Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Erfordert die ersatzweise Billigkeitsfestsetzung durch das Gericht einen gesonderten Antrag?
Black:
Ich gebe zu, in dieser Frage noch keine eindeutige Meinung zu haben, aber ich werde jetzt gleichwohl mal für die Gegenposition weiter argumentieren:
Die Ersatzbestimmung wäre in der Tenorierung des verbleibenden Zahlungsanspruches enthalten. Statt wie vom EVU gefordert z.B. den Beklagten zur Zahlung von 1.000 Euro zu verurteilen, wird der Kläger zur Zahlung von 500,- Euro verurteilt und nicht etwa die Klage in voller Höhe abgewiesen.
Daher ist das auch keine Sachentscheidung von Amts wegen, sondern eine Sachentscheidung über den Zahlungsantrag des Klägers. Die Ersetzung durch das Gricht ist Teil der notwendigen Anspruchsprüfung.
Ohne den § 315 Abs. 3 BGB müßte eine unbillige Zahlungsklage tatsächlich abgewiesen werden, weil dann eine Ersetzung nicht möglich wäre. Gerade weil es aber die Festlegung des § 315 Abs. 3 BGB gibt, kann das Gericht vollständig über den Zahlungsanspruch entscheiden und im Rahmen der Entscheidung über diesen Antrag ggf. die Ersetzung vornhmen.
RR-E-ft:
@Black
Die Ansprüchsprüfung der Zahlungsklage ergibt mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, dass diese jedenfalls unbegründet ist (BGH VIII ZR 240/90 am Ende).
Denn dem Gericht ist ja - einen Antrag des Versorgers zur Ersatzbestimmung vorausgesetzt - bekannt, dass die getroffene Bestimmung nicht der Billigkeit entspricht und deshalb unverbindlich ist, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Nur deshalb und mit dieser Begründung wird ja die Ersatzbestimmung vom Versorger beantragt (BGH X ZR 60/04 unter II 1).
Black:
Aus BGH VIII ZR 240/90 (am Ende) ergibt sich nicht, dass ein gesonderter Antrag auf Ersetzung bei unbilligem Preis notwendig ist. Der BGH sagt dort ja nur, dass dort eine Ersetzung nicht möglich war, weil gar nicht feststellbar war, ob überhaupt Unbilligkeit vorliegt.
Es ist ein Unterschied, ob das Gericht die Unbilligkeit feststellt und sich dann fragt, ob es nun selbst ersetzen darf oder dafür einen Antrag benötigt oder aber ob das Gericht mangels ausreichendem Vortrag schon gar nicht die Billigkeit prüfen kann.
RR-E-ft:
@Black
Bei BGH VIII ZR 240/90 hatte der RWE den dafür notwendigen Antrag auf Ersatzbestimmung gestellt.
--- Zitat ---BGH VIII ZR 240/90
Auf die Klage, mit der die Klägerin neben den beiden genannten Differenzbeträgen zwischen gefordertem und gezahltem Entgelt aufgelaufene Zinsen von 146.060,81 DM sowie weitere Zinsen verlangte, hat die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits 49.947,30 DM gezahlt, weil sie eine Erhöhung des Strompreises auf 13,82 Pf/kwh für berechtigt hält.
Die dementsprechend ermäßigte Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und hilfsweise begehrt, ihr den Klagebetrag als angemessenes und billiges Entgelt für die Stromlieferungen gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zuzusprechen.
Das Rechtsmittel ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den Klageanspruch weiter.
--- Ende Zitat ---
Diesem konnte jedoch nur dann Erfolg beschieden sein, wenn RWE die Unbilligkeit seiner getroffenen Preisbestimmung (und somit die Unbegründetheit seines primär verfolgten Zahlungsklageantrages) eingeräumt hätte.
Dies hatte RWE jedoch ganz offensichtlich verabsäumt.
Mit entsprechendem Tatsachenvortrag war RWE jedenfalls wegen der Verspätungsvorschriften der ZPO präkluduert.
--- Zitat ---Zu Recht hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, die Preisbestimmung selbst durch Urteil zu treffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das ist nur zulässig, wenn die Bestimmung durch die dazu befugte Partei nicht der Billigkeit entspricht oder verzögert wird und eine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine ersetzende gerichtliche Bestimmung vorhanden ist. Eine Verzögerung liegt ersichtlich nicht vor. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Preisfestsetzung der Klägerin unbillig ist, kann dagegen wegen des zur Nachprüfung ungeeigneten Vortrags der Klägerin nicht beurteilt werden.
--- Ende Zitat ---
Der Versorger muss sich entscheiden, ob er seine getroffene Tarifbestimmung gem. § 315 Abs. 1 BGB für verbindlich hält oder ob er diese gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB für bisher unverbindlich hält.
Mit widersprüchlichem Vortrag zu diesem streitentscheidenden Punkt darf er dem Gericht jedenfalls nicht kommen, § 138 Abs. 4 ZPO.
Gerichte sind an die gestellten Sachanträge gebunden, § 308 ZPO.
Der Zahlungsklageantrag stellt maßgeblich darauf ab, dass die getroffene Tarifbestimmung der Billligkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und deshalb eine verbindliche Forderung bereits besteht.
Dies will der Versorger mit seinem Zahlungsklageantrag entschieden haben.
Dann darf das Gericht nicht unterstellen, der Kläger unterstelle die bisherige Unverbindlichkeit (das genaue Gegenteil) und strebe deshalb ein vollkommen anderes Klageziel an, nämlich eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Zudem:
Unterschiedliche Klageanträge bedeuten eine Klagehäufung und wirken sich auch auf den Streitwert aus.
Black:
Ja und?
RWE hat hilfsweise die Ersetzung beantragt und das Gericht hat abgelehnt, weil es mangels ausreichendem Vortrag schon gar nicht feststellen konnte ob eine Ersetzung notwendig wäre und es dem Haupt- oder eher dem Hilfsantrag stattgeben muss.
Das belegt aber nicht, dass ein Antrag auf Ersetzung gestellt werden muss. Zur Notwendigkeit des Hilfsantrages ist in der Entscheidung nichts zu finden.
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