@RuRo
Dieselbe Preisformel auf Bezugs- wie auf Abgabeseite klingt fair. Das hat man auch der Politik, den Verbrauchern und den Medien über Jahrzehnte dank geschickter PR als fair verkaufen können.
Das wirkt noch immer.Ich hoffe, Sie haben in Mathematik aufgepasst:
Gerade dann, wenn der Gaspreis auf der Abgabeseite sich nach der gleichen mathemtischen Formel ändert wie der Gaspreis auf der Bezugsseite, erhöht sich der Gewinnanteil bei einer Erhöhung des HEL- Wertes dramatisch. Das ist das ganze Erfolgsrezept der Gasbranche.
So ein Gaspreis setzt sich
auf allen Stufen der Lieferkette immer aus verschiedenen Preisbestandteilen zusammen:
- Kosten für das Gas
- Netzkosten
- Vertriebskosten
- Gewinnanteil
...
Wird nun ein aus diesen vielen Preisbestandteilen zusammengesetzter Gaspreis auf der Abgabeseite allein an eine mathematische Formel gebunden, nach der sich tatsächlich nur ein einzelner Preisbestandteil, nämlich die Gasbezugskosten richten, dann ändern sich denknotwendig auch alle anderen Preisbestandteile \"plötzlich\" entsprechend der mathematischen Formel.
Steigt der HEL- Preis, steigen dann nicht nur die im Gesamtpreis enthaltenen Gasbezugskosten, sondern ebenso alle anderen Preisbestandteile einschließlich des Gewinnanteils erfahren eine entsprechende Erhöhung.
Da aber tatsächlich Netzkosten und Vertriebskosten gar nicht in Abhängigkeit vom HEL- Preis steigen, sondern vielleicht stabil bleiben, steigt der Gewinnanteil sogar überproportional, also mehrfach so stark wie die eigentlichen Gasbezugskosten. Es handelt sich um eine klassische Hebelwirkung.
Noch dramatischer wird es mit dem Gewinnanteil, wenn Netzkosten und Vertriebskosten oder andere Kosten dabei tatsächlich sinken. Nur der Gedanke daran, brachte beim BGH wohl das Fass zum Überlaufen.
AGB- rechtlich zulässig sind jedoch immer nur solche Preisänderungsklauseln, die eine nachträgliche Erhöhung des Gewinnanteils am Preis sicher ausschließen.
Davon kann bei HEL- Klauseln wie aufgezeigt keine Rede sein.
Zudem sind die Erdgasimportpreise nicht an deutsche HEL- Notierungen gekoppelt. Der \"internationale\" Gaspreis etwa für russisches Pipelinegas in Langfristverträgen nicht an deutsche HEL- Notierungen gekoppelt, sondern an Rohölnotierungen. Abgerechnet wird dabei zu einem Preis in US- Dollar pro 1.000 Kubikmeter. Der Importpreis hängt dabei ab von den Rohölnotierungen und dem Wechselkurs EUR/ USD.
Der HEL- Preis selbst richtet sich nach ganz anderen Kriterien. Der steigt auch bei konstanten Rohölnotierungen etwa wenn regionale Raffeneriekapazitäten verknappt werden, wenn sich die Transportkosten infolge der Autobahnmaut erhöhen, wenn die Mineralölsteuer steigt, wenn die Mehrwertsteuer steigt oder einfach in einem strengen Winter, wenn die Tanks bei den Kunden zunehmend leer sind..... Er hat mit den Rohölnotierungen ebenso wenig zu tun wie die Benzinpreise an den Tankstellen, die \"garantiert\" vor Feiertagen und zu Ferienbeginn steigen.
Der HEL- Preis hat mit dem Erdgasimportpreis folglich wenig gemein.
Hinzu tritt, dass der HEL- Preis unbeeinflusst ist durch wettbewerbliche Rückkopplungen des Gaspreises oder der Fernwärmepreise....
Durch die HEL- Preisbindung auf Gasabgabeseite haben sich die Abgabepreise nominal denknotwendig zwingend immer weit stärker erhöht als die Gasbezugskosten.
Der daraus resultierende Nachteil für die Verbraucher kann nur in Milliarden EUR ermessen werden. Volkswirtschaftlich dramatisch, weil dadurch eine Inflationsspirale in Gang gesetzt wurde.
Zwischen den Mehraufwendungen der Erdgasimporteure und den Mehraufwendungen der Letztverbraucher für Gas klaffte eine immer größere Milliaradenlücke. Die Gasbranche, allen voran BGW/ BDEW, erklärte rgelmäßig, die Importpreise seien um 60 Prozent gestiegen, die Letztverbraucherpreise weit weniger. Alles in Ordnung war die Botschaft, die dabei rüberkommen sollte.
Gut, dass sich in Karlsruhe heute die rationale Vernunft durchsetzen konnte.
Viele Gasversorger, insbesondere auch Stadtwerke zeigten sich für die dramatische Problematik der HEL- Preisbindung bisher leider völlig taub, weil am Markt eh jeder Gaspreis durchgesetzt werden konnte.
Auf einem zunehmend durch Wettbwerb geprägten Markt muss die gesamte Branche nun umdenken, so wie auch E.ON Ruhrgas. Schlechte Bezugskonditionen lassen sich in zunehmendem Maße weniger auf die eigenen Kunden abwälzen. Die Kunden hauen einfach ab, wenn man sie nicht tricky langfristig gebunden hat.