Energiepreis-Protest > EWE
Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH
RR-E-ft:
@Black
Kann es nicht doch Fälle geben, wo der Versorger den Kunden verklagen muss, auch wenn dieser nie die Unbilligkeitseinrede erhoben und nie Zahlungen gekürzt hat?
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Ich bin mir nicht sicher, ob ein Versorger, der feststellt, dass etwa durch kriminelle Machenschaften seiner bonusgefixten Organe die Tarife bisher gesetzwidrig unbillig bestimmt waren, seine betroffenen Kunden nicht doch in einen Rechtsstreit zwingen muss, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.
Dass Boni das Hirn vernebeln können, haben wir gelernt.
Imagine:
Was soll den etwa die um Gesetzestreue bemühte E.ON AG machen, wenn man nun etwa feststellen würde, dass die Verantwortlichen der E.ON Vertrieb Deutschland GmbH bisher unter Verletzung von § 2 Abs. 1 EnWG die Allgemeinen Preise der regionalen E.ON Vertriebsgesellschaften unbillig bestimmt hatten. Schließlich handelt es sich bei den einseitigen Preisbestimmungen gem. § 315 Abs. 2 BGB um unwiderrufliche Willenserklärungen.
Müsste man dann nicht alle betroffenen Kunden mit dem Antrag auf gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB verklagen, wobei man schon in der Klageschrift zur Ansprüchsbegründung darzulegen hat, dass die bisherigen Preisbestimmungen wegen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 EnWG unbillig und unwirksam sind.
Auch solche Klagen gehören m.E. gem. §§ 108, 102 EnWG vor die Landgerichte.
--- Ende Zitat ---
Jagni:
@RR-E-ft
Meine Beiträge können für Sie möglicherweise schon deswegen nicht mehr nachvollziehbar sein, weil Sie über meinen Eingangsgedanken regelmäßig in einem großen Schritt hinwegsteigen und ohne darauf einzugehen, mir die Vorzüge der Billigkeitseinrede erklären.
Mir geht es dagegen um den Verbraucherschutz, der in der Grundversorgung nach meinem Verständnis nicht ausgeprägt ist, weil die Risiken zwischen Verbraucher und Versorger ungleich verteilt sind und die Transparenz hinsichtlich der Preisänderungsregelung nicht gegeben ist.
So lange die Pflichten der Versorger einen derartigen Argumentationsaufwand verursachen, um sie erkennbar zu machen und noch nicht einmal der Bedeutungsinhalt des Allgemeinen Preises umschrieben ist, wird das Ungleichgewicht zwischen Versorgern und Verbrauchern nicht beseitigt sein.
Dem Verbraucher kann der Rechtsweg, der sich einem über Jahre hinziehenden Drangsal anschließt, zur Existenzgefährdung gereichen.
Es mag ja sein, dass erfahrene Jurist die Billigkeitseinrede als ausreichend ansehen und in der Grundversorgung das best erkennen, was den Kleinkunden widerfahren kann. Auch der VIII. Zivilsenat sieht das so und verschafft aus dem Leitbild heraus auch den Sonderabnehmern diese Vorzüge.
Selbst wenn die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats einmal korrigiert sein sollte und den Sonderabnehmern wieder der Verbraucherschutz aus
§ 307 BGB heraus zufallen wird, bleibt noch immer die Frage, ob die Grundversorgung weiterhin mit einer intransparenten Preisänderungsregelung auszukommen hat.
Es wäre zu wünschen, dass der EuGH auch hierzu eine Aussage trifft und der Gesetzgeber gezwungen ist, den Verbraucherschutz durch eine transparente Preisänderungsregelung auch für die grundversorgten Kunden herzustellen.
So wie diese Preisänderungsregelung zur Zeit aussieht, wird sie nicht geeignet sein, im Versorgerlager Preisdisziplin herzustellen. Und die \"besondere Preisbestimmungspflicht\" wird daran auch nichts ändern, denn die filigrane Verschlungenheit ihrer Paragraphen nötigt zwar gehörigen Respekt ab, lässt aber die Wirksamkeit vermissen.
Finanziell gut ausgestattete Verbrauch werden ihren Erfolg mit ihren professionellen Vertretern sehr wohl herauskitzeln. Für das Millionenheer der Verbraucherhaushalte bedarf es aber einfacherer Regelungen, mit hohem Wirkungsgrad.
Gruß
Jagni
RR-E-ft:
@Jagni
Wir reden möglicherweise deshalb aneinander vorbei, weil ich von einer - der gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegenden - gesetzlichen und vertraglich implemantierten besonderen Preisbestimmungspflicht des Grundversorgers ausgehe und nicht etwa von einem Preisänderungsrecht in Form einer Preisänderungsklausel.
Ein Preisänderungsrecht in Form einer Preisänderungsklausel zur Wahrung eines bestehenden Äquivalenzverhältnisses ist etwas vollkommen anderes als eine gesetzliche/ vertragliche besondere Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils gem. § 315 Abs. 1 BGB.
Bei bestehender besonderer Preisbestimmungspflicht eines Vertragsteils gem. § 315 Abs. 1 BGB schuldet dieser die Bestimmung des vertragsgemäßen Äquivalenzverhältnisses, des vertragsgemäßen Preises (BGH VIII ZR 240/90).
Dann und nur dann.
Wem es - im Gegensatz zu mir - um die Absicherung und Erhaltung eines für den Versorger bisher besonders vorteilhaften Preisniveaus geht (BGH VIII ZR 138/07 Rn. 25), der hat sich freilich vollkommen andere Gedanken zu machen, nämlich um eine Preisänderungsklausel, die genau dieses - für den Versorger bisher besonders vorteilhafte - Äquivalenzverhältnis wahrt.
Dass jedoch ein solches Äquivalenzverhältnis gegen die gesetzlichen Bestimmungen des EnWG verstößt und deshalb gar nicht gewahrt werden darf, wird als bekannt vorausgesetzt.
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
@Black
Kann es nicht doch Fälle geben, wo der Versorger den Kunden verklagen muss, auch wenn dieser nie die Unbilligkeitseinrede erhoben und nie zahlungen gekürzt hat?
--- Ende Zitat ---
Sie meinen den Fall, wenn der Versorger selbst nachträglich die Unbilligkeit seiner bereits getätigten Preisanpassung erkennt und diese revidieren möchte?
RR-E-ft:
@Black
Ich meine den Fall, wo der Versorger seine gesetzliche und vertraglich implementierte besondere Preisbestimmungspflicht nunmehr erkennt und nachträglich erkennt, dass seine bisher getroffene Preisbestimmung diese seine Verpflichtung auch mit Rücksicht auf § 2 Abs. 1 EnWG nicht erfüllt, die getroffene Preisbestimmung deshalb nachträglich ersetzt werden muss, wozu gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB auf entsprechenden Antrag nur ein ordentliches Gericht berufen ist.
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