Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Tarifkunde oder Sondervertragskunde?
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von Black
Wenn nach Ansicht des BGH der Versorger einseitig dazu übergehen kann, aus einem Tarifkunden einen Sonderkunden zu machen, dann geht das auch in die andere Richtung.
--- Ende Zitat ---
Es entspricht elementarem Vertragsrecht, dass sich der Versorger aus der vertraglichen Bindung eines bestehenden Sondervertrages (insbesondere, wenn dieser keine wirksame Preisänderungsklausel enthält) durch ordentliche Kündigung befreien kann und ggf. befreien muss (vgl. etwa BGH Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07).
Keinesfalls ist der Versorger berechtigt, die vertragliche Pflichtenlage des Kunden einseitig neu zu bestimmen, wenn ein Sondervertrag besteht, insbesondere den Kunden ohne Kündigung des bisherigen Sondervertrages einseitig der Geltung der gesetzlichen Bestimmungen der StromGVV/ GasGVV zu unterwerfen. Es ist auch nicht ersichtlich, wie ein Tarifkundenvertrag bzw. Grundversorgungsvertrag überhaupt zustande kommen sollte, so lange bereits ein ungekündigter Sondervertrag besteht (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 20, st. Rspr.).
Der BGH betont dabei zutreffend, dass ein bereits bestehender, ungekündigter Sondervertrag dem Abschluss eines (neuen) Tarifkundenvertrages jedenfalls entgegensteht (Sperrwirkung).
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 20
Konnte die Änderungskündigung der Klägerin vom 15. April 2002 aber - was revisionsrechtlich zu unterstellen ist - mangels eines bestehenden Kündigungsrechts zum 18. oder 30. April 2002 keine Wirkung entfalten, durfte die Klägerin die weitere Abnahme von Strom durch den Beklagten auch nach dem 1. Mai 2002 nicht dahin verstehen, dass er ihr Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages zum Allgemeinen Tarif \"local classic\" ab dem 1. Mai 2002 annehme. Zwar nimmt nach ständiger Rechtsprechung (RGZ 111, 310, 312; BGHZ 115, 311, 314; Senatsurteil vom 30. April 2003, aaO, unter II 1 a m.w.N.) derjenige, der aus einem Verteilungsnetz eines Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt, hierdurch das Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Versorgungsvertrages konkludent an. Das gilt aber nicht, wenn zwischen den Parteien bereits ein ungekündigtes Vertragsverhältnis besteht, auf dessen Grundlage die betreffenden Versorgungsleistungen erbracht werden. Dem Schweigen des Beklagten auf das Schreiben vom 15. April 2002 sowie seiner weiteren Abnahme des Stroms kam unter diesen Umständen keine Erklärungsbedeutung zu.
--- Ende Zitat ---
Dies gilt freilich erst recht, wenn es schon keinerlei Kündigung des Versorgers gab, um den bestehenden Sondervertrag zu beenden.
Man muss sich das wohl als eine Art osmotische Wand vorstellen.
Der Versorger kann einseitig dazu übergehen, den Kunden fortan aufgrund eines für den Kunden günstigen Sondervertrages zu beliefern (BGH, Urt. v. 09.02.11 Az. VIII ZR 295/09 Rn. 22 ff.).
Er kann jedoch nicht einseitig dazu übergehen, einen ungekündigten Sondervertragskunden fortan als (grundversorgten) Tarifkunden zu beliefern (BGH, Urt. v. 28.03.07 Az. VIII ZR 144/06 Rn. 20).
Darum nicht.
Fred heißt jetzt Ute, wir wünschen ihr alles Gute.
Hierfür wurde der legale Weg absolviert.
Nach der Rechtslage kann Ute jedoch hiernach nicht auf legalem Weg wieder zu Fred (gemacht) werden.
Und so ist halt auch ein Versorger nicht berechtigt, seine Vertragspartner nach seinem Belieben mit Etiketten zu bekleben.
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
--- Zitat ---Original von Black
Wenn nach Ansicht des BGH der Versorger einseitig dazu übergehen kann, aus einem Tarifkunden einen Sonderkunden zu machen, dann geht das auch in die andere Richtung.
--- Ende Zitat ---
Es entspricht elementarem Vertragsrecht, dass sich der Versorger aus der vertraglichen Bindung eines bestehenden Sondervertrages (insbesondere, wenn dieser keine wirksame Preisänderungsklausel enthält) durch ordentliche Kündigung befreien kann und ggf. befreien muss (vgl. etwa BGH Urt. v. 28.10.09 Az. VIII ZR 320/07).
Keinesfalls ist der Versorger berechtigt, die vertragliche Pflichtenlage des Kunden einseitig neu zu bestimmen, wenn ein Sondervertrag besteht, insbesondere den Kunden ohne Kündigung des bisherigen Sondervertrages einseitig der Geltung der gesetzlichen Bestimmungen der StromGVV/ GasGVV zu unterwerfen.
--- Ende Zitat ---
Aha. Aber umgekehrt ist der Grundversorger berechtigt, die vertragliche Pflichtenlage des Kunden einseitig neu zu bestimmen, wenn ein Grundversorgungsvertrag besteht, obwohl dieser vom Grundversorger gar nicht gekündigt werden kann?
Dann ist das wohl der 2-Stufenplan um Kunden aus der Grundversorgung zu kündigen. Im 1. Schritt den noch unkündbaren Kunden einseitig zu Sonderbedingungen versorgen und dann den damit geschaffenen Sondervertrag kündigen.
RR-E-ft:
Geht der Versorger aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers dazu über, den Kunden außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu beliefern, so soll aus der Sicht des Kunden ein Sondervertrag bestehen.
Einen solchen Sondervertrag kann der Versorger ordnungsgemäß kündigen.
Kündigt der Versorger einen solchen Sondervertrag ordnungsgemäß,
handelt es sich bei dem Versorger zudem um den Grundversorger iSv. § 36 Abs. 2 EnWG,
handelt es sich ferner bei dem Kunden um einen Haushaltskunden und
entnimmt schließlich dieser Kunde
nach Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung
ohne anderweitig einen Vertrag abzuschließen bzw. abgeschlossen zu haben,
weiter Energie aus dem Netz,
so kann hierdurch ein neuer Grundversorgungsvertrag zustande kommen.
Aus der Grundversorgung herausgekündigt wird der betroffene Haushaltskunde dadurch folglich nicht.
Er kann durchaus (wieder) zum grundversorgten Kunden werden, jedoch erst nach wirksamer Beendigung des Sondervertrages.
Es besteht ein gesetzlicher Anspruch der Haushaltskunden auf Grundversorgung.
Führt der Versorger einen bisherigen Sonderpreis als Grundversorgungstarif fort und kündigt er zudem die bestehenden Sonderverträge, so können zu diesem Tarif sodann neue Grundversorgungsverträge zustande kommen, die der Versorger sodann wegen § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV regelmäßig nicht mehr ordentlich kündigen kann.
Unterlässt der Versorger indes die ordentliche Kündigung der Sonderverträge, so bleiben diese ungekündigten Kunden weiter Sondervertragskunden.
tangocharly:
Immer schön die Kirche im Dorf lassen. Tz. 24 der Entscheidung vom 09.02.2011 lautet:
--- Zitat ---Ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV besteht aber auch dann nicht, wenn das Versorgungsunternehmen - wie hier - dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen.
--- Ende Zitat ---
Da ist nix mit Einseitigkeit ....
RR-E-ft:
Die Fälle liegen oft so, dass der Versorger ungefragt freiwillig und einseitg dazu übergeht, einen Kunden, der bisher als Tarifkunde beliefert wurde, außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu beliefern. Zuweilen wurden die Kunden auch schon bei Beginn der Lieferung vom Versorger automatisch nach einer Bestpreisabrechnung in einen Sondertarif eingestuft (vgl. BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 26).
Dadurch soll dann nach der Rechtsprechung des BGH kein Tarifkundenvertrag mehr, sondern vielmehr ein Sondervertrag bestehen, der seinerseits ordnungsgemäß zu kündigen ist.
So lange ein solcher Sondervertrag ungekündigt besteht, soll kein neuer Tarifkundenvertrag zustande kommen können.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln