Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Prozesstandschaft des Versorgers für Netzbetreiber wegen Zutrittsrecht?

<< < (28/30) > >>

RR-E-ft:
@Black

Ich muss Sie wohl kollegialiter um Hilfe bitten, weil ich mit Ihrer Flexibilität heute nicht  mithalten kann.

Sie meinen wohl, § 19 GVV enthalte einen Vertrag zu Gunsten Dritter, woraus der Netzbetreiber einen Anspruch habe (§ 328 BGB), den wiederum der Versorger (als fremdes Recht) auch gegenüber dem Kunden einfordern könne (§ 335 BGB), natürlich (nur) als Leistung an den Dritten (also an den Netzbetreiber).
Deshalb könne der Versorger sehrwohl den Kunden auf Leistung an den Netzbetreiber (einen Dritten) verklagen.
Worauf eigentlich?

Dann meinen Sie aber, es gehe bei der Klage des Versorgers gegen den Kunden um die Durchsetzung eigener Rechte des Versorgers aus § 19 GVV, ausdrücklich nicht um fremde Rechte des Netzbetreibers (wie etwa bei § 335 BGB).

Es geht bei Ihnen wohl anscheinend immer um Rechte, die man wohl in § 19 GVV nicht nachlesen kann. Wenn es der Gesetzgeber nicht war, muss wohl jemand anderes zwischen die Zeilen etwas hinein geheim(n)ist haben.

\"Der Grundversorgung ist berechtigt...., ...den Netzbetreiber zu beauftragen.\"

Da fehlt mir (gedanklich) irgendwie ein ganzes Stück.

Ich nehme immer noch an, der Versorger beauftragt ganz einfach ohne Einverständnis des Kunden den Netzbetreiber mit der Versorgungsunterbrechung.
Und der Netzbetreiber kommt dann [ entsprechend eigener Disposion über das ob, wann und wie der Ausübung seiner Rechte gegenüber dem Anschlussnhmer aus §§ 24 Abs. 3, 21 NAV] dieser Beauftragung des Versorgers entweder nach oder eben auch nicht.  

Dann wollten Sie noch gern erläutern, wie die Vollstreckung aus dem vom Versorger gegen den Kunden wegen der Sperrung erstrittenen Titel ohne Mitwirkung des Netzbetreibers erfolgen soll.
Dazu fehlt mir gleich komplett eine eigene Vorstellung.

RR-E-ft:
@Black

Huhu.  Ich brauche kollegialiter Hilfe.

RR-E-ft:
Nun wurde ein erstinstanzliches Urteil mit Berufung wie folgt angegriffen:


--- Zitat ---Namens und in Vollmacht der Bekl. begründe ich die Berufung wie folgt:  Es wird die Verletzung materiellen und prozessualen Rechts gerügt, auf welcher die angefochtene Entscheidung gründet.  Das Gericht I. Instanz stützt die angefochtene Entscheidung darauf, dass sich der Rechtsstreit erledigt hat.  Voraussetzung dafür wäre, dass die Klage zunächst zulässig und begründet war und durch ein erledigendes Ereignis unbegründet wurde.  Die Klage war von Anfang an weder zulässig noch begründet.  Mit der Klage verfolgte die Kl. einen Zutrittsanspruch, der ihr nicht zustand.   I.   Unzulässigkeit der Klage   Die Klage war aufgrund der Klageerwiderung unzulässig.  Der Streit der Parteien betraf auch die Frage, ob die Belieferung der Bekl. im Rahmen der Grundversorgung gem. § 36 Abs. 1 EnWG oder aber außerhalb der Grundversorgung im Rahmen der Vertragsfreiheit erfolgte.   Von dieser Vorfrage hing es ab, ob die Bestimmungen der GasGVV auf das betroffene Vertragsverhältnis Anwendung finden, §  1 GasGVV. Wir sind der Auffassung, dass diese Rechtsfrage den Streit über Rechte und Pflichten nach dem EnWG betrifft und deshalb gem. §§ 108, 102 EnWG eine – von Amts wegen zu berücksichtigende – ausschließliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht begründete.  Bereits innerhalb der Klageerwiderung wurde die sachliche Unzuständigkeit des Gerichts und in deren Folge die Unzulässigkeit der Klage gerügt.  Die angefochtene Entscheidung gründet auf der rechtsfehlerhaften Auffassung, dass der Streit über Rechte und Pflichten nach dem EnWG bzw. daraus abgeleitete Vorfragen nicht entscheidungserheblich seien.   II.   Unbegründetheit der ursprünglichen Klage      Die Klage war von Anfang an auch unbegründet.  Die Kl. verfolgte ein Zutrittsrecht, welches ihr gegenüber den Bekl. nicht zustand.  Ein entsprechendes Recht ergab sich insbesondere entgegen der Auffassung des Gerichts I. Instanz nicht aus § 19 GasGVV.  Die Bekl. hatten mit Schriftsatz vom 09.08.10 durch Vorlage der Vertragsbestätigung vom 26.03.1998 Beweis dafür erbracht, dass die Gaslieferung von Anfang an zu einem besonders günstigen Erdgas- Sonderpreis vereinbart worden war, der nur Sondervertragskunden gewährt wurde.  Damit handelt es sich um einen Sondervertrag über Gaslieferungen außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht gem. § 6 Abs. 1 EnWiG 1935, nachfolgend § 10 Abs. 1 EnWG 1998, nachfolgend § 36 Abs. 1 EnWG.  Die Bestimmungen der AVBGasV fanden auf dieses Vertragsverhältnis keine unmittelbare Anwendung (vgl. BGH KZR 2/07, VIII ZR 274/06, VIII ZR 225/07, VIII ZR 320/07, VIII ZR 81/08, VIII ZR 246/08, juris).  Diese waren auch nicht etwa in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen in das Vertragsverhältnis einbezogen worden, Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB iVm. § 305 Abs. 2 BGB.    Für die wirksame Einbeziehung erforderlich gewesen wäre, dass man den Bekl. solche Bedingungen vor Vertragsabschluss ausgehändigt hätte, Argument § 2 Abs. 3 AVBGasV.  Weder kannten die Bekl. entsprechende Bedingungen vor Vertragsabschluss, noch hatten sie sich vor, bei oder nach Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden erklärt.   Der bloße Hinweis auf diese in einem nach erfolgtem Vertragsabschluss übersandten Vertragsebstätigungsschreiben konnte jedenfalls nicht zu einer wirksamen Einbeziehung der Bedingungen führen (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 26.01.10 Az. 14 U 983/08; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.02.10 Az. 6 U 164/09, OLG Dresden, Urt. v. 13.07.10 Az. 9 U 93/10, juris).  Unabhängig davon, waren insbesondere die Bedingungen der GasGVV nicht wirksam in den bestehenden Sondervertrag einbezogen worden.   Weder kannten die Bekl. entsprechende AGB der Kl. noch hatten diese sich mit der nachträglichen Einbeziehung in den bestehenden Sondervertrag einverstanden erklärt, § 305 Abs. 2 BGB.  Selbst bei einer wirksamen Einbeziehung der Bestimmungen der GasGVV in den bestehenden Sondervertrag konnte sich daraus kein Zutrittsrecht der Kl. zum Zwecke einer Zählersperre oder eines Zählerausbaus ergeben, wie das Gericht I. Instanz zumindest im Ansatz zutreffend erkannt hatte.   § 9 GasGVV kennt ein Zutrittsrecht des Grundversorgers ausschließlich für die Ermittlung preislicher Bemessungsgrundlagen oder zur Ablesung der Messeinrichtung. Ein weitergehendes Zutrittsrecht besteht für den Grundversorger nach GasGVV nicht, insbesondere kein Zutrittsrecht zur Zählersperre oder zum Zählerausbau, welche die Kl. nach ihrem Vortrag beabsichtigt und zum Ziel gehabt haben will.   Einen entsprechendes Zutrittsrecht konnte unter den Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 21, 24 Abs. 3 NDAV allenfalls dem von der Kl. verschiedenen Netzbetreiber .... GmbH zustehen.  Die Bekl. haben das Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen vehement bestritten.   Ein zulässiger Beweis diesbezüglich wurde von der Kl. weder angeboten, noch vom Gericht I. Instanz erhoben.  Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Zutrittsrecht des Netzbetreibers vorgelegen hätten, so hatte der Netzbetreiber im Falle der Verweigerung eines solchen autonom darüber zu entscheiden, ob er dieses sein Recht gegenüber den Bekl. verfolgt und ggf. gerichtlich durchsetzt.   Der Netzbetreiber hatte jedoch von den Bekl. schon gar keinen entsprechenden Zutritt verlangt.   Selbst wenn er einen solchen von den Bekl. verlangt hätte und diese das verlangte Zutrittsrecht diesem gegenüber verweigert hätten -  was schon nicht der Fall war – so hatte sich der Netzbetreiber jedenfalls dafür entschieden, sein Zutrittsrecht  gegenüber den Bekl. nicht gerichtlich zu verfolgen oder gar zwangsweise durchzusetzen.  Selbst wenn der Netzbetreiber hierdurch eigene Vertragspflichten gegenüber der Kl. verletzt hätte, so hätte die Kl. bei Vorliegen eines entsprechenden Anspruchs gegenüber dem Netzbetreiber gegen diesen vorgehen müssen.  Jedenfalls war die Kl. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt berechtigt, ein Recht des Netzbetreibers, zu dem dieser sich entschieden hatte, es gegenüber den Bekl. jedenfalls nicht gerichtlich zu verfolgen, eigenmächtig aufzugreifen, um eine eigene Klage darauf zu stützen.  Die Voraussetzungen einer entsprechenden berechtigten Prozessstandschaft der Kl. lagen jedenfalls nicht vor.  Hatte sich der Netzbetreiber wie vorliegend jedenfalls dazu entschieden, keine eigenen Ansprüche gegen die Bekl. außergerichtlich geltend zu machen oder gar gerichtlich durchzusetzen, fehlt es für die Klage der Kl. von Anfang an auch am Rechtsschutzbedürfnis.  Ohne notwendige Mitwirkung des Netzbetreibers war der Kl. eine Unterbrechung der Versorgung durch Sperrung bzw. Ausbau der Messeinrichtung von Anfang an unmöglich.  Selbst wenn die Kl. mit ihrem ursprünglichen Klageantrag durchgedrungen wäre, hätten sich die Bekl. jedenfalls nicht freiwillig gebeugt und Widerstand geleistet.   Dies war auch der Kl. bekannt und wurde durch ihren Klageantrag gem.  § 892 ZPO dokumentiert.  Der von der Kl. erstrittene Titel wäre für diese von Anfang an ohne Mitwirkung des Netzbetreibers auch nicht im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchsetzbar gewesen, weil es jedenfalls an den notwendigen Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO in der Person der Kl. als Titelgläubiger gefehlt hätte: Titel, Klausel, Zustellung.   Die notwendigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) hätten jedenfalls auch nicht in der Person des Netzbetreibers vorgelegen.   Nach alldem war der ursprüngliche Klageantrag der Kl. jedenfalls auf Erlangung eines Titels gerichtet, der sich jedenfalls weder für diese noch für den Netzbetreiber im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen ließ, weil es jedenfalls jeweils an den notwendigen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gem. § 750  ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) gefehlt hätte.  Dies musste auch schon das Gericht I. Instanz erkennen.   Für Klagen, die auf die Erlangung eines Titels gerichtet sind, welche von Anfang an nicht im Wege einer Zwangsvollstreckung gem. § 750 ZPO durchsetzbar sind, fehlt es von Anfang an am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.  Und deshalb fehlte auch vorliegend der Kl. von Anfang an das Rechtsschutzbedürfnis für ihren ursprünglichen Klageantrag.   Die Voraussetzungen einer zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft der Kl. lagen von Anfang an nicht vor.   Die Bekl. hatten die fehlende Klagebefugnis und Aktivlegitimation der Kl. bereits in der Klageerwiderung vom 11.03.2010 auf Seite 3 unter II 1. ausdrücklich gerügt. Sie haben die Prozessführungsbefugnis der Kl. bestritten und bestreiten diese auch weiter.   Die Kl. hat im Prozess I. Instanz eine Ermächtigung zur Geltendmachung eines der ...GmbH etwaig  zustehenden Zutrittsrechts gem. §§ 21, 24 Abs. 3 NDAV jedenfalls weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.    Auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag und sämtliche Rügen, Einwendungen, Bestreiten und Beweisangebote der Bekl. wird ergänzend vollinhaltlich Bezug genommen.     Nach alldem gründet die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung materiellen und prozessualen Rechts. Sie ist deshalb auf die Berufung der Bekl. antragsgemäß aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.  Die Kl. hat die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz zu tragen.               Sollte das Gericht weiteren Vortrag für notwendig erachten, wird ausdrücklich um einen gerichtlichen Hinweis gem. § 139 ZPO gebeten.
--- Ende Zitat ---

Die Entscheidung des Berufungsgerichts bleibt abzuwarten.

Die Prozessbevollmächtigten des auf Zutritt für den Netzbetreiber klagenden Gasversorgers hatten sich erstinstanzlich so an der Frage der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts abgerackert, dass sie auf die gerügte Prozessführungsbefugnis jedenfalls keinerlei Vortrag verwendet hatten.

RR-E-ft:
Die eins energie in sachsen GmbH & Co KG Chemnitz schreibt wegen angeblicher Zahlungsrückstände an einen Kunden unter dem 19.04.2011:


--- Zitat ---\"Sie haben die Möglichkeit, der Unterbrechnung der Gasversorgung zu widersprechen. Im Falle eines Widerspruchs werden wir bis zum Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung von der Beauftragung zur Unterbrechung der Gasversorgung absehen. Allerdings muss dann sofort der zuständige Netzbetreiber gegen Sie Klage auf Zutritt zum Zählerplatz beim zuständigen Amtsgericht erheben, , um die Unterbrechung der Gasversorgung durchzusetzen. Dies wäre für Sie mit weiteren Kosten verbunden.\"
--- Ende Zitat ---

Wenn das nichts zum Schmunzeln ist.

Klar erkannt: Der Netzbetreiber muss klagen.

Welchen Grund der jedoch zur Klage haben sollte, wenn dessen Beauftragung bis zum Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung unterbleibt, ist nicht recht nachvollziehbar.

Hat jemand eine Ahnung, was die Chemnitzer Kryptologen wohl meinen könnten?

Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die Prozessbevollmächtigten des auf Zutritt für den Netzbetreiber klagenden Gasversorgers hatten sich erstinstanzlich so an der Frage der sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts abgerackert, dass sie auf die gerügte Prozessführungsbefugnis jedenfalls keinerlei Vortrag verwendet hatten.
--- Ende Zitat ---

Die Prozessführungsbefugnis ist vorliegend eine reine Rechtsfrage. Dazu kann immer vorgetragen werden. Auch im Berufungsverfahren.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln