Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: EuGH Urt. v. 21.03.13 C-92/11 (VZ NRW gegen RWE Vertrieb) - BGH VIII ZR 162/09  (Gelesen 48509 mal)

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Offline tangocharly

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Zitat
Wo wohl zuviel versprochen wird:

http://www.managementcircle.de/downloads/weiterbildung/energieliefervertraege-aktuell-0374507.pdf

Zitat

    Vorsicht Vertragsfallen – so gestalten Sie Ihre Verträge und Preisanpassungen rechtssicher

Vielleicht sollten die Herrschaften mal lieber bei Herrn Gasball nachfragen   ???
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Beim enreg- Workshop am 06.05.13 in Berlin war zu erfahren, dass der Senat beabsichtige, im Verfahren Az. VIII ZR 162/09 eine Verhandlung noch vor den "Gerichtsferien" anzuberaumen, mithin noch vor August.

Offline uwes

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Eine interessante Anmerkung zu EuGH vom 21.3.2013 ist von Kurt Markert in LMK (Lindenmaier- Möhring) abgedruckt in http://beck-online.beck.de/?bcid=Y-300-Z-LMK-B-2013-N-345547 (Online Zugang für Beck- Online erforderlich)  hierzu zu lesen.
Er vertritt die Auffassung, dass der EuGH auch ausdrücklich der Feststellung der Generalanwältin zustimme, der deutsche Gesetzgeber habe durch § 310 II BGB die Sonderkundenverträge „bewusst nicht der Regelung des nationalen Rechts über den Inhalt der Klauseln der Gaslieferungsverträge unterworfen.“ (Rdnr. 37) – und meint, hierin sei eine klare Distanzierung von der vom BGH zur Begründung seiner „Übernahmethese“ angeführten Ansicht zu sehen, der deutsche Gesetzgeber habe mit § 4 I und II AVBGasV auch für die Preisanpassungsklauseln in Sonderkundenverträgen den Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit nach § 307 BGB gesetzt (z. B. BGHZ 182, 59 = NJW 2009, 2662 Rdnr. 24 – GASAG).

Er meint ferner, dass dieser Auslegung des Tranparenzerfordernisses des Art. 5 RL 93/13 ist zuzustimmen sei, weil sie auch deutscher höchstrichterlicher Rechtsprechung zu § 307 I  2 BGB mit Ausnahme der „Übernahmethese“ des VIII. Zivilsenats entspreche.

Herr Markert äußert sich auch zu den Aussichten der von dem EuGH noch nicht entschiedenen Verfahren der Tarifkunden.
Dazu führt er aus, dass der EuGH In seinem Urteil vom 21. 3. 2013  die Ansicht vertreten habe, wonach Vorausinformation und Kündigungsmöglichkeit des Kunden die erforderliche Transparenz hinsichtlich Anlass und Modus künftiger Preiserhöhungen nicht ersetzen könnten, und stützt die Auffassung auf Art. 3 III und Anhang A der GasRL 2003/55 (Rdnr. 45). Es spräche deshalb viel dafür, dass er die Vorlagefragen des BGH hier ebenso beantworten würden wie in diesem Urteil.

Gute Aussichten für die Verbraucher.

Zu raten ist den Verbrauchern mit Vertragsklauseln, die den Regelungen der GasGVV entsprechen wegen der "Fristenlösung“ des VIII. Zivilsenats, wonach die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn diese nicht innerhalb von drei Jahren seit Zugang der die Erhöhung erstmals berücksichtigenden Jahresabrechnung beanstandet wurden (zuletzt BGH, NJW 2013, 991), den Preisänderungen nach wie vor - sogar vorsorglich - zu widersprechen, wenn das noch nicht passiert  sein sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Uwes
____________________________________________________
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Offline RR-E-ft

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Prof. Kurt Markert auf dem enreg- Workshop am 06.05.13 in Berlin:

http://www.enreg.de/content/material/2013/06.05.2013.Markert.pdf
« Letzte Änderung: 30. Mai 2013, 01:03:46 von RR-E-ft »

Offline RR-E-ft

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Aus unterrichteten Kreisen war folgendes zu erfahren:

Der BGH hat inzwischen in dem Verfahren  VIII ZR 162/09 die mündliche Verhandlung auf den 10.7. anberaumt.
Es soll auch eine Anfrage des EuGH beim BGH gegeben haben, ob die beiden Vorlagen zum Preisbestimmungsrecht der Tarifkunden- bzw. Grundversorger im Lichte des
Urteils vom 21.3. noch aufrechterhalten werden, was ein starkes Indiz ist, dass der EuGH auch hier die gleichen Transparenzanforderungen wie für Sonderkundenverträge stellt.
Allerdings soll der VIII. Zivilsenat nicht überraschend die Rücknahme seiner Vorlagen abgelehnt haben.
« Letzte Änderung: 31. Mai 2013, 11:31:19 von RR-E-ft »

Offline RR-E-ft

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Terminsbericht Fortsetzung 10.07.13 BGH VIII ZR 162/09 nach EuGH- Urteil
« Antwort #35 am: 10. Juli 2013, 14:27:54 »
Verhandlung am 10.07.2013 von 10:00 bis 11:20 Uhr.
8. Zivilsenat: Ball, Dr. Frellesen, Dr. Hessel, Dr. Achilles, Dr. Schneider

(Verhandlungstermin: 17. November 2010 = Vorlage EuGH)
VIII ZR 162/09
LG Dortmund - Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 O 341/06
OLG Hamm - Urteil vom 29. Mai 2009 - 19 U 52/08
(veröffentlicht in RdE 2009, 261 = ZNER 2009, 274)

Kläger: RWE Vertriebs AG; vormals RWE Westfalen Weser Ems AG, RA Prof. Dr. Krämer, Dr. Rosin
Beklagte: Verbraucherzentrale NRW, RA Wassermann, Herr Schröder (VZ NRW)

----- 10:00 ---------------------------------------------------------------------------
Ball:

Das Verfahren wurde ausgesetzt. Dem EuGH wurden zwei Fragen vorgelegt. Der EuGH hat geantwortet:
1) Die Klauselrichtlinie gilt auch für Vertragsklauseln, die aus einer gesetzlichen Vorschrift übernommen worden sind.
2) Es gilt die volle Transparenzkontrolle.

