Die Richtlinie Gas richtet sich doch offensichtlich nicht nur an Grundversorgungsverhältnisse, sondern an alle Gasdienstleister :
ANHANG A Maßnahmen zum Schutz der Kunden Unbeschadet der Verbraucherschutzvorschriften der Gemeinschaft, insbesondere der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) und der Richtlinie 93/13/EG des Rates (2), soll mit den in Artikel 3 genannten Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Kunden
a. Anspruch auf einen Vertrag mit ihren Anbietern von Gasdienstleistungen haben, in dem Folgendes festgelegt ist:
— Name und Anschrift des Anbieters,
— erbrachte Leistungen und angebotene Leistungs-Qualitätsstufen sowie Zeitbedarf für den Erstanschluss,
— gegebenenfalls die Art der angebotenen Wartungsdienste,
— Art und Weise, wie aktuelle Informationen über alle geltenden Tarife und Wartungsentgelte erhältlich sind,
— Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, Vorhandensein eines Rücktrittsrechts,
— etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungsqualität, und
— Vorgehen zur Einleitung von Streitbeilegungsverfahren gemäß Buchstabe f). Die Bedingungen müssen gerecht und im Voraus bekannt sein. Diese Informationen müssen in jedem Fall vor Abschluss oder Bestätigung des Vertrags übermittelt werden. Auch bei Abschluss des Vertrags durch Vermittler müssen die oben genannten Informationen vor Vertragsabschluss bereitgestellt werden;
b. rechtzeitig über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und dabei über ihr Rücktrittsrecht unterrichtet werden. Die Dienstleister teilen ihren Kunden direkt jede Gebührenerhöhung mit angemessener Frist mit, auf jeden Fall jedoch vor Ablauf der normalen Abrechnungsperiode, die auf die Gebührenerhöhung folgt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es den Kunden freisteht, den Vertrag zu lösen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht akzeptieren, die ihnen ihr Gasdienstleister mitgeteilt hat;
c. transparente Informationen über geltende Preise und Tarife sowie über die Standardbedingungen für den Zugang zu Gasdienstleistungen und deren Inanspruchnahme erhalten;
d. über ein breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten verfügen können. Die Unterschiede in den Vertragsbedingungen spiegeln die Kosten wider, die dem Lieferanten durch die unterschiedlichen Zahlungssysteme entstehen. Die allgemeinen Vertragsbedingungen müssen fair und transparent sein. Sie müssen klar und verständlich abgefasst sein. Die Kunden müssen gegen unfaire oder irreführende Verkaufsmethoden geschützt sein;
e. den Lieferanten ohne Berechnung von Gebühren wechseln können;
f. transparente, einfache und kostengünstige Verfahren zur Behandlung ihrer Beschwerden in Anspruch nehmen können. Diese Verfahren müssen eine gerechte und zügige Beilegung von Streitfällen ermöglichen und für berechtigte Fälle ein Erstattungs- und Entschädigungssystem vorsehen. Sie sollten, soweit möglich, den in der Empfehlung 98/257/EG der Kommission (3) dargelegten Grundsätzen folgen;
g. soweit sie an das Gasnetz angeschlossen sind, über ihre gemäß dem einschlägigen einzelstaatlichen Recht bestehenden Rechte auf Versorgung mit Erdgas einer bestimmten Qualität zu angemessenen Preisen informiert werden.
Wie der BGH richtig erkannt hat, ist der Anhang A auszulegen.
Also muß in der Auslegung am Wortlaut und dort wieder am Beginn des Wortlauts angefangen werden.
Und was hat der BGH schon als Erstes übersehen: den Vorspann, bevor es mit lit. a. - g. so richtig losgeht:
Unbeschadet der Verbraucherschutzvorschriften der Gemeinschaft,
Und weiter, wie kommt man zu der Annahme, dass zwischen lit. a. - g. eine spezieller als die andere Regelung sei ?
Bei Licht betrachtet beschreiben lit. a. - g. den gesamten Ablauf des Versorgungsverhältnisses, bis hin zu einem \"transparenten Beschwerdeverfahren\" in lit. f.
Was hat der BGH noch übersehen ?
Offenbar seine gesamte Rechtsprechung, insbesondere zur Übernahme der AVB in den Sondervertrag. Denn dort wurde ja erkannt, dass eine Übernahme ohne die Kündigungsregeln der AVB nicht wirksam ist.
Ferner wurde erkannt, dass der Kunde die Wahl hat, entweder den Vertragspreis auf seine Billigkeit prüfen zu lassen oder zu wechseln.
Beides hat doch offensichtlich mit \"Transparenz\" nichts gemein, allenfalls mit dem Verbot der \"unangemessenen Benachteiligung\" gem. § 307 BGB. Und das sind bekanntlich \"zwei Paar unterschiedliche Schuhe\".
Doch was soll der Hinweis der BGH auf den \"geltenden Preis\".
Nach dem Motto: \"Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn\", kommt er zu dem Ergebnis (heureka), dass Transparenz nur hierfür vonnöten sei.
Sollte der BGH (ich glaube es kaum) das System der Preisbildung nach § 36 EnWG nicht kennen ?
(a) Erst wird der Preis bestimmt, dann
(b) wird der Preis veröffentlicht und dann
(c) gilt der Preis - und zwar auf Teufel komm raus.
Donnerwetter, da war doch in den Entscheidungen des BGH zu lesen: Der Preis sei mit der Entnahme der Energie aus dem Netz vereinbart.
Das kommt davon, wenn man nicht nur Rumpf und Wörter beugt, sondern auch das Recht. Spätestens jetzt wird aus dem \"geltenden Preis\" einer der \"vereinbart\" werden kann/muß und schließlich erst jetzt \"gilt\".
Genau so muß sich der europäische Gesetzgeber sein System vorgestellt haben, welches er in Anlage A aufgerissen hat.
P.S.: Man sollte sich halt mal die letzten beiden Sätze von lit.a.) genauer ansehen.
Da die Preise in der Grundversorgung gelten, ob sie bekannt sind oder ob nicht, kommt es auf die Kenntnis der AVB ja nicht an.
Wenn diese Sätze nicht nur auf Sonderverträge bezogen sein sollten, sondern auch auf die Grundversorgung, dann müßte der Europäische Gesetzgeber die Bundesrepublik wohl zwingen haben wollen, auch in der Grundversorgung die Wirksamkeit eines Vertrags von der vorherigen Kenntnis und Zustimmung zu den AVB abhängig zu machen (§305 BGB). Kaum vorstellbar.
Bevor sich der BGH zu einer etwaigen Spezialität äußert, d.h. der lit.b. vor lit c., dann müßte er zunächst die Frage beantworten, ob es sich hierbei um eine Spezialität in Bezug auf die Grundversorgung handeln mag.