Energiepreis-Protest > EWE

Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH

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Black:
Warum sollte er da klagen müssen?

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von Black
Warum sollte er da klagen müssen?
--- Ende Zitat ---

@Black


Vielleicht sollte er klagen müssen, weil er nach der gesetzlichen Regelung nachträglich seine gem. § 315 Abs. 1 BGB geschuldete Preisbestimmung nach der gem. § 315 Abs. 2 BGB unwiderruflichen Ausübung nicht mehr selbst ersetzten kann und darf, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, es ohne Ersatzbestimmung bei § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB verbleibt, die Verantwortlichen sich jedoch strafbar machen können, wenn sie es dabei belassen und weiter (erkanntermaßen) unbillige Tarife zur Abrechnung stellen, BGH StR 5 394/08.


--- Zitat ---§ 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. [Dann ist sie unwiderruflich getroffen und steht zur Kontrolle gem. Absatz 3]

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die [unwiderruflich bereits ] getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. [siehe schwanger/ nicht schwanger]

Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
--- Ende Zitat ---

Den Klagegrund hat er dabei wohl unzweifelhaft selbst  veranlasst.

Was machen wir bloß, wenn so eine Klagewelle kommt und all die armen Verbraucher, die nie widersprochen und immer brav gezahlt haben, einem Tsunami ähnlich total überrascht?!

Auch auf so einen Fall muss man ja ggf. irgendwie vorbereitet sein (Mt 25, 13).


========

Frage der Spielregeln.

jofri46:
@Black

Sie schreiben: \"Damit wäre aber der § 315 BGB als Ermessensnorm verdrängt\".

Wäre das zwingend? Eine Rechtsverordnung im Sinne von § 39 Abs. 1 EnWG muss einen Ermessensspielraum und damit eine Billigkeitsprüfung gem. § 315 BGB nicht völlig ausschliessen.

Die bisherige Preispolitik der Versorger und ihre exorbitanten Gewinnsteigerungen liessen doch nur den Eindruck zu, dass die Preissteigerungen vornehmlich der Gewinnmaximierung dienten. Wenn es eine Rechtsverordnung nun ermöglicht, festzustellen, dass mit dem allgemeinen Preis (nur) die notwendigen Kosten gedeckt und ein angemessener Gewinn erzielt werden, was wäre daran zu bemäkeln, selbst wenn dadurch § 315 BGB mit all seinen Unwägbarkeiten und Risiken verdrängt würde?

RR-E-ft:
@jofri46

Ja, das wäre wohl zwingend, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 315 Abs. 1 BGB.

(Würde hingegen die Billigkeitskontrolle eröffnet bleiben, so würde sich ja auch insoweit gar nichts ändern, worauf Black ebenso zutreffend hinweist. Es würde sich dann die Sinn- Frage stellen.)



--- Zitat ---Original von RR-E-ft

Bei bestehender besonderer Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils gem. § 315 Abs. 1 BGB schuldet dieser die Bestimmung des vertragsgemäßen Äquivalenzverhältnisses, des vertragsgemäßen Preises (BGH VIII ZR 240/90).
Dann und nur dann.

Wem es - im Gegensatz zu mir - um die Absicherung und Erhaltung eines für den Versorger bisher besonders vorteilhaften Preisniveaus geht (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25), der hat sich freilich vollkommen andere Gedanken zu machen, nämlich um eine Preisänderungsklausel, die genau dieses - für den Versorger bisher besonders vorteilhafte -  Äquivalenzverhältnis wahrt.

Dass jedoch ein solches Äquivalenzverhältnis gegen die gesetzlichen Bestimmungen des EnWG verstößt und deshalb gar nicht gewahrt werden darf, wird als bekannt vorausgesetzt.
--- Ende Zitat ---

RR-E-ft:
Ich habe es schon einmal zu erklären versucht, stimme darin wohl mit Black überein (vgl. nur Zenke/Wollschläger, § 315 BGB Streit um Versorgerpreise, 1. Aufl. 2007, S. 36).



--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Es kommt für die Frage ganz entscheidend auf das Verständnis von § 315 BGB an.

Deshalb den Gesetzestext vorangestellt, den man schnell im Blick haben sollte:


--- Zitat ---Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
--- Ende Zitat ---

Was sich daraus ganz zügig folgern lässt:

Wird bei Abschluss eines Sondervertrages (anstelle eines feststehenden Preises) vertraglich vereinbart, dass den Versorger nach Vertragsabschluss eine Preisbestimmungspflicht treffen soll, kann § 315 BGB unmittelbar anwendbar sein undzwar dann aber bereits auf den Anfangspreis (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Kein Blindzitat:



--- Zitat ---BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrags die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57). An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn sich der bei Abschluss des Gaslieferungsvertrags ... eindeutig bestimmt und als solcher mit dem Abschluss des Vertrags zwischen den Parteien vereinbart [wurde]
--- Ende Zitat ---


Bei der so vertraglich vereinbarten Preisbestimmungspflicht des Versorgers handelt es sich nicht um eine Preisnebenabrede in Form einer Preisänderungsklausel, die der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegt, sondern um die vertragliche Preishauptabrede.

Eine vertragliche Preishauptabrede unterliegt nicht der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB.

Nun Aber:

Wird jedoch nicht nur eine den Versorger nach Vertragsabschluss treffende Preisbestimmungspflicht bei Vertragsabschluss vereinbart, sondern darüber hinaus auch besondere Kriterien dazu vereinbart, wie der Versorger  den Preis erst nach Vertragsabschluss bestimmen soll, so ist § 315 BGB unanwendbar.

§ 315 Abs. 1 BGB ist seinem Wortlaut nach nur dann anwendbar, wenn hinsichtlich der nach Vertragsabschluss auszuübenden Preisbestimmungspflicht nicht etwas Besonderes vertraglich vereinbart wurde.

Wurde hingegen dazu, wie die Preisbestimmungspflicht nach Vertragsabschluss vom Versorger ausgeübt werden soll, etwas Besonderes vertraglich vereinbart, ist § 315 Abs. 1 BGB unanwendbar,  weil dann nicht der \"Zweifel\" darüber besteht, wie die Preisbestimmung zu erfolgen hat bzw. erfolgen soll, der im Tatbestand des § 315 Abs. 1 BGB gefordert ist.

Wurde demnach lediglich vollkommen unspezifiziert eine nach Vertragsabschluss auszuübende Preisbestimmungspflicht des Versorgers bei Vertragsabschluss vereinbart, so kommt § 315 Abs. 1 BGB unmittelbar zur Anwendung.

Bei der Billigkeitskontrolle des vom Versorger einseitig bestimmten Energiepreises muss dann wieder die gesetzliche Verpflichtung des Versorgers aus §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 BGB Berücksichtigung finden (BGH VIII ZR 240/90 unter III.).

Für gesetzliche Preisbestimmungspflichten gilt das gleiche wie für eine vertraglich vereinbarte Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils.

Der Zweifel ist das alles Entscheidende für § 315 BGB und alle seine Verfechter!
--- Ende Zitat ---

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