Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Preiserhöhung bei langfristigen Verträgen

<< < (2/3) > >>

RR-E-ft:
Verträge, die eine Mindestvertragslaufzeit mit automatischer Verlängerung um eine weitere befristete Zeit vorsehen, wenn nicht zuvor gekündigt wird, gelten als unbefristete Verträge bzw. werden diesen im Hinblick auf ein anrekanntes Interesse an der Verwendung von Preisänderungsklauseln gleichgestellt (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 22).

Zur wirksamen Eineziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (auch einer Preisänderungsklausel innerhalb solcher) ist es gem. § 305 II BGB notwendig, dass der Kunde vor Vertragsabschluss die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte und er bei Vertragsabschluss mit der Einbeziehung einverstanden war (vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.08 Az. 2 HK O 95/08].

Preisänderungsklauseln in Energielieferverträgen unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB. Die Klausel muss tatabestandlich und rechtsfolgenseitig die Änderung des zunächst fest vereinbarten Preises  klar regeln. Es muss eine klare Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten enthalten sein.

bolli:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Verträge, die eine Mindestvertragslaufzeit mit automatischer Verlängerung um eine weitere befristete Zeit vorsehen, wenn nicht zuvor gekündigt wird, gelten als unbefristete Verträge bzw. werden diesen gleichgestellt.

--- Ende Zitat ---
Das ist aber nicht der Fall für die Konstellation, wo der BGH sagt, dass einem Vertragspartner (in dem Fall der Versorger) zugemutet werden kann, im Fall einer fehlenden oder unwirksamen Preisanpassungsklausel eben keine Deutung des Vertrags in dieser Hinsicht vorzunehmen sondern diesen Vertrag regulär zu kündigen und sich somit der (für ihn) negativen Rechtsfolgen zu \"entledigen\", oder ?

RR-E-ft:
@bolli

Da wird wohl offensichtlich etwas verwechselt/ missverstanden.

Die juristische Prüfung erfolgt immer in mehreren Stufen, Schritt für Schritt.

Für die Verwendung von Preisänderungsklauseln bedarf es zunächst grundsätzlich einer inneren Rechtfertigung, eines berechtigten Interesses des Klauselverwenders an einer Preisänderungsklausel im Vertrag.
Mit diesen wird von der gesetzlichen Regelung abgewichen, wonach der vereinbarte Preise für beide Teile für die Dauer der Vertragslaufzeit / die gesamte Vertragsdurchführung bindend ist. Ein solches berechtigtes Interesse wird bei längerfristigen und unbefristeten Verträgen regelmäßig angenommen (BGH VIII ZR 304/08 Rn. 33, 34).

Ein solches berechtigtes Interesse kann jedoch auch bei unbefristeten/ längerfristigen Verträgen bezogen auf eine konkrete Art der Preisänderung fehlen (BGH, aaO., Rn. 36).

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine (im Grundsatz zulässige)  Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB im Übrigen standhält oder aber unwirksam ist (BGH, aaO. Rn. 43 ff.).

Hiervon wiederum zu unterscheiden ist die Frage, ob dem Versorger im Falle der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel ein Preisänderungsrecht im Wege ergänzender Vertragsauslegung zuzubilligen ist.

Für eine solche ergänzende Vertragsauslegung fehlt regelmäßig die Grundlage, wenn sich der Versorger in zeitlich überschaubarem Rahmen durch ordnungsgemäße Kündigung aus dem Vertragsverhältnis lösen kann (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 43 ff., VIII ZR 81/08 Rn. 26 ff.).

Letzteres hat mit der Frage, ob überhaupt ein berechtigtes Interesse an der Verwendung einer Preisänderungsklausel besteht, die ganz am Anfang zu prüfen ist, nichts zu tun. Wenn schon grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an der Verwendung einer Preisänderungsklausel besteht, besteht erst Recht keine Grundlage für die Einräumung eines Preisänderungsrechts im Wege ergänzender Vertragsauslegung.

bolli:
@RR-E-ft
Nun, theoretisch haben Sie ja mit Ihren Ausführungen Recht, aber wie wahrscheinlich ist es denn, dass bei einem unbefristeten Vertrag KEIN berechtigtes Interesse an einer Preisänderungsklausel besteht ? Sie zitieren ja selbst BGH VIII ZR 304/08 Rn. 33, 34, wonach ein solches Interesse REGELMÄ?IG angenommen wird. Also ist das andere eher der Ausnahmefall, der zwar generell zu prüfen ist aber eher selten vorkommt und hier schon gar nicht im einzelnen ohne Sachverhaltskenntnis des Einzelfalls erörtert werden kann.

Wenn aber dieses berechtigte Interesse eben in der Regel sehr wohl besteht, käme auch die ergänzende Vertragsauslegung wieder ins Spiel. Aber auch die wäre ja nur ein Nebenkriegsschauplatz, da sie ebenfalls in der Regel ja nicht zum Zuge kommt, da man die meisten Verträge (auch sich automatisch verlängernde) ja (meistens) kündigen kann.

jofri46:
M. W. hat der BGH schon einmal bei langfristigen Verträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel dennoch Preisänderungen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung für zulässig gehalten. Es ging dort um einen auf zehn Jahre fest abgeschlossenen Mietvertrag für eine Telefonanlage (NJW 1990, S. 115).

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln