In seinem Urteil vom 21.03.13 Az. C -92/11 stellt der EuGH m.E.zum einen klar, dassAGB- Preisänderungsklauseln in Gaslieferungsverträgen uneingeschränkt der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegen, und stellt ferner für die Wirksamkeit einer solchen Preisänderungsklausel mit Rücksicht auf das Transparenzgebot auf die gleichen Kriterien ab, auf die der BGH sonst gem. § 307 BGB in seiner ständigen Rechtsprechung auch abstellt (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.07 Az. III ZR 247/06, juris Rn. 10 ff.).
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene sogenannte Kostenelementeklauseln, die wie die
hier in Rede stehende Bestimmung eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage sich verändernder Kosten vorsehen, sind insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen zwar nicht grundsätzlich zu beanstanden. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (Senatsurteil vom 11. Oktober
2007 - III ZR 63/07 - Rn. 19; BGH, Urteile vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05 - NJW-RR 2005, 1717 unter II. 2.; vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06 - NJW 2007, 1054, 1055 Rn. 20; jeweils m.w.N.).
Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; BGH, Urteile vom 21. September 2005 aaO und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 21; jeweils m.w.N.).
Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des
Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September
2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).
b) Diesen Anforderungen wird die beanstandete Preisanpassungsklausel nicht gerecht. Sie verstößt zum einen
gegen das aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgende Transparenzgebot. Sie ist deshalb zu unbestimmt, weil sie ganz allgemein an eine Erhöhung der nicht näher umschriebenen Bereitstellungskosten anknüpft und weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher regelt. Insbesondere werden die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung
für die Kalkulation des Abonnementpreises nicht offen gelegt. Für den Abonnenten ist deshalb weder vorhersehbar, in welchen Bereichen Kostenänderungen auftreten können, noch hat er eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen.
Zum anderen führt die Klausel auch nach ihrem Inhalt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Abonnenten, weil sie Preiserhöhungen nicht auf den Umfang der Kostensteigerung begrenzt und sogar dann gestattet, wenn der Anstieg eines Kostenfaktors durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. Somit ermöglicht die Bestimmung der Beklagten, die Abonnementpreise ohne jede Begrenzung zu erhöhen und nicht nur insgesamt gestiegene Kosten an ihre Kunden weiter
zugeben, sondern auch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Gerade eine solche Verschiebung des vertraglichen
Gleichgewichts durch einen praktisch unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum will § 307 BGB verhindern.
Der EuGH hat entschieden, dass sein Urteil nicht - wie von der Bundesrepublik Deutschland und RWE beantragt- erst Monate nach Verkündung Wirkung entfaltet und die Rechtsprechung des EuGH somit erst auf zukünftige Preisänderungen anwendbar wäre,
sondern das diese Rechtsprechung zeitlich uneingeschränkt gilt, weil sie auf das materielle Recht gründet, welches seit Inkrafttreten der entsprechenden EU- Richtlinien (bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist) ohnehin unmittelbar gilt. Das Urteil schafft also kein neues, nicht schon bestehendes und in Geltung befindliches Recht.
Dies ändert freilich nichts daran, dass mögliche Rückforderungsansprüche der Kunden infolge unwirksamer Preisänderungsklauseln und somit unwirksamer einseitiger Preisänderungen der regelmäßigen Verjährung unterliegen.
Über die Frage, ob die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats zur zeitlichen Beschränkung der Berufungsmöglichkeit des Kunden auf die Unwirksamkeit einzelner einseitiger Preisänderungen mit der Rechtsprechung des EuGH in Übereinklang steht (also dem eigentlichen Gegenstand dieses Threads), hatte der EuGH in seinem Urteil vom 21.03.13 nicht zu befinden.
Der EuGH entscheidet nur über die Rechtsfragen, die ihm - wie vorliegend vom BGH- vorgelegt werden.