Energiepolitik > Preismeldungen

Absolute Entwicklung der Erdgasimportpreise !!!

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RR-E-ft:
@Graf Koks

An der HU Berlin und im eWerk gibt es sicher umfangreiche Literatur.

Ich empfehle Schneider/ Theobald, Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, S. 600 (§ 10 Energielieferverträge, V. Preisgestaltung, 2. Gas mit allen Nachweisen zu Preisanpassungsklauseln).

BGH zum \"Preisgestaltungsspielraum des Normadressaten, der insbesondere nicht zu einem Missbrauch bei der Preisstruktur führen, indem bei der Preisgestaltung unter Verstoß gegen den Grundsatz der verursachungsgerechten Kostenzuordnung einzelne Abnehmergruppen zugunsten anderer Abnehmergruppen benachteiligt werden\", RdE 1998, 24, 26.

Dies könnte bei den unterschiedlichen Preisbindungen für Haushaltskunden einerseits (HEL) und Industriekunden und Kraftwerken andererseits der Fall sein, weil die Leitungen für alle benutzt werden, die Kosten des Leistungsnetzes etc. pp. nicht gestiegen sind, sondern nur die Kosten der Handelsware Erdgas selbst.

Eben mit dieser Rechtsprechung dürfte die erhebliche Preisdifferenzierung kollidieren.

Vgl. hierzu auch Markert, RdE 2005, 233 ff., lesenswert.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
@RR-E-ft
@Graf Koks

Die Preisbindung an Leichtes Heizöl ist so alt wie die Erdgasversorgung in Deutschland und wurde bisher (bis 2004) von allen Seiten als wettbewerbsgerecht akzeptiert, sonst hätte ein solcher Siegeszug des Erdgases nie stattfinden können.

Jetzt findet sich in Ihrer Argumentation eine interessante Differenzierung:


--- Zitat ---Auch ist Koll. Fricke darin beizupflichten, dass Ölpreisbindung nicht Ölpreisbindung ist. Es gibt 1001 Wege, einen \"Ölpreisfaktor\" in eine Preisklausel einzubauen. Frage wohl, wo das Komma hinrutscht. In einem geringen Umfang stehen die beiden Energien auch im Wettbewerb.  
--- Ende Zitat ---



--- Zitat ---Das hohe Preisniveau hängt demnach nicht nur von einer Preisbindung ab, die durchaus sehr differenziert betrachtet und eingeschätzt wird.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es auch bei Ölpreisbindung weit günstigere Preise geben könnte.

--- Ende Zitat ---


D.h. die Bindung an den Ölpreis kann in Ordnung sein, aber nicht das absolute Preisniveau - gleichzeitig prangern Sie aber auch die Unzulässigkeit der langfristigen Vertragsbindung an.

Wenn man das zusammenführt, erkennt man die fehlende Logik Ihrer Argumentation:

Die Ölpreisbindung steht gerade in den langfristigen Lieferverträgen. Wenn dies 20 Jahre von der Preisbildung und Preishöhe unverändert und akzeptabel war, kann es nicht durch das jetzige Ölpreishoch auf einmal inakzeptabel oder gar gesetzeswidrig/kartellrechtswidrig werden!

Wenn eine Preisbindung abgeschlossen wird, so muss man immer auch die Risiken mitbetrachten - zurzeit ist genau einer der Risikofaktoren (hoher Ölpreis) eingetreten - nicht mehr und nicht weniger!

Die Meldung in tam belegt, dass diese Preisbindung durchaus im Kundeninteresse ist bzw. sein kann - dies haben Sie hier im Forum mit Hohn und Spott verlacht. Was diesbezüglich für Endkunden (Industrie) wirtschaftlich interessant ist, kann für Erdgasbezugsverträge von Stadtwerken kaum grundverkehrt sein und in den letzten Jahren hat sich gerade auf Grund der langfristigen Verträge die Preisbildung als Mechanismus gar nicht verändert!?!

Zur Erinnerung: Ich weiß, dass \"das war schon immer so\" eine schlechte Begründung ist, so darf meine Argumentation auch nicht verstanden werden. Ich freue mich über konstruktive Vorschläge, wie sich der Erdgaspreis im Wettbewerb zu Heizöl oder anderen Energieträgern alternativ bilden sollte (Festpreise werden ja auch als Vertragsfalle empfunden) und ich freue mich über eine Begrenzung von Vertragslaufzeiten auf der Bezugs- und der Kundenseite, da dies eine höhere Flexibilität für beide Seiten ermöglicht!

RR-E-ft:
@Hennessy

Nach meinem Kenntnisstand war es nicht immer so:

Die Ölpreisbindung soll erst ca. 1973 im Zuge der Ölkrise populär geworden sein. Ich lese dazu:

\"Aufgrund der zu Beginn der 70er Jahre noch stabilen Energiepreissituation auf den internationalen Märkten vereinbarten damals auch einzelne Erdgasproduzenten Fixpreise über sehr lange Laufzeiten. Dies änderte sich mit der ersten (1973) und zweiten (1979) Ölkrise. Festpreisvereinbarungen wurden in der Folge meist durch eine flexible marktorientierte Preisbindung ersetzt.\"

Offensichtlich merkte man damals, dass man sich an die gestiegenen Heizölpreise wunderbar ranhängen könnte, ohne dass jedoch im Übrigen zuvor oder danach je eine tatsächliche Notwendigkeit bestand, um wettbewerbsfähig zu sein.

Das war man ja angesichts steigender HEL- Preise ohnehin.

Lesen Sie dazu bitte in der BGW- Praxisinfo, S. 36  = NJW- RR 1992,1198 die bezeichnende Begründung des LG Hannover, wonach ohne Preisbindung ein nicht zu bewältigender Run auf Erdgas zu besorgen stände.....

Dieses Urteil ist vollkommen krude.

Die Ölpreisbindung ist in der Vergangenheit wiederholt kritisch betrachtet worden. Die Kritik ist also keinesfalls neu, nun aber vollkommen drängend.

So hat das BKartA 1974 darauf hingewiesen, dass die Kosten der Erzeugung und Verteilung von Erdgas bei der Frage nach dem zulässigen Wettbewerbspreis mit zu berücksichtigen ist ( S. 87; Däuper in: Zander/Riedel/Kraus, Praxishandbuch Energiebeschaffung, III 2. 4.3.1 zu den kartellrechtlichen Bedenken gegen das Anlegbarkeitsprinzip, vgl. auch Hauptgutachten der Monopolkommission 1973/75, Tz. 637, wonach die praktizierte Ölpreisbindung einer wettbewerbsfähigen Preisbildung nicht enstspricht, da die Kosten des Produzenten nur als Preisuntergrenze eingehen - Ersatzarbeitspreis)

Im Tätigkeitsbericht 1987/1988 führte das BKartA aus, dass entscheidend sei, dass die Erdgaspreise sich  grundsätzlich nicht über das Niveau der Preise für leichtes Heizöl hinausbewegen....

Wenn ich es richtig verstanden habe, wurde bereits entschieden, dass die Preiskopplung als solche jedenfalls kartellrechtswidrig ist, wenn die Kosten der Erdgasversorgung die Kosten der Heizölversorgung überschreiten.

Dabei wurde auf die Brennstoffkosten abgestellt, nicht auf die \"Vollkosten\". Da scheint also irgendjemand etwas hinzugedichtet zu haben, von wegen \"aussagefähiger\" Wettbewerbspreis erst bei \"Vollkostenbetrachtung\".

Und tatsächlich bestimmt die Ölpreisbindung zu Beginn eines Vertrages nicht über die Höhe des Preisniveaus. Dieses ist Verhandlungssache.

Und mein Berliner Kollege hat recht, wenn er darauf hinweist, dass die Preisformeln nur von ihrer Struktur ähnlich sind, nicht jedoch von den eingefügten Zahlen unterscheiden, es unendlich viele Variationen geben kann.

Der prozentuale Bindungsanteil bewirkt, dass zum Beispiel bei einer 90-prozentigen Bindung der Gaspreis oberhalb des Ausgangspreises entsprechend weniger stark steigt, als er unterhalb dieses Wertes fällt.....

Entscheidend ist also auch und gerade der Bindungsgrad.

Dieser Bindungsgrad kann in verscheidenen Verträgen vollkommen unterscheidlich ausfallen.

Also ist Ölpreisbindung nicht gleich Ölpreisbindung, auch nicht bei dem Referenzwert HEL.

Ganz so einfach liegt der Fall also nicht.

Ihre Schlüsse sind  - mit Verlaub - ebenso kurz gesprungen.

Basedow als wichtiger Mann der Monopolkommission hat sich eingehend mit der Gaspreisbildung befasst. Dort lohnt es sich also nochmal nachzulesen.

Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie mit dem bisherigen System überhaupt ein Wettbewerb möglich sein sollte:

Woher sollte  ein Händler einen Bezugspreis wissen, wenn er noch nicht weiß, wer seine Kunden sein werden oder gibt es Händler nur für Industriekunden, nur für Stadtwerke, nur für Kraftwerke?

Das Bezugsportfolio kann erst erstellt werden, nachdem man sein Absatzportfolio sicher kennt. Wie aber aquirieren ohne Sicherheit auf der Bezugsseite?

Wir sollten uns hier weiter gemeinsam redlich mühen, nach Lösungen zu suchen, wofür es zunächst erforderlich ist, das Bestehende zu verstehen - wenn das überhaupt möglich ist.

Bisher passen die Erklärungen insgesamt logisch nicht zusammen.

Wie erfolgen denn die Erdgaslieferungen der Gazprom nach GB?
Bekanntlich ohne Ölpreisbindung, jedoch nur aufgrund kurzfristiger Verträge?

Bei kurzfristigen Verträgen bedarf es keiner Bindung, weil sich der Marktpreis immer wieder neu bildet. Der Markt ist ständig liquide, im Gegensatz zum aktuellen Zustand - Marktverschluss.

Es handelt sich jedoch um ein Angebotsoligopol mit vielen Nachfragern auf der Gegenseite, was die Preise treiben kann, die regelmäßig neu verhandelt werden müssten.

Wer auf sinkende Preise spekuliert, wählt jetzt eine Preisbindung.

Also suchen wir mal gemeinsam weiter nach guten Agumenten, um unsere Standpunkte ggf. anzunähern, ohne uns gegenseitig einen Verstoß gegen elementare Denkgesetze (Logik) vorzuwerfen.


Manchmal muss man etwas Abstand nehmen, um die Sache klarer zu sehen, weil man nur denkt, man habe etwas schon verstanden - manchmal liegt das an einer Überzeugung oder an einer bestimmten Emotionalität. Mit kühlem Kopf und kleinen Schritten ist man manchmal besser unterwegs.


Und ich habe das bisherige System immer noch nicht veratnden, noch ist es mir erklärt worden.

Gedankenexperiment:

Ich plane für einen vollkommen neuen Stadtteil, der noch nicht erschlossen ist, eine neue Versorgung mit gasbefeuertem Kraftwerk, ein Industriekunde ist in der Nähe und die Wohnhäuser wollen mit Erdgas für Heizzwecke versorgt werden, wegen eines Verbrennungsverbotes o. ä..

Ich werde neuer Gasversorger, baue die Infrastruktur selbst und will die o. g. Kunden fortan versorgen.

Mit wem schließe ich einen Bezugs- Vertrag (Netzanschluss vorhanden) und was wird hinsichtlich der Preise Inhalt eines solchen Vertrages sein?


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Graf Koks:
@Hennessy:

Ich habe Ihre Ausführungen nicht verlacht oder verhöhnt. Wenn ich hier die eine oder andere Spitze fallen lasse, dann will ich niemanden persönlich angreifen.

Wenn man einen Ölpreisfaktor einfließen lässt, dann ist für das Produkt (Endpreis) allein entscheidend, wie die Faktoren eben bemessen werden, d.h. bei welchem Grundpreis man anfägt und wie stark die Dynamisierung ist, wo also das Komma hinrutscht. Derzeit beobachten wir nahezu einen Gleichlauf der Preise, wenngleich sowohl die nur beschränkten Substitutionsmöglichkeiten als auch die weitaus höheren Vorräte (sowie Stichwort strandet gas und Biogas/ Biomasse) einem Gleichlauf entgegenstehen. Jeden logisch denkenden Menschen muss sich der EIndruck aufdrängen, dass ihm ein Bär aufgebunden werden soll.

Die Ölpreisbindung i.S. einer Konkurrenzenergierechnung ist antiquiert, weil sie aus der Zeit des Netzausbaus stammt, als erhebliche Investitionen langfristig abgesichert werden mussten, um eine gewisse Mindest- Amotisation zu gewährleisten. Danke, aber die Unkosten dürften jetzt eingefahren sein. Mit dieser Einsicht stehe ich alles andere als allein.


M.f.G. aus Berlin
Graf Koks

RR-E-ft:
@Henessy

Ich gehe auch davon aus, dass ich niemandem persönlich angegangen bin, sondern dass wir uns hier immer nur in der Sache streiten. Vorsorglich entschuldige ich mich schon mal.

In medias res:

Nach den Ausführungen des Bundeskartellamtes soll die Preisuntergrenze bei den Kosten liegen.

Man könnte nun geneigt sein, zu glauben, dass alles, was über der jeweiligen Preisuntergrenze und somit gar nicht von Kosten gedeckt ist, die Marge darstellt, die sich hiernach erhöht.

Wenn man jedoch eine Preisuntergrenze vorgesehen hat, warum dann nicht auch eine Preisobergrenze als Price-Cap?

Die Wettbewerbssituatuion des Erdgases verschlechtert sich doch auf der Absatzseite überhaupt nicht, wenn die Preisgefolgschaft nach oben  ab einem bestimmten Punkt aufgegeben wird.

Die Wettbewerbssituation des Erdgases verschlechtert sich jedoch dabei, wenn die Preisgefolgschaft nach unten ab einem bestimmten Punkt aufgegeben wird.


Würde es deshalb nicht zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Erdgases eines Preismechanismusses bedürfen, der keine Preisuntergrenze, sondern nur eine Preisobergrenze kennt?

Das wäre das genaue Gegenteil zum Bisherigen.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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