@reblaus
Original von reblaus
Der Versorger könnte bei den Abschlägen einwenden, dass diese so kalkuliert waren, dass fest erwartet wurde und werden konnte, dass keine Erstattung anfallen würde. Er könnte z. B. darauf hinweisen, dass unterjährig eine erhebliche Preiserhöhung geplant gewesen sei, die völlig unerwartet dann doch nicht vorgenommen worden wäre.
Darauf, auf welchen Annahmen die Höhe der vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen beruhte, kommt es überhaupt nicht an.
Der Vergütungsanspruch des Versorgers gem. § 433 Abs. 2 BGB für den Energieverbrauch des Kunden in der gesamten Abrechnungsperiode, für welchen die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen erfolgen, ist immer ungewiss, weil der Verbrauch des Kunden in dieser gesamten Abrechnungsperiode schon ungewiss ist. Nicht nur bei Gas liegt das auch an der ungewissen Witterung und an der Ungewissheit darüber, ob der Kunde den Winter etwaig in
Palm Springs verbringen und deshalb gar nichts verbrauchen wird, was der Versorger naturgemäß bei der zeitlich vorhergehenden Ermittlung der Abschlagshöhe regelmäßig gar nicht wissen und deshalb auch nicht berücksichtigen kann.
Der Versorger hat nur einen Anspruch auf Vergütung des Verbrauchs in der Abrechnungsperiode
gem. § 433 Abs. 2 BGB. Dieser Vergütungsanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB wird oftmals erst zwei Wochen nach Zugang einer Rechnung fällig, mit der er die Vergütung
beansprucht, deren Zugang deshalb auch für den Verjährungsbeginn maßgeblich ist. Soweit vertraglich vereinbart, hat er vor diesem Vergütungsanspruch aus Energielieferungen in der Abrechnungsperiode
vorläufig Anspruch auf Abschlagszahlungen, über die er später auch abzurechnen hat.
Einen
Anspruch auf Erstellung einer Abrechnung hat der Versorger hingegen nicht, jedenfalls nicht gegen den Kunden. Weil es einen solchen Anspruch schon nicht gibt, kann er auch nicht verjähren.
Anspruch ist wohl immer noch in § 194 BGB legaldefiniert als
das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Zwar kann vielleicht der Versorger vom Kunden die Erstellung einer Abrechnung verlangen, aber einen als Anpruch zu bezeichnendes (klagbares) Recht dazu hat er sicher nicht. Es ist ersichtlich auch noch kein Versorger an seine grundversorgten bzw. Tarif-kunden herangetreten, diese sollten doch bitte
die Rechnung erstellen.Der Versorger hat noch nicht einmal
Anspruch auf Mitwirkung des Kunden an der Verbrauchsabrechnung, weil der Kunde auch dazu nicht verpflichtet ist, ihn auch eine
Mitwirkungspflicht nicht trifft.
Es findet sich gewiss keine Gerichtsentscheidung, mit welcher der Tarifkunde eines EVU verurteilt wurde, die Rechnung zu erstellen oder an einer solchen auch nur mitzuwirken, weil der Versorger dies berechtigt von ihm verlangt hatte, er diesem berechtigten Verlangen jedoch nicht nachkam und deshalb verklagt werden musste.... Dass es eine solche Entscheidung nicht gibt, liegt gewiss nicht darin begründet, dass alle grundversorgten Tarifkunden den dahin gehenden berechtigten Verlangen ihrer Versorger jederzeit nachkommen.
Soweit
der Kunde einen Anspruch auf Erstellung einer Abrechnung haben sollte, so will er regemäßig nicht eine Abrechnung, sondern seine gezahlten und überzahlten Abschläge zurück, wenn bei Abrechnungsreife [nachdem der Verbrauch feststeht] keine Abrechnung durch den Versorger erfolgt. Er beansprucht also eine Rückzahlung. Der Kunde braucht auch nicht im Wege einer Stufenklage erst auf Abrechnung und dann auf Auskehr eines (etwaigen) Guthabens aus einer solchen Abrechnung klagen. Der Kunde kann unmittelbar auf Rückzahlung klagen, wenn der Versorger bei Abrechnungsreife (wenn der Verbrauch aus der Abrechnungsperiode feststeht) auf eine Aufforderung hin nicht abrechnet. Der Rückserstattungsanspruch des Kunden unterliegt der Verjährung. Möglicherweise kann sich der Versorger auf eine solche nicht berufen, so lange er selbst den Verbrauch nicht abgerechnet hatte. Möglicherweise beginnt die Verjährung des Rückerstattungsanspruchs gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht, so lange der Kunde seinen Rückerstattungsanspruch deshalb nicht kennt, weil eine Abrechnung des Verbrauchs durch den Versorger noch nicht erfolgte (str.). Das wäre dann der Fall, wenn nur ein dem Kunden mangels Abrechnung unbekannter
resultierender Betrag zurückgefordert werden kann. Wenn jedoch die
gesamten Abschläge deshalb zurückgefordert werden können, weil eine fällige und verrechnbare Vergütung des Versorgers noch nicht besteht, [sich die Vergütung aus der Jahresrechnung quasi bisher auf Null beläuft] und deshalb zB. der Rechtsgrund für die Abschlagszahlungen
nachträglich entfällt, so dürfte es auf eine solche Kenntnis wohl nicht ankommen, sondern nur auf die Kenntnis darüber, dass Abschläge gem. vertraglicher Abrede gezahlt wurden und eine Abrechnung trotz Abrechnungsreife (nachdem der Verbrauch feststeht) durch den Versorger nicht erfolgte, so dass diesem (derzeit noch) kein fälliger Vergütungsanspruch aus § 433 Abs. 2 BGB zusteht. Dann hätte der Versorger zunächst die gezahlten Abschläge
komplett wieder auszukehren. Eine Vergütung für den Energieverbrauch in der Abrechnungsperiode kann er erst dann beanspruchen, wenn er den Verbrauch abrechnet. Erst auf diese Abrechnung hin hätte der Kunde dann wieder eine Zahlung an den Versorger zu leisten, sofern der Versorger überhaupt eine vertragliche Vergütung gem. § 433 BGB beanspruchen konnte, was nicht der Fall wäre, wenn eine verbrauchhsunabhängige Grundgebühr nicht vereinbart war und in der Abrechnungsperiode keinerlei Verbrauch anfiel.
Der BGH würde diese Frage - wie ich erst jetzt sehe :evil:- wohl danach entscheiden, ob das Vertragsverhältnis noch läuft oder beendet wurde.
Beim beendeten Vertragsverhältnis:
BGH, Urt. v. 09.03.05 VIII ZR 57/04BGH, Urt. v. 09.03.05 Az. VIII ZR 57/04 Leitsatz
Rechnet der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraumes ab, so kann der Mieter, wenn das Mietverhältnis beendet ist, sogleich die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen; er ist nicht gehalten, zuerst auf Erteilung der Abrechnung zu klagen. In einem solchen Fall hindert auch die Rechtskraft eines der Klage des Mieters stattgebenden Urteils den Vermieter nicht daran, über die Betriebskosten nachträglich abzurechnen und eine etwaige Restforderung einzuklagen.
Dort stützt der BGH den Rückerstattungsanspruch auf Vertragsrecht, wohl auch mit Rücksicht auf eine gesetzliche Abrechnungsfrist im Mietrecht, die es sie im Energierecht bisher jedenfalls nicht gab.
Beim nicht beendeten Vertragsverhältnis:
BGH, Urt. v. 29.03.06 VIII ZR 191/05BGH, Urt. v. 29.03.06 Az. VIII ZR 191/05 Leitsatz
In einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum kann der Mieter nicht die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums abgerechnet hat. In diesem Fall ist der Mieter dadurch hinreichend geschützt, dass ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters gemäß § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht jedenfalls hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zusteht (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499).
Dort gibt es keinen Rückerstattungsanspruch vor der Abrechnung, weil ein Schutz hinreichend gewährleistet sei.
Beide Entscheidungen sind lesenswert.
Da bin ich, der ich diese Mietrechtsentscheidungen zugegeben nicht kannte und parat hatte, aber froh, selbst darauf gekommen zu sein, dass der Kunde im laufenden Vertragsverhältnis dadurch hinreichend geschützt ist, dass er ohne weitere Abschlagszahlungen weiter beliefert werden muss und ansonsten komplette Rückzahlung ohne Stufenklage beanspruchen kann.
BGH; Urt. v. 29.03.06 VIII ZR 191/05, Rn. 11:
Steht nach dem erfolglosen Ablauf der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht fest, in welcher Höhe der Vermieter Ersatz seiner Auslagen beanspruchen kann, so muss der Mieter, da weitere Darlegungen als diejenigen zur Höhe der geleisteten Vorauszahlungen und zur fehlenden Abrechnung von ihm nicht zu fordern sind, berechtigt sein, die Vorauszahlungen insgesamt zurückzuverlangen (vgl. Senat aaO unter II 3 f.).
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