Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Beweislast für Preisgleitklausel in Sondervertrags-AGB
Amazone:
Wir hatten gestern im Bekanntenkreis eine Diskussion über folgenden Sachverhalt:
Jemand hat zum Jahreswechsel zwecks Verjährungshemmung gegen seinen Versorger geltend gemachter Rückzahlungsansprüche einen Mahnbescheid beantragt, welcher nach Widerspruch demnächst zu begründen sein wird. Berufen will man sich dabei auf die Unwirksamkeit der einem Sondervertrag aus 1999 zugrunde liegenden Preisgleitklausel (\"Kann\"-Klausel).
Das Problem des Kunden ist allerdings, dass ihm die Original-AGB seines Altvertrages nicht mehr vorliegen. Nachweisen kann er lediglich anhand von Internet-Ausdrucken, dass der Versorger in späteren Jahren (z.B. 2006-2008 ) AGB benutzte, die eine unwirksame \"Kann\"-Klausel enthielten. Damit ist zwar wenig wahrscheinlich, dass in seinem Altvertrag aus 1999 eine andere, wirksame Preisanpassungsklausel enthalten gewesen sein könnte, unmittelbar beweisen kann der Kunde das aber nicht.
Unsere Diskussion ging nun darum, dass ich der Auffassung bin, dass ein Verbraucher, der sich in einer Klage auf die für ihn günstige Tatsache einer unwirksamen AGB-Klausel beruft, deren Existenz auch durch entsprechende Vorlage beweisen muss.
Von anderer Seite war man dagegen der Auffassung, dass hier ein Indizienbeweis genügen könne und das Gericht letztlich den Versorger auffordern werde, bekannt zu geben, welche AGB dem Vertrag tatsächlich zugrunde lagen.
Wieder andere vertraten die Auffassung, dass ein derartiger Antrag in Richtung eines Ausforschungsbeweises ginge und der Versorger nicht verpflichtet sei, an der Beweisführung des Klägers mitzuwirken.
Eine letzte Meinung war schließlich, man solle den Versorger zunächst zur Herausgabe einer Vertragskopie einschließlich AGB auffordern und im Verweigerungsfall zunächst Stufenklage auf Auskunft erheben.
Wer hat Recht?
ESG-Rebell:
--- Zitat ---Original von Amazone
Das Problem des Kunden ist allerdings, dass ihm die Original-AGB seines Altvertrages nicht mehr vorliegen.
--- Ende Zitat ---
Hatte der Kunde die AGB damals denn vor Abschluss des Vertrages erhalten oder erst mit der Vertragsbestätigung? Letzteres wäre bereits zu spät gewesen. Ob er die AGB zu spät oder nie bekommen hat, spielt hier aber keine Rolle. Wenn er die AGB nicht (mehr) hat und ihren Empfang damals nicht nachweisbar bestätigt hat, kann er behaupten, sie nie erhalten zu haben.
Da eine Nichtkenntnis zwar glaubhaft dargelegt aber naturgemäß nicht bewiesen werden kann, trifft den Gegner eine erweiterte Darlegungs- und Beweislast. Versorger scheiterten bislang überwiegend beim Versuch, die kundenseitige Kenntnis ihrer AGB nachzuweisen, da sie letztere üblicherweise nicht per Einschreiben verschicken.
Heute ist es daher übliche Praxis, dass bereits das vom Kunden auszufüllende Antragsformular die kompletten AGB enthält und dessen Kenntnisnahme im Streitfall daher glaubhaft dargelegt werden kann.
--- Zitat ---Original von Amazone
... dass ein Verbraucher, der sich ... auf die für ihn günstige Tatsache einer unwirksamen AGB-Klausel beruft, deren Existenz auch ... beweisen muss.
--- Ende Zitat ---
Dies schiesst über das Ziel hinaus. Ein Schritt davor besteht doch darin, das Recht des Versorgers zur einseitigen Preisanpassung überhaupt zu bestreiten. Auch hier gilt dann, dass die Gegenseite darlegen muss, auf welche Grundlage sie ihr Recht stützt.
Falls vorhanden wird der Versorger dann eine Kopie des damals unterschriebenen Vertrags und der damals geltenden AGB vorlegen um seiner Darlegungslast nachzukommen. Vor diesem Hintergrund kann es sogar ratsam sein, (zunächst) nicht auf die eigene Kopie des schriftlichen Vertrags hinzuweisen.
Nicht zu viel voraussetzen und nicht zu weit denken.
Erstmal dumm stellen und bestreiten.
Unstreitig stellen und Belege vorlegen kann man immer (bis zum Ende der mündlichen Verhandlung).
Die richtige Strategie wird aber der mit der Vertretung betraute Anwalt wählen können.
Siehe auch hier: Privatverbraucher können sich vor Amtsgerichten problemlos selbst verteidigen!
Gruss,
ESG-Rebell.
Amazone:
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
Wenn er die AGB nicht (mehr) hat und ihren Empfang damals nicht nachweisbar bestätigt hat, kann er behaupten, sie nie erhalten zu haben.
--- Ende Zitat ---
Das entfällt hier wohl. Empfang und Einverständnis wurde schriftlich bestätigt.
--- Zitat ---Original von ESG-Rebell
--- Zitat ---Original von Amazone
... dass ein Verbraucher, der sich ... auf die für ihn günstige Tatsache einer unwirksamen AGB-Klausel beruft, deren Existenz auch ... beweisen muss.
--- Ende Zitat ---
Dies schiesst über das Ziel hinaus. Ein Schritt davor besteht doch darin, das Recht des Versorgers zur einseitigen Preisanpassung überhaupt zu bestreiten. Auch hier gilt dann, dass die Gegenseite darlegen muss, auf welche Grundlage sie ihr Recht stützt.
--- Ende Zitat ---
Das kann ich offen gestanden nicht ganz nachvollziehen. Wenn jemand gegen seinen Versorger Rückzahlungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend macht, dann wird er m.E. auch darzulegen haben, woher diese ungerechtfertigte Bereicherung stammt. Und bezieht er sich dabei auf die Unwirksamkeit der seinem Vertrag damals zugrunde gelegten Preisgleitklausel, so wird er doch wohl mindestens auch den Wortlaut der Preisklausel darzulegen und zu beweisen haben. Oder sollte es tatsächlich möglich sein, quasi ins Blaue hinein zu behaupten und darauf eine Klage zu gründen, dass die damals vereinbarte Klausel unwirksam gewesen sei?
RR-E-ft:
Der Versorger muss beweisen, dass es einen Rechtsgrund für die Zahlungen gab, diese vertraglich geschuldet waren.
Denn wenn es keinen Rechtsgrund gab, ist der Versorger um die unstreitig geleisteten Zahlungen des Kunden ungerechtfertigt bereichert.
(Soweit zu der Frage, woher die ungerechtfertige Bereicherung stammt).
Der Versorger hat bei einem Sondervertrag auch darzulegen und zu beweisen, dass überhaupt eine Preisänderungsklausel wirksam in den Vertrag einbezogen wurde, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB.
Ist die Tatsache der wirksamen Einbeziehung einer bestimmten Preisänderungsklausel bewiesen, ist die Frage nach deren Wirksamkeit eine (keinem Beweis und keinem Anerkenntnis zugängliche) Rechtsfrage.
Amazone:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Der Versorger muss beweisen, dass es einen Rechtsgrund für die Zahlungen gab, diese vertraglich geschuldet waren.
--- Ende Zitat ---
Da bin ich doch einigermaßen verblüfft. Mit anderen Worten, besagter Kunde könnte seine Klage auf Rückzahlung aus § 802 BGB einfach damit \"begründen\", dass er in der Klageschrift behauptet, die seinem Vertrag zugrunde liegende Preisgleitklausel sei weder nach § 305 BGB wirksam einbezogen, noch halte sie hilfsweise einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand - ohne dies näher auszuführen?
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln