Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Aufwand für Rechnungskorrektur
vvvFranke:
@h.terbeck: „Es ist leider ein gewaltiger Unterschied, ob ein sog. Teilbetrag wegen eines Einwands qua Gesetz nicht fällig ist und deshalb auch nicht fällig sein kann, oder ob dieser sog. Teil des Gesamtbetrages nicht berechnet werden dürfte.Der Versorger rechnet nach seinen Preisgestaltungen ab. Das darf und wird er. … . Dürfen darf der Versorger, was er für angemessen hält.“
Genau das ist die Frage! Dass der Versorger das tun wird - das ist klar, aber ob er das auch noch dann darf, wenn der Kunde eine korrekte Rechnung explizit verlangt ? Ich bin mir da nicht so sicher.
Hierzu folgende Überlegung und Zitate-Kombination als Arbeitsthese zum darüber streiten:
LG Heilbronn urteilt am 19. Januar 2006 (konkret zwar bezüglich der Rechtmäßigkeit der Klage, aber wie ich finde doch sehr grundsätzlich) :
Dem Kläger ist – auch in Ansehung von § 30 der Verordnung über Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV - Anl. B1), … nicht zuzumuten, den erhöhten Gaspreis – im Hinblick auf § 814 BGB ggf. unter Vorbehalt - zunächst zu bezahlen, … . Denn wenn der Einwand der Unangemessenheit vom Kläger zu Recht erhoben wird, ist von Anfang an nur der vom Gericht bestimmte Preis geschuldet (§ 315 Abs. 3 BGB). Nur auf diesen hat das Versorgungsunternehmen Anspruch. … (Bestätigt bzw. genauer: unbeanstandet vom BGH – 13.06.07)
Dass der aus strittigen Preiserhöhungen herrührende Teilbetrag der Rechnung nicht fällig ist – ich denke darüber sind sich hier alle einig. Wenn es aber dem Kunden nicht zuzumuten ist, diesen Teilbetrag zu bezahlen, weil dieser evtl. nie geschuldet wird, der Kunde aber gemäß
§ 14 UStG : Ausstellung von Rechnungen (2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes: 1. führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen ;2. führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus,ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. …
ein Recht darauf hat, dass der Gläubiger, also der Gasversorger ihm eine Rechnung ausstellt, wie kann es dann juristisch korrekt sein, nicht fällige Teilbeträge, auf deren Bezahlung der Gläubiger zumindest zum Zeitpunkt der Rechnungslegung keinen Anspruch hat, (jedenfalls vorbehaltlich einer gerichtlichen Preisbestimmung) in die Rechnung unkommentiert einzubeziehen?
So wie ich das sehe, sagt das Urteil des LG Heilbronn, nicht nur aus, dass der fragliche Teilbetrag des Rechnungsbetrages bis zum gerichtlichen Entscheid nicht fällig ist, sondern darüber hinaus, dass -Achtung Spitzfindigkeit: -dieser Teilbetrag erst durch gerichtliche Preisfestsetzung überhaupt zu einer Forderung wird! [B]\"Denn wenn der Einwand der Unangemessenheit vom Kläger zu Recht erhoben wird, ist von Anfang an nur der vom Gericht bestimmte Preis geschuldet.\"[/B] (s.o.)
Als Anschluss-Interpretation schlage ich im Sinne einer Arbeitshypothese mal sinngemäß vor:
Vor der gerichtlichen Preisfestsetzung gibt es weder eine Forderung, noch eine Preiserhöhung, sondern nur ein Preiserhöhungsverlangen des Versorgers – und sonst nichts .
- Und mit dem Status könnte man ja wohl schwerlich eine Rechnung schreiben und ein Forderung stellen - quasi mit der Begründung: \"die Forderung, die ich stelle, könnte sich ja evtl. später auch als rechtmäßig herausstellen\".
Womit sich (unabhängig von der Frage der Fälligkeit) die Frage stellt: Wann wird ein Preiserhöhungsbegehren des Versorgers zum Vertragsbestandteil? - Schon mit Vortrag des Verlangens oder aber erst durch Anerkennen bzw. Nicht-Widerspruch-Einlegen durch den Verbraucher bzw. (bei Widerspruch) durch gerichtliche Festsetzung?
tangocharly:
Also wenn es darum geht, dass eine Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht haben kann und die andere Partei diese Bestimmung als unbillig rügen kann, dann ist klar, das die Bestimmung erst dann verbindlich wird, wenn die Billigkeit festgestellt wurde.
Hierfür ist es müßig darüber zu diskutieren, ob eine Forderung besteht oder ob nicht. Denn der Versorger stellt am Tag X eine Rechnung auf, die dem Verbraucher am Tag Y zugeht. Und nach 14 Tagen ist diese Forderung fällig (wenn kein Billigkeitseinwand erhoben wird).
Also, eine Forderung besteht immer, d.h. am Tag X. Sonst wäre es nur ein \"Liebesbrief\" und am Ende stünde \"Schöne Grüße\".
Worum es aber hier geht, das ist die Frage, ob es bei der Fälligkeit (sprich: Unverbindlichkeit) eine Teilbarkeit geben kann, in einen verbindlichen und in einen unverbindlichen Teil.
Und genau da beginnt sich die \"Katze (die der VIII.Senat) aus dem Sack gelassen hat, in den Schwanz zu beißen\".
Denn wenn man seine Argumentation (\"Sockelpreis-Theorie\") umsetzt, dann wäre der § 315 BGB auf den vereinbarten Teil nicht, und umgekehrt nur auf den (einseitig) bestimmten \"Erhöhungs\"teil anwendbar.
Nun ist sich der VIII.Senat über seine Theorie, die er da am 28.03. und am 13.06.2007 aufgestellt hat, doch wieder nicht ganz so sicher, denn am 19.11.2008 hat er sich in puncto \"Sonstige Kosten\" doch wieder auf den Standpunkt gestellt, dass die Prüfung hierzu sich auch unterhalb des Sockels erstrecken muß.
Und, bei Gott, was soll der ganze Sockel-Quatsch dann, wenn sich die Preise in Richtung Osteoporose entwickeln und der \"Sockel bröckelt\" bzw. sich wie Eis in der Sonne verhält ?
Schließlich kann, und damit verkürzt sich die Problematik auf die Schlußabrechnung, bis zum Tag X nicht im Geringsten abgesehen werden, welchen Stellenwert der Sockel innerhalb des tatsächlichen Jahresverbrauchs einnehmen soll.
Da es richtig ist, dass der Verbraucher nicht erst mal zahlen und später zurück holen soll (\"Hau raus - Hol rein\"), kann es also keinen fälligen (verbindlichen) und keinen nichtfälligen (unverbindlichen) Teil der Forderung geben - bis die Billigkeitsprüfung stattgefunden hat (wer sagt denn, dass dies nur über Gericht gehen muß -- aber sich beschweren darüber, dass der Bürger sein Recht bei Gericht suchen muß, darüber jammern Versorger und Gerichte -- verkehrte Welt)
Black:
--- Zitat ---Original von vvvFranke
- Der Gasversorger rechnet trotz diverser Einsprüche (sowohl wegen Unbilligkeit als auch wegen fehlender Berechtigung zur einseitigen Preisfestsetzung) seit Jahren konsequent nach \"seinen\" Preisen ab und verweigert die Erstellung einer korrekten Rechnung (also ohne die Preisanteile aus den streitigen Erhöhungen) konsequent und trotz expliziter Aufforderung.
--- Ende Zitat ---
Der Versorger rechnet mit der Rechnung ab, was er der Meinung ist vom Kunden rechtlich fordern zu können. Es wäre also für den Versorger nachteilig der Forderung des Kunden nach einer \"korrigierten\" Rechnung nachzugeben. Würde der Versorger auf den Unbilligkeitseinwand des Kunden hin eine niedrigere Rechnung ausstellen, würde er damit auf einen Teil seiner Forderungen verzichten.
--- Zitat ---Original von tangocharly
Also wenn es darum geht, dass eine Vertragspartei ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht haben kann und die andere Partei diese Bestimmung als unbillig rügen kann, dann ist klar, das die Bestimmung erst dann verbindlich wird, wenn die Billigkeit festgestellt wurde.
--- Ende Zitat ---
Ich bin erstaunt, dass dieser Blödsinn sich noch immer hält. Eine tatsächlich billige Forderung ist von Anfang an fällig und nicht erst wenn das Gericht ein Urteil ausspricht. Aus diesem Grund sind bei Obsiegen des Versorgers auch immer noch Verzugszinsen gerechnet ab dem Datum der Rechnung vom Kunden zu zahlen. Wäre die Forderung des Versorgers erst bei gerichtlicher Feststellung der Billigkeit fällig geworden gäbe es diese Verzugszinsen nicht.
RuRo:
--- Zitat ---Original von Black
Aus diesem Grund sind bei Obsiegen des Versorgers auch immer noch Verzugszinsen gerechnet ab dem Datum der Rechnung vom Kunden zu zahlen. Wäre die Forderung des Versorgers erst bei gerichtlicher Feststellung der Billigkeit fällig geworden gäbe es diese Verzugszinsen nicht.
--- Ende Zitat ---
Verzug setzt Fälligkeit voraus. Als Fälligkeitstermin wird der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des vermeintlichen Versorgeranspruchs ggf. im Urteil ausgesprochen, also Datum des Eingangs eines Mahnbescheidsantrags oder einerKlageerhebung beim Gericht.
vvvFranke:
Bevor wir hier weiter zu Fragen der Fälligkeit, Zinsen etc. abdriften:
Die Ursprungsfrage lautete:
-Kann der Kunde für den Aufwand (Arbeitszeit, Porto etc.), der ihm durch die Korrektur der Rechnung(en) entsteht, nun selbst eine Rechnung an den Versorger stellen?
- Wenn ja: Kann der Kunde diese Forderung mit dem Grundpreis verrechnen?
- Macht es hierbei einen Unterschied, ob er Vermieter ist oder einfach \"nur\" Verbraucher?
- Ist hierbei der konkrete Vertragstext maßgeblich oder das BGB (z.B. im Sinne einer Ersatzvornahme wie ich sie z.B. aus dem Werkvertragsrecht im Bauwesen kenne)?
Zur Erläuterung vielleicht noch ein paar Rahmenbdingungen:
Nehmen wir mal an, die seitens des Kunden korrigierten Rechnungen sind
- formal analog zu den Rechnungen des Versorgers gestaltet,
-weisen keinerlei Rechenfehler auf.
Nehmen wir mal weiter an, dass es später zu einem Verfahren kommt, in dem die Argumentation und das Vorgehen des Kunden (Einwände, Unbilligkeit, Kürzung, Fehlen einer gültigen Preisanpassungsklausel, Preishöhe oder was auch immer) bestätigt werden, so dass - vom Ende her betrachtet - die Rechnungskorrekturen faktisch nur den Effekt des späteren Urteils vorweggenommen haben.
Um das klarzustellen: diese Rahmenbedingungen sind nicht dazu gedacht, den Fall zu konkretisieren (der ist tatsächlich fiktiv), sondern um ein Abdriften der Diskussion zu verhindern.
Weiterhin ist natürlich auch klar, dass das Risiko, dass man als Kunde am Ende eben nicht vom Gericht bestätigt wird, vom Kunden allein getragen wird, und eine eventuelle Aufrechnung gegen den Grundpreis in diesem Fall alle entsprechenden Gegen- und Rückforderungen des versorgers nach sich zöge.
Ganz grundsätzlich sagt mir mein Laien-Rechtsverständnis, dass es die Aufgabe des Versorgers ist, mit einer Rechnung nicht nur seine Forderung in den Ring zu werfen, sondern auch den Kunden darüber zu informieren, welchen Betrag er zumutbarer Weise (im Sinne des LG Heilbronn -Zitat s.o.) zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung zu bezahlen hat (deshalb auch die Zusatzfrage für den Vermieter, der genau diese Info ja z.B. auch für die Steuer oder Nebenkostenabrechnung benötigen würde). - oder ist das so völlig laienhaft, dass sich die Juristen hier im Forum jetzt gerade vor Lachen ausschütten?
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