Energiepreis-Protest > EWE
Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH
Jagni:
@RR-E-ft
Fakt ist, dass die Grundversorger ihre gesetzliche Pflicht nicht erfüllen. Erkannt ist, warum sie ihre gesetzliche Pflicht nicht erfüllen. Und wenn der Schutz nur funktioniert, wenn die Versorger ihrer Pflichtigkeit entsprechen, dann muss doch verständlich werden, dass wir über diesen Wege der Hoffnung keinen Verbraucherschutz herbeihoffen können.
Altes russisches Sprichwort: Auf der Wiese der Hoffnung grasen viele Narren. Sollen wir Verbraucher uns dort einreihen?
Wenn Kleinkunden nur deswegen überhöhte Preis aufgedrückt bekommen, weil der Versorger es unterlässt, auf der Einkaufsseite den Wettbewerb auszuschöpfen, dann nimmt dieser Kleinkunde sehr wohl am Großhandelsmarkt insoweit teil, als er die Suppe auslöffelt.
Es reicht nicht aus, dass wir jetzt nur noch die Pflichten der Versorger penetrieren. Es ist längst erkannt, dass die Versorger um diese Pflichten Bogen schlagen.
--- Zitat ---RR-E-ft
Den grundversorgten Kunden ist es nach den gesetzlichen Regelungen möglich, ihre entsprechenden Ansprüche auf möglichst preisgünstige Versorgung gerichtlich durchzusetzen.
--- Ende Zitat ---
Warum müssen wir uns über solche Selbstverständlichkeiten austauschen? Das ist doch kein Verbraucherschutz! Das ist risikoreiche Schwerstarbeit für 40 Mio Haushalte! Sollen die alle durch den Billigkeitsmechanismus marschieren, um die Versorger zu disziplinieren?
Dass bei der Rechtsprechung Korrekturen erforderlich werden ist die eine Betrachtung. Ihrer Aktivität in dieser Sache gebührt höchster Respekt, und ich wünsche Ihrer Initiative allen Erfolg.
Es verstellt mir aber nicht den Blick auf den Mangel im Gesetz. Und hier verspüre ich Ihren Widerstand, dessen Ursache nicht erkennbar wird.
Gruß
Jagni
RR-E-ft:
Es ist doch auch sonst so, dass der Gesetzgeber sich darauf beschränkt, Ansprüche zu definieren, so wie auch den Anspruch der grundversorgten Kunden auf eine Versorgung, die ihnen eine möglichst sichere, preisgünstige, effiziente Versorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gewährleisten muss. Nicht anders den Anspruch auf Sozialleistungen nach SGB II....
Ob der so gesetzlich Anspruchsberechtigte seine Ansprüche dann auch geltend macht und ggf. gerichtlich verfolgt, bleibt ihm jedoch immer selbt überlassen. Staatliche \"Zwangsbeglückung\" ist nicht vorgesehen. Auch der Geschädigte eines Verkehrsunfalls muss selbst entscheiden, ob er daraus erwachsende Ansprüche überhaupt geltend macht und ggf. gerichtlich gégen seine Schuldner verfolgt.
Aufgabe des Staates ist es gem. Art. 19 IV GG, effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen, also die gerichtliche Durchsetzbarkeit von bestehenden zivilrechtlichen Ansprüchen zu ermöglichen. Und da setzt die Kritik an der bisherigen Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats an.
Jagni:
Für den Verbraucher kommt es nicht darauf an, was sonst so ist. Sondern es kommt ihm nur darauf an, was in seinem Vertragsverhältnis sachlich geboten oder zwingend erforderlich ist.
Hinsichtlich der Durchsetzung seines Rechts ist zu beachten, dass er nicht einem leistungsgewährenden Staat als Anspruchsgegner gegenübersteht, sondern dass er es im Energiebereich mit einem marktmächtigen Versorger zu tun hat, der allein schon aus einem natürlichen Egoismus heraus seine Marktmacht ausspielt und sein Interesse verfolgt. In diesem Vertragsverhältnissen bestehen somit typische Interessensgegensätze.
