Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Zu welchem Zeitpunkt muss Preiserhöhungen widersprochen werden?  (Gelesen 3514 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline jofri46

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 171
  • Karma: +0/-0
Das bereits an anderer Stelle (Gerichtsurteile...) besprochene Urteil des OLG Oldenburg vom 12.02.2010 - 6 U 164/09 - wirft aus meiner Sicht noch eine weitere (grundsätzliche) Frage auf, und zwar wegen folgender Passage in den Urteilsgründen:

\"... Der Widerspruch (gegen Preiserhöhungen) musste dabei in einer angemessenen Frist erfolgen. Der Senat hält eine Frist von 2 Wochen nach Inkrafttreten der Preiserhöhung für angemessen. Innerhalb dieser Zeit kann dem Verbraucher eine Entscheidung darüber, ob er eine Preiserhöhung akzeptiert oder ihr widersprechen will, abverlangt werden. Selbst wenn man eine Frist von 3 Wochen als angemessenen Zeitraum bewerten wollte, würde dies für die einzelnen Beklagten nicht zu einer abweichenden Bewertung führen. Soweit einzelne Beklagte den ausgesprochenen Preiserhöhungen nicht rechtzeitig widersprochen haben, sind sie für die davor liegende Zeit mit Einwendungen ausgeschlossen.\"

Nun ist es in der Praxis oft so, dass Preiserhöhungen zu den unterschiedlichsten Zeitpunkten in Kraft treten, aber erst der Jahresabrechnung mit u. U. Monate zuvor erhöhten Preisen widersprochen wird. Nach Auffassung des OLG Oldenburg wäre ich trotz unverzüglichen Widerspruchs gegen die Jahresabrechnung mit meinen Einwendungen ausgeschlossen, weil ich nicht schon den zuvor erhöhten Preisen rechtzeitig widersprochen habe.

Fazit also: Den  Preiserhöhungen besser schon zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens widersprechen als damit bis zum Eintreffen der Jahresabrechnung zu warten?

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zu welchem Zeitpunkt muss Preiserhöhungen widersprochen werden?
« Antwort #1 am: 11. März 2010, 14:44:41 »
Eine feste Frist gibt es nicht. Zunächst kommt es darauf an, wann der Kunde überhaupt Kenntnis von der Tarifänderung erlangt hat. Diese Kenntniserlangung kann auch erst durch die Jahresverbrauchsabrechnung geschehen sein. Der Versorger, der sich insoweit auf Verwirkung berufen wollte (vgl. Büdenbender NJW 2009, 3132), hätte die Umstände für diese und mithin auch die maßgebliche Kenntnis des Kunden darzulegen und zu beweisen.

Besteht kein normatives oder vertragliches Leistungsbestimmungsrecht, ist eine Verwirkung regelmäßig nicht gegeben (BGH VIII ZR 199/04, Büdenbender aaO., BGH VIII ZR 144/06 Rn. 20). Dies jedoch verkennt der Senat.
Dies mag auch der Grund dafür sein, warum seitens GEW gegen die Entscheidung keine Revision eingelegt wird. Man wählt das geringere Übel.

Nach der neuen gesetzlichen Regelung ist eine Tarifänderung nur zum Monatsersten zulässig. Wurde der Kunde nach der neuen gesetzlichen Regelung (§ 5 II GVV)  sechs Wochen vor dem beabsichtigten Inkrafttreten brieflich informiert, kann eine Frist von zwei Wochen nach Inkrafttreten möglicherweise als angemessen angesehen werden. Schließlich stehen dem Kunden dann acht Wochen zur Verfügung, nachdem er durch die briefliche Mitteilung Kenntnis erlangt hatte.


Fazit:

Widersprechen was das Zeug hält (auch hinsichtlich eines zu bestreitenden  Leistungsbestimmungsrechts), so schnell als möglich ohne lange zuzuwarten.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz