Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Konkludenter Vertragsabschluss von Sonderverträgen, Einbeziehung der AVBGasV

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RR-E-ft:
@Lothar Gutsche

Die Rechtsprechung des Senats überzeugt mich in mehreren Punkten dogmatisch nicht.

Auch Büdenbender hat in seinem Aufsatz \"Die Bedeutung der Preismissbrauchskontrolle nach § 315 BGB in der Energiewirtschaft\", NJW 2007, 2945 ff. bereits aufgezeigt, dass die Preisneuvereinbaruungsfiktion dogmatisch zweifelhaft ist, weil die Willenserklärung, mit welcher ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt wird, kein auf Annahme gerichtetes Angebot ist und nicht in ein solches umgedeutet werden kann. Im Ergebnis hat Büdenbender gleichwohl dieser Rechtsprechung zugestimmt.

Der Senat hat bisher nicht erklärt, wie die Preisneuvereinbarung durch Angebot und Annahme gem. § 145 ff. BGB im Einzelnen zustande kommen soll. Er hat bisher insbesondere nicht gesagt, worin dabei eine Angebotserklärung und worin eine Annahmeerklärung gesehen werden soll. Dieser bedarf es aber für eine vertragliche Einigung. Insoweit wohnt der Rechtsprechung bisher wohl ein Mysterium inne.

Zudem meine ich, dass sich die Frage, ob der Allgemeine Tarif der Billigkeit entspricht oder nicht, nur tarifgruppenbezogen für alle betroffenen Kunden gleichermaßen beurteilen lassen muss, unahängig davon, wann der einzelne Kunde seinen Vertrag absgeschlossen hat und ob er dem Tarif widersprochen oder Zahlungen unter Vorbehalt geleistet hat. Dies schließe ich aus der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Tarife an de Maßstab der Billigkeit. Schließlich besteht ja auch eine Verpflichtung zur Absenkug des Tarifs bei rückläufigen Kosten. Der betreffende Tarif kann nur gegenüber allen beroffenen Kunden gleichzeitig und im gleichen Umfang erhöht werden, wie er auch gegenüber allen betroffenen Kunden gleichzeitig und im selben Umfang nach selben Maßstäben abgesenkt werden muss (VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Für die Beurteilung der Frage, ob der Tarif gegenüber allen betroffenen Kunden wegen des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts zugleich und im gleichen Umfang erhöht werden darf bzw. abgesenkt werden muss, kann und darf der Versorger gar nicht darauf abstellen, wann der Vertrag mit dem einzelnen Kunden geschlossen wurde und ob der einzelne beroffene Kunde Rechnungen bisher ohne Widerspruch und vorbehaltlos geleistet hatte.

Dann kann und darf ein Gericht, welches diese Ausübung dieses gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts durch den Versorger auf seine Billigkeit hin kontrollieren soll, aber auch nicht darauf abstellen. Alles andere führt wohl zwangsläufig zu willkürlichen Ergebnissen der Billigkeitskontrolle in diesem Bereich. In der Entscheidng VIII ZR 36/06 sagt der Senat schließlich selbst, dass der Beurteilungsmaßstab kein individueller sein kann bzw. soll.  

Stellt man bei der Billigkeitskontrolle darauf ab, ob der Kunde individuell widersprsochen oder Zahlungen nur unter Vorbalt geleistet hatte, ist der Maßstab freilich doch ein individueller, obschon es auf einen solchen doch gar nicht ankommen können soll.

Insoweit überzeugt m. E. die Rechtsprechung im Bereich der Tarifkunden schon nicht.

Noch weniger dogmatisch zu überzeugen vermag es mich, diese Rechtsprechung auf Sondervertragskunden zu übertragen, erst recht nicht mit der gegebenen Begründung. \"Dogmatisch....\".

Hat man es bei der Rechtsprechung zu Tarifkunden bereits mit einem gewissen Mysterium zu tun, so muss dieses Mysterium bei der Übertragung auf Sondervertragskunden wohl noch größer sein. Dass man Mysterien zu einem Dogma erhebt oder diese gar Teil eines Dogmas sind, kennt man bisher wohl nur aus den Religionswissenschaften, deren Betrachtungsgegenstand Glaubenssätze sind. Bisher war man wohl der Meinung, dass die Rechtswissenschaft jedenfalls in unseren Breiten an der Aufklärung teilgenommen hat. Deshalb sollte man die Rechtsprechung m. E. nicht nur glauben können, sondern im Einzelnen anhand der Gesetzeslage verstehen und nachvollziehen können.

Mich überzeugt auch die gegebene Begründung dafür nicht, dass bstimmte Kauseln in den AGB eines Sondervertrages mit § 307 BGB vereinbar wären, da bereits § 310 Abs. 2 BGB eine Ausnahme in Bezug auf § 307 BGB gar nicht zulässt, aber auch, weil viele Klauseln weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig eine Regelung zur Äbänderung eines bei Vertragsabschluss fest vereinbarten Sonderpreises (BGH VIII ZR320/07 Rn. 46) treffen.

Diese Kritik ist auch nach wie vor zulässig.

Und selbstversändlich steht es unabhängigen Richtern in den Instanzen frei, den nach ihrer Überzeugung besseren Argumenten zu folgen.
Richter, die auf der Karriereleiter zügig und schnell weiterkommen wollen, sind erfahrungsgemäß geneigt, der Rechtsprechung des BGH unkritisch zu folgen. Das ist wie überall im Leben.

Willkür kann man deshalb aber niemanden vorwerfen. Der Willkürvorwurf greift auch dann nicht, wenn die Rechtsprechung des Senats in sich in mehreren Punkten widersprüchlich erscheint.

Schließlich ist zu sehen, dass weite Teile der Instanzrechtsprechung die Rechtsprechung des Senats für überzeugend halten und ihr folgen, der Senat sich hierdurch in der Richtigkeit seiner bisherigen Rechtsprechung bestärkt sehen kann.

bolli:
Na, hier scheint mir aber, dass sich die Katze in den berühmten eigenen Schwanz beisst, wenn dem so sein sollte:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Schließlich ist zu sehen, dass weite Teile der Instanzrechtsprechung die Rechtsprechung des Senats für überzeugend halten und ihr folgen, der Senat sich hierdurch in der Richtigkeit seiner bisherigen Rechtsprechung bestärkt sehen kann.
--- Ende Zitat ---

weil


--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Und selbstversändlich steht es unabhängigen Richtern in den Instanzen frei, den nach ihrer Überzeugung den besseren Argumenten zu folgen.
Richter, die auf der Karriereleiter zügig und schnell weiterkommen wollen, sind erfahrungsgemäß geneigt, der Rechtsprechung des BGH unkritisch zu folgen. Das ist wie überall im Leben.
--- Ende Zitat ---

Da sind doch alle (Richter) zufrieden. Der VIII. Senat (insbesondere Herr Ball) fühlt sich bestätigt und die instanzlichen Richter haben eine höchsterrichterliche Entscheidung, auf die sie ihre Rechtssprechung (angeblich) stützen können und kommen trotzdem weiter.  Nur die Verbraucher bleiben auf der Strecke. X(

Lothar Gutsche:
@ uwes


--- Zitat ---Original von uwes
Jetzt kommt wieder diese Leier.....
Welches Recht soll denn \"gebeugt\" worden sein? Oder war es vielmehr die Rechtsmeinung des persönlich Betroffenen, die sich subjektiv gebeugt sieht??

--- Ende Zitat ---
Ja, diese \"Leier\" kommt wieder. Offenbar haben Sie die Strategie und den Aufbau der BGH-Urteile VIII ZR 36/06 vom 13.6.2007 und VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008 zu Gaspreisen in Heilbronn und Dinslaken nicht ganz nachvollzogen. Beide Entscheidungen des VIII. Zivilsenats bauen ganz entscheidend auf einem \"obiter dictum\" des Stromentgelt-Urteils VIII ZR 144/06 vom 28.3.2007 auf. Dessen 1. Leitsatz

\"§ 315 BGB findet auf den anfänglich vereinbarten Strompreis auch dann keine unmittelbare Anwendung, wenn der Vertrag keine betragsmäßige Festlegung des geltenden Tarifs enthält, sondern sich die Preise für die Stromlieferungen aus den jeweiligen allgemeinen Tarifen für die Versorgung mit Elektrizität in Niederspannung ergeben (Abgrenzung zu BGHZ 164, 336 ff.).\"

bildete die Grundlage für die Preissockeltheorie. Dieses \"obiter dictum\" baut auf einer Sachverhaltsquetsche auf.  In dem Urteil VIII ZR 144/06 vom 28.3.2007 ist es noch nicht zu einer Rechtsbeugung gekommen, weil das Urteilsergebnis für die Prozessbeteiligten stimmt und nachvollziehbar ist.

Rechtsbeugungen, die den § 315 BGB entgegen dem Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes entwerteten, sind nach meiner laienhaften Ansicht erst in den beiden BGH-Urteilen VIII ZR 36/06 vom 13.6.2007 und VIII ZR 138/07 vom 19.11.2008  aufgetreten. Eine wesentliche Rolle spielte das zitierte \"obiter dictum\" vom 28.3.2007. Ganz ähnlich verhält es sich hier beim Urteil VIII ZR 246/08 vom 14.7.2010. Denn wieder wird in einem \"obiter dictum\" etwas als 1. Leitsatz geäußert, das in einer der folgenden Entscheidungen zu Sonderverträgen eine wichtige Rolle spielen wird:

\"Eine Preisanpassungsklausel, die das im Tarifkundenverhältnis bzw. für die Grundversorgung bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV bzw. § 5 Abs. 2 GasGVV unverändert in einen formularmäßigen Gassondervertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Sonderkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB dar (Bestätigung der Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, WM 2009, 1717, und VIII ZR 56/08, WM 2009, 1711).\"

Ich hoffe, dass nicht einer Ihrer Mandanten Opfer dieses \"obiter dictums\" aus dem strittigen Urteil vom 14.7.2010 wird.


Ihr Verständnis von Urteilsbegründungen kann ich nicht teilen. Wenn eine Urteilsbegründung nicht mehr nachvollziehbar ist, dann erfüllt sie ihre Funktion nicht mehr, nämlich das Urteil zu begründen. Die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit von Urteilen halte ich für wesentlich, damit die Dritte Gewalt sich überhaupt legimiert und \"im Namen des Volkes\" etwas entscheiden darf. Ohne Nachvollziehbarkeit der Urteile verliert die Justiz das Vertrauen der Bevölkerung. Für einen Juristen mag das vielleicht nicht verständlich sein, aber für einen Bürger schon.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

tangocharly:
Ob eine Sachverhaltsquetschung vorliegt oder nicht, kann letztlich nur beurteilt werden, wenn man die genaueren Einzelheiten der Entscheidungen BGHZ 164, 336 und der des VIII. Senats vom 28.03.2007 kennt.

Am 28.03.2007 greift der VIII. Senat auf die Entscheidung BGHZ 163, 282 zurück (\"Stadtwerke Mainz\"), wo nach Auffassung des VIII. Senats der Sachverhalt völlig anders gelegen habe. Nach der Anlage 3 der Verbändevereinbarung (VV) sei ja erst ein Preis zu ermitteln gewesen, weshalb dieser nicht festgestanden habe. Dem gegenüber ergebe sich der im Fall vom 28.03.2007 maßgebliche Preis aus den veröffentlichen Tarifen, auf die man sich konkludent verständigt habe, d.h. dieser wäre dann vereinbart (... und Schluß mit § 315 BGB).

Ganz anders liest sich der Sachverhalt aber, wenn man den Beschluß des Bundeskartellamts vom 17.04.2003, Az.: B11 – 40 100 – T – 38/01 liest. Dort heißt es auf Seite -28- :


--- Zitat ---Netzbetreiber verfügen aufgrund der individuelle Wählbarkeit der \"Gleichzeitigkeitsfunktion\" (vgl. VV Strom II Plus, a.a.O., Anlage 4) über eine weit reichende Gestaltungsmöglichkeit im Hinblick auf die bis zu 30, aus den Netzkosten abzuleitenden Entgeltkomponenten (im Falle Stadtwerke Mainz gibt es - ohne Messentgelte - insgesamt 14 Entgeltkomponenten, vgl. Tabelle 3).
--- Ende Zitat ---

Und wenn man sich die Tabelle -3- auf Seite -5- des Beschlusses ansieht:


--- Zitat ---Tab. 3: NNE* für SW Mainz (seit 1.9.2002) < 2600 h/a = 2600 h/a Messpreis Leistung Arbeit Leistung Arbeit (€ / Jahr) (€ / kW u. Jahr) (ct / kWh) (€ / kW u. Jahr) (ct / kWh) HS/MS (Usp)** MS 1.336,52 11,23 2,02 41,59 0,81 MS/NS (Usp) 1.140,69 29,25 2,02 59,61 0,81 NS mit LM 1.140,69 8,70 3,69 71,77 1,17 Messpreis Grundpreis Arbeit (€ / Jahr) (€ / Jahr) (ct / kWh) NS ohne LM 31,19 15,00 5,86*** * exkl. Umsatzsteuer, Konzessionsabgabe und KWK-Zulage2 ** NNE der Umspannebene Hoch- zu Mittelspannung werden von den Stadtwerke Mainz im Namen vom KMW, welche die Umspannebene betreiben, erhoben *** inkl. Risikozuschlag für Anwendung synthetischer Lastprofile i.H.v. 0,24 ct / kWh
--- Ende Zitat ---

dann fühlt man sich doch schnell auf die Präsentationen versetzt, welche die EVU\'s als sogenannte \"Bestpreisabrechnung\" dem Haushaltskunden präsentieren.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Fall der Stadtwerke Mainz erst dann hergegangen wird, das dort streitgegenständliche Netznutzungsentgelt (NNE) zu errechnen und kalkulieren, wenn irgend ein Netznutzer an diese herantritt, um Einlass zu begehren. Im Gegenteil, die beteiligten Konkurrenzunternehmen wußten seinerzeit allzu genau, was auf sie zukam.

Ob also der BGH am 28.03.2007 den Sachverhalt gequetscht hat oder ob nicht, kann jedenfalls nicht mit dem Hinweis auf die Verbändevereinbarung dargestellt werden. Allenfalls liegt eine (fehlerhafte) Beurteilung dessen vor, was der Grundversorger beim Vertragsschluß vornimmt und der Haushaltskunde angeblich (konkludent) akzeptiert.

Aber bei dieser verfehlten Rechtsdogmatik des VIII. Senats sind wir ja schon an anderer Stelle angelangt (und für eine Rechtsbeugung langt\'s halt insoweit auch nicht; denn beim vereinbarten Preis kommt man halt nicht zu § 315 BGB).

RR-E-ft:
BGH VIII ZR 144/06 betraf einen Stromliefervertrag der E.ON edis \"local power\", der günstiger war, als der Allgemeine Tarif.

Deshalb war es ein Sondervertrag und bei diesem Sondervertrag fand auf den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis § 315 BGB (zutreffend) keine Anwendung.

Der BGH lehnte dort eine konkludente Neuvereinbarung durch Schweigen des Kunden auf ein Schreiben des Versorgers mit dem geänderte Preise mitgeteilt wurden, und den Weiterbezug von Strom dort zutreffend ausdrücklich ab (Rn. 20).

In diesem Sondervertrag fehlte es bereits an einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Stromversorgers, wie so oft bei Sonderverträgen.
Es stand insbesondere nicht fest, dass § 4 AVBEltV auf dieses Vertragsverhältnis überhaupt Anwendung fand.

Obiter dicta traf der Senat dort die Feststellung, der bei Vertragsabschluss geltende Strompreis sei auch dann nicht über § 315 BGB gerichtlich kontrollierbar, wenn es bei diesem um einen Allgemeinen Tarif handeln sollte. Ob sich dann, wenn es sich um einen Tarifkundenvertrag handeln sollte, die einseitige Änderung des Stromtarifs aufgrund des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 4 AVBEltV der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliege, hat der Senat dort ausdrücklich offen gelassen (Rn. 18].

Und abgrenzen wollte sich der Senat dabei wohl nicht von der Stadtwerke Mainz- Entscheidung des Kartellsenats, denn vielmehr von der Entscheidung  des Kartellsenats vom 18.10.2005 KZR 36/04 (dort Rn. 9 ff.). Denn dort hatte der Kartellsenat unter Berufung auf ein Rechtsgutachten von Prof.Schwintowski zutreffend ausgeführt, dass bei Preisen in Form Allgemeiner Tarife der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt sei als die einseitig festgesetzten Folgepreise, die willkürliche Aufspaltung in einen vereinbarten Anfangspreis und einseitig bestimmte Folgepreise zu wilkürlichen Ergebnissen bei der gerichtlichen Billigkeitskontrolle führen. Eine (hinsichtlich des obiter dicta) aus meiner Sicht notwendige Abgrenzung dazu scheute der Senat jedoch wohl.  Es kam jedoch aus o. g. Gründen entscheidungserheblich nicht darauf an.

Irgendwie schien es auch eine Reaktion auf die Veröffentlichung der \"Energiedepesche Sonderheft Nr. 1\" im April 2006 gewesen zu sein, die eben auch jenen Streit thematisierte.

Die Dogmatik des Senats ist mit der Lebenswirklichkeit schwer in Übereinklang zu bringen.


--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Zudem meine ich, dass sich die Frage, ob der Allgemeine Tarif der Billigkeit entspricht oder nicht, nur tarifgruppenbezogen für alle betroffenen Kunden gleichermaßen beurteilen lassen muss, unahängig davon, wann der einzelne Kunde seinen Vertrag absgeschlossen hat und ob er dem Tarif widersprochen oder Zahlungen unter Vorbehalt geleistet hat. Dies schließe ich aus der gesetzlichen Bindung der Allgemeinen Tarife an de Maßstab der Billigkeit. Schließlich besteht ja auch eine Verpflichtung zur Absenkug des Tarifs bei rückläufigen Kosten. Der betreffende Tarif kann nur gegenüber allen beroffenen Kunden gleichzeitig und im gleichen Umfang erhöht werden, wie er auch gegenüber allen betroffenen Kunden gleichzeitig und im selben Umfang nach selben Maßstäben abgesenkt werden muss (VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Für die Beurteilung der Frage, ob der Tarif gegenüber allen betroffenen Kunden wegen des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts zugleich und im gleichen Umfang erhöht werden darf bzw. abgesenkt werden muss, kann und darf der Versorger gar nicht darauf abstellen, wann der Vertrag mit dem einzelnen Kunden geschlossen wurde und ob der einzelne beroffene Kunde Rechnungen bisher ohne Widerspruch und vorbehaltlos geleistet hatte.

Dann kann und darf ein Gericht, welches diese Ausübung dieses gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts durch den Versorger auf seine Billigkeit hin kontrollieren soll, aber auch nicht darauf abstellen. Alles andere führt wohl zwangsläufig zu willkürlichen Ergebnissen der Billigkeitskontrolle in diesem Bereich. In der Entscheidng VIII ZR 36/06 sagt der Senat schließlich selbst, dass der Beurteilungsmaßstab kein individueller sein kann bzw. soll.  

Stellt man bei der Billigkeitskontrolle darauf ab, ob der Kunde individuell widersprsochen oder Zahlungen nur unter Vorbalt geleistet hatte, ist der Maßstab freilich doch ein individueller, obschon es auf einen solchen doch gar nicht ankommen können soll.

--- Ende Zitat ---

Mit der Entscheidung VIII ZR 144/06 kam es m. E. zum Kardinalfehler, Tarifkundenverträge und Sonderverträge einheitlich bzw. gemeinsam zu diskutieren, obschon grundsätzliche Unterschiede bestehen insbesondere in Bezug auf das gesetzliche Leistungsbestimmungsrecht und letztlich auch hinsichtlich einer Preisvereinbarung bei Vertragsabschluss.

In der Entscheidung vom 13.06.07 VIII ZR 36/06 nahm der Senat dann auf das obiter dicta der Entscheidung vom 28.03.07 VIII ZR 144/06 Bezug, ließ dabei aber auch einer - in dieser Sache wohl entscheidungserhebliche Abgrenzung zur Entscheidung des Kartellsenats vom 18.10.05 KZR 36/04 vermissen.

Nachfolgend berief sich der Senat in weiteren  Entscheidungen (VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07, VIII ZR 327/07, VIII ZR 6/08] nur immer wieder darauf, dass bei Tarifkunden ein nicht der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegender vereinbarter Anfangspreis bestehe, den er um konkludent vereinbarte Folgepreise ergänzte. Eine m. E. notwendige Abgrenzung zu der Rechtsprechung des Kartellsenats vom 18.10.05 KZR 36/04 erfolgte dabei ersichtlich nie.

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