Die Pflichten aus dem EnWG sind für den Versorger nur Hemmnisse bei der Verfolgung seines Ziels - der Gewinnmaximierung. Diesem Interesse ist der Verbraucher ausgeliefert, wenn nicht durch wirksamen Verbraucherschutz von Anfang an eine Gleichwertigkeit zwischen den Vertragspartner hergestellt wird. Erst dann kann man überhaupt von Vertragsgerechtigkeit sprechen.
In der Rechtswirklichkeit der Grundversorgung existiert diese Gleichberechtigung der Parteien nicht. Es stehen sich wirtschaftlich ungleiche Partner gegenüber, und der wirtschaftlich stärkere wird durch eine intransparente Preisänderungsregelung bevorteilt. Der Verbraucher ist dem Preisgebaren des Versorgers ausgeliefert. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Gesetz nur mit vernebelten Pflichten aufwartet.
Der durchschnittliche Verbraucher kann überhaupt nicht erkennen, wann und in welchem Umfang der Versorger seine Pflichtigkeit verletzt. Dennoch wird er auf den Rechtsweg verwiesen. Das soll sein einziger Schutz sein.
Nur weil diese Vertragsungerechtigkeit in der Grundversorgung existiert, konnte der Gedanke aufkommen, sie auch auf den Versorgungsbereich der Sonderabnehmer auszudehnen. Das Übel trifft jetzt 40 Mio Haushalte in Deutschland. Das Thema hat daher auch eine politische Dimension.
Den Verbraucher schon aus seiner schwachen, unterlegenen Position heraus auf den Rechtsweg zu verweisen, ist wegen der unverhältnismäßigen Risiken makaber.
Und mit staatlicher „Zwangsbeglückung“ der Verbraucher hat es rein gar nichts zu tun, wenn die Versorger auch in der Grundversorgung zum Schutz der Verbraucher Transparenzanforderungen unterworfen werden, die zu einer Vertragsgerechtigkeit hinführen. Auf den Vergleich mit einem Verkehrsunfall fällt es mir sehr schwer, überhaupt noch eine Antwort zu finden.
Es war ein langer Weg, den Schutz der Schwächeren in unserem Recht zu etablieren, wie beispielsweise im Mietrecht oder im Arbeitsrecht. Etwa seit 1970 wird auch die Notwendigkeit eines Schutzes der Verbraucher herausgearbeitet. Im krassen Gegensatz dazu ist er im Energierecht, den Mangel in der Grundversorgung überhaupt nicht sehend, im Jahr 2009 endgültig verlorengegangen.
Gruß
Jagni
RR-E-ft:
In jedem Vertragsverhältnis bestehen Interessengegensätze. Das macht ein Vertragsverhältnis bei Lichte betrachtet gerade aus, ohne dass es dafür auf eine marktbeherrschende Stellung ankommt. Und die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis ist nun mal immer eine Privatangelegenheit. So ist es zB. auch eine Privatangelegenheit des Versorgers, ob er nach Zahlungskürzungen des Kunden diesen deshalb verklagt oder nicht.
Jeder, der vom Gesetzgeber einen Anspruch eingeräumt bekommen hat, entscheidet autonom darüber, ob er ihn beim Schuldner geltend macht und ggf. gerichtlich verfolgt.
RR-E-ft:
Der Sondervertragskunde hat keinen Anspruch auf wirksame Einbeziehung einer Preisänderungsklausel, erst recht nicht auf Einbeziehung einer wirksamen Preisänderungsklausel. Geschützt wird er durch §§ 305 ff. BGB auch in Umsetztung der EU- Richtlinie gegen missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.
Gesetzliche Regelungen wie die Bestimmungen der StromGVV/ GasGVV unterliegen in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich keiner Inhaltskontrolle nach AGB- rechtlichen Bestimmungen.
Der grundversorgte Kunde hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine jeweils der Billigkeit entsprechende Preisbestimmung des Grundversorgers, auch in Umsetzung der entsprechenden EU- Richtlinien.
Soweit die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH hierzu im Widerspruch steht und deshalb auch effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 IV GG verwehrt, bedarf diese Rechtsprechung einer Korrektur.
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