Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: LG Tübingen, Beweisbeschluss v. 16.04.10 Az. 21 O 67/07 Billigkeitskontrolle Gastarifpreis  (Gelesen 5724 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Geschäftsnummer: 21 0 67/07         

Verkündet am 16. April 2010
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle  

Landgericht Tübingen
21. Kammer für Handelssachen

Beschluss  

lm Rechtsstreit

F GmbH vertreten durch d. Geschäftsführer  

    - Klägerin -

gegen

  - Beklagter -  

wegen Forderung  

I.) Der Klägerin wird aufgegeben, ihren als Anlage K F bisher nur auszugsweise vorgelegten Liefervertrag mit der G. vom 6.9.2004 (es fehlen die Seiten 10 bis 14) vollständig zu den Akten zu geben. Hierzu wird Frist gesetzt bis 17.5.2010.

II.)  Es ist ein schriftliches Gutachten einzuholen zu folgenden Fragen:  

1.) Aus welchen Kostenbestandteilen (Art und anteilige Höhe) setzten sich der von  der Klägerin dem Beklagten bis 31.12.2004 für Heizgaslieferungen in Rechnung gestellte Arbeitspreis G3 in Höhe von 3,48 ctlkWh und der Grundpreis von 165,- € (\"Sockelpreis\") zusammen?  

2.)     

a) Welche dieser Kostenbestandteile haben sich im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 27.12.2006 erhöht und welche haben sich ermäßigt, ggf. aus welchem Grund, um wie viel und ab welchem Zeitpunkt?  

b) Sind die Gaspreiserhöhungen im Vorlieferantenverhältnis der Klägerin mit der G. ab 1.12005 (vgl. Rechnungen Anlage K D, BI. 281 ff. d.A.) entsprechend den Preisänderungsklauseln des bestehenden Liefervertrags vom 6.9.2004 (BI. 305 d.A.), siehe dort insbesondere § 8, zutreffend berechnet worden; andernfalls welche Bezugspreise wären zutreffend ?  

3.)     

a) Hat die Klägerin bei ihren Gaspreiserhöhungen zum 1.1.2005, 1.4.2005, 1.10.2005, 1.1.2006 und 1.4.2006 sowie den Gaspreisermäßigungen ab 1.7.2006 (von 5,15 ctlkWh auf 5,10 ct/kWh) einerseits Erhöhungen und andererseits Ermäßigungen dieser Kostenbestandteile zeitlich unmittelbar so an die Kunden (hier: den Beklagten) weitergegeben, dass dies nicht zu einer Erhöhung ihres sich aus der Kalkulation des \"Sockelpreises\" (Arbeits- und Grundpreis) ergebenden Gewinns geführt hat?  

aa) Insbesondere: Sind die zum 1.1.2006 erfolgten Ermäßigungen beim Netzentgelt in vollem Umfang bei den bis 27.12.2006 dem Beklagten in Rechnung gestellten Gasbezugspreisen \"weitergegeben\" worden?  

b) Soweit dies nicht der Fall ist, soll der Sachverständige dies erläutern und berechnen, weicher Arbeits-/Grundpreis im jeweiligen Zeitraum ohne Gewinnerhöhung hätte verlangt werden können.  

4.)     

a) Mit der Erstattung des Gutachtens wird als Sachverständiger beauftragt: Dipl.-Volksw.....  

b) Die Beauftragung des Sachverständigen wird davon abhängig gemacht, dass die Klägerin bis 17.5.2010 einen Kostenvorschuss von 10.000,-  € bezahlt.  

Vizepräsident des Landgerichts


========

Hier werden die richtigen Fragen aufgeworfen. Nur so lässt sich klären, ob der Gewinnanteil am konkreten Vertragspreis zwischenzeitlich unbillig erhöht wurde.

Eigentlich läge es an der Klägerin, entsprechenden substantiierten Sachvortrag zu den preisbildenden Kostenfaktoren und deren zwischenzeitlicher Entwicklung  zu halten, der im Falle des Bestreitens erst durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen zur Überprüfung stünde. Sonst forscht nämlich der Sachverständige erst den Sachverhalt aus, was grundsätzlich unzulässig ist.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Zitat
Original von RR-E-ft
[...]
2.)     
[...]
b) Sind die Gaspreiserhöhungen im Vorlieferantenverhältnis der Klägerin mit der G. ab 1.12005 (vgl. Rechnungen Anlage K D, BI. 281 ff. d.A.) entsprechend den Preisänderungsklauseln des bestehenden Liefervertrags vom 6.9.2004 (BI. 305 d.A.), siehe dort insbesondere § 8, zutreffend berechnet worden; andernfalls welche Bezugspreise wären zutreffend ?  

Wenn sich das Spiel um die Preisänderungsklauseln (s.o. Ziff. 2.a.) dreht, dann darf mit Spannung erwartet werden, wie das Gericht die Frage lösen will, wenn in der Beweisaufnahme sich heraus stellen sollte, dass die Klauseln richtig angewandt wurden. Denn jetzt haben wir ja die Entscheidungen des BGH (24.03.2010, Az.: VIII 304/08 u. 178/08 ), die sich mit den Klauseln auf Basis der HEL-Formeln befassten. Auch dann, wenn diese Entscheidungen zunächst nur das Sonderabnehmerverhältnis betreffen (und dort nur in wenigen Fällen relevant werden); in der Allg. Versorgung werden diese beiden Entscheidungen aber indirekt doch wiederum relevant.

Dazu müssen drei Entscheidungen in der Zusammenschau gesehen werden. Einmal die beiden genannten Entscheidungen vom 24.03.2010. Dann aber zusätzlich die Entscheidung vom 19.11.2008, Az.: VIII ZR 138/07.
Man muß sich hierzu die Tz. 43 noch einmal genauer anschauen:

Zitat
bb) Das schließt allerdings nicht aus, dass jedenfalls die Weitergabe solcher Kostensteigerungen im Verhältnis zum Abnehmer als unbillig anzusehen ist, die der Versorger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte. Das Recht zur Preiserhöhung nach § 4 AVBGasV kann, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, angesichts der sich aus § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 EnWG ergebenden Verpflichtung des Energieversorgungsunternehmens zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltver-träglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas nicht dazu dienen, dass es zu beliebigen Preisen einkauft, ohne günstigere Beschaffungsalternativen zu prüfen (Markert, RdE 2007, 263, 265; Säcker, ZNER 2007, 114, 115), und im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und -steigerungen akzeptiert, die über das hinausgehen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich ist (vgl. zu einer entsprechenden Einschränkung des Änderungsrechts von Banken bei Zinsänderungsklauseln in Kreditverträgen BGHZ 97, 212, 217 ff., 222; 158, 149, 155)

Derartige Klauseln sind nach der Auffassung des BGH dann, wenn sie zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis nicht erforderlich sind, kontraindiziert. Dass will heißen, dass hieraus das Unbilligkeitsurteil folgen kann.

Auch wenn der Versorger von dieser Rechtsprechung naturgemäß nichts mitbekommen haben kann, sodann bleibt ihm immer noch die Möglichkeit der Rückforderung überzahlter Beträge (was für Letztverbraucher gilt, gilt auch für Stadtwerke).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
BGH VIII ZR 304/08 u. VIII ZR 178/08 befassen sich mit der Zulässigkeit von HEL- Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gememessen an § 307 BGB.

Es spricht einiges dafür, dass es sich auch bei Klauseln in Vorlieferantenverträgen um AGB handelt, die demnach auch unwirksam sein können. Zwingend ist dies jedoch nicht.

Schließlich ergeben sich die Marktverhältnisse, Marktpreise auf dem vorgelagerten Markt gerade nicht aus vertraglichen Preisänderungsklauseln. Denn Marktverhältnisse und Marktpreise lassen sich nicht in mathematischen Berechnungsvorschriften antezipieren. Zur Vorhersehbarkeit von zukünftigen Marktpreisen gibt es allenfalls spieltheoretische Ansätze, ebenso wie zur Vorhersehbarkeit der Lottozahlen bei der nächsten Ziehung.

Denkbar wäre allenfalls ein Monopolist auf einem gegen Wettbewerb abgeschotteten Markt, der nach eigenen Regeln bestimmen kann, wie er den zukünftig verlangten Preis bildet bzw. festsetzt. Das hat dann jedoch nichts mit einem Marktpreis zu tun. Es handelt sich vielmehr um einen Monopolpreis, der regelmäßig über dem Marktpreis liegt, weil mit ihm eine Monopolrente abgeschöpft wird.

Die Bildung eines Marktpreises für Gas lässt sich demgegenüber am Spotmarkt beobachten.

Aus BGH VIII ZR 138/07 Rn. 43 geht hervor, dass es Vortrag dazu bedarf, wie sich die Preise auf dem vorgelagerten Markt entwickelt hatten. Mangels anderer Anhaltspunkte kann hierzu wohl nur auf die Feststellungen BNetzA/ BAFA zur Entwicklung der Erdgasimportpreise und Großhandelspreise für Gas zurückgegriffen werden, wozu es mithin eines Vortrages - wohl des zweifelnden Kunden - bedarf.

Siehste hier.

Prüfungsraster

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Wer in diesem Punkt die Darlegungs- und Beweislast trägt - und wie, diese Frage wurde vom BGH am 19.11.2008 noch nicht beantwortet.

In der genannten Entscheidung stand zur Debatte, ob sich der Versorger (die dortige Bekl.) der Ölpreisbindung entziehen konnte oder ob nicht (Tz 44):

Zitat
Dafür, dass es sich bei den von der Beklagten geltend gemachten Bezugskostensteigerungen um im vorgenannten Sinne \"unnötige\" Kosten handelt, die die Beklagte durch eine Preissteigerung auffangen möchte, ergeben sich aus dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte. Wenn sich die Beklagte, wie sie vorträgt, der Ölpreisbindung nicht entziehen konnte, weil es sich dabei um eine internationale Branchenvereinbarung handele, die sowohl in den Importverträgen zwischen den Erdgasproduzenten und den deutschen Importeuren als auch in den Lieferverträgen zwischen den Importeuren und den regionalen Gasversorgern wie der Beklagten enthalten sei, auf die ein regionales Gasversorgungsunternehmen wegen geringer Nachfragemacht wenig Einfluss nehmen könne (so die Beklagte in der vom Kläger vorgelegten Pressemitteilung vom 9. März 2005 zur Begründung ihrer Gaspreiserhöhung zum 1. Januar 2005), scheidet die Möglichkeit eines Gasbezugs ohne eine solche Preisbindung als günstigere Beschaffungsalternative aus (Markert, aaO). Ob die Ölpreisbindung in dem Vorlieferantenverhältnis korrekt umgesetzt worden ist, die Beklagte die von ihr geltende gemachte Preiserhöhung durch den oder die Vorlieferanten nach den Bezugsverträgen also tatsächlich schuldete, wird im Rahmen der Beweisaufnahme über die von der Beklagten behauptete Bezugskostensteigerung zu klären sein

Behauptet wurde (von der Bekl.):
(1) dass es sich um eine internationale Branchenvereinbarung handle;
(2) dass diese sich auch in ihrem Vorlieferantenvertragsverhältnis befinde;
(3) hierauf wegen geringer Nachfragemacht wenig Einflußnahme bestehe.

Dann, so der BGH, scheide die Möglichkeit eines Gasbezugs ohne eine solche Preisbindung als günstigere Beschaffungsalternative aus.

Im nächsten Schritt will der BGH prüfen:

Zitat
[...]Ob die Ölpreisbindung in dem Vorlieferantenverhältnis korrekt umgesetzt worden ist, die Beklagte die von ihr geltende gemachte Preiserhöhung durch den oder die Vorlieferanten nach den Bezugsverträgen also tatsächlich schuldete [...]

Dabei kommt es dann auf die Existenz einer wirksamen Rechtsgrundlage an. Geschuldet wird der angepasste Bezugspreis nur dann, wenn die Anpassungsklausel wirksam war. Verstieß sie aber gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, dann würde dieser mathematische Mechanismus, der der Anpassungsklausel zu Grunde liegt, versagen und es käme -zunächst- überhaupt nicht darauf an, ob es eine andere Beschaffungsalternative gäbe.
 
Auf der ersten Stufe der Darlegungslast der Bekl. (des Versorgers) liegt die Behauptung, keine andere Beschaffungsalternative zu haben. Dieser kann mit einfachem Bestreiten begegnet werden, weil es sich dabei um eine Begriffshülse handelt. In der zweiten Stufe der Darlegung wird nun Substanz zu liefern sein, nämlich mit welchen Anbietern verhandelt wurde und zu welchen Konditionen. Erst jetzt wird tieferes Bestreiten nötig, nämlich dass und wo ab 2005 Gas ohne Ölpreisbindung zu beziehen war.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Wir reden möglicherweise aneinander vorbei.

Der Versorger behauptet eine HEL- Preisbindung in den Verträgen mit seinem/ seinen Vorlieferanten, bei der es sich um eine internationale Branchenvereinbarung handele, der er nicht ausweichen konnte, was zu bestreiten ist und sich auch widerlegen lässt.

a)

Dabei handelt es sich um keine internationale Branchenvereinbarung.

In den Importverträgen ist der Gaspreis nicht an deutsche Notierungen für extraleichtes Heizöl (HEL) gekoppelt. International üblich ist bei langfristigen Pipelinelieferungen die Abrechnungen in US- Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas und die Preise sind an internationale bzw. europäische Rohölnotierungen gekoppelt. Das ist ganz etwas anderes.

Wie sich die Erdgasimportpreise (Wert der Ware Gas an der deutschen Grenze) wegen jener Ölpreisbindung entwickelt haben, ergibt sich aus den Feststellungen BNetzA/ BAFA, aaO.

b)

Innerhalb Deutschland werden von den Importeuren schon längst auch Gaslieferungen ohne Ölpreisbindung angeboten, siehe nur PM der BASF/ Wintershall (Wingas) vom 05.11.2005, in der betont wird, dass kein Kunde eine Ölpreisbindung vereinbaren muss, viele Kunden sich jedoch (freiwillig) dafür entscheiden würden.

Der BGH meinte, dass dies anders sei, weil ihm die entsprechenden Fakten nicht bekannt waren. Die waren schließlich auch nicht vorgetragen worden.

Zitat
[...]Ob die Ölpreisbindung in dem Vorlieferantenverhältnis korrekt umgesetzt worden ist, die Beklagte die von ihr geltende gemachte Preiserhöhung durch den oder die Vorlieferanten nach den Bezugsverträgen also tatsächlich schuldete [...]

Hier stellt der BGH auf eine angeblich unausweichliche HEL- Preisbindung im Vorlieferantenvertrag ab und will auf Bestreiten nur geprüft sehen, ob die im Vertrag vereinbarte Gaspreis- Berechnungsvorschrift (Berechnungsformel zur Preisänderung auf HEL- Basis) rechnerisch zutreffend angewendet wurde. An dieser Stelle fragt der BGH etwa nicht noch nach der Ölpreisbindung in den Importverträgen, als wenn es nur die eine und richtige Ölpreisbindung gäbe, von der man nun prüfen müsse, ob sie in der vertraglich vereinbarten Berechnungsvorschrift zutreffend abgebildet wurde.

Das ist wieder etwas anderes als die Marktverhältnisse auf der vorgelagerten Großhandelsebene und die Gaspreisentwicklung dort.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Die Existenz internationaler oder nationaler Branchenvereinbarungen kann der BGH nicht feststellen.

Das ist Aufgabe der Tatsacheninstanzen. Denn dabei handelt es sich nicht um  Rechts-, sondern um Tatfragen. Also konnte der BGH am 19.11.2008 auch nicht feststellen, dass es derartige Vereinbarungen gibt. Denn schon in der Vorinstanz war deren Existenz tatrichterlich nicht festgestellt worden. Das zeigt i.Ü.schon der Konditionalsatz in Tz. 44 deutlich auf:   \"Wenn .... wie die Bekl. vorträgt\".

Hätte nun die Vorinstanz die Existenz solcher Vereinbarungen festgestellt, dann wäre wiederum interessant, auf welcher Tatsachengrundlage.
Denn bislang gibt nur § 114 GVG der Kammer für Handelssachen die Kompetenz in eigener Sachkunde und Wissenschaft hierüber zu entscheiden. Hierfür wird als ausreichend erachtet, dass ein Mitglied der Kammer über die nötige Sachkenntnis verfügt. Ob dies so ist, entscheidet die Kammer in Vollbesetzung. Gem. § 139 ZPO sind Parteien darauf hinzuweisen, dass die Kammer selbst anstelle eines angebotenen Sachverständigen entscheiden wird.

Will die Zivilkammer oder das OLG dies entscheiden, d.h. deren Existenz und deren Inhalt, dann ist diesen Gerichten diese Feststellung zwar nicht verboten. Gerichtsbekannte Tatsachen dürfen auch vom Zivilrichter festgestellt werden; das bedarf dann aber einer entsprechenden Begründung.

Fehlt aber die Sachkunde, dann ist ein Gutachten der IHK erforderlich. Betrifft dies überregionale Fragen, dann kommt der DIHT in Betracht.

Vereinbarungen über die einheitliche Anwendung von Handelsbräuchen fixieren diese, machen auch diese  zu AGB und sind, insbesondere im Falle marktbeherrschender Unternehmen, einer wettbewerbsrechtlichen Kontrolle zu unterziehen (Artt. 81 bis 83 EG-V) .
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Die Seminare bei der Gaswirtschaft haben wohl doch etwas bewirkt.

Zitat
BGH Urt. v. 24.03.2010 VIII ZR 304/08 Rn. 45:

Auch wenn damit insgesamt achtundneunzig Prozent der Gesamtbezugskosten der Beklagten an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl anknüpfen und die restlichen zwei Prozent an die - wohl einem ähnlichen Trend unterliegenden - Kosten für schweres Heizöl, ist damit nicht gesichert, dass die Ölpreisbindung, der die Beklagte gegenüber ihren Vorlieferanten unterliegt, ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der von der Beklagten gegenüber ihren Endkunden praktizierten HEL-Bindung entspricht.

Denn es ist offen, ob die Vorlieferanten der Beklagten bei ihrer Preisbestimmung dieselben oder jedenfalls vergleichbare örtliche Notierungen als Referenzgröße (einschließlich der Verbrauchssteuern) heranziehen, ob sie neben dem HEL-Parameter zusätzliche Bemessungsfaktoren vorsehen, ob sie einen ähnlichen Äquivalenzfaktor wie die Beklagte ansetzen und ob sie dieselben Berechnungszeiträume zugrunde legen. Es ist gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), dass in der Praxis vielfältige Ausgestaltungen einer HEL-Preisbindung existieren. Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zu den Einzelheiten der Preisbildung der Vorlieferanten zeigt die Revision nicht auf.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz