Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Kündigung Netznutzung durch Netzbetreiber bei Insolvenz des Energieversorgers

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Energiefachmann:
Problem ist, dass es nicht nur die Lieferantenrahmenverträge mit den Verteilnetzbetreibern (VNB), sondern auch die Bilanzkreise mit den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) gibt. Die VNB senden eine Summenzeitreihe, in der die gesamte Energiemenge für alle Kunden des jeweiligen Lieferanten in dem Verteilnetz, die voraussichtlich am nächsten Tag benötigt wird, enthalten ist, an den Lieferanten.
Der Lieferant muss dann die entsprechende Menge in den Bilanzkreis beim ÜNB einstellen. Tut er das nicht, gleicht der ÜNB die Differenz aus und berechnet dafür dem Lieferanten die teuren Ausgleichs- und Regelenergiepreise dafür. So wird es für jeden Tag gemacht.

Wenn ein Lieferant größere Differenzmengen offen lässt, verhält er sich regelwidrig und es könnte ihm deshalb der Bilanzkreisvertrag gekündigt werden.

Das könnte ja evt. einem Lieferanten, der von der Insolvenz bedroht ist oder sogar bereits Insolvenzantrag gestellt hat, egal sein. Der könnte nun auf folgende Idee kommen: die Energie, die er als Forward bereits eingekauft hatte, verkauft er fröhlich am Markt und nominiert überhaupt nichts (oder nur sehr wenig). Dann hat er erst einmal etwas Liquidität aus dem Energieverkauf gewonnen.

Der ÜNB muss jetzt die fehlenden Mengen mit Ausgleichs- und Regelenergie ausgleichen. Die Rechnung dafür kommt dann einige Monate später - und dann bleibt der ÜNB vielleicht auf diesen Kosten sitzen, da die Insolvenz bei diesem Lieferanten bereits eingetreten ist.

Schon rein aus kaufmännischer Vorsicht kündigen deshalb die ÜNB bei Insolvenzantrag eines Lieferanten den Bilanzkreisvertrag mit dem betroffenen Lieferanten. Dadurch hat der Lieferant dann keinen Bilanzkreis mehr. Ohne Bilanzkreis kann er aber dem VNB keine Energie für seine Kunden liefern, wodurch diese dann in der Ersatzversorgung landen.

Mit diesen - zugegebenermaßen sehr fachlochen - Ausführungen möchte ich verdeutlichen, dass es gar nichts nützt, wenn dem VNB die Kündigung des Lieferantenrahmenvertrags mit dem insolventen Lieferanten untersagt werden würde, wenn der ÜNB den Bilanzkreisvertrag kündigt.

RR-E-ft:
Dass es Gründe geben kann, einen Bilanzkreisvertrag zu kündigen und dass im Falle der Kündigung des Bilanzkreisvertrages auch die Lieferantenrahmenverträge gekündigt werden können, ist unbestritten. Fraglich war, ob ein Lieferantenrahmenvertrag zulässigerweise allein aus dem Grund außerordentlich gekündigt werden kann, weil der Lieferant einen Insolvenzantrag gestellt hat.

Die Frage der Zulässigkeit  des Abbruchs  lebenserhaltender Maßnahmen durch einen Mediziner lässt sich gewiss auch nicht durch den Verweis darauf beantworten, dass jedes menschliche Leben früher oder später sowieso sein Ende findet.  Was nutzt dem Menschen eine medizinische Behandlung, wenn er früher oder später  - ggf. aus anderen Gründen - sowieso  sterben muss?

http://www.der-postillon.com/2012/07/schockstudie-enthullt-wir-werden-alle.html

Es liegt außerhalb des Ermessens eines Verteilnetzbetreibers, ob ein Übertragungsnetzbetreiber den zu Grunde liegenden Bilanzkreisvertrag durch Kündigung beendet.
Schließlich ist die Beendigung eines Bilanzkreisvertrages allein aus dem Grund, dass der Lieferant Insolvenzantrag stellt, auch nicht zwingend.
Vorstellbar ist, dass der Insolvenzverwalter den Bilanzkreisverantwortlichen hinsichtlich seiner zukünftigen Forderungen hinreichend besichert.

Energiefachmann:

--- Zitat von: RR-E-ft am 23. April 2013, 11:42:54 ---... dass im Falle der Kündigung des Bilanzkreisvertrages auch die Lieferantenrahmenverträge gekündigt werden können, ist unbestritten.

--- Ende Zitat ---
Das habe ich noch nicht einmal behauptet und da bin ich mir auch gar nicht so sicher, ob das so ist.


--- Zitat von: RR-E-ft am 23. April 2013, 11:42:54 ---Fraglich war, ob ein Lieferantenrahmenvertrag zulässigerweise allein aus dem Grund außerordentlich gekündigt werden kann, weil der Lieferant einen Insolvenzantrag gestellt hat.

--- Ende Zitat ---
Klar, verstanden. Ich meinte nur ganz pragmatisch: die Frage ist eigentlich für den Kunden irrelevant, wenn der Bilanzkreisvertrag ohnehin vom ÜNB gekündigt wird.


--- Zitat von: RR-E-ft am 23. April 2013, 11:42:54 ---Schließlich ist die Beendigung eines Bilanzkreisvertrages allein aus dem Grund, dass der Lieferant Insolvenzantrag stellt, auch nicht zwingend.

--- Ende Zitat ---
nicht zwingend, aber aus Sicht des ÜNB wirtschaftlich sinnvoll und im Übrigen auch die Regel.


--- Zitat von: RR-E-ft am 23. April 2013, 11:42:54 ---Vorstellbar ist, dass der Insolvenzverwalter den Bilanzkreisverantwortlichen hinsichtlich seiner zukünftigen Forderungen hinreichend besichert.

--- Ende Zitat ---
Der Bilanzkreisverantwortliche ist jemand beim Lieferanten. Ich nehme an, Sie meinten den Bilanzkreiskoordinator.
Diese Besicherung müsste ja das Ausfallrisiko für den Regelenergiepreis bezogen auf die gesamte Liefermenge des Lieferanten abdecken. Wenn das ein Lieferant stemmen könnte, wäre er nicht in Gefahr insolvent zu sein....

RR-E-ft:
Was für den Bilanzkreikoordinator wirtschaftlich sinnvoll und die Regel sein mag sowie ob und ggf. wann dieser davon Gebrauch macht,
steht jedenfalls nicht  im Ermessen und zur Disposition des VNB.

Wenn die allein aus dem Grund erfolgte außerordentliche Kündigung des Lieferanenrahmenvertrages durch den VNB ,
dass der Lieferant einen Insolvenzantrag gestellt hat, unzulässig ist, so ist sie unwirksam mit der Folge,
dass der Lieferantenrahmenvertrag dadurch noch nicht beendet und durch den VNB weiter zu erfüllen ist.

Treten erst später Umstände ein, die den VNB zur außerordentlichen, sofortigen  Kündigung des Lieferantenrahmenvertrages berechtigen,
 wozu die Aussetzung oder Beendigung eines Bilanzkreisvertrages zählen kann,
so muss der VNB  ggf. gestützt auf diese Gründe nochmals kündigen,
damit der Lieferantenrahmenvertrag dadurch  überhaupt erst wirksam beendet wird.

   

Black:

--- Zitat von: RR-E-ft am 16. April 2013, 22:11:47 ---Der Netzbetreiber kann wohl angemessene Vorauszahlungen auf die Netzentgelte von den betroffenen Lieferanten verlangen.

--- Ende Zitat ---

Das Problem ist zum Einen, dass angeschlagene Versorger derartige Sicherheitsleistungen oft nicht mehr aufbringen können, weil Zahlungsmittel fehlen (daher ja auch die Insolvenz). Hinzu kommt für die Netzbetreiber, auch wenn weiterhin Netzentgelte gezahlt werden, das Risiko der späteren Insolvenzanfechtung. Erste Amtshandlung des Insolvenzverwalters ist häufig die bereits gezahlten Netzentgelte auch wieder von den Netzbetreibern herauszuverlangen.

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