Energiepreis-Protest > EWE
Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH
RR-E-ft:
@tangocharly
Bin für Telefonate, EMails und PN von engagierten Kollegen immer gern empfänglich.
Jagni:
Es ist nicht erkennbar, dass § 5 GVV keine Preisbestimmungsregelung enthalten soll. Sie ist lediglich völlig intransparent.
Die Rechtsvorschrift enthält den Allgemeinen Preis und sagt, dass die Preise ... „jeweils“ zum Monatsbeginn.....wirksam werden.
Der Allgemeine Preis beinhaltet die gesamte Preisbildungssystematik der Grundversorgung. Der Bedeutungsinhalt des Rechtsbegriffs ist allerdings, soweit ersichtlich, noch nirgends festgeschrieben und muss daher mühsam herbeiargumentiert werden. Wenn es aber einmal geschehen ist, kann unschwer daraus entnommen werden, dass der Allgemeine Preis u.a. verpflichtet, ihn nach oben und nach unten zu bewegen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
Dem Wort „jeweils“ liegt folgender in der Rechtsprechung, aber auch vom Verordnungsgeber der GVV in vollendeter Argumentationskunst geschraubte Gedankengang zugrunde, dass damit die Preise gleitend und somit ohne Kündigung geändert werden können.
Wie kann es danach gelingen, im § 5 GVV keine Preisbestimmungsregelung mehr zu sehen?
Gruß
Jagni
jofri46:
Ist vom Gesetzgeber wirklich alles gesagt, was zu sagen ist? Ich denke da an § 39 Abs 1 EnWG, wonach auf dem Verordnungswege Regelungen über die Gestaltung, den Inhalt und Aufbau der allgemeinen Preise erlassen werden können. Gibt es eine solche Regelung?
RR-E-ft:
§ 315 BGB betrifft die gerichtliche Kontrolle der Erfüllung einer Leistungsbestimmungspflicht durch einen Vertragsteil, den eine solche Verpflichtung trifft. Dies kann auch eine Preisbestimmungspflicht betreffen.
§ 5 GVV betrifft keine Preisbestimmungspflicht, allenfalls die besondere Form deren Ausübung (§ 315 Abs. 2 BGB).
Gegenprobe:
Wenn der Versorger keine Preisänderung gem. § 5 GVV vollführt, dann viel Erfolg bei einer Klage auf Preisabänderung mit § 5 GVV als Anspruchsgrundlage! Auch § 4 AVBV schafft dafür keinerlei Anspruchsgrundlage!
Eine solche Preisbestimmungspflicht findet sich jedoch in § 36 Abs. 1 EnWG, so wie schon in § 10 Abs. 1 EnWG 1998 und § 6 Abs. 1 EnWiG 1935.
EU- Richtlinien verpflichten auch die Bundesrepublik Deutschland, Kleinkunden bei der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas besonders zu schützen, ihnen eine Belieferung zu angemessenen, transparenten Preisen und Bedingungen zu gewährleisten.
Zum Schutz der Kleinkunden wurde in Umsetzung der entsprechenden EU- Richtlinien mit § 36 Abs. 1 EnWG eine Grundversorgungspflicht eingeführt.
Gemäß § 36 Abs. 1 EnWG sind sog. Grundversorger gesetzlich verpflichtet, Allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck festzulegen, sodann öffentlich bekannt zu geben und auch im Internet zu veröffentlichen und ausnahmslos jeden Haushaltskunden im Rahmen ihrer gesetzlichen Versorgungspflicht zu diesen Preisen zu versorgen. Es handelt sich um eine gesetzliche Preisbestimmungspflicht des entsprechenden Energieversorgungsunternehmens. Bei der Festlegung der Allgemeinen Preise sind die Grundversorger nicht frei, sondern haben die gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG zu beachten, so dass die Allgemeinen Preise den Haushaltskunden tatsächlich eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität bzw. Gas ermöglichen müssen.Da Grundversorger im Bereich der Versorgungspflicht verpflichtet sind, ausnahmslos jeden Haushaltskunden zu den von ihnen unter Beachtung von §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG gebildeten Allgemeinen Preisen zu versorgen, sind abweichende Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden gesetzlich unzulässig. Erst recht ist es in gesetzlich unzulässig im Bereich der gesetzlichen Versorgungspflicht mit einzelnen Kunden Preise zu vereinbaren, die für den Versorger besonders vorteilhaft sind. Denn die gesetzlichen Regelungen verpflichten ihn zu einer möglichst preisgünstigen Versorgung.
Bei Abschluss eines Grundversorgungsvertrages werden bei Lichte betrachtet auch keine Preise zwischen den Parteien vereinbart. Nach dem Willen des Gesetzgebers gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/ GasGVV handelt es sich auch bei den Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1 Satz 2 StromGVV/ GasGVV um vertragsgegenständlichen Regelungen eines jeden Grundversorgungsvertrages. Demnach ist der Grundversorger nur dazu verpflichtet, Elektrizität bzw. Gas zu den [allein von ihm aufgrund gesetzlicher Verpflichtung einseitig festzusetztenden] jeweiligen Allgemeinen Preisen zur Verfügung zu stellen.
Die Preishauptabrede der Parteien besteht nach der gesetzlichen Regelung deshalb darin, dass die Energie für die Dauer des Vertragsverhältnisses dem Kunden nur zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen zur Verfügung gestellt wird, die unter Beachtung von §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG festzulegen der Versorger gesetzlich verpflichtet ist.
Der Versorger soll nach der gesetzlichen Regelung, welche zugleich die vertragliche Abrede ausmacht, auch nach Vertragsabschluss zur Festsetzung desjenigen jeweiligen Allgemeinen Preises verpflichtet sein, die dem betroffenen Kunden eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Versorgung gewährleistet.Der gesetzlich versorgungspflichtige Versorger schuldet den betreffenden Kunden nach dem Willen des Gesetzgebers gesetzlich und vertraglich implementiert eine jeweilige Preisbestimmung, die den betroffenen Kunden jeweils eine möglichst preisgünstige, effiziente leitungsgebundene Energieversorgung gewährleistet, weil nur solche Preisbestimmungen gesetzlich zulässig und zugleich vertragsgemäß sind. Nur hierdurch konnte der deutsche Gesetzgeber auch den entsprechenden EU- Richtlinien hinreichend Rechnung tragen.
RR-E-ft:
Ich habe versucht, die gesamte berechtigte Kritik an der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zu bündeln. Meine entsprechende Streitschrift im Umfange von zehn Seiten einschließlich umfangreichem Fußnotenapparat ist auch bei der Poststelle des BGH eingegangen und wird dem Senatsvorsitzenden und allen Senatsmitgliedern zugeleitet. Sie soll später auch veröffentlicht werden.
Wer demgegenüber Kritik am deutschen Gesetzgeber üben will, kann sich direkt an diesen wenden.
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