Energiepreis-Protest > Stadtwerke Kreuznach
Stadtwerke kündigen die alten Verträge
Jagni:
Ist die Preisanpassungsklausel (PA) in den neuen Verträgen tatsächlich unwirksam?
In Bad Kreuznach scheint mir das noch immer nicht eindeutig klar zu sein. Die PM der BIFEP gibt dazu einfach nichts her. Das will und soll sie sicher auch nicht. Aber auch im gesamten Thread finde ich zu der Frage keine Antwort. Man muss rätseln und vermuten: Wenn, dann wird es wohl so sein.
Dabei will ich aber einfach nicht daran glauben, dass ein Versorger, nach den gerade mit unwirksamen PA gemachten Erfahrungen, bei seinem Neuanfang im gleichen Stil falliert. Eher hat er doch jetzt kapiert, wie es gemacht werden muss, nachdem „die Rettung ...... durch den BGH unter Zuhilfenahme des Gleichheitsgrundsatzes und der GasGVV“ inzwischen auch über ihn gekommen ist. So könnte man es aus dem Abs 3 der BIFEP-PM herauswerkeln. Also, hat der Versorger doch wohl eine PA wirksam installiert? Die Ziffer 5 der neuen AGB, in ihrer Gesamtheit betrachtet, dürfte sicher Erkenntnisse dazu bringen.
Gruß
Jagni
RR-E-ft:
Ziff. 5.2. der AGB schließt entgegen der gesetzlichen Regelung die Billigkeitskontrolle von Preisänderungen aus.
--- Zitat --- BGH, Urt. v. 15.07.2009 VIII ZR 56/08 Rn. 18 ff.
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht wei- ter zu Recht angenommen, dass § 5 Abs. 2 GasGVV, auf den die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel Bezug nimmt und der bestimmt, dass Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen jeweils zum Monatsbeginn und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, dem Grundversorger ebenso wie die Vorläuferregelung des § 4 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zuerkennt. In § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV war bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden.
Mit der Einfügung des Wortes \"jeweiligen\" sollte nach der Begründung des Verordnungsgebers (BR- Drs. 77/79, S. 34) ausdrücklich klargestellt werden, dass das Versorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, die allgemeinen Tarife durch öffentliche Bekanntgabe gleitend, das heißt ohne Kündigung, zu ändern. In der Begründung zu § 4 AVBGasV heißt es (aaO, S. 38]:
\"Nach Absatz 1 sind die GVU verpflichtet, die Kunden zu den ‚jeweiligen’ allgemeinen Tarifen und Bedingungen, wozu auch diejenigen Regelungen gehören, die sie in Ausfüllung der vorliegenden Verordnung vorsehen, zu versorgen. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß sich z.B. Tarifänderungen ohne entsprechende Kündigungen der laufenden Verträge nach öffentlicher Bekanntgabe (Absatz 2) vollziehen können. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich um Massenschuldverhältnisse mit langfristiger Vertragsbindung handelt. Die GVU müssen die Möglichkeit haben, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit in den Preisen an die Kunden weiterzugeben. Entsprechende Vertragskündigungen, verbunden mit dem Neuabschluss von Verträgen, würden hier vor allem zu praktischen Schwierigkeiten führen …\"
Daraus hat der Senat hergeleitet, dass § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV den Gasversorgungsunternehmen im Bereich der Versorgung von Tarifkunden ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gewährt (BGHZ 172, 315, Tz. 16 f.; 178, 362, Tz. 26). Die Vorschriften sind durch § 5 Abs. 2 GasGVV ersetzt worden, ohne dass sich dadurch in der Sache etwas ändern sollte (vgl. BR-Drs. 306/06, S. 25 f., 43). Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 GasGVV ist der Grundversorger auch weiterhin nur verpflichtet, dem Kunden zu den jeweiligen Allgemeinen Preisen und Bedingungen Gas zur Verfügung zu stellen. Entsprechend geht § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV davon aus, dass Allgemeine Preise für Gas auf einer einseitigen Leistungsbestimmung durch den Versorger beruhen können, die der Kunde nach § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen kann.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 15.07.09 VIII ZR 56/08 Rn. 36
Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln. Daraus folgt, dass den Haushaltssonderkunden im Zusammenhang mit einer entsprechend den Regelungen der Gasgrundversorgungsverordnung gestalteten Preisanpassungsregelung ein § 20 Abs. 1 Satz 1 GasGVV entsprechendes Kündigungsrecht eingeräumt werden muss, um eine sachliche Gleichbehandlung von Grundversorgungskunden und Haushaltssonderkunden in jeder Hinsicht zu gewährleisten. Das ist Voraussetzung dafür, dass eine derartige Preisanpassungsregelung in einem Haushaltssonderkundenvertrag einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB standhält.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---BGH, Urt. v. 13.01.2010 VIII ZR 81/08 Rn. 18
Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhö- hungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, Tz. 29).
--- Ende Zitat ---
Der Grundversorgungskunde hat die Möglichkeit, entweder eine gerichtliche Billigkeitskontrolle anzustrengen oder aber den Lieferanten zu wechseln. Eine solche Alternative soll dem Sondervertragskunden vorliegend gerade nicht eröffnet sein, wodurch er dem Grundversorgungskunden gegenüber ersichtlich benachteiligt wird.
Dem Kunden wird auch nicht generell das Kündigungsrecht gem. § 20 Abs. 1 GasGVV eingeräumt. Vielmehr ist dieses Kündigungsrecht, wonach der grundversorgte Kunde jeweils unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zum Monatsende den Vertrag ordentlich kündigen kann, durch die Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten und die automatische Verlängerung um jeweils weitere 12 Monate ausgeschlossen.
Von der Gewährleistung einer sachlichen Gleichbehandlung von Haushaltssonderkunden mit Grundversorgungskunden in jeder Hinsicht kann deshalb wohl vorliegend gerade keine Rede sein.
Jagni:
@ RR-E-ft
„Nie könnte ich erkennen, wenn ich nicht glaube“,
meinte Anselm von Canterbury im 11. Jahrhundert.
Nur, allein wenn ich geglaubt hätte, wäre mir die Erkenntnis, dass die PM der BIFEP es doch hergibt, nicht zugeflogen.
Deswegen: Danke für die Erkenntnishilfe.
Gruß
Jagni
Black:
--- Zitat ---Original von Cremer
Welch ein Service, den sich die Stadtwerke hier leisten!!
Nach dem Überreichen der Kündigungen werden auch Drohungen ausgesprochen:
\"Wenn sie nicht gleich die neuen Verträge abschließen, dann sind Sie ab dem 1.8.2010 in der teueren, hohen Grundversorgung.\"
--- Ende Zitat ---
Das ist keine Drohung, sondern schlichtweg die Wiedergabe der Sachlage. Wenn ein Sondervertrag gekündigt wird und der Kunde keinen neuen Sondervertrag abschließt, dann landet er in der Grundversorgung.
sternenmeer:
@RR-E-ft
Zitat:,,Der Kunde hat doch keinen Anspruch darauf,bis in alle Ewigkeit aufgrund eines Sonderabkommens beliefert zu werden,das keine wirk-
same Preisänderungsklausel enthält.\"--Einverstanden--
Zitat:,,Die ordnungsgemäße Kündigung eines solchen Sondervertrages,
wenn sie denn gegenüber allen betroffenen Kunden erfolgt,ist rechtlich
(und auch moralisch) nicht zu beanstanden.\"--Einverstanden--
Frage:Was kann ich denn unternehmen,wenn der Fernwärmeversorger (Monopolist ,Anschluss- u. Benutzungszwang) nur mir, dem einzigen
Protestler (erfolgreich vor AG/LG) den Fernwärmevertrag kündigt?
Kann ich gegen diese Kündigung eine Feststellungsklage(§ 19 Abs. 1 GWB
i.V.m. § 134 BGB) vor dem AG oder Kartellkammer-LG einreichen,mit der
Begründung,dass die Kündigung missbräuchlich ist?
Falle ich dann wieder in den alten mir gekündigten Vertrag zurück,obwohl
der noch immer die rechtswidrige Preisänderungsklausel beinhaltet?
Kommt das nicht der Forderung gleich,etwas erfolgreich Bekämpftes wie-
der aufleben zu lassen?Oder geht dies zu Lasten des Versorgers,weil er
bewusst noch immer keine gesetzeskonforme Preisänderungsklausel in
den Vertrag aufgenommen hat?
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