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Autor Thema: Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg  (Gelesen 14245 mal)

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Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« am: 13. Januar 2010, 10:59:25 »
Nach gut einem Jahr Pause ist nun wieder ein Verfahren gegen einen Neuburger Gaskunden der Stadtwerke Neuburg in der Phase des schriftlichen Vorverfahrens.

Es geht um die Summe von 128,21 € + Zinsen und Nebenkosten.

In der Antragsbegründung des Klägeranwaltes werden die üblichen Urteile des BGH (VIII ZR 36/06 und 138/07) angeführt, mit Hinweis auf die dort beschriebene Billigkeit der Weitergabe von Erhöhungen des Vorversorgers.

Weiterhin ist ein Parteigutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes BKPV beigefügt, in dem aber lediglich prozentuale Steigerungen beschrieben werden.

Der Kunde wurde in Neuburg bei Vertragsbeginn und in der Zeit in der ein Großteil der strittigen Summe zustande kam mit einem \"Sonderpreis\" (später \"Comfort\") versorgt und nicht durch den, in den damaligen Preisblättern separat aufgeführten, allgemeinen Tarif.

Bereits im März 2008 erhielt der Kunde einen Mahnbescheid.

Man darf gespannt sein, ob aufgrund der geringen Streitsumme ein mündliches Verfahren eröffnet wird und ob sich bei dieser Streitsumme überhaupt ein Prozessbevollmächtigter für den Angeklagten finden läßt.

Offline RR-E-ft

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #1 am: 13. Januar 2010, 11:09:30 »
Der Beklagte muss seine Absicht der Verteidigung innerhalb der Notfrist anzeigen und die Klageerwiderung fristgerecht anbringen. Auf Antrag muss auch im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO mündlich verhandelt werden.

Bei dem Streitwert setzt sich ein Anwalt natürlich für die aufzuwendende Zeit besser im Supermarkt hinter die Kasse, um seinen Lebensunterhalt noch bestreiten zu können. Das gesetzliche Honorar beläuft sich für die erste Instanz auf 62,50 EUR. Schließlich hat er von den Honoraren zunächst seine laufenden Kosten zu decken und erst danach verbleibt ihm ggf. noch ein Gewinn als Verdienst.  Es hat wohl jeder selbst seine Vorstellung darüber, für welche Stundenvergütung er bereit ist, morgens aufzustehen.

Es kommt möglicherweise darauf an, welches Honorar der Beklagte bereit ist zu zahlen, auch wenn dieses über den gesetzlichen Gebühren liegt und somit auch im Obsiegensfalle nicht vom Gegner erstattungsfähig ist. Möglicherweise ist die Streitentscheidung ja auch für weitere Ansprüche des Versorgers entscheidend, die noch gar nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

Offline chilihead

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #2 am: 13. Januar 2010, 18:00:10 »
Hallo zusammen,

schliesse mich der Meinung des Hr. Fricke vollinhaltlich an, bei mir gehts im MB auch um eine Summe von ca. 100 €. (Abrechnungszeitraum 2005, Rechnung in 2006)

Ich wäre im Streitfalle bereit, zusätzlich zur vorhandenen Rechtschutzversicherung eine wesentlich höhere Summe einzusetzen.
 

Es stellt sich doch die Frage, wenn die Versorger sich ihrer Sache so sicher wären wie sie es versuchen darzustellen, weshalb benötigen sie dann die gesamte Verjährungsfrist um die \"Außenstände\" einzutreiben?

Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #3 am: 13. Januar 2010, 18:23:44 »
@chilihead

Wie lange würde denn, unter den genannten zeitlichen Bedingungen, Deiner Meinung nach die Verjährungsfrist dauern?

Gruß vom Gasalarm

Offline chilihead

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #4 am: 13. Januar 2010, 18:47:07 »
Zitat
Original von Gasalarm2
@chilihead

Wie lange würde denn, unter den genannten zeitlichen Bedingungen, Deiner Meinung nach die Verjährungsfrist dauern?

Gruß vom Gasalarm


... ohne Mahnbescheid 3 Jahre nach Ablauf des Jahres der Rechnungsstellung.

In meinem Fall: Rechnung aus 2005 im Mai 2006 erhalten, ab 31 Dezember 2006 beginnen die 3 Jahre. Bis zum 31.12. 2009.
Verjährt am 1.1.2010

Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #5 am: 30. März 2011, 10:31:28 »
Am 6. April kommt es nun zu einer der letzten Verhandlungen im Bereich Stadtwerke Neuburg.
Die anderen \"Gasrebellen\" in Neuburg wurden durch mehr oder weniger gut ausgewogene Vergleiche abgefertigt.

Es wird wieder einmal auch um die Frage gehen, ob es sich bei dem beklagten Kunden um einen (Norm-)Sondervertrags- oder um einen Tarifkunden handelt.
Im aktuellen Fall wurde der Kunde anfangs nach einem \"Sonderpreis\" beliefert, der an eine bestimmte Abnahmemenge geknüpft war und damit nicht der Allgemeinheit zugänglich war.
Die Vertragsbedingungen wurden in einem \"Begrüßungsschreiben\" einige Wochen nach dem Datum der ersten Gasentnahme (auch laut Rechnung) übermittelt. Es wurden die AVBGasV aus dem Jahre 1979 herangezogen, deren Einbeziehungsmöglichkeit bei Sondervertragskunden momentan vom EuGH geprüft wird. Diese wurden auch auf jeden Fall nicht vor Vertragsbeginn an den Kunden weitergegeben (vgl. Palandt/Grüneberg zu §305 BGB).
Außerdem wurde in diesem Begrüßungsschreiben vorläufig ein fester monatlicher Gasabschlag vom Versorger festgelegt.

Die Klägerseite führt unter anderem ein Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes in Feld, der belegen soll, daß die eigenen Erhöhungen lediglich auf den Erhöhungen des Vorversorgers \"Erdgas Schwaben\" bezogen sind, also nur weitergegeben werden.
Welchen Wert dieses Parteigutachten hat, muß vom Vorsitzenden bestimmt werden. Als Beweis ist es wohl nicht zu gebrauchen (vgl. BGH VIII ZR 6/08 v. 14.07.2010).

Interessant ist in diesem Fall, und das ist einzigartig in der deutschen Versorgerlandschaft, daß die Stadtwerke Neuburg über viele Jahre identische Tarife wie der Vorversorger Erdgas Schwaben angeboten haben (beweisbar durch die Tarifblätter der jeweiligen Versorger).
Dies bezieht sich auf die Tarifnamen, die Tarifpreise, die jeweiligen Jahresverbrauchsmengen, die Arbeitspreise und die Servicepauschale.
Da hier der Verdacht nahe liegt, daß die Preise lediglich kopiert wurden, widerspräche dies der Pflicht zur Erstellung einer eigenen Kalkulation um die Kunden möglichst günstig mit Energie zu versorgen. Die Stadtwerke Neuburg sind ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, während Erdgas Schwaben ein überregionales Versorgungsunternehmen ist. Beide Unternehmen sind von ihrer Mitarbeiterstruktur und ihrer Einnahmen-/Ausgbensituation total unterschiedlich. Somit sollten sich zumindest kleine Unterschiede bei der Kalkulation der jeweiligen Preise ergeben - die sind allerdings bis auf das hundertstel Cent identisch. Bereits 1996 hatten die SW Neuburg den Vertrieb eigenständig von Erdgas Schwaben übernommen.

Weiterhin wurden dem Kunden mehrmals falsche Rechnungen ausgestellt.
So wurde z. B. der strittige Betrag aus dem Jahre 2004 einfach in der Jahresabrechnung für 2005 als geringere Abschlagszahlung \"verrechnet\".

Es wird sich zeigen wie die juristische Einschätzung im Freistaat aussehen wird.

Gruß vom Gasalarm

Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #6 am: 05. April 2011, 16:21:10 »
Der für den 6. April angesetzte Termin wurde auf den 18. Mai geschoben!

Gruß vom Gasalarm

Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #7 am: 18. Mai 2011, 12:37:50 »
Heute fand also der Termin in Sachen SW Neuburg gegen den letzten Gas-Widersprüchler am AG Neuburg statt.

In seinen Einleitungsworten sprach der Richter von einer \"Modeerscheinung\" und bezog sich damit auf die Widersprüche gem. § 315 BGB.

Er stellte überhaupt die Frage nach der Wirtschaflichkeit, wenn man wegen weniger als 200 € streiten müsse.

Die Frage nach dem Status des Beklagten wurde vom Vorsitzenden ganz klar bestimmt. Natürlich Tarifkunde - weil Sondervertragskunden gibt es in Neuburg nur bei Großabnehmern wie zum Beispiel Industriekunden!?!?!

Auch der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten verstand sehr schnell, daß sich der Vorsitzende nicht ausreichend mit dem Thema auseinander gesetzt hatte bzw. kein großes Interesse am Sachverhalt bestand - die angesetzte Dauer der Verhandlung von 45 min. spricht für sich.

Die Beweisaufnahme bestand auf Antrag der Klägerseite fast ausschließlich aus der Vernahme des Vertriebsleiters der SW Neuburg. Dieser zitierte aus einem Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes BKPV.

Anscheinend war auch nicht bekannt, das ein solches von den SW Neuburg in Auftrag gegebenes, Gutachten gem. BGH VIII ZR 6/08 kein geeignetes Beweismittel ist.

Nachfragen des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten konnten vom Zeugen nur sehr teilweise beantwortet werden.

So konnte auch die Frage nach vom Vorversorger eingeräumten Rabatten nicht beantwortet werden.

Gerade die Frage wie zeitnah Erhöhungen des Vorversorgers Erdgas Schwaben an den Neuburger Endkunden weitergegeben werden, ein wichtiges Indiz für die Billigkeit des verlangten Preises, wurden vom Vorsitzenden als nervend empfunden.

Allein die Befragung eines Vertriebsleiters als Zeuge bezüglich der Richtigkeit eines als Beweismittel ungeeigneten Gutachtens von Dritten ist als äußerst fragwürdig zu bezeichnen.

Nachdem einvernehmlich klar gestellt wurde, daß die Ansprüche teilweise verjährt seien, wurde die Frage nach einem Vergleich gestellt.
Da dieser aber vorsah, daß der Beklagte die restlichen etwa 90 Euro alleine übernehmen soll (nach Abzug der verjährten Summe), wurde dies von Beklagtenseite abgelehnt.

Die geringe Summe veranlasste den Vorsitzenden dann auch zu Sätzen wie: \"Wir wollen doch hier nicht centgenau abrechnen\" ?!?! muss man wohl nicht mehr, wenn es um Billigkeit geht?

Die anderen Argumente die von Beklagtenseite angebracht wurden wie:

    Idente Tarifnamen und  Tarifpreise, und Identität in den jeweiligen Jahresverbrauchsmengen, den Arbeitspreisen und bei der Servicepauschale, bezogen auf den Vorversorger Erdgas Schwaben ist einzigartig in ganz Deutschland. Es muss vermutet werden, dass hier gar keine eigene Kalkulation erstellt wurde. Der Vorsitzende sieht sich aber nicht genötigt hier nachzubohren
    Falsche Rechnungen (Rückholung von strittigen Beträgen durch Abzüge beim Posten geleistete Abschlagszahlung im Folgejahr)

    Unterschiedliche/Unschlüssige Forderungen in der Klagebegründung und den weiteren Schriftsätzen des Klägers
wurden während des Termins nicht weiter besprochen, sind aber natürlich in den Schriftsätzen der Beklagtenseite deutlich beschrieben - ob das hilft?

Zum Schluß ging der Prozessbevollmächtige des Beklagten noch einmal auf die ständige wundersame Erhöhung der des Brennwertes ein - eigentlich nicht zulässig bei Tarifkunden die nach AVBGasV versorgt werden (§ 4 (3) AVBGasV) - was auch zu Protokoll gegeben wurde.

Falls der Vorsitzende all diese Argumente nicht hört wäre das ein Beispiel von bodenloser Ignoranz. Man darf gespannt sein.

Urteilsverkündung ist am 06.07.2011

Nun muß es heissen: \"Vor Gericht und auf hoher See (...und in Bayern)\"

Offline bolli

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #8 am: 18. Mai 2011, 13:22:00 »
Das, was man so aus dem Süden der Republik aus den Gerichtssälen zu diesem Thema hört, lässt leider nichts Gutes erahnen.   X(
Ich wünsche Ihnen trotzdem die notwendige Einsicht des Richters, dass da irgendwas nicht gestimmt haben kann.  :(

Offline Gasalarm2

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Neues schriftliches Vorverfahren in Neuburg
« Antwort #9 am: 06. Juli 2011, 13:09:16 »
Immer noch kein Urteil in Neuburg.

Das Verfahren wurde nach Intervention des Prozeßbevollmächtigten des beklagten Gaskunden ausgesetzt.
Aufgrund eines Beschlusses des BGH (VIII ZR 71/10) wird die entgültige Entscheidung des EuGH abgewartet ob der § 4 der AVGasV bezüglich seines darin enthaltenen Preisänderungsrechtes überhaupt wirksam ist.

Gruß vom Gasalarm

 

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