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BGH Urt. v. 06.04.11 VIII ZR 66/09 - Unwirksame Preisänderungsklausel Fernwärme
uwes:
Im Verbraucherbereich darf man sich wohl beruhigt zurücklehnen. Eine beanstandungslose Bezahlung der Jahresrechnung hat keinerlei Erklärungsinhalt oder -wert, so dass keine neue Preisvereinbarung zustande kommt.
Es gilt der Anfangspreis.
Ungeklärt scheint die Frage im Hinblick auf Gewerbetreibende und Freiberufler.
Oder ist da was an mir vorbeigegangen?
RR-E-ft:
Bei Gewerbekunden gilt wohl das Gleiche:
OLG Hamm, Urt. v. 28.10.10 Az. I-2 U 60/10 Zahlungsklage des Versorgers abgewiesen (SW Fröndenberg)
RR-E-ft:
Urteilstext BGH VIII ZR 66/09 veröffentlicht
Es findet eine Transparenzkontrolle der Preisänderungsklausel eines Fernwärmelieferungsvertrages gem. § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F. statt, wobei die Anforderungen mindestens jenen Anforderungen entsprechen sollen, welche bei einer Transparenzkontrolle gem. § 307 BGB gefordert sind.
--- Zitat ---BGH VIII ZR 66/09 Rn. 33
Damit schreibt diese Regelung ein Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit vor, das mindestens dem Niveau der vom Bundesgerichtshof im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geforderten Transparenz von Preisanpassungsklauseln entspricht (so auch Topp in Zenke/Wollschläger, aaO S. 205).
Das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt, dass der Kunde den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der zu Preisänderungen ermächtigenden Klausel selbst messen kann (Senatsurteil vom 26. Mai 1986 - VIII ZR 218/85, NJW 1986, 3134 unter B II 2 a; BGH, Urteile vom 19. November 2002 - X ZR 243/01, NJW 2003, 507 unter III 2 a, und vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008 Rn. 11). § 24 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV aF (Abs. 4 Satz 2 nF) bleibt hinter diesen Vorgaben nicht zurück.
--- Ende Zitat ---
Im entschiedenen Fall hielt die Klausel schon dieser Transparenzkontrolle nicht stand und soll deshalb gem. § 134 BGB unwirksam sein.
Hält eine Preisänderungsklausel dieser Transparenzkontrolle stand, so soll sich in einem zweiten Schritt die Frage nach der inhaltlichen Angemessenheit der Preisänderungsklausel in Anbetracht von § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F. stellen.
Gemessen an § 307 BGB ist eine Preisänderungsklausel bereits dann unangemessen, wenn sie die Möglichkeit zur nachträglichen Erhöhung des Gewinnanteils am vereinbarten Preis nicht sicher ausschließt.
Fraglich, ob sich bei der Kontrolle am Maßstab des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F. nach Auffassung des Senats hieran etwas ändern soll.
Hierzu bleibt die Veröffentlichung der Parallelentscheidung vom 06.04.2011 Az. VIII ZR 273/09 abzuwarten (ähnlich gelagert wohl BGH VIII ZR 304/08 und VIII ZR 178/08].
Weitere Überlegung:
Jedenfalls dann, wenn es - anders als laut Sachverhalt der Entscheidung VIII ZR 66/09 - an der öffentlichen Bekanntgabe von Preislisten im Sinne von § 1 Abs. 4 AVBFernwärmeV fehlt, stellt sich m.E. bei einem konkludenten Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV die Frage, welchen Preis vergleichbare Kunden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vertraglich schuldeten.
Im Falle der Unwirksamkeit der vom EVU allgemein verwendeten Preisänderungsklauseln in den Verträgen mit solchen anderen Kunden schuldeten jene vergleichbaren anderen Kunden selbst nur den bei ihrem eigenen Vertragsabschluss vereinbarten Preis, so dass jener dann wohl auch als Anfangspreis im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV zu gelten hat (vgl. Klotz, RdE 2011, 88 ff.).
Bei einer Monopolstellung des Versorgers, erst recht bei bestehendem Anschluss- und Benutzungszwang im räumlich begrenzten Fernwärmegebiet könnte sich m. E. ferner die Frage stellen, ob der Anfangspreis gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 AVBFernwärmeV nicht seinerseits der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterliegt (vgl. Klotz, aaO.).
RR-E-ft:
Erste Bewertung des Lübeck- Urteils aus Sicht des AGFW vom 27.04.11 To/Fri
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