Energiepreis-Protest > Pfalzgas Frankenthal

Befangener Gutachter und/oder befangenes Gericht?

<< < (14/21) > >>

RR-E-ft:
Für die Grundversorgung hätte der Versorger wohl vorzutragen, dass er selbst Grundversorger ist und es sich bei seinem Vertragspartner um einen Haushaltskunden handelt, die Abnahmestelle zunächst vertragsfrei war und das Vertragsverhältnis allein durch Gasentnahme ohne anderweitige vertragliche Abrede zwischen den Parteien zustande kam, wodurch die Belieferung im Rahmen der Grundversorgung zu den jeweiligen vom Grundversorger veröffentlichten Allgemeinen Preisen der Grundversorgung als vereinbart gilt, zu denen auch die Belieferung durchgängig erfolgt. Ist der Versorger kein Grundversorger (Lichtblick), der Kunde kein Haushaltskunde (BASF Ludwigshafen), kann durch Gasentnahme kein Grundversorgungsvertrag zustande kommen. Die Gasentnahme aus dem Netz könnte zudem auch lediglich zur zeitlich befristeten Ersatzversorgung durch den Grundversorger gem. § 38 EnWG führen. Schließlich ist nicht jeder, der Gas aus dem Netz entnimmt auch zwingend Kunde. Wenn ein Tarifkundenvertrag durch Gasentnahme konkludent geschlossen werden kann, dann kann möglicherweise auch ein Gaslieferungsvertrag zu ebenso veröffentlichten Erdgas- Sonderpreisen konkludent geschlossen werden, jedenfalls wenn die Abrechnung danach immer zu solchen (veröffentlichten) Erdgas- Sonderpreisen erfolgte und eben nicht zu den als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen/ Preisen der Grundversorgung. Wurden aber andere als die Allgemeinen Tarife/ Preise der Grundversorgung (konkludent) vereinbart, so handelt es sich m. E. um einen Sondervertrag.

Darauf kommt es indes in dem genannten Verfahren vor der Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal ersichtlich wohl nicht an.

Bedauerlich ist doch, dass es zu jenem Verfahren zu der vorliegenden  Diskussion mit erheblichem Terz kam, wohl weil weder das Gericht noch der Prozessbevollmächtigte des Kunden den gegenwärtigen Verfahrensstand hinreichend erklärt haben. Der Kunde hätte in dem Verfahren wohl nochmals deutlich zu machen, weshalb nach seiner Überzeugung gerade kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht und dass ggf. die Voraussetzungen für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht vorliegen, sei es, weil es an jenem Beweisangebot fehlt, sei es weil jenes auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet ist, wenn die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen sein sollten. Man sollte deshalb in der Diskussion dazu versuchen, sich auf die konkrete Verfahrenssituation im dortigen Gerichtsverfahren zu konzentrieren.

reblaus:
Schön dass in diesem Verbraucherforum darauf hingewiesen wurde, dass Industriekunden keinen Anspruch auf Belieferung in der Grundversorgung haben. Das war zum besseren Verständnis der hier veröffentlichten Beiträge dringend notwendig.

Wie die hier diskutierte Problematik bei einem Gasanbieter der keine Grundversorgung anbietet überhaupt auftreten kann, müsste noch detaillierter verdeutlicht werden. Möglicherweise dass der Verfasser glaubt, bei Gasentnahme könnten alle im örtlichen Markt vertretenen Anbieter laut \"hier\" rufen, und schon käme mit ihnen ein konkludenter Sondervertrag zustande.

In § 2 Abs. 2 GasGVV ist als Rechtsfolge der Gasentnahme vorgesehen, dass ein Grundversorgungsvertrag zustande kommt. Wenn man es mit Angebot und Annahme nicht so genau nimmt, und das Gesetz als unverbindliche Empfehlung ansieht, ist natürlich auch die Interpretation dahingehend möglich, dass in jedem 5. Fall statt eines Grundversorgungsvertrages ein Sondervertrag zustande komme :D

Ein Sondervertrag kommt nach meiner Ansicht zustande, wenn z. B.  die Belieferung mit einem Anteil Biogas zu besonderen Tarifen vereinbart wird. Hier erkennt der durchschnittliche Verbraucher durch die besondere Ware, dass er nicht nach allgemeinen Bedingungen beliefert wird. Bei einem Tarif der lediglich einen Mengenrabatt beinhaltet, sind solche besonderen Verhältnissse nicht erkennbar. Die konkludente Vereinbarung eines Liefervertrages mit einem Anteil Biogas kann ich mir aber nur schwer vorstellen.

Black:
Wenn das Gericht ein Gutachten zur Billigkeit einholt, dann muss die Billigkeit ja zuvor vom Kunden selbst gerügt worden sein.

Wenn der Kunde aber so felsenfest überzeugt war, Sonderkunde ohne Preisanpassungsrecht zu sein, hätte er die Unbilligkeitseinrede nicht erheben müssen und das Gericht hätte auch kein teures Gutachten einholen können. Möglicherweise hätte sich das Gericht dann sorgfältiger mit der Vertragsart befasst.

Wenn der Kunde aber die Unbilligkeitseinrede gezielt trotzdem erhoben hat, um \"auf Nummer sicher\" zu gehen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dann sollte er nicht vom Untergang des Abendlandes ud des Rechtsstaates fabulieren, wenn nun genau dieser Fall (für den er ja mit seiner Unbilligkeitseinrede gezielt vorgesorgt hat) tatsächlich eingetreten ist.

RR-E-ft:
@reblaus

Wir sollten beim Kern bleiben. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das LG Frankenthal das betroffene Vertragsverhältnis als Belieferung innerhalb der Grundversorgung ansieht.

Dass mancher es mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 II GVV nicht so genau nimmt, und diese bedenklich auf \"Gasentnahme\" reduziert, ist wohl schon hinreichend deutlich geworden. Der \"Biogasanteil\" -Kunde wird bei einem Vergleich der Ware mit der seinem Nachbarn über die gleiche Röhre gelieferten Ware Erdgas wohl keinerlei Unterschied feststellen können. Die gelieferte Ware wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit identisch sein, sich auch bei aufwendigen Laboruntersuchungen als nicht unterscheidbar erweisen. Auch ansonsten unterscheiden sich die Lieferbedingungen möglicherweise nicht.

Wenn durch einen Monopolanbieter ein Erdgas- Sonderpreis angeboten wurde, die Parteien sich auf die Belieferung zu diesem Sonderpreis geeinigt hatten, was darin zum Ausdruck kommen kann, dass die Abrechnung durchgängig zum Erdgas- Sonderpreis erfolgte und bezahlt wurde, dann liegt ein Sondervertrag vor. Es ist dann nämlich gerade nicht davon auszugehen, dass sich die Parteien auf die Belieferung zu den als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen geeinigt hatten, sondern vielmehr auf einen davon abweichenden, als solchen bezeichneten und ggf. veröffentlichten Erdgas- Sonderpreis. Dafür ist es vollkommen unerheblich, in welche Richtung, in welchem Umfang, aus welchem Grund der vereinbarte Erdgas- Sonderpreis vom Allgemeinen Tarif abweicht (worüber sowieso nur selten gesprochen wird). Der veröffentlichte Erdgas- Sonderpreis wurde  - im Gegensatz zu den als solchen veröffentlichten Allgemeinen Tarifen/ Preisen der Grundversorgung - im Rahmen der Vertragsfreiheit angeboten.

@Black

Wenn ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht, es deshalