Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Aufrechnungsverbot/Verjährung

<< < (2/4) > >>

berghaus:
Schon am 09. Dezember 2009 hatte ich in dem Thread
„Verjährungsbeginn der Rückforderung: Abrechnung oder Abschlagszahlungen maßgeblich?“ Fragen zur Aufrechnung gestellt,
aber in der unnützen Diskussion über das ‚Kontokorrent‘ keine Reaktion bekommen.

Zitat von 09.12.09
„Und dazu erneut meine Frage weiter oben:
Nimmt der Kunde den Vertragspreis von 1996, hat er hohe Rückforderungen aus 2006 (und früher). Ganz hohe bei 10-jähriger Verjährungsfrist. Da kommt, auch, wenn er jahrelang nichts zahlt und der Verbraucher das zulässt, nicht genug zusammen.
Gilt allerdings der Vorjahrespreis des ersten Widerspruchs z.B. der von 2004,
gibt es weniger zurückzufordern und (bei Wenig- oder Nichtszahlung) genug aufzurechnen, ev. auch etwas nachzuzahlen.

Meine Frage erneut:

Wie erklärt man beim Aufrechnen, dass man zunächst von dem Vertragspreis von 1996 jähriger Verjährungsfrist, hilfsweise aber auch von dem Preis von 2004 und 10-jähriger Verjährungsfrist und hilfsweise für beide Preisfälle von nur 3-jähriger Verjährungsfrist ausgeht.

Eventuell sollte man für diese Frage einen neuen Thread eröffnen!?

berghaus 09.12.09“  Zitat Ende

Heute, 3 1/2 Jahre später, insbesondere nach dem Urteil des BGH vom 12.03.12, stellt sich die Frage immer noch, weil der Versorger immer noch nicht geklagt hat.

Ich versuch‘s noch mal einfach:
Sondervertrag von 1975 mit (garantiert) unwirksamer Preisanpassungsklausel. Kein Aufrechnungsverbot.

Der Kunde stellt wegen der zunehmend günstigen Rechtsprechung schon 2007- 2009 hohe Rückforderungen mit Fristsetzung auf, ohne allerdings zu klagen.

Er zahlt 2009 – 2011 gar nichts und rechnet das Wenige, was er nach dem (Anfangs)preisen des Vertrags von 1975 zahlen müsste, gegen die Rückforderungen für die vorhergehenden (zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährten) Forderungen auf.

Nun kommt es 2013 (endlich) zum Prozess.  Das Gericht legt den Preis für die Jahre 2009 – 2011 (Verjährungsunterbrechung für 2009 durch Mahnbescheid in 12/12) auf den Zeitpunkt 3 Jahre vor dem ersten Widerspruch (z.B. 2003) fest.

Der Preis ist natürlich viel höher als der von 1975, also hat der Kunde viel mehr aufzurechnen und rechnet z.B. die Nachforderung des Versorgers für 2009 gegen seine 2009 noch nicht verjährten Rückforderung für das Jahr 2006 auf, die mit dem Preis von 2003 auch nicht mehr so hoch ist.  §§ 387ff BGB.

Die nunmehr höheren Einbehalte des Jahres 2010 gegen Rückforderungen aus 2007, 2011 gegen 2008.

Gibt es da einen Gedankenfehler? Was gilt es vor oder im Prozess zu beachten?

berghaus 26.03.13

RR-E-ft:
@berghaus

Sie kommen an dieser Stelle mit einem Fall um die Ecke, der mit  o. g. Fall der zwischenzeitlichen Beendigung eines Sondervertrages und der nachfolgenden  Weiterbelieferung in der Grundversorgung nichts zu tun hat.

Der Versorger klagt Zahlungsansprüche ein.

Zahlungsansprüche des Versorgers unterliegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährung, die jedoch im Prozess einredeweise geltend gemacht werden muss, § 214 BGB.

Bei einem Sondervertrag mit wirksam einbezogener Preisänderungsklausel, die der Inhaltskontrolle nicht standhält und deshalb unwirksam ist,
soll der Preis gelten, der drei Jahre vor dem Erstwiderspruch zur Abrechnung gestellt und unbeanstandet bezahlt wurde (BGH, Urt. v. 23.01.13 VIII ZR 52/12, juris).
Danach beurteilt sich also, in welcher Höhe die zulässige Zahlungsklage des Versorgers - ohne Aufrechnung- zunächst begründet ist.

Nach diesem Preis ermitteln sich aber in dieser Konstellation einer unwirksamen AGB- Preisänderungsklausel auch etwaige Rückforderungsansprüche des Kunden,
die iherseits der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen (vgl. BGH, aaO).

Sofern der beklagte Kunde hiernach noch über Rückzahlungsanprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verfügt,
die entweder selbst noch nicht verjährt sind (vgl. BGH  aaO.),
oder die zwar bereits verjährt sind, deren Aufrechnung deshalb jedoch gem. § 215 BGB nicht ausgeschlossen ist,
so kann der Beklagte diese im Prozess gegen die Klageforderung zur Aufrechnung stellen,
wenn kein vertragliches/ gesetzliches  Aufrechnungsverbot besteht und entgegensteht.

Bei vertraglichen Aufrechnungsverboten kann es treuwidrig sein, sich auf dieses Verbot im Prozess zu berufen,
wenn die einander gegenüber stehenden Forderungen, obwohl bestritten, entscheidungsreif sind (Senatsurteil vom 15. Februar 1978 - VIII ZR 242/76, WM 1978, 620 unter II 1; BGH, Urteil vom 17. Februar 1986 - II ZR 285/84, WM 1986, 477 unter 3; Beschluss vom 25. September 2003 - IX ZR 198/02, juris Rn. 4; jeweils mwN).

Die zulässige und erfolgreiche Aufrechnung führt dazu, dass die im Übrigen bisher zulässige und begründete Zahlungsklage des Versorgers insoweit unbegründet wird.
Es liegt insoweit ein erledigendes Ereignis vor. Wenn wegen dieses erledigenden Ereignisses insoweit die Zahlungsklage vom Kläger nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt wird,
wird die insoweit unbegründet gewordene Zahlungsklage deshalb als unbegründet abgewiesen.

Aus § 215 BGB ergbt sich Folgendes:

Gegen seit 2009 begründete, fällige Zahlungsansprüche des Versorgers kann nur noch mit Rückforderungsansprüchen aufgerechnet werden, die 2006 ff. entstanden waren.
Gegen seit 2010 begründete, fällige Zahlungsansprüche des Versorgers kann nur noch mit Rückforderungsansprüchen aufgerechnet werden, die 2007 ff. entstanden waren.
Gegen seit 2011 begründete, fällige Zahlungsansprüche des Versorgers kann nur noch mit Rückforderungsansprüchen aufgerechnet werden, die 2008 ff. entstanden waren.
Gegen seit 2012 begründete, fällige Zahlungsansprüche des Versorgers kann nur noch mit Rückforderungsansprüchen aufgerechnet werden, die 2009 ff. entstanden waren.         

berghaus:
Ich bin begeistert!

Eine klare Antwort und eine Bestätigung dessen, was ich mir in all den Jahren aus dem Beiträgen im Forum zusammengereimt und angewandt habe.

Mir ist bewußt, dass es noch genügend Fallstricke gibt, über die der Fall ins Stolpern stolpern geraten kann.

Mir kommt ja meine  Rechenweise auch schon unverschämt vor, weil ich immer noch den Preis von 1975 zahle, wollte ich doch ursprünglich
nur einen angemessenen Preis zahlen. Dafür nuss ich allerdings auch mit Sperrandrohungen leben.

Beruhigen kann ich mich dann nur, wenn ich berücksichtige, dass ich von 1975 bis 2006 nicht nur juristisch betrachtet immer zuviel gezahlt habe.

Und der Versorger muss mir auch nicht leid tun, wenn man bedenkt, bei wieviel Tarif- und Sonderkunden er sich bereichert hat.

@RR-E-ft: Jetzt bitte keine Vorwürfe wegen unangemessener Ausbreitung meiner Seelenlage!

berghaus 26.03.2013

bolli:

--- Zitat von: berghaus am 26. März 2013, 16:32:29 ---Mir kommt ja meine  Rechenweise auch schon unverschämt vor, weil ich immer noch den Preis von 1975 zahle, ...
--- Ende Zitat ---
Finde ich auch, vor allem im Hinblick auf das Urteil des BGH v. 23.01.13 VIII ZR 52/12, welches wohl einen anderen Berechnungspreis nahelegt, oder habe ich da was falsch verstanden ?  Sie haben doch erst Anfang der 2000er einen Widerspruch eingelegt. Wie begründen Sie denn die Zugrundelegung des 1975er Preises und die Aufrechnungen auf der Basis dieses Preises ?

berghaus:
Die  Urteile vom 12.03.2012 und 23.01.2013 sind ja noch reltiv neu.

Meine Entscheidung, Rückforderungen und Abschläge nach dem Preis des Vertrages von 1975 zu richten und  2009, 2010 und 2011 nichts zu zahlen, um (das bischen) aufzurechnen, stammt aus dem Jahr 2009.

Schon damals war mir bewußt, dass ein Gericht, aus welchen Gründen auch immer, auch einen höheren Preis bestimmen könnte.

Ich habe den Fall schon mit dem Preis von 1998 (Erster Widerspruch 2001) durchgerechnet. Es ist fast ein Nullsummenspiel: Höherer Preis, höhere Einbehaltungen = mehr aufzurechnen.

Es ist ja auch nicht sicher, dass diese Rechtsprechung auf meinen Fall anwendbar ist. Es gibt ja schon Urteile unterer Gerichte, die die Erfindung des Preises 'drei Jahre vorher' nicht mitmachen.

Ich denke auch darüber nach, ob in meinem Fall die ergänzende Vertragsauslegung nicht verwirkt ist, weil der Versorger 6 Jahre lang erhebliche Einbehaltungen nur "ohne rechtliche Anerkenntnis" zur Kenntnis genommen hat ohne zu klagen und bis heute eine ordentliche schriftliche Kündigung (trotz meiner ständigen Hinweise) nicht zustande gebracht hat.

Da droht er lieber nun schon zum zweitenmal mit der Einstellung der Versorgung.

Auf meine Angbote einer gütlichen Einigung hat er bisher nur Ratenzahlung angeboten.

Ich glaube nicht, dass es da sinnvoll ist, nun aus heiterem Himmel eine ordentliche Zahlung zu leisten.

berghaus 27.03.13


Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln