Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Billigkeitseinrede bei Ersatzversorgung
bolli:
--- Zitat ---Original von Gas-Rebell
--- Zitat ---Original von bolli
Da bei der Ersatzversorgung eben kein Vertrag zustande kommt, erscheint es fraglich, ob hier ein Unbilligkeitseinwand möglich ist, da der § 315 BGB gerade einen solchen vorausetzt.
--- Ende Zitat ---
§ 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 (nach § 3 GasGVV i.V.m. § 38 EnWG ebenfalls gültig für die Ersatzversorgung) besagt wörtlich:
\"§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt von Satz 2 unberührt.“
Wobei besagter Satz 2 Beschränkungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung bei Einwänden gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen des Grundversorgers enthält. Siehe hier.
Inwiefern soll da § 315 BGB aus sich heraus eine Billigkeitseinrede unmöglich machen, sodass der Versorger berechtigt sein könnte, einen gerichtlichen Mahnbescheid zu beantragen?
--- Ende Zitat ---
Sie haben Recht, der Unbilligkeitseinwand kann erhoben werden, nur die Sockelpreistheorie dürfte nicht angewandt werden, da ja eben kein Vertrag zustande kommt, bei dem ich diesen anerkannt hätte.
Manchmal verliert man echt den Überblick. ;)
reblaus:
Die Unbilligkeitseinrede kann nach der gefestigten Rechtsprechung zum Sockelpreis nur bei Preisänderungen eingelegt werden. Soweit keine Preisänderung erfolgte, gilt der anfängliche Preis als vertraglich vereinbart. Ich sehe kein Argument, dass dies bei der Ersatzversorgung anders sein sollte.
Allenfalls für den Fall, dass der Verbraucher nachweisen kann, dass die Preisfestsetzung unbillig war, sehe ich gewisse Chancen den Versorgerpreis anzugreifen. Ein solcher Nachweis wird aber allenfalls dann gelingen, wenn der Preis in einem anderen Verfahren erfolgreich angegriffen wurde, und auf diese Beweismittel zurück gegriffen werden kann.
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von reblaus
Die Unbilligkeitseinrede kann nach der gefestigten Rechtsprechung zum Sockelpreis nur bei Preisänderungen eingelegt werden. Soweit keine Preisänderung erfolgte, gilt der anfängliche Preis als vertraglich vereinbart. Ich sehe kein Argument, dass dies bei der Ersatzversorgung anders sein sollte.
--- Ende Zitat ---
Dies ist mir aus folgenden Gründen nicht eingängig:
1. Meiner Kenntnis nach gibt es bisher keinerlei Rechtssprechung zum Sockelpreis bei der Ersatzversorgung.
2. Eine Übertragbarkeit der Rechtssprechung zu Sockelpreisen der Grundversorgung auf die Ersatzversorgung scheidet m.E. aus, da § 3 Abs. 1 S. 1 GasGVV ausdrücklich nur die §§ 4 bis 8, 10 bis 19 und 22 sowie für die Beendigung der Ersatzversorgung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes § 20 Abs. 3 als für die Ersatzversorgung entsprechend gültig anführt, nicht jedoch § 2 Abs. 2 GasGVV. Damit kommt also im Falle der Ersatzversorgung m.E. kein Vertragsverhältnis und damit auch keine Vereinbarung über einen Sockelpreis zustande, insbesondere dann nicht, wenn schon vor Beginn der Lieferung bzw. notgedrungenen Gasentnahme einem Grundversorgungsvertrag explizit widersprochen und die Preisforderung der Ersatzversorgung als unbillig gerügt wurde.
3. Zudem besagt, wie bereits oben dargelegt, § 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 ausdrücklich (nach § 3 Abs. 1 S. 1 GasGVV auch für die Ersatzversorgung geltend), dass Einreden aus § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt bleiben, womit m.E. der Wille des Gesetzgebers offenbar wird, dass Billigkeitsrügen zu Ersatzversorgungspreisen auch dann möglich sein sollen, wenn bei der Ersatzversorgung kein Vertragsverhältnis, sondern lediglich ein gesetzliches Lieferverhältnis zustande kommt. Wie will ein Gericht einschließlich des BGH da an dieser ausdrücklichen Rechtseinräumung des § 17 GasGVV, Abs. 1, S. 3 vorbeikommen?
Crazycreek5:
Falle ich als gekündigter Gaskunde in die Ersatzversorgung?
Ich meine, jeder gekündigte Gaskunde fällt in die Grundversorgung.
(Bei der Ersatzversorgung beziehen Sie aus dem Niederdrucknetz Energie, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, d.h. der Erdgasbezug erfolgt ohne einen Liefervertrag)
Denn hier ist doch ganz klar ein Liefervertrag zugeordnet?
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von Crazycreek5
Falle ich als gekündigter Gaskunde in die Ersatzversorgung?
Ich meine, jeder gekündigte Gaskunde fällt in die Grundversorgung.
--- Ende Zitat ---
Ob Sie \"fallen\", entscheiden Sie selbst. Als gekündigter Sondervertragskunde könnten Sie sich auch entscheiden, zu einem anderen Versorger zu wechseln. Wenn sich dann herausstellt, dass dieser nicht in der Lage ist, einen nahtlosen Belieferungsübergang zu gewährleisten, sondern z.B. erst 1 Monat später, dann könnten Sie Ihrem Altversorger (unterstellt, dass dieser auch Grundversorger ist) mitteilen, dass Sie es ablehnen, für die Überbrückungszeit einen Grundversorgungsvertrag mit ihm zu begründen und lediglich Ersatzversorgung in Anspruch nehmen werden. Dann \"fallen\" Sie keineswegs in die Grundversorgung, sondern beziehen Erdgas ohne einen bestimmten Liefervertrag, sprich über die Ersatzversorgung.
Zugleich lässt sich nach meinem Dafürhalten Billigkeitsrüge gegen den Preis der Ersatzversorgung erheben. Wobei \"Billigkeitsrüge\" hier insbesondere auch meint, den Versorger unter Hinweis auf § 315 BGB und § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV zunächst \"zwecks Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung\" dazu aufzufordern, hinreichende und nachvollziehbare Nachweise für die Billigkeit seiner Preisforderung beizubringen und zu betonen, dass Sie sich bis dahin auf die Unverbindlichkeit und Nichtfälligkeit der Ersatzversorgungspreise berufen.
In o.g. Fallkonstellation, in der der Versorger in einer anschließenden Mahnung mit Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens droht, ließe sich ggf. auch noch erwidern, dass man diese Drohung im Wiederholungsfall angesichts der ausdrücklichen Rechtseinräumung des § 17 Abs. 1 S. 3 GasGVV als verwerflich rechtswidrige Handlung ansehen wird, die den Verdacht einer Nötigung i.S.d. 240 StGB begründet.
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