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Autor Thema: LG Berlin, B. v. 15.06.11 Az. 31 O 430/10 zu § 102 EnWG  (Gelesen 3959 mal)

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LG Berlin, B. v. 15.06.11 Az. 31 O 430/10 zu § 102 EnWG

Dieser Beschluss setzt sich etwas tiefgreifender mit der gesetzlichen Regelung auseinander.

Entgegen vielfacher obergerichtlicher Entscheidungspraxis  fällt der Streit um die Billigkeit einseitig festgesetzter Energiepreise gem. §§ 108, 102 EnWG in die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte, weil bei dieser Billigkeitskontrolle immer auch zu prüfen sei, ob der Versorger seiner gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG entsprochen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.08 VIII ZR 138/07 Rn. 43, juris), so eine Auffassung in der Literatur (Fricke, ZNER 15/2/2011, S. 130 ff.).

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43:

Das schließt allerdings nicht aus, dass jedenfalls die Weitergabe solcher Kostensteigerungen im Verhältnis zum Abnehmer als unbillig anzusehen ist, die der Versorger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte. Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung desÄnderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155).

Der BGH hat einen entsprechenden Zuständigkeitsstreit bisher nicht entschieden.

 

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