Energiepreis-Protest > Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest

BGH, Urt. v. 24.03.10 VIII ZR 304/08 HEL-Klausel unzulässig

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tangocharly:

--- Zitat ---@RR-E-ft v. 28.04.10
Die Stadtwerke haben deshalb offensichtlich – in Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung - ihren Gewinnanteil pro abgesetzter Mengeneinheit [Ct/ kWh] zu Lasten der Letztverbraucher und insbesondere des betroffenen Haushaltskunden zwischenzeitlich erhöht.  Jene Stadtwerke hatten zudem behauptet, eine Entwicklung von Gasvertriebskosten (ohne Gasbezug) in den Jahren 2004 bis 2008, weshalb ein behaupteter Anstieg der spezifischen Gasbezugskosten nicht ausgeglichen werden konnte:  2004 227.892,44 € 2005 234.197,63 € 2006 265.558,26 € 2007 261.558,66 € 2008 423.203,92 €   Es sind wahrlich zwei Stellen nach dem Komma und mithin Angaben bis auf den letzten Cent gemacht worden, was darauf schließen lässt, dass jede verklebte Briefmarke spitz abgerechnet wurde.  Gemessen an den Gasabsatzmengen betrugen dies spezifischen Gasvertriebskosten indes nur zwischen 0,02 Ct/ kWh und 0,06 Ct/ kWh. Merkwürdig ist der Anstieg der behaupteten Gasvertriebskosten bei stets rückläufigen Gasabsatzmengen.  Die genannten Daten sind kaum zu glauben.  Aus den veröffentlichten Jahresabschlüssen (http://www.ebundesanzeiger.de) ergeben sich indes allein gezahlte Konzessionsabgaben wie folgt:  im Geschäftsjahr 2005 1,154 Mio. € im Geschäftsjahr 2006 1,141 Mio. € im Geschäftsjahr 2007 1,032 Mio. € im Geschäftsjahr 2008 1,094 Mio. €   In einer Verbrauchsabrechnung vom 15.01.2009 für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2008 weisen die Stadtwerke auf Seite 2 gegenüber dem betroffenen Haushaltskunden erstmals einen „Anteil Netznutzung“ in Höhe von 327,31 € aus.  Bei dem dabei zur Abrechnung gestellten Verbrauch in Höhe von 29.423 kWh ergibt sich ein Anteil Netznutzung in Höhe von 1,112429 Ct/ kWh (netto) ( = 32.731 Ct / 29.423 kWh).  Der Anteil Netznutzung betrifft sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis.  Um das rechnerisch nachzuvollziehen, muss man nicht erfolgreich an Mathematik- Olympiaden teilgenommen haben. Grundschulwissen reicht fast aus.  Die Stadtwerke haben nicht vorgetragen, wie sich die Netzkosten, die einen ganz erheblichen Anteil an den Gaskosten des betroffenen Haushaltskunden haben, und die weiteren preisbildenden Faktoren des Grund- und Arbeitspreises sich zwischenzeitlich entwickelt hatten, so dass eine Billigkeitskontrolle i. Ü. nicht erfolgen kann.
--- Ende Zitat ---

Man muß zumindest mal festhalten, dass die Position \"Gewinn/Marge\" auch zu den \"sonstigen Kosten\" gehört, wenn auch nicht auf Bezugskostenseite, so aber auf Absatzkostenseite, die der Letztverbraucher zahlt. Dass der Gewinn auf Kosten des Kunden nicht gesteigert werden darf, das wissen wir ja schon.

Wenn man bei anderen Kunden, des Wettbewerbs wegen, drauflegt und dies beim Haushaltskunden wettmacht, zuletzt aber auf die \"gesamten Kosten\" der Sparte Gas verweist, die einen steigenden Verlauf belegen sollen, dann wird man mithilfe einer \"Billigkeitsprüfung für Dummies\", so wie dies bei vielen Gerichten im Südwesten Deutschlands festzustellen ist, kaum zu einer anderen Beurteilung kommen, als zur angeblichen Billigkeit der eingeklagten Preise.

Ein anschauliches Beispiel ist das Urteil des LG Ulm/Do. (Seite -9-, Ziff. 6, a.E.-) welches die Darlegungen der Bekl. mit einer profunden Sachkenntnis vom Tisch wischte, d.h. es käme nicht auf eine Darlegung der spezifischen Kostenbestandteile an und aus den Darlegungen der Klg. betreffend die Entwicklung der Gesamtkosten Gas zeige sich, dass eine Kompensation der gestiegenen Bezugskosten nicht erkennbar sei.


Fakt ist:
(1) derartig aufwendige Analysen werden im Zuge des Verfahrens nicht nachvollzogen (ob dies Wille oder Unwille ist, lasse ich mal dahin gestellt).

(2) da der Richter nicht rechnet (iudex non calculat), ist auch diesbezüglich nichts anderes zu erwarten.

(3) das Einholen von Sachverständigengutachten, wegen lumpiger 200 Euronen, stellt für den iudex eine Zumutung dar.

(4) man kennt ja den BGH. Und der VIII. Senat ist ja die herrschende Meinung. Doch weil der VIII. Senat gemeint hat, es genüge für die Billigkeitsprüfung die Einholung von Zeugenbeweis, in der Regel von Sachbearbeitern des klägerischen Hauses, weiter, so der VIII., komme man hierbei auch ohne Offenlegung der Kalkulation aus (zumindest grundsätzlich), liegt doch alles in Butter.

(5) was soll das ganze Gedöns wegen Deltas von

RR-E-ft:
@tangocharly

Man muss den Gerichten schon verdeutlichen, dass es nicht um die Entwicklung des Gewinns der Gassparte, sondern um die Entwiclung des Gewinnanteils am konkreten Vertragspreis je abgesetzter Mengeneinheit geht.


--- Zitat ---BGH VIII ZR 138/07 rn. 39

Eine auf eine Bezugskostensteigerung gestützte Preiserhöhung kann allerdings - wie die Revisionserwiderung zu Recht einwendet - unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315, Tz. 26). Unter diesem Gesichtspunkt müssen jedenfalls die Kostenbestandteile des Preissockels in die Beurteilung der Billigkeit der Preiserhöhung einbezogen werden, auch wenn dieser in seiner Gesamtheit, wie ausgeführt (oben unter 1), einer Billigkeitskontrolle entzogen ist (vgl. Dreher, ZNER 2007, 103, 107).
--- Ende Zitat ---

An dieser stelle sollte der Kunde geltend machen, welche Kostenbestandteile in Grund- und Arbeitspreis Eingang finden und dass deren zwischenzeitliche Entwicklung jedenfalls in die Beurteilung der Billigkeit einbezogen werden muss, was entsprechende Darlegungen desjenigen erfordert, den die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit trifft.

Hierbei wiederum sind die Netzkosten eine relevante Größe, ebenso wie die Kosten des Messtellenbetriebs, die Kosten der der Messung und der Abrechnung.....

Im Beispielsfall konnte aufgezeigt werden, dass weitere Kostenbestandteile einen weit größeren Anteil an den vom Kunden geforderten Gaspreisen haben als die behaupteten Gasvertriebskosten. Ersichtlich wurde auch, dass zu diesen weiteren maßgeblichen Kostenbestandteilen und deren Entwicklung bisher jedweder Vortrag fehlt.

Im konkreten Fall hat das Gericht erkannt, dass der entsprechende Vortrag für die Billigkeit der geforderten Gaspreise maßgeblich ist.

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