Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Verjährungsbeginn Rückforderungsanspruch bei Widerspruch/ Rückforderungsvorbehalt
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die Erwägungen in BGH EnZR 49/08 Rn. 6 f. dürften in allen Fällen durchgreifen, in denen Widerspruch eingelegt und (weitere) Zahlungen und Rückforderungsvorbehalt gestellt wurden.
BGH B. v. 23.06.2009 EnZR 49/08 - Verjährung von Rückforderungsansprüchen wegen Unbilligkeit
--- Zitat ---BGH EnZR 49/08 Rn. 6 f., juris:
Die dreijährige Verjährung begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Die Rückzahlungsansprüche waren im Laufe des Jahres 2002 entstanden, und die jetzige Insolvenzschuldnerin kannte die anspruchsbegründenden Umstände sowie die Person des Schuldners oder hätte diese Umstände jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit kennen müssen.
Dabei reicht eine Kenntnis, aufgrund deren es ihr zumutbar ist, eine - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben (BGHZ 102, 246, 248; BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 395/07, ZIP 2008, 2167 Tz. 12).
Danach ist das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung davon ausgegangen, dass D. Kenntnis von einer etwaigen Überhöhung der von E. verlangten Preise hatte.
Der Beginn der Verjährung war hier auch nicht etwa deshalb hinausgeschoben, weil die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft war, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig hätte einschätzen können (vgl. BGH, Urt. v. 3.3.2005 - III ZR 353/04, WM 2005, 1328, 1330). Denn D. ist ausweislich ihres Schreibens vom 29. Januar 2002 (Anlage BB 2) selbst davon ausgegangen, dass der von E. verlangte Preis gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf seine Billigkeit nachzuprüfen war. Im Übrigen steht die Senatsentscheidung Stromnetznutzungsentgelt I (BGHZ 164, 336) in einer Reihe mit anderen, älteren Entscheidungen zu § 315 BGB (BGHZ 97, 212, 214; 115, 311, 314 ff.; BGH, Urt. v. 2.10.1991 - VIII ZR 240/90, WM 1991, 2065, 2066).
--- Ende Zitat ---
Mit der Erklärung des Widerspruch/ Rückforderungsvorbehalts war es dem Kunden zumutbar eine - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben.
Von der etwaigen Überhöhung des verlangten Preises hatte er dabei jedenfalls Kenntnis.
Wenn der Kunde Kenntnis von einer möglichen Preisüberhöhung hat, ist es ihm zumutbar, die Frage, ob der verlangte Preis zu recht oder zu unrecht vom Versorger beansprucht wird, gerichtlich klären zu lassen.
Wenn er von dieser ihm zumutbaren Möglickeit der gerichtlichen Klärung keinen Gebrauch macht, so kann er sich deshalb nicht auf Unkenntnis berufen.
--- Ende Zitat ---
Kampfzwerg:
Ein erfolgter Widerspruch wird demnach dem Verbraucher zur Last gelegt und ein fehlender Widerspruch begünstigt denselben?
Profiteure wären demnach nicht die wehrhaften Kunden, die den Boden bereiten, sondern Trittbrettfahrer, die sich entspannt zurücklehnen und den Nutzen - unverdienterweise völlig ohne Risiko - geniessen können?
Super. Nach einem derartigen Rechtsverständnis bräuchte man sich auch nicht mehr darüber zu wundern, dass es mit eben diesem Rechtsverständnis und -Vertrauen der Bürger ebenso schnell bergab geht, wie mit dem Vertrauen in die Politiker!
Es mag sogar RAe geben, die aus derartigen Gründen und jahrelanger Frustration bzw. Desillusionierung ihre Zulassung zurückgeben wollen.
Einerseits kann sich \"Positive Kenntnis\" für den Verbraucher ggf. also auch negativ auswirken!
Deswegen haben wir bereits 2007 u.a . ebenfalls darüber diskutiert, dass man im Falle eines Sondervertrags nach einem Widerspruch konsequenterweise auf die vereinarten Anfangspreise kürzen muss, und nicht z. B. unter Vorbehalt weiter die geforderten Rechnungspreise zahlen darf!
http://dejure.org/gesetze/BGB/814.html
--- Zitat ---§ 814 Kenntnis der Nichtschuld
Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
--- Ende Zitat ---
Andererseits gibt es Verbraucher, die die Rechnungen des Versorger explizit mit der Begründung eines bestehenden Sondervertrags auf die vertraglich vereinbarten Sonderpreise gekürzt haben. Somit hatte der Versorger definitiv Kenntnis über einen etwaig bestehenden Sondervertrag, und hätte, in adäquater Anwendung zu der oben ausgeführten Argumentation des BGH, den Vertrag entsprechend überprüfen müssen!
Statt dessen haben es die Versorger i. d. R. vorgezogen, die Kunden, womöglich also auch noch vorsätzlich, im Unklaren zu lassen und diese weiterhin mit den vorgefertigten Textbausteinschreiben in Bezug auf die angebliche Billigkeit, WP-Testate etc. abzuspeisen.
Und sich im Ergebnis sogar wissentlich ungerechtfertigt bereichert.
? Und wie stünde es dann mit
http://dejure.org/gesetze/BGB/819.html
--- Zitat ---§ 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
--- Ende Zitat ---
RR-E-ft:
Es ist vollkommen in Ordnung, dass derjenige Kunde, der einen Widerspruch und Rückforderungsvorbehalt erklärt hat, innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist Rückforderungsansprüche aufgrund erfolgter Zuvielzahlungen ggf. gerichtlich geltend zu machen hat, damit diese nicht der regelmäßigen Verjährung anheimfallen.
Zahlt ein Kunde nach Widerspruch die erhöhten Preise nicht unter Vorbehalt, sondern kürzt die Rechnungsbeträge, so unterliegen schließlich die vertraglichen Zahlungsansprüche des Versorgers ebenfalls der dreijährigen Verjährunsgfrist. Die Zahlungsansprüche des Versorgers unterliegen insbesondere auch dann der regelmäßigen Verjährung, wenn der Kunde zuviel gekürzt hat.
Klagt der Energielieferant (strittige) Zahlungsansprüche erst nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist ein, kann sich der Kunde auch einfach auf Verjährung berufen, ohne dass es dann noch auf die Klärung ankommt, ob der eingeklagte Anspruch überhaupt je bestand.
Hin wie her sind die Vertragspartner also gehalten, gegenseitige Zahlungsansprüche innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist gerichtlich zu verfolgen, wenn sie nicht Gefahr laufen möchten, dass diese jeweils an der Erhebung einer Verjährungseinrede scheitern.
Es ist schließlich auch jedem zumutbar, innerhalb der regelmäßigen Verjährungfrist, die nunmehr drei Jahre beträgt, seine Ansprüche gerichtlich zu verfolgen.
Didakt:
--- Zitat ---von RR-E-ft:
Hin wie her sind die Vertragspartner also gehalten, gegenseitige Zahlungsansprüche innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist gerichtlich zu verfolgen, wenn sie nicht Gefahr laufen möchten, dass diese jeweils an der Erhebung einer Verjährungseinrede scheitern.
--- Ende Zitat ---
Gleichzusetzen wäre gegenüber der gerichtlichen Verfolgung aus der Sicht des Verbrauchers doch auch die alternative Möglichkeit der Aufrechnung mit gleicher Wirkung?
RR-E-ft:
Um die Aufrechnung soll es in diesem Thread auch gar nicht gehen, sondern darum, wann im Falle eines erklärten Widerspruchs/ Rückforderungsforderungsvorbehalts die regelmäßige Verjährung beginnt.
Eine Aufrechnung kann nie die gleiche Wirkung wie eine gerichtliche Geltendmachung haben:
Durch eine wirksame Aufrechnung erlischt die Forderung,
durch eine gerichtliche Geltendmachung nicht.
Oftmals, möglicherweise zumeist, besteht in den betroffenen Vertragsverhältnissen ein Aufrechnungsverbot, § 31 AVBV, 17 Abs. 3 GVV.
Zwischen den Vertragspartnern wird zumeist streitig sein, ob überhaupt eine Aufrechnungslage bestand, so dass durch eine wirksame Aufrechnungserklärung gegenseitige Zahlungsansprüche tatsächlich erlöschen konnten und erloschen sind.
Ausgesprochen selten kann deshalb eine Aufrechnung eine gerichtliche Geltendmachung innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist entbehren.
Der Streit wird oft allenfalls vertagt, wobei aus dem potentiellen Kläger ein potentieller Beklagter wird.
Der Anspruch, der durch eine Aufrechnungserklärung ggf. nicht erloschen ist, unterliegt auch der regelmäßigen Verjährung.
Die Aufrechnung kann sich also als unwirksam erweisen und die daran beteiligten Ansprüche unterliegen der regelmäßigen Verjährung.
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