Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Das AG und der blaue Himmel - Verweisungsantrag, § 102 EnWG
reblaus:
@agilius
Ich sehe die Fälle, in denen ich das AG für zuständig halte eher in der Theorie angesiedelt. Wenn sich der Sachverhalt tatsächlich so eindeutig darstellt, gibt es nichts zu streiten.
Im Falle des Sondervertrages mit wirksamer Preisanpassungsklausel, die dem gesetzlichen Leitbild folgt, ist wiederum § 1 EnWG zu beachten. Soweit sich der Versorger gegen die Offenlegung der Sparten GuV sperrt, ist weiterhin § 10 EnWG anzuwenden, so dass sich auch in diesem Falle eine Zuständigkeit der KfH ergeben würde.
Ob die Einrede der Unbilligkeit bei kleinen Streitwerten immer eine gute Idee ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Immerhin droht hier die Einholung eines Gutachtens das bis zu 10.000 € kosten kann. Eine vorherige Plausibilitätsprüfung halte ich in diesem Falle für unverzichtbar.
Generell würde ich nicht sagen, dass Sie bei Amtsgerichten schlechter aufgehoben sind, als bei den Kammern für Handelssachen. Landet der Fall beim AG Dannenberg befindet er sich in äußerst sachkundigen Händen. Landet er beim Kartellsenat des OLG Frankfurt müssen Sie mit vermehrten Flüchtigkeitsfehlern rechnen.
Schlussendlich wird es auf Ihr Können ankommen, dem Richter die Sach- und Rechtslage so eingänglich zu erläutern, dass er gar nicht anders kann, als Ihnen applaudierend zuzustimmen. ;)
agilius:
@reblaus
Es geht mir natürlich nicht darum die Amtsgerichte zu diskreditieren. Es gibt sicher hüben wie drüben brilliante wie auch absurde Entscheidungen, beim AG, wie beim LG etc. Eine Qualitätsgarantie bekomme ich bei höheren Instanzen nicht, das ist klar. Dennoch ein Aber:
a)
Grundsätzlich hat man es beim Landgericht mit einer Kammer und nicht nur dem Einzelrichter zu tun. Dies birgt immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass kein entscheidungserheblicher Gesichtspunkt übersehen wird - frei nach dem Motto: sechs Augen sehen mehr als zwei. Bei Angelegenheiten, die in Anbetracht eines häufig sehr geringen Beschwerdewerts nicht berufungsfähig sind, ist das m.E. ein beachtliches Kriterium. Zumal ich die \"Qualität\" der Entscheidung ist erkennen kann, wenn das vollständig begründete Urteil vorliegt.
b)
Jeder hat Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 GG). Und das ist hier nunmal ausweislich § 102 EnWG der Spruchkörper beim Landgericht. Sofern die Gerichte dies übersehen oder fehl interpretieren, sollten wir Mittel und Wege finden, es ihnen beizubringen. Der Fall, dass sich ein sachlich unzuständiger Einzelrichter am AG berufen fühlt, eine Gaspreisklage zu entscheiden ist - wie RR-E-ft dargelegt hat - offenbar nicht gerade selten.
Aus diesem Grund denke ich (laut) darüber nach, welche praktikable und effiziente Handhabe es hierzu gibt, einem AG die Sache ggf. auch gegen dessen Willen aus der Hand zu nehmen. Ein Gedanke hierzu war - siehe der Vorschlag oben - Antrag nach § 37 ZPO.
reblaus:
@agilius
Die gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts ist nur bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 36 ZPO möglich.
Wenn Sie die Zuständigkeit des AG rügen, hat dieses nach § 17a Abs. 3 GVG vorab zu entscheiden, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Gegen diesen Beschluss können Sie sofortige Beschwerde einlegen (Abs. 4 Satz 3).
Allerdings sollten Sie alle für die Zuständigkeit erheblichen Fakten vortragen. Wenn Sie z. B. von der Klägerin nicht verlangen, dass sie ihre Sparten GuV vorlegen soll, können Sie sich auch nicht darauf berufen, dass die Frage, ob es sich dabei um Geschäftsgeheimnisse handelt, nach EnWG zu entscheiden ist.
agilius:
--- Zitat ---Original von reblaus
Wenn Sie die Zuständigkeit des AG rügen, hat dieses nach § 17a Abs. 3 GVG vorab zu entscheiden, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Gegen diesen Beschluss können Sie sofortige Beschwerde einlegen (Abs. 4 Satz 3).
--- Ende Zitat ---
17a GVG? Die Vorschrift betrifft Rügen zur Zulässigkeit des Rechtsweges, nicht zur Zuständigkeit des Gerichts ... Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist aber nicht problematisch. Strittig ist nur die sachliche Zuständigkeit des Gerichts.
reblaus:
@agilius
Die Schwäche müssen Sie mir schon verzeihen. Ich betätige mich schließlich nicht als Anwalt und habe mit Verfahrensfragen herzlich wenig zu tun.
Allerdings fürchte ich, dass sich Ihr Mandant dann mit dem abzufinden haben wird, was der Amtsrichter oder die Amtsrichterin entscheidet.
Die Handelsrichter wären Ihnen sicherlich eine Hilfe wenn es um die Billigkeitskontrolle geht, und Sie die Behauptungen des EVU anhand der GuV widerlegen oder zumindest in Zweifel ziehen könnten. Auch bei einer Zeugenaussage des Bilanzbuchhalters oder Wirtschaftsprüfers könnte deren Sachkunde von Vorteil sein. Wenn es aber um die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel geht, entscheidet immer nur ein Volljurist. In diesem Fall ist der von Ihnen erhoffte Vorteil der KfH nicht so groß.
Anhaltspunkte dafür haben Sie nicht, dass der Versorger mit seinem Gaslieferanten in der Zeit vor Oktober 2007 mit Lieferverträgen beliefert wurde, die bei einer Laufzeit von mehr als 2 Jahren mindestens 80% der Gesamtmenge umfassten, bzw. bei mehr als 4 Jahren mindestens 50% der Gesamtmenge?
Solche Informationen könnten Sie aus einem WP-Testat gewinnen. Vielleicht wäre schon hilfreich, wenn Sie den Namen des Vorlieferanten kennen würden.
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