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Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH

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RR-E-ft:
Wenn man sich in einem Prozess auf Unbilligkeit beruft, muss man im Prozess mit der Möglichkeit einer Billigkeitskontrolle rechnen, gerade deshalb und dafür hatte man sich ja auf Unbilligkeit berufen.

Und wenn man die Behauptungen des Versorgers über Tatsachen, welche die Billigkeit belegen sollen, so erfolgreich  bestreitet, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass hierüber ein von einer Partei angebotenes gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, gibt es einen Beweisbeschluss zur Einholung eines solchen.

Und dann wird ein Kostenvorschuss für die Einholung fällig, weil der Sachverständige nun einmal nur gegen angemessenen Vorschuss tätig wird. Die Stundensätze der Sachverständigen belaufen sich dabei auf ca. 100 EUR.

Wird der vom Gericht angeforderte Kostenvorschuss vom Beweisführer nicht fristgerecht geleistet, unterbleibt die Einholung des Gutachtens, die Kosten fallen ncht an,  und der Beweisführer bleibt beweisfällig.

Der Vorschuss entsteht deshalb, weil die Staatskasse für die Parteien auch hinsichtlich von Sachverständigenkosten nicht in Vorleistung tritt. Schließlich ist der Zivilprozess eine Privatangelegenheit der Parteien.

Alle Verfahrenskosten haben deshalb von Anfang an die Parteien des Prozesses vorzuschießen, also auch der Kläger die Gerichtskosten, die Beweisführer die Kostenvorschüsse für Zeugen und Sachverständige.

Klar ist, dass am Ende des Prozesses die unterlegene Partei die Verfahrenskosten insgesamt zu tragen hat.

Wer also zutreffend davon überzeugt ist, dass das angebotene gerichtliche Sachverständigengutachten die bestrittenen Tatsachen erbringt bzw. nicht erbringt, für den stellt selbst ein von ihm zu zahlender Kostenvorschuss nur eine vorübergehende finanzielle Belastung dar, weil es im Obsiegensfalle, von dem man hinreichend überzeugt sein sollte, die Kosten vom Gegner wieder erstattet gibt.

Wer hingegen nicht davon überzeugt ist, der sollte tunlichst sein Bestreiten bzw. seine weitere Prozesstaktik (s.o) darauf einstellen.

So nüchtern sollte man es von Anfang an betrachten, um im Falle eines solchen Beweisbeschlusses nicht darauf angewiesen zu sein, dass jemand tröstend über den Kopf streichelt:


Wenn das Gericht in einem solchen Prozess die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens anordnet, dann immer nur deshalb, weil der Verbraucher zuvor mit seiner eigenen Prozesstaktik erfolgreich darauf hingearbeitet hatte.

RR-E-ft:
Soll ein angebotenes gerichtliches Sachverständigengutachten erbringen, dass der Versorger einen Bezugskostenanstieg zu verzeichnen hatte, der unter Berücksichtigung aller preisbildender Kostenbestandteile des konkreten Vertragspreises nich kompensiert werden konnte (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39), kann man ein solches dadurch erübrigen, wenn man zuvor erfolgreich nachweisen kann, dass der behauptete Bezugskostenanstieg jedenfalls nicht  zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf der Vorlieferantenebene erforderlich und angemessen war (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43, BGH VIII ZR 178/08 Rn. 31).

PLUS:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Klar ist, dass am Ende des Prozesses die unterlegene Partei die Verfahrenskosten insgesamt zu tragen hat.

--- Ende Zitat ---
Mein Rechtsempfinden ist da erheblich gestört und ich sehe da einen Regelungsbedarf was den § 315 BGB angeht.  

Der Verbraucher kann nicht wissen ob die einseitig bestimmte Leistung nach billigem Ermessen erfolgt ist. Er kennt die Fakten nicht und sie werden ihm in aller Regel verweigert. Er kann so auch nicht wissen, ob die getroffene Bestimmung billig ist. Solange der hinreichende Nachweis fehlt, auf den der Verbraucher einen Anspruch hat, ist das für ihn eine offene Frage.

Den Nachweis der Billigkeit ist Sache des Versorgers, warum sollte der Verbraucher dafür zahlen. Der Gesetzgeber hat geregelt, dass wenn die Bestimmung nicht der Billigkeit entspricht, sie durch Urteil getroffen wird. Stellt das Gericht fest, dass die Billigkeit ohne Gutachten nicht nachgewiesen ist und ohne Gutachten kein Urteil gefällt werden kann, warum sollten dann die Kosten zu Lasten des Verbrauchers gehen, selbst wenn das Gutachten dann die Billigkeit bestätigt und das Verfahren zu Gunsten des Versorgers ausgeht. Den Mangel, der in der nicht hinreichend nachgewiesenen Billigkeit besteht, hat der Versorger zu vertreten und dieser ist so oder so erst nach Vorlage des Gutachtens beseitigt.

RR-E-ft:
Für Billigkeitsprozesse gibt es bei den ZPO- Vorschriften über die Kostentragung keine Sonderregelungen.
Ungerecht muss das nicht sein.

Dass der Unterlegene die Verfahrenskosten zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus § 91 ZPO. Eine Ausnahme bildet § 93 ZPO.

