Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Ausschluß der Gaspreiskontrolle über § 315 BGB

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RR-E-ft:
@Black

Sie geben zwar immer wieder vor, meine Auffassung wie kein anderer  zu kennen. Nur im Detail nachvollzogen wurde diese wohl jedenfalls noch nicht, wie wohl allein die Fragestellung verdeutlicht.

Auf einen Sondervertrag findet m.E.  § 315 BGB dann und nur dann, wenn  dann aber von Anfang an unmittelbare Anwendung, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde. Ein feststehender Preis wurde dann gerade nicht vereinbart (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Bei der Ausübung eines derart vertraglich vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts wären auch  §§ 1, 2 EnWG zu beachten.

§ 5 Abs. 2 GVV ist gibt m.E. kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern gestaltet nur die Ausübung eines solchen - anderweits bereits bestehenden Leistungsbestimmungsrechts - gem. § 315 Abs. 2 BGB aus, indem bewusst auf das Zugangserfordernis verzichtet wird.

Die Einbeziehung der Bestimmung des § 5 GVV  als AGB in einen Sondervertrag vermittelt deshalb  m.E. weder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht noch ein wirksames Preisänderungsrecht im Hinblick auf einen bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Sonderpreis.

Das wurde weiter oben sehr umfassend dargelegt.

Für den Bereich der Grundversorgung besteht m. E. von Anfang an ein gesetzlich eingeräumtes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, eingeräumt breits durch §§ 36, 2, 1 EnWG selbst, zuvor bereits durch § 10 Abs. 1 EnWG (BGH KZR 29/06 Rn. 20).  

Deshalb sind die jeweiligen Allgemeinen Preise der Grundversorgung an den Maßstab der Billigkeit gebunden.

Der Grundversorger allein bestimmt durch seine Festlegungen diejenigen vertraglichen Leistungen, welche die grundversorgten Kunden beanspruchen können. Der Grundversorger selbst bestimmt nach der gesetzlichen Regelung das jeweilige vertragliche Äquivalenzverhältnis.


Auf diese Bestimmung des Äquivalenzverhältnisses findet die Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung statt. M.E. ist dabei mithin kein Äquivalenzverhältnis vertraglich vereinbart, weshalb ein solches auch nicht bewahrt werden kann oder darf, etwa wenn die Tarifbildung bisher gegen §§ 1, 2 EnWG verstieß.

Ein bisher wegen §§ 1, 2 EnWG objektiv unzulässiger (oder unzulässig gewordener) Allgemeiner Preis darf auch dann nicht aufrecht erhalten werden, wenn die bisher grundversorgten Kunden noch nicht widersprochen haben. Genauso muss ein Allgemeiner Preis der Grundversorgung im Umfange rückläufiger Kosten herabgesetzt werden, selbst wenn die grundversorgten Kunden von den Umständen, die zu dieser Rechtspflicht führen, keine Kenntnis haben und deshalb noch kein entsprechendes Verlangen an den Grundversorger herangetragen haben.

Wollte man eine andere Auffassung vertreten, so habenjedenfalls  all diejenigen Grundversorger ein massives Problem, welche z.B. zwischenzeitlich die Allgemeinen Tarife Kleinverbrauchstarif K und Grundpreistarif G im Gasbereich durch einen einzigen Basistarif BT ersetzt haben (wie etwa die Oldenburger EWE).

Ich wollte dies allein anhand der gesetzlichen Regelungen zumindest für jeden Juristen nachvollziehbar dargelegt haben.
Weder ich noch \"meinesgleichen\" haben dies - soweit ersichtlich - je bei Gericht bisher so detailliert vorgetragen. Tatsächlich gilt es auch dort etwas \"vom Kopf auf die Füße\" zu stellen.

bolli:
@Black

--- Zitat ---Original von Black
Die Rechtsprechung des BGH zum Preissockel aber besteht mittlerweile seit über 3 Jahren und ist mehrfach bestätigt worden. Eine Gesamtpreiskontrolle wie Sie von Ihnen gewünscht wird findet  vor deutschen Gerichten nicht statt.
--- Ende Zitat ---
Bekanntermaßen wird diese Meinung bisher \"lediglich\" vom VIII. BGH-Senat so vertreten, während der Kartellsenat dieses in einigen ähnlichen Entscheidungen, (die sich leider nicht mit Endkunden-Vertragsverhältnissen beschäftigten, aber eben auch mit Lieferungen aufgrund eines einseitigen gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts) anders sieht (z.B. im Urteil vom 04.03.2008 KZR 29/06).
Aber das wissen wir ja alle, nicht wahr? ;)


--- Zitat ---Original von Black
Insoweit ist es schon erstaunlich, wie hier in der Subkultur dieses Forums die Leser noch immer aus allen Wolken fallen, weil es so etwas wie einen Preissockel gibt und die müßige Diskussion darüber jedes mal erneut heruntergebetet werden muss.
--- Ende Zitat ---
Wir fallen nicht aus den Wolken in der Erkenntnis, dass es ihn gibt sondern sind erstaunt über die Unfähigkeit (oder Unwilligkeit), die damit verbundenen Problemstellungen zuerkennen.
Das den Versorgern und Ihnen als Vertreter von solchen eine derartige Beharrlichkeit nicht gefällt, zumal ein Fall dieser Preissockeltheorie die nächste Bastion, auf die man sich nun gerne zurückziehen würde, einstürzen lassen würde und die Versorger das nächste Problem hätten, ist mehr als verständlich.  ;)


--- Zitat ---Original von Black
Schon rein praktisch gesehen wäre die Gerichte nicht in der Lage eine vollständige verbindliche Preiskalkulation für einen Versorger zu erstellen.
--- Ende Zitat ---

Wie sollte § 315 Abs. 3 S. 2 BGB denn wohl vollzogen werden, wenn die Gerichte nicht in der Lage  wären, solche Kalkulationen vorzunehmen. Dieses sollte dem Fachgericht auch für den gesamten Preis gelingen, ggf. unter Zuhilfenahme von Sachverständigen. Nicht zuletzt deshalb hat man doch wohl auch die Zuständigkeitsregelung in § 102 EnWG getroffen, um den nötigen Sachverstand zur Verfügung zu haben.


@RR-E-ft

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Auf einen Sondervertrag findet m.E.  § 315 BGB dann und nur dann, wenn  dann aber von Anfang an unmittelbare Anwendung, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbetimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde. Ein feststehender Preis wurde dann gerade nicht vereinbart (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Bei der Ausübung eines derart vertraglich vereinbarten Leistungsbestimmungsrechts wären auch  §§ 1, 2 EnWG zu beachten.

--- Ende Zitat ---
Da hab ich aber mal eine Frage zu:

Wenn ich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht in einem Sondervertrag vertraglich fest vereinbare, ist dieses ja nicht gesetzlicher Art und muss es doch wohl auch nicht sein (kann es natürlich ggf., aber dann trifft natürlich Ihre Aussage zu).

Warum sollte sich dann aber die Ausübung dieses Leistungsbestimmungsrechts an den §§ 1, 2 EnWG orientieren MÜSSEN? Diese §§ geben doch lediglich den Rahmen des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts vor. Individuell kann ich doch was anderes vereinbaren, oder? Ich hab natürlich derzeit auch keine anderen Kriterien zur Preisbildung, frage mich nur, warum sich die SV-Regelung am gesetzlichen Recht messen lassen muss?

Black:

--- Zitat ---Original von bolli
@Black

--- Zitat ---Original von Black
Die Rechtsprechung des BGH zum Preissockel aber besteht mittlerweile seit über 3 Jahren und ist mehrfach bestätigt worden. Eine Gesamtpreiskontrolle wie Sie von Ihnen gewünscht wird findet  vor deutschen Gerichten nicht statt.
--- Ende Zitat ---
Bekanntermaßen wird diese Meinung bisher \"lediglich\" vom VIII. BGH-Senat so vertreten, während der Kartellsenat dieses in einigen ähnlichen Entscheidungen, (die sich leider nicht mit Endkunden-Vertragsverhältnissen beschäftigten, aber eben auch mit Lieferungen aufgrund eines einseitigen gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts) anders sieht (z.B. im Urteil vom 04.03.2008 KZR 29/06).
Aber das wissen wir ja alle, nicht wahr? ;)

--- Ende Zitat ---

Na dann stehen Sie ja kurz vor dem Durchbruch mit ihrer Rechtsauffassung

RR-E-ft:
@bolli

§§ 1, 2 EnWG gelten für alle Energieversorgungsunternehmen, nicht nur für Grundversorger.

Energieversorgungsunternehmen  haben diese Grundsätze zu beachten, soweit ihnen gesetzlich oder vertraglich das Preisbestimmungsrecht eingeräumt wurde, also gleichviel ob sich das Leistungsbestimmungsrecht aus Gesetz oder Vertrag ergibt.

Black:

--- Zitat ---Original von bolli
Wie sollte § 315 Abs. 3 S. 2 BGB denn wohl vollzogen werden, wenn die Gerichte nicht in der Lage  wären, solche Kalkulationen vorzunehmen. Dieses sollte dem Fachgericht auch für den gesamten Preis gelingen, ggf. unter Zuhilfenahme von Sachverständigen. Nicht zuletzt deshalb hat man doch wohl auch die Zuständigkeitsregelung in § 102 EnWG getroffen, um den nötigen Sachverstand zur Verfügung zu haben.

--- Ende Zitat ---

Die Gerichte müssten dann aber verbindlich festlegen, welche Gewinnmarge für ein EVU noch als billig anzusehen ist und welche nicht. 5 %, 7 %, 10 % ....?

Vermutlich würden verschiedene Gerichte dies verschieden beurteilen. So dürfte vielleicht ein Versorger in einem Versorgungsgebiet 9 % Gewinnmarge erwirtschaften und der Nachbarversorger im Zuständigkeitsbereich eines anderen Gerichtes nur 6 %.

Hinzu kommt dass Versorger A, weil er vielleicht sehr effektiv wirtschaftet, mit 8 % Gewinnmarge im Gesamtpreis günstiger ist als Versorger B, der zwar nur 6 % Marge erwirtschaftet, aber ansonsten zu teuer wirtschaftet. Trotzdem könnte der billigere Preis dann für unbillig erklärt werden, weil ein Gericht mal 6 % als billig erklärt hat.

Vielleicht müßte dann irgendwann nach Jahren der BGH eine bundesweit einheitliche  Entscheidung zur zulässigen Marge treffen. Das hätte aber den Effekt, dass ein großer Versorger mit einer eher geringen Marge wegen seiner Marktmacht und vielen Kunden noch immer sehr gut darsteht, während ein kleines Stadtwerk mit der gleichen Marge vielleicht nicht mehr rentabel wäre.

Das wären dann quasi die Wiedereinführung von genehmigten Tarife durch die Hintertür. Der Gesetzgeber hat aber die Pflicht zur Genehmigung von Tarifen gerade abschaffen wollen und nicht auf die Gerichte übertragen.

Warum dann überhaupt noch Wettbewerb? Warum dann nicht gleich einen einzigen Versorger, der gerichtlich oder staatlich genehmigt zum maximal preiswerten Angebot alle Kunden beliefern muss? Das wäre doch dann noch preiswerter.

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