Das Auslegungsergebnis des EuGH ist für den Senat bindend. Es ist fraglich, ob die Rechtsprechung des Senats basierend auf §301, Abs. 2 BGB noch aufrecht erhalten werden kann. Dies wird der Senat zu prüfen haben. Falls die bisherige Rechtsprechung aufgegeben werden muss, ist zu prüfen, ob und wie die dadurch entstandene Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen ist; entweder durch Anwendung der Fristenregelung oder durch Annahme eines wirksam vereinbarten Preisanpassungsrechts. Falls eine ergänzende Vertragsauslegung für Versorgungsverträge untragbar sein sollte, kommt eine Rückabwicklung der dann nichtigen Verträge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nach §812 in Betracht.

----- 10:05 ---------------------------------------------------------------------------
Prof. Krämer:

Es ist der Kontext zu beachten, in dem der EuGH-Beschluß umzusetzen ist. Hier ist keine Anwendung von §812 BGB geboten. Er verweist auf seine schriftlichen Ausführungen zur ergänzenden Vertragsauslegung und begrüßt die Fristenlösung als gerechte Lösung.

Den EVUs wird durch die bisher richtige Rechtsprechung des Senats zur Gleichbehandlung von Tarif- und Sondervertragskunden Rechtssicherheit gegeben. Es kann nicht richtig sein, dass diese langjährige Rechtsprechung zur unveränderten Übernahme der Regelungen der AVB/GVV jetzt verworfen und die EVU im Regen stehen gelassen werden.

Zu §306, Abs.3 und §812: Eine Rückabwicklung der Verträge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ist auch problematisch. Eine Versorgung des Kunden zum Ausgangspreis ist unzumutbar. Die Rückabwicklung eines Vertrags ist dabei nicht in dem Maß möglich wie durch eine ergänzende Vertragsauslegung.

Daher liegt eine ergänzende Vertragsauslegung näher, denn durch das EuGH-Urteil ist eine Regelungslücke entstanden. Was hätten redliche Vertragspartner bei Vertragsabschluß vereinbart? Materialrechtlich bietet sich eine ergänzende Vertragsauslegung auf Basis der ständigen Rechtsprechung des Senats an.

Der Senat ist nur beschränkt an die EuGH-Entscheidung gebunden; er hat Spielraum bei der Wertung des Sachverhalts. Zitiert C-92/11, Rn55: "Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, diese Beurteilung anhand aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, einschließlich aller Klauseln in den allgemeinen Bedingungen der Verbraucherverträge, die die streitige Klausel enthalten.".

Der EuGH argumentiert mit einem Verständnis des Begriffs "Vertragskategorie", der nicht in die Deutsche Dogmatik passt. Was wollte denn der Gesetzgeber? Was ist die Folge der Leitbild-Rechtsprechung des Senats? Die Tarif- und Sonderkunden sollten nicht unterschiedlich behandelt werden. Der EuGH hat die Gesetzesbegründung in Rn37 falsch wiedergegeben. Denn der Gesetzgeber wollte die Gleichbehandlung der Kunden durch die Rechtsprechung des Senats gewährleisten. Ein Sondervertrag, der die Regelungen der AVB übernimmt, implementiert doch diese Tarifregelung. Demnach gibt es nur eine Vertragskategorie für Tarif- und Sondervertragskunden; die des "Versorgungsvertrags mit Gas".

Die geforderte Transparenz wird durch öffentliche Bekanntmachung und dem Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit erfüllt. Der Unbilligkeitseinwand nach §315 BGB ist der Modus, die gestiegenen Bezugskosten sind der Anlaß einer Preisanpassung. Bei Vertragsbeginn ist keine Preisvereinbarung für die gesamte Vertragslaufzeit möglich.

Der EuGH hat ja nichts zu den strittigen Klauseln selbst gesagt. Es ist Sache des Senats, über diese zu entscheiden. Die unveränderte Übernahme der AVB/GVV-Klauseln sollte weiterhin Bestand haben. Der BGH ist nicht daran gehindert, Regelungen für eine Vertragskategorie individuell zu beurteilen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach §3, Abs.1 GG kann auch durch den EuGH nicht ausgehebelt werden. Auch hat der EuGH keine Kompetenz, dem Senat vorzuschreiben, ob §242 BGB oder eine ergänzende Vertragsauslegung anzuwenden ist.

Tarif- und Sondervertragskunden sind keine unterschiedlichen Vertragskategorien. Ich wiederhole nicht nochmal meine Ausführungen zur ergänzenden Vertragsauslegung.

Der EuGH ist auch auf die Frage einer zeitlichen Beschränkung eingegangen. Ohne diese kämen die Versorger doch in Überobligationsschwierigkeiten. Dies wäre doch eine richterliche Disziption. (Ich könnte beide Fremdwörter falsch verstanden haben). Eine zeitliche Beschränkung ist ja auch im Deutschen Recht zur Gewährleistung des Vertrauensschutzes bekannt. Der EuGH hat eine Beschränkung aber abgelehnt. Laut Rn59 sei diese nur ausnahmsweise möglich. Gemäß Rn63 wurde das Kriterium der Gutgläubigkeit aber garnicht geprüft. Die EVU haben sich natürlich auf die Rechtsprechung des Senats verlassen. Ein Deutsches Gericht ist daher weiterhin frei, wegen Gutgläubigkeit eine Beschränkung festzusetzen. Das Prinzip des Vertrauensschutzes gilt nicht nur zwischen Vertragsparteien sondern auch zur Rechtsprechung.

Laut EuGH ist weiterhin eine "gravierende Störung" nicht erwiesen. Der Senat hat die These der Überforderung der EVU im Falle von Rückforderungen bisher immer verworfen. Dazu hat RWE dem Senat sowie dem EuGH aber nun genaue Zahlen vorgelegt. Im Rahmen der Rechtstreue ist eine gravierende Störung zu prüfen.

Es geht um die Frage ob im Rahmen des Vertrauensschutzes nicht die Position der EVU berücksichtigt werden muss. Wenn schon, dann sollte die neue Rechtsprechung nur für neue Verträge gelten.

Insgesamt sollte eine ergänzende Vertragsauslegung nicht erst bei einer "exzessiven Verschiebung" des Vertragsverhältnisses möglich sein.

----- 10:40 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann:

Der Senat hat über die Wirksamkeit der Klauseln zu entscheiden. Der Senat ist an die Entscheidung des EuGH gebunden. Prof. Krämer ging auf die Argumente des EuGH garnicht ein. Der Senat hat gar keine andere Wahl, als die aus den AVB/GVV übernommenen Klauseln als unwirksam zu erklären.

Denn Vertragsklauseln müssen kumulativ folgende Anforderungen erfüllen:
1) Der Verbraucher muss VOR Vertragsabschluss umfangreich informiert werden.
2) Falls der Versorger eine Klausel anwendet, dann muss der Verbraucher tatsächlich kündigen können.

Eine übernommene Klausel wird dem nicht gerecht, wie der Senat selbst erkannt hat. Sie erfüllt nicht die Anforderung, den Kunden über Anlaß und Modus einer Preisänderung ausreichend zu informieren. Der Anlaß "Erhöhung der Bezugspreise" war damit vom EuGH nicht gemeint. Es müssen detaillierte Kriterien genannt werden. Das 2. Kriterium - die Kündigungsmöglichkeit - kann das Fehlen des 1. Kriteriums nicht heilen. Ebenso sind auch andere Kompensationsmöglichkeiten, wie ein Unbilligkeitseinwand, nicht ausreichend. Denn wurde der Kunde vor Vertragsbeginn schon nicht umfangreich informiert, so hatte er auch später keine ausreichenden Informationen um in einem Prozess zur Billigkeitsprüfung seine Interessen zu wahren.

Die Ausführungen zur Leitbildfunktion der AVBGas für Sondervertragskunden führen hier in die Irre. Das EuGH sagt in Rn33 klar: Die AVB gelten nicht für Sondervertragskunden. Rn56: Der Gesetzgeber hatte es in der Hand, die Verordnung auch auf Sondervertragskunden auszudehen, aber er hat es nicht getan.

Der §310, Abs. 2 regelt nur, dass §308 und §309 keine Anwendung finden. Die Anwendung des §307 zur Transparenzprüfung ist aber weiterhin zugelassen. Die vom Senat gesehene Leitbildfunktion findet in der Gesetzeslage keine Rechtfertigung.

Die Ausführungen von Prof. Krämer zur Vertragskategorie sind schlichtweg falsch. Tarif- und Sondervertragskunden sind verschiedene Kategorien. In ersteren gibt es Kontrahierungszwang und eine vollständige Verordnung, in letzterer gilt Vertrags- und Inhaltsfreiheit.

Eine Anwendung der Leitbildfunktion würde die Entscheidung des EuGH unterhöhlen, demzufolge Sonderverträge der vollen Inhaltskontrolle unterliegen. Die Regelungen der AVB und GVV liegen derzeit ja selbst beim EuGH zur Prüfung vor.

Der Senat muss seine derzeitige Rechtsprechung ändern.

Die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Transparenzgebotes hat die Unwirksamkeit der Klausel, die strikte Nichtanwendung, keine geltungserhaltende Reduktion und keine zeitliche Begrenzung mit Wirkung auf die Zukunft zur Folge. Der Senat hat nicht die Kompetenz, die nur in die Zukunft gerichtete Bedeutung des EuGH-Urteils anzuordnen. Das EuGH-Urteil gilt auch für existierende Verträge. Es gelten §306 BGB bzw. §6 der Klauselrichtlinie.

Auch eine ergänzende Vertragsauslegung darf keinen inhaltsgleichen Ersatz erzeugen, es gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Es kann nicht sein, eine andere Klausel - per richterlicher Kompetenz - als von Anfang an wirksam einzusetzen. Der Zweck der Unwirksamkeitsfolge ist ja gerade ein Abschreckungseffekt für den Klauselverwender und das berechtigte Interesse der Verbraucher. Zum Urteil vom 14.03.2012: Die Drei-Jahres-Frist führt ja zu einer zeitlichen Befristung der Unwirksamkeit einer unwirksamen Klausel.

Die Revision lässt zwei wichtige Aspekte außer Acht:
Gemäß dem EuGH dient ja das Transparenzgebot einem Interessenausgleich.
1) Für Verbraucher gelten strenge Informationspflichten (Rn53). Eine ergänzende Vertragsauslegung kann nicht dazu führen, dass Kunden ggf. bis zur letztinstanzlichen Entscheidung an intransparente Klauseln gebunden wären. Zudem wären Kunden durch ihr Informationsdefizit an ihrer Rechtsausübung gehindert. Bei Vertragsschluß zwischen redlichen Vertragspartnern hätten Kunden sicher keine Regelung vereinbart, derzufolge sie unwirksame Klauseln bis zur gerichtlichen Klärung akzeptieren wohingegen der Versorger Vertrauensschutz genießen solle.
2) Der Aspekt des Verwenders. Ein Klauselverwender trägt das Risiko. Dabei gibt es keinen Vertrauensschutz darin, dass sich die Rechtsprechung nicht ändern kann.

Prof. Krämer sieht einen Vertrauensschutz durch "staatliches Versagen und die Rechtsprechung" geboten. Nicht der Gesetzgeber sondern die EVU selbst haben entschieden, die Regelungen der AVB in ihre Verträge zu übernehmen und sie sind damit das Risiko eingegangen, intransparente Klauseln zu verwenden. Diese Praxis war zudem von Anfang an umstritten. Der Gesetzgeber hat die Anwendung der AVB auf Sonderverträge ausdrücklich ausgenommen.

Zu den "nicht hinnehmbaren wirtschaftlichen Konsequenzen" sei erwähnt, dass diese sehr begrenzt sind. Es geht hier um 14 Kunden eines Versorgers. Die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Energieversorger im allgemeinen können hier nicht relevant sein, denn dadurch würden Anbieter in Massengeschäften ungerechtfertigt priviligiert werden.

Der Senat bemüht sich ja, durch ergänzende Vertragsauslegung einen Interessenausgleich herbeizuführen. Aber nur wenige Kunden haben ja widersprochen und durch die Drei-Jahres-Frist sind die möglichen Rückforderungen sehr begrenzt. In der Vergangenheit gab es zudem viele ungerechtfertigte Preiserhöhungen, die nie geprüft wurden und durch die nicht gerechtfertigte Beträge vereinnamt wurden. Mit einer ergänzenden Vertragsauslegung ist aber für §306, Abs. 2 kein Raum mehr.

----- 11:10 ---------------------------------------------------------------------------
Dr. Rosin

Herr Wassermann setzt die EU-Regelungen fälschlicherweise mit einer Mißbrauchsprüfung gleich.
Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion soll doch verhindern, dass ein Klauselverwender seine Interessen ultimativ durchsetzen kann. Dies haben die EVU aber garnicht versucht, sondern sie haben doch die Regelungen des AVB direkt übernommen.

In der Praxis sieht es doch so aus: Es geht nicht nur um einige Kläger, sondern dieses Urteil hat große Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Versorgungswirtschaft.
1) Der Senat hat bislang alle selbstgestrikten Klauseln kassiert.
3) Der Gesetzgeber hat gesagt, dass die AVB-Klauseln einen Ausgleich der Interessen schaffen.
4) Der Senat hat seit 1999 eine Leitbildfunktion gesetzlicher Regelungen bejaht.

Je detaillierter eine Kostenklausel wurde, desto intransparenter wurde sie. Letzlich haben die EVU die AVB-Klauseln unverändert übernommen und nun sollen diese auch kassiert werden.

Er beschwört eine Klagewelle herauf und macht auch den Senat dafür verantwortlich. Der Senat möge sich bitte auch mal auf die andere Seite des Tisches setzen und den Standpunkt der Versorger berücksichtigen.

----- 11:20 ---------------------------------------------------------------------------
Wassermann

Der Senat möge bitte auch die Verbaucherinteressen berücksichtigen.

----- 11:21 ---------------------------------------------------------------------------
Ball

Eine Entscheidung erfolgt noch heute; eventuell auch ein Urteil.


Meine Anmerkung dazu:
Nur Herr Wassermann hat mit einem Wort kumulativ angedeutet, dass die AVB Verordnung nur in ihrer Gesamtheit einen Interessenausgleich darstellen kann. Der EuGH hatte dazu in Rn 31 festgestellt, dass ein Klauselverwender sich gerade dadurch einen Vorteil verschaffen kann, dass er einzelne Klauseln einer gesetzlichen Regelungen im Kontext seiner übrigen AGB zu seinem Vorteil nutzen kann. Die Konsequenz daraus kann m.E. nur sein, dass ein solches Vertragskonstrukt a-priori die Parteieninteressen nicht ausgeglichen wahrt, solange keine Inhaltskontrolle stattfindet.

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline RR-E-ft

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Die bisherige Senatsrechtssprechung zur sog. "Übernahmethese" wird sich wohl nicht aufrecht erhalten lassen. Schon § 310 Abs. 2 BGB lässt keinerlei Privilegierung bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB zu.

Eine Inhalts- und Transparenzkontrolle am Maßstab der übrigen BGH- Rechtsprechung halten solche Klauseln schon nicht stand, wie der Senat selbst bereits mehrfach ausgeführt hat.

Es muss m.E. hinsichtlich geltungserhaltender Reduktion genauso verfahren werden wie bei anderen unwirksamen Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen auch (vgl. BGH, Urt. v. 14.03.12 Az. VIII ZR 113/11 und VIII ZR 93/11).

Allein die dabei im Falle der Unwirksamkeit einer wirksam einbezogenen Preisänderungsklausel vom Senat bisher vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung (vgl. BGH VIII ZR 113, juris Rn. 20), die sog. "Fristenlösung", ist ebenfalls bereits in ernstzunehmende Kritik geraten (vgl. nur Markert, ZNER 2013, S. 257).

Die Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung besteht nicht allein in einer planwidrigen Regelungslücke im Vertragsgefüge, die durch die Unwirksamkeit einer einbezogenen Preisänderungsklausel bewirkt wird, sondern es bedarf darüber hinaus auch immer einer daraus resultierenden unzumutbaren Härte für den Klauselverwender. Letzteres muss grundsätzlich in jedem Einzelfall geprüft werden.

Vorliegend kann Letzteres jedoch wohl offen bleiben:

Sollte der Senat an seiner sog. "Fristenlösung" festhalten, wird dies für die zu treffende Revisionsentscheidung wohl dann ohne Belang bleiben, wenn die Verbraucher, deren Rückzahlungsansprüche im Streit stehen, den betroffenen Preisänderungen innerhalb der von der Rechtssprechung aufgestellten Dreijahresfrist widersprochen hatten.

Der Revision muss dann der Erfolg versagt sein.
« Letzte Änderung: 10. Juli 2013, 15:43:11 von RR-E-ft »

Offline RR-E-ft

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Am 31.07.13 um 11.00 Uhr soll eine Entscheidung des Senats verkündet werden.
Dabei kann es sich auch um ein Urteil handeln.

Offline RR-E-ft

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Der BGH hat mit Urteil vom heutigen Tage entschieden, dass die Revision von RWE als unbegründet zurückzuweisen war.

Die Pressemitteilung des BGH:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2013&Sort=3&nr=64850&anz=130&pos=0&Blank=1

Das Urteil lässt sich auf entsprechende AGB-Preisänderungsklauseln in Stromlieferungsverträgen direkt übertragen.

Offline RR-E-ft

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Statement des Lobbyverbandes BDEW zum Urteil des BGH vom 31.07.13 Az. VIII ZR 162/09:

http://www.bdew.de/internet.nsf/id/20130731-ps-zum-heutigen-urteil-des-bundesgerichtshofes-bgh-zu-preisanpassungsklauseln-in-erdgas-lie

Meine Anmerkung hierzu:

Natürlich sind auch aktuelle Sonderverträge betroffen, die inhaltlich nur auf die gesetzliche Regelung des § 5 GVV verweisen.

Entsprechende Klauseln, entsprechen nicht den Anforderungen, die der BGH seit langem bei Verträgen außerhalb der Energiewirtschaft nach dem Transparengebot des § 307 BGB stellt (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn.26).

Zitat
BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08, juris Rn. 26:

Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass eine § 5 Abs. 2 GasGVV nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel nicht den Anforderungen genügt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt (BGH, Urteil vom 21. April 2009- XI ZR 78/08, WM 2009, 1077, Tz. 25; BGHZ 164, 11, 26 f.; Urteil vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21; Urteil vom 21. September 2005, aaO, unter II 2).

§ 5 Abs. 2 GasGVV regelt nur, dass Änderungen der Allgemeinen Preise (im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG 2005) jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss, und dass das Versorgungsunternehmen verpflichtet ist, zu der beabsichtigten Änderung zeitgleich mit der öffentlichen Bekanntgabe eine briefliche Mitteilung an den Kunden zu versenden und die Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

Die Vorschrift lässt nicht erkennen, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht dazu nutzen darf, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 178, 362, Tz. 25). Sie lässt den Kunden weiter im Unklaren darüber, dass aufgrund der Bindung der Allgemeinen Preise (des Allgemeinen Tarifs) an billiges Ermessen mit dem Recht des Versorgungsunternehmens zur Abwälzung von Kostensteigerungen auf seine Kunden die Pflicht einhergeht, Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und diese nach denselben Maßstäben an die Kunden weiterzugeben (BGHZ 176, 244, Tz. 26).



Seine bisherige, wenig nachvollziehbare Leitsatz-  Rechtsprechung, wonach solche Klauseln in Energielieferungsverträgen gleichwohl mit § 307 BGB vereinbar seien, musste der BGH nach der für ihn verbindlichen Entscheidung des EuGH vom 21.03.13 C-92/11 aufgeben.

Zitat
BGH PM Nr. 131/13 vom 31.07.13

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte zunächst mit Beschluss vom 9. Februar 2011 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Pressemitteilung 26/2011). Hierbei ging es um die Auslegung bestimmter Vorschriften der Klausel- und der Gasrichtlinie. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 21. März 2013 (Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb) entschieden, dass es für die Frage, ob eine Gaspreisänderungsklausel den Anforderungen der genannten Richtlinien an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt, insbesondere darauf ankommt,

– ob der Anlass und der Modus der Änderung dieser Entgelte in dem Vertrag so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann, und dass das Fehlen der betreffenden Information vor Vertragsabschluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrags mit angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte sowie über sein Recht unterrichtet wird, den Vertrag zu kündigen, wenn er diese Änderung nicht hinnehmen will, und

– ob von der dem Verbraucher eingeräumten Kündigungsmöglichkeit unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr unter Zugrundelegung dieser für die Gerichte der Mitgliedstaaten verbindlichen Auslegung entschieden,
dass Preisänderungsklauseln in Sonderkundenverträgen, die sich darauf beschränken, das für Tarifkundenverhältnisse vorgesehene Änderungsrecht des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* in Bezug zu nehmen, diesen Anforderungen nicht genügen und deshalb unwirksam sind.

RA Thomas Fricke, Jena 
« Letzte Änderung: 31. Juli 2013, 15:28:07 von RR-E-ft »

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Zutreffende Einschätzung in der ZfK:

http://www.zfk.de/unternehmen/artikel/bgh-gibt-gaspreisrebellen-recht.html

Zitat
Das Urteil betrifft nach Einschätzung eines größeren Kommunalunternehmens fast alle Gasversorger und hat eine größere finanzielle Dimension, da weitere Rückforderungsansprüche erst jetzt nach dem letztinstanzlichen Urteil zu erwarten sind. Die Unternehmensberatung Rödl & Partner sprach von einer "Hiobsbotschaft für die Energieversorger". "Praktisch alle neueren Sonderkundenverträge" enthielten Preisanpassungsklauseln, die nun unwirksam seien.

Damit ist rechtskräftig, dass Gasversorger in Wahltarifen die Preisanpassungsklausel im Kleingedruckten nicht wirksam nur von den gesetzlichen Preisvorschriften für die Grundversorgungstarife übernehmen können. Solche Klauseln sind nichtig. Der Europäische Gerichtshof hatte im März 2013 auf Vorlage des BGH nach zweijähriger Beratungszeit geurteilt, das Preisanpassungsverfahren gemäß Gas-Grundversorgungsverordnung (GasGVV) – der hier tangierte Vorläufer hieß "Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden" (ABGasV) – genieße nur für jene Sachverhalte eine EU-Verbraucherschutzausnahme, für die es ausdrücklich gelte: eben für Grundversorgungsverträge. Eine Leitbildwirkung auf Wahltarife verwarf der EuGH. In der Grundversorgung genügt es, die Preiserhöhung mit bestimmtem Vorlauf anzukündigen und auf ein Sonderkündigungsrecht hinzuweisen.

Der BGH übernahm vom EuGH, dass Gasversorger ihre Wahltarifkunden vielmehr über den Anlass und den Modus einer Preiserhöhung (oder -senkung) klar und verständlich informieren müssen und sich dies im Kleingedruckten widerspiegelt. Ein Sonderkündigungsrecht reicht nicht aus.
« Letzte Änderung: 31. Juli 2013, 15:47:05 von RR-E-ft »

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Lesenswert:

Prof. Dr. Knut Werner Lange RdE 7/2013 S. 249 ff.
"Energieversorgungsvertrag mit Sonderkunden: ergänzende Vertragsauslegung bei unwirksamer Preisänderungsklausel nach BGH und EuGH"

Prof. Dr. Dr. Dr. Franz Jürgen Säcker und Kim Mengering, Betriebs-Berater 32/2013 S. 1859 ff.:
"Rechtsfolgen unwirksamer Preisanpassungsklauseln in Endkundenverträgen über Strom und Gas"

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Das Urteil des BGH vom 31.07.13 Az. VIII ZR 162/09 ist veröffentlicht:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=65217&pos=6&anz=592

Zitat
BGB § 307 (Cb), § 310 Abs. 2, § 315; AVBGasV § 1, § 4, § 32; Richtlinie 93/13/EWG; Art. 1, Art. 3, Art. 5; Richtlinie 2003/55/EG Art. 3

1.
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Energieversorgungsunternehmen in Gasversorgungsverträgen mit Endverbrauchern (Normsonderkunden) verwendet, halten die Klauseln

a)
"Ändern sich die allgemeinen veröffentlichten Tarifpreise (Haushalt und Gewerbe) [des Versorgungsunternehmens], so ist [das Versorgungsunternehmen] berechtigt, die Vertragspreise angemessen zu ändern. Die Änderungen werden wirksam mit der öffentlichen Bekanntgabe der geänderten Preise ab dem in der Bekanntgabe angegebenen Zeitpunkt ..."

b)
"Die Preise des Sonderabkommens HS sind an den Tarif H II, die Preise des Sonderabkommens GS an den Tarif G II der ab 1. Oktober 1981 gültigen allgemeinen Tarife für die Versorgung mit Gas [des Versorgungsunternehmens] gebunden. Ändern sich die Grundpreise dieser Tarife, so ändern sich auch die Grundpreise der Sonderabkommen im gleichen Verhältnis; ändern sich die Arbeitspreise dieser Tarife, so ändern sich die Arbeitspreise der Sonderabkommen um den gleichen Betrag."

der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand

(zu a) Fortführung von BGH, Urteil vom 17.Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 Rn. 12ff.; zu b) Bestätigung von
BGH, Urteil vom 14.Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 38 ff.).
2.
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Energieversorgungsunternehmens, die für das Vertragsverhältnis mit Normsonderkunden eine Preisanpassung oder ein einseitiges Preisänderungsrecht des Energieversorgungsunternehmens in der Weise regeln, dass sie die unmittelbare Anwendbarkeit der AVBGasV oder ein mit § 4 AVBGasV in jeder Hinsicht gleichlautendes Änderungsrecht vorsehen, halten der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand (im Anschluss an EuGH, RIW 2013, 299 - RWE Vertrieb; Aufgabe von BGH, Urteile vom 15.Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 19 ff., und VIII ZR 56/08, WM 2009, 1711 Rn. 21. ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 33 ff.).

Der BGH hat damit ausdrücklich seine bisherige (rot markierte) Rechtsprechung aufgegeben, wonach eine AGB- Preisänderungsklausel, welche inhaltlich der gesetzlichen Regelung des § 5 Grundversorgungsverordnung unverändert entspricht, der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhält.
« Letzte Änderung: 05. September 2013, 12:27:04 von RR-E-ft »

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BGH VIII ZR 162/09 Anmerkungen von Prof. Markert zum Urteil
« Antwort #44 am: 27. September 2013, 14:18:36 »
Anmerkung von Prof. Dr. Kurt Markert zum BGH Urteil vom 31.7.2013, VIII ZR 162, 09 - VZ-NRW ./. RWE Vertrieb

1. Nach dem auf Vorlage des VIII. Zivilsenats des BGH ergangenen EuGH-Urteil vom 21.3.2013 (ZNER 2013, 147 = ZMR 2013, 520 m. Anm. Markert) ging es im Ausgangsverfahren hauptsächlich darum, ob vor dem Hintergrund dieses Urteils die 2009 begonnene Leitbildrechtsprechung des Senats (NJW 2009, 2662 = RdE 2009, 287 m. krit. Anm. Markert - GASAG; NJW 2009, 2667 – kgu) noch aufrechterhalten werden kann. Nach dieser Rechtsprechung sind Preisanpassungsklauseln in den AGB von Erdgassonderkundenverträgen mit Endverbrauchern mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar, wenn sie das vom Senat aus den Verordnungen für die Versorgung von Tarif- bzw. Grundversorgungskunden (§ 4 Abs. 1 u8nd 2 AVBGasV; § 5 Abs. 2 GasGVV) gefolgerte gesetzliche Preisbestimmungsrecht des Versorgers unverändert ohne Nachteil des Kunden übernehmen. Die Frage, ob diese Rechtsprechung angesichts des hierbei vom Senat selbst eingeräumten Fehlens jeglicher Konkretisierung dieses Rechts hinsichtlich Anlass, Voraussetzung und Umfang der danach möglichen Preisanpassungen mit den Transparenzanforderungen des europäischen Rechts (Art. 5 der Klauselrichtlinie 93/13/EWG und Art. 3 i. V. m. Anhang A der Binnenrichtlinien Gas von 2003 und 2009) vereinbar ist, hatte der Senat zunächst übergangen und erst 2011 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (ZNER 2011, 179 m. Anm. Markert). Dieser hat in seinem Urteil vom 21.3.2013 entschieden, dass die Missbrauchskontrolle der RL 93/13 auch für solche AGB gilt, die eine für eine andere Vertragskategorie geltende Norm des nationalen Rechts übernehmen, und dass Art. 3 und 5 dieser RL i. V. m. Art. 3 Abs. 3 der Erdgas-Binnenmarktrichtlinie 2003/55/EG dahin auszulegen sind, dass in Preisanpassungsklauseln mit Endverbrauchern Anlass und Modus der danach möglichen Preisänderungen so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher diese anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann. Vor diesem Hintergrund hat der SVIII Zivilsenat in seinem Urteil vom 31.7.2013 seine Leitbildrechtsprechung aufgegeben (Leitsatz 2 und Rdnrn. 45 ff.) und außerdem entschieden, dass zwei andere vom Versorger im fraglichen Zeitraum von 2003 bis 2005 in Gassonderkundenverträgen verwendete Preisanpassungsregelungen auch unabhängig von dieser Rechtsprechung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. I BGB nicht standhalten (Leitsatz 1 und Rdnrn. 39-44).

2. Der Entscheidung des BGH ist, auch soweit der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch als begründet angesehen wurde, ohne Einschränkung zuzustimmen.

a) Der BGH ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Auslegungsergebnis des EuGH für die nationalen Gerichte nach Art. 288 Abs. 3 AEUV und Art. 4 Abs.  EUV bindend ist und deshalb seine Leitbildrechtsprechung  bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 307 Abs. 1 BGB mit dessen Transparenzanforderungen nicht vereinbar ist. Zutreffend hat er auch die vom Versorger erstrebte Ersetzung der danach unwirksamen Preisanpassungsklauseln mittels ergänzender Vertragsauslegung durch eine wirksame andere Klausel abgelehnt, weil dies der Sache nach auf eine sowohl nach deutschem AGB-Recht als auch nach Art. 6 RL 93/13 unzulässige geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Klausel hinausliefe (Rdnr. 62). Eine ergänzende Vertragsauslegung nach der vom VIII. Zivilsenat in zwei Urteilen vom 14.3.2012 (z. B. NJW 2012, 1865 = ZMR 2012, 521 m. krit. Anm. Markert) begründeten „Fristenlösung“, wonach der Kunde die Unwirksamkeit der auf eine nach § 307 Abs. Abs. 1 BGB unwirksame Preisanpassungsklausel gestützten Preiserhöhungen nicht mehr geltend machen kann, wenn er diesen nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung widersprochen hat, kam hier nicht in Betracht, weil für die Berechnung der Rückforderungsansprüche keine länger als drei Jahre seit der Klageerhebung zurückliegenden Ausgangspreise zugrunde gelegt wurden (Rdnr. 64). Auf die m. E. zu verneinende Frage, ob die vom Senat in  Urteilen vom 23.1.2013 (z. B. NJW 2013, 991 = ZNER 2013, 152 m. krit. Anm. Markert) auch durch amtliche Leitsätze bekräftigte Ansicht, seine „Fristenlösung“ sei mit dem Anpassungsverbot des Art. 6 RL 93/13 vereinbar, brauchte der Senat deshalb nicht einzugehen. Wegen dieser zeitlichen Begrenzung des Rückzahlungsanspruchs schied auch dessen Verjährung von vornherein aus. Zu Recht hat der Senat schließlich auch die Gewährung eines mittels ergänzender Vertragsauslegung begründeten Vertrauensschutzes für den Versorger abgelehnt (Rdnr. 63). Denn der Verwender einer Klausel habe im Allgemeinen das Risiko zu tragen, dass die Klausel in späteren höchstrichterlichen Entscheidungen als nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam beurteilt wird. Außerdem habe es in dem fraglichen Zeitraum bis 2006 die Leitbildrechtsprechung des Senats als mögliche Vertrauensgrundlage noch gar nicht gegeben. Die m. E. zu verneinende Frage, ob nationale Gesetzgeber und Gerichte überhaupt ein europarechtlich zu schützendes Vertrauen in eine sich nachträglich als unrichtig herausstellende Auslegung europäischer Normen begründen können, konnte der Senat deshalb unerörtert lassen.

b) Zu begrüßen ist, dass der BGH den durch Abtretung von Kundenansprüchen begründeten Rückzahlungsanspruch der Verbraucherzentrale nicht an § 399 BGB und dem RBerG scheitern ließ (Rdnrn. 23f.). Denn so lange es im deutschen Schadensersatzrecht das Instrument der Sammelklage nicht gibt, trägt die Möglichkeit der Abtretung von Kundenansprüchen an Verbraucherverbände wenigstens begrenzt dazu bei, dass die den Kunden in derartigen Fällen zustehenden Rückforderungsansprüche auch praktisch durchgesetzt werden können. Fallübergreifend von Bedeutung ist auch, dass es nach Ansicht des BGH für die Kundeneinstufung als Sondervertragskunden bereits ausreicht, wenn der Versorger selbst die den betreffenden Kunden in Rechnung gestellten Preise als „Sondertarife“ bezeichnet (Rdnr. 37). Schließlich machen die im Leitsatz 1 des Urteils als nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam erklärten Preisanpassungsklauseln die strenge Beurteilungspraxis des Senats mit Ausnahme seiner jetzt aufgegebenen Leitbildrechtsprechung erneut deutlich. Bei der Klausel a) scheiterte die Wirksamkeit bereits an der fehlenden Verpflichtung des Versorgers, gefallenen Gasbezugskosten nach den gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen (Rdnrn. 39-41), und bei der Klausel b) daran, dass die Möglichkeit der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB für den Kunden nicht hinreichend deutlich herausgestellt wurde (Rdnrn. 43f.).

3. Das Urteil hat über den entschiedenen Einzelfall hinaus weitreichende Auswirkungen. Da der EuGH im Urteil vom 21.3.2013 sein Auslegungsergebnis nicht auf die Zeit nach der Urteilsverkündung begrenzt hat und die betreffenden europarechtlichen Vorschriften folglich vom Beginn ihrer Geltung an entsprechend auszulegen sind, wirkt die als Konsequenz daraus vom BGH gezogene Aufgabe seiner Leitbildrechtsprechung nicht erst für die Zukunft, sondern rückwirkend. Damit sind alle nach dieser Rechtsprechung gestalteten Preisanpassungsregelungen in den AGB von Strom- und Gaslieferverträgen mit Normsonderkunden nach § 307 I BGB von Anfang an unwirksam. Offenbar trifft dies auch auf eine sehr große Zahl noch laufender Verträge zu, denn seit Beginn der Leitbildrechtsprechung im Juli 2009 sind dem Vernehmen nach verbreitet bisherige Preisanpassungsregelungen entsprechend umgestellt worden. Gegen die sich aus der Unwirksamkeit dieser Regelungen für die Kunden ergebende Möglichkeit, bereits bezahlte Erhöhungsbeträge nach § 812 BGB zurückzufordern, stehen den Versorgern nur geringe Abwehrmöglichkeiten zur Verfügung. Sie beschränken sich praktisch auf die Einrede der Verjährung gegen nicht rechtzeitig geltend gemachte Rückforderungsansprüche (dazu näher unter d)).

a) Dass die bloße Bezahlung der auf eine unwirksame Preisanpassungsklausel gestützten Erhöhungsbeträge weder als stillschweigende Zustimmung des Kunden zur Preiserhöhung noch als Verwirkung seines Rückforderungsanspruchs gewertet werden kann, hatte der Senat bereits vorher wiederholt entschieden (Rdnrn. 65f.). Den ebenfalls vom Senat bereits früher abgelehnten Einwand der Entreicherung durch die  Energiebeschaffungsaufwendungen des Versorgers (z. B. NJW 2013, 991, Leitsatz b) und Rdnrn. 41 ff.) hatte dieser hier offenbar gar nicht erst vorgebracht.

b) Die nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Preisanpassungsklauseln lassen sich auch nicht mittels ergänzender Vertragsauslegung durch eine wirksame andere Klausel mit verkürzter Laufzeit ersetzen, da dies auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Klauseln hinauslaufen würde (Rdnr. 62). Das europarechtliche Anpassungsverbot des Art. 6 Abs. 1 RL 93/13 steht aber auch der ergänzenden Vertragsauslegung nach Maßgabe der „Fristenlösung“ des Senats entgegen. Denn wie der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, ist es den nationalen Gerichten verwehrt, den Inhalt einer nach der RL 93/13 missbräuchlichen Klausel abzuändern, statt „schlicht deren Anwendung gegenüber dem Verbraucher auszuschließen“ (z. B. Urteil vom 14.6.2012, C–618/10, NJW 2012, 2257, Rdnr. 71). Wie von mir in ZNER 2013, 156f. näher dargelegt, verleiht auch die „Fristenlösung“ der Sache nach einer unwirksamen Preisanpassungsklausel eine begrenzte Wirksamkeit dadurch, dass sich der Verbraucher auch bei noch nicht verjährten Rückforderungsansprüchen nicht mehr auf die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen berufen kann, die länger als drei Jahre seit dem ersten Widerspruch des Kunden gegen die ihm zugegangene jeweilige Jahresabrechnung zurückliegen. Aus europarechtlichen Gründen scheidet schließlich auch eine auf Vertrauensschutz gestützte Anpassung für die Zeit seit dem Beginn der Leitbildrechtsprechung am 15.7.2009 bis zur Vorlage an den EuGH am 9.2.2011 aus, denn der BGH konnte als nationales Gericht mit dieser Rechtsprechung kein europarechtlich zu schützendes Vertrauen darauf begründen, dass diese europarechtskonform ist (Meyer in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, nach Art. 6 EUV, Rdnr. 397).

c) Dem Anpassungsverbot des Art. 6 Abs. 1 RL 93/13 widerspräche auch eine nicht nur auf die Zukunft beschränkte Vertragsanpassung nach § 313 IBGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage (weitergehend jedoch Säcker/Mengering BB 2013, 1859, 1862 ff.). Denn auch diese  Anpassung würde ebenso wie die „Fristenlösung“ der EuGH-Rechtsprechung widersprechen, dass eine nach der RL 93/13 missbräuchliche und deshalb unwirksame AGB-Klausel für den Verbraucher „schlicht“ unverbindlich ist, d. h. keine auch nur partielle Wirksamkeit haben darf. Nach § 313 III 2 BGB kann hier deshalb nur eine ex nunc wirkende Kündigung des Liefervertrages durch den Versorger in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB erfüllt sind. Die Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 306 3 BGB wegen unzumutbarer  Härte  für den Versorger kann bei richtlinienkonformer Auslegung im Lichte des Art. 6 Abs. 1 RL 93/13 allenfalls in extremen Ausnahmefällen angenommen werden. Die Ansicht des VIII. Zivilsenats, ohne Anwendung der „Fristenlösung“ könnte sich der Versorger wegen für ihn unzumutbarer Härte auf § 306 III BGB mit dessen Nichtigkeitsfolge berufen (NJW 2013, 991, Rdnr. 37), ist in dieser Pauschalität nicht haltbar.

d) Für die Verjährung von Rückforderungsansprüchen der Kunden wegen Unwirksamkeit der nicht in den Anwendungsbereich der der Leitbildrechtsprechung fallenden Preisanpassungsklauseln gilt nach mehreren Urteilen des VIII. Zivilsenats die dreijährige Regelverjährung nach §§ 195, 199 I BGB beginnend mit dem Ablauf des Jahres, in dem die jeweilige Jahresabrechnung dem Kunden zugegangen ist (z. B. NJW 2013, 1077, Rdnrn. 42 ff.). Begründet wird dies damit, dass für den Kunden im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln nach § 307 Ab s. 1 BGB eine Klageerhebung innerhalb dieses Zeitraums zumutbar sei. Dies dürfte auch mit dem Anpassungsverbot des Art. 6 Abs. 1 RL 93/13 vereinbar sein (so wohl auch BGH, 4.12.2012, VIII ZR 4/12, Rdnr. 6, nach juris). Ob aber die Zumutbarkeit einer Klageerhebung des Kunden auch für die im Anwendungszeitraum der Leitbildrechtsprechung ab dem 15.7.2009 vom BGH als wirksam beurteilten Preisanpassungsklauseln bejaht werden kann, ist jedenfalls für die Zeit bis zum EuGH-Urteil vom 21.3.2013 mehr als zweifelhaft. Erst von da ab lässt sich deshalb die Klageerhebung des Kunden als zumutbar ansehen. Die dreijährige Verjährungsfrist kann daher in diesen Fällen nach § 199 I 2 BGB  erst ab 2014 zu laufen beginnen.

e) Nach Aufgabe der Leitbildrechtsprechung des VIII. Zivilsenats ist nunmehr auch rückwirkend klargestellt, dass auch die nach dieser Rechtsprechung gestalteten Preisanpassungsklauseln in den AGB von Strom- und Gaslieferverträgen mit Normsonderkunden vom Beginn ihrer Laufzeit an die Anforderungen erfüllen müssen, die höchstrichterlich insb. auch von diesem Senat generell an die Wirksamkeit solcher Klauseln nach § 307 Abs. 1 BGB gestellt werden (Rdnr. 59). Sie müssen deshalb in jedem Fall den Kunden Aufschluss über Anlass, Voraussetzungen und Umfang der nach dem Preisbestimmungsrecht des Versorgers möglichen Preisänderungen geben. Dazu gehört auch, dass gefallenen Gasbeschaffungskosten nach den gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen ist (Rdnrn. 39-41) und der Kunde über die Möglichkeit der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB informiert wird (Rdnrn. 43f.). Den Strom- und Gasversorgern, soweit sie weiterhin Normsonderkunden langfristig beliefern und dabei ein formularmäßiges Preisbestimmungsrecht in ihren AGB beanspruchen, bleibt vor diesem Hintergrund keine andere Wahl, als diese Anforderungen zu erfüllen. Diese sicher nicht einfache Aufgabe ist auch lösbar, wie Beispiele aus anderen Branchen zeigen, in denen ebenfalls langfristige Lieferverträge mit formularmäßigen Preisanpassungsregelungen praktiziert werden. Eine „Flucht in die Grundversorgung“ wäre kein Ausweg. Denn erstens geht dies nur mit Zustimmung der Kunden und zweitens ist auch beim Preisbestimmungsrecht der Grundversorger die Europarechtskonformität keineswegs sicher. Die Entscheidung des EuGH über die Vorlagen des VIII. Zivilsenats dazu vom 18.5.2011, ZMR 2011, 791 m. Anm. Markert, und vom 29.6.2011, ZNER 2011, 435) steht noch aus.


 

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