Auch bei einseitiger Leistungsbestimmung aufgrund gesetzlicher Preisbestimmungspflicht, ist die Bestimmung nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Daraus ergibt sich auch, dass sie von Anfang an verbindlich war, wenn sie der Billigkeit entspricht.

Den Versorger trifft als denjenigen, der die Leistungsbestimmung getroffen hat, die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit. Da es dabei um die Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Preises geht (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39), der Kunde diese nicht kennen kann, kann er sich regelmäßig auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränken (BGH VIII ZR 6/08 Rn. 20).

Klagt der Versorger auf Zahlung, hatte der Kunde vorprozessual die Unbilligkeitseinrede erhoben und einen Billigkeitsnachweis gefordert, erfolgen entsprechende Darlegungen jedoch erstmals im Prozess, hat der verklagte Kunde die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO. Infolge auch  eines solchen Anerkenntnisses muss der beklagte Kunde dann die anerkannte  Forderung zahlen (Anerkenntnisurteil).
Bei einem sofortigen Anerkenntnis trägt jedoch gem. § 93 ZPO  der Kläger die Verfahrenskosten.

Umstritten ist, bis wann im Billigkeitsprozess ein sofortiges Anerkenntnis erfolgen kann bzw. muss.
Nach erfolgter Beweisaufnahme wird es dafür zu spät sein.

M.E. muss der Versorger nachvollziehbar die zwischenzeitliche Entwicklung der aller preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Vertragspreises dargelegt haben (VIII ZR 138/07 Rn. 39), zudem die voranngigen Tatsachen dazu, dass es einen Bezugskostenanstieg gab und dieser zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf der Vorlieferantenebene erforderlich und agemessen war (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43, VIII ZR 178/08 Rn. 31) und seine Beweisangebote dazu aufzeigen.

Auch für die Zulässigkeit eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ist - bei Meidung der Unzulässigkeit als Ausforschungsbeweis- notwendig, dass die beweisbelastete Partei die Anknüpfungstatsachen hinreichend vorträgt.


Hat der Versorger dies trotz vorprozessualer Aufforderung erstmals im Prozess getan, kann der Kunde entweder \"sofort\" anerkennen oder aber diesen unter Beweis gestellten Vortrag des Versorgers bestreiten und es deshalb auf eine Beweisaufnahme ankommen lassen.
Das ist m. E. der entscheidende Punkt.

Kann der Versorger im Zahlungsprozess die Billigkeit nicht nachweisen, wird dessen Zahlungsklage abgewiesen (BGH VIII ZR 240/90).

Wenn der Versorger nicht nur die Billigkeit nicht nachweisen kann, sondern das Gericht sogar feststellt, dass die Leistungsbestimmung nicht der Billigkeit entspricht, kommt auf Antrag einer Partei eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht, wenn das Gericht über die entsprechenden Daten dafür  verfügt. Ist die Frage der Billigkeit offen geblieben oder stehen die Daten nicht zur Verfügung, kann eine Ersatzbestimmung nicht erfolgen und der darauf gerichtete Antrag ist abzuweisen (BGH VIII ZR 240/90).

Im Falle einer gerichtlichen Ersatzbestimmung entteht erst mit der Rechtskraft des Urteil eine fällige, gerichtlich durchsetzbare  Forderung des Versorgers (BGH X ZR 60/04 Unter II. 1). Bis dahin war die Klage unbegründet.  Deshalb muss m.E.  auch an dieser Stelle noch vor der Rechtskraft die Möglichkeit eines \"sofortigen\" Anerkenntnisses bestehen (strittig).

Klagt hingegen der Kunde, hat er als Kläger keine Möglichkeit zum sofortigen Anerkenntnis. Wer selbst klagt, geht das Kostenrisiko bewusst ein, kann jedoch bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung ohne Zustimmung des Beklagten die Klage zurücknehmen und hat dann die bis dahin angefallen Kosten zu tragen, § 269 Abs. 3 ZPO.

RR-E-ft:
@PLUS

Die Problemlösung besteht in dem sofortigen Anerkenntnis gem. § 93 ZPO.
Dieses muss vor der Beweisaufnahme erfolgen.

Ihre Auffassung kann nicht geteilt werden.

Sonst müsste der Versorger wohl jeden einzelnen Kunden, der sich auf Unbilligkeit beruft, jedenfalls verklagen. Im Prozess müsste jedenfalls ein teures gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden. Und der Versorger hätte jedenfalls die Kosten zu tragen, insbesondere auch dann, wenn seine einseitige Leistungsbestimmung von Anfang an der Billigkeit entsprach.

Das wäre offensichtlich nicht gerecht.

Es würde auch die Forderung nach Preisen, die dem Kunden eine möglichst preisgünstige Versorgung gewährleisten, konterkarieren.

Ein vom Versorger beauftragtes Privatgutachten bleibt immer das was es ist, eine Darlegung ohne eigenen Beweisert.

Die entscheidenden Fragen (s. o.) werden darin zumeist schon nicht tangiert, an der Nachvollziehbarkeit mangelt es, es besteht die Möglichkeit, dass es sich um Fließbandbescheinigungen handelt.

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