker unsinn. eine beschwerde bei der schlichtungstelle kostet sie nichts.

@energienetz

Würden Sie Ihren Lesern den Gefallen tun und die Groß- und Kleinschreibung berücksichtigen? Denn bei reiner Kleinschreibung wird z.B. nicht deutlich, ob eine Beschwerde bei der Schlichtungsstelle "Sie" (den Verbraucher) oder "sie" (die Almado AG) nichts kostet.

Bin ansonsten ganz Ihrer Meinung, dass die Äußerung des Versorgers blanker Unsinn ist und sich der Verbraucher keinesfalls davon abhalten lassen sollte, die Schlichtungsstelle anzurufen. Warum aber jetzt noch eine Extrarunde drehen und in weitere Verhandlungen gehen, wenn ein Lösungsvorschlag des Anbieters für den Verbraucher nur dann akzeptabel sein würde, wenn damit der Forderung des Verbrauchers (hier z.B. nach richtiger Korrektur des Kündigungsdatums) voll entsprochen würde? Und dies bereits vom Versorger abgelehnt wurde? Allenfalls sollte vor Stellung des Schlichtungsantrags noch der Ablauf der 4-Wochen-Frist abgewartet werden, weil es sich der Versorger theoretisch noch einmal überlegen könnte.

Offline Energiesparer51

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #8 am: 29. Mai 2013, 15:47:57 »
Ich kann vielleicht eine Erfahrung mit dem Einschalten der Schlichtungsstelle beisteuern.
Nach mehrfacher erfolgloser Reklamation in Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des neuen Preises nach Ausübung des Sonderkündigungsrechts habe ich die Schlichtungsstelle angerufen. Bis zum Beginn der Schlichtung (Bestätigung, dass man nun den Fall annimmt) dauerte es viele (ca. 8 ) Monate. Danach erhielt ich sehr kurzfristig kommentarlos vom ehemaligen Stromlieferanten eine Überweisung die etwas über meiner Forderung lag. Das teilte ich der Schlichtungsstelle mit. Damit war bei mir Alles erledigt. Ob der Lieferant durch sofortiges Einlenken der Gebühr der Schlichtung entkommen kann oder diese sich reduziert, weiß ich nicht.

Trau keinem Pseudowissenschaftler!

Offline Black

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #9 am: 29. Mai 2013, 16:11:31 »
Fasst man es? Sind derartige Einschüchterungsversuche rechtlich überhaupt noch zulässig?

Ich kann hier ehrlich gesagt keine "Einschüchterung" erkennen. Schon gar keine rechtlich unzulässige.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Amazone

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen
« Antwort #10 am: 29. Mai 2013, 16:45:16 »
@ Black

Zitat
Ich kann hier ehrlich gesagt keine "Einschüchterung" erkennen. Schon gar keine rechtlich unzulässige.

Können Sie auch nicht. Denn wie ich schrieb, ist ja auch noch keine da, sondern "nur" der Versuch. Bei dem es hoffentlich auch bleibt, weil es für die Empfänger solcher Pamphlete nicht den geringsten Grund gibt, sich dadurch von der Wahrnehmung ihrer Rechte abhalten zu lassen.

@ Energiesparer51

Zitat
Bis zum Beginn der Schlichtung (Bestätigung, dass man nun den Fall annimmt) dauerte es viele (ca. 8 ) Monate.

Das ist keinesfalls die Regel und hängt in Ihrem Fall möglichweise damit zusammen, dass Sie sich in einer Zeit an die Schlichtungsstelle gewandt haben, in der diese nach Einrichtung von Anträgen geradezu überrannt wurde.

Die Dauer des Schlichtungsverfahrens ist auch kein Problem, da man ja seiner Rechte nicht verlustig geht und immer auch noch den Rechtsweg beschreiten kann.
« Letzte Änderung: 29. Mai 2013, 16:57:44 von Amazone »

Offline jogie56

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Re: Rechtliche Grenzen von Einschüchterungsversuchen; Fernwärme
« Antwort #11 am: 10. Juni 2013, 13:58:59 »
Glück haben ja die Verbraucher, für welche die Schlichtungstelle rechtlich zuständig ist. Wie bekannt, ist dies für "Fernwärme" nicht der Fall, so dass hier der Marsch zu den Zivilgerichten erforderlich ist. Erstaunlich sind in diesem Zusammenhang die Antworten von Bundestags- bzw. Landtagsabgeordeten, die ich auf diese Thema angesprochen habe. Offensichtlich haben diese  das Thema verschlafen oder die Lobby der Energieversorger hat wieder einmal tolle Arbeit geleistet. Herzlichen Glückwunsch.

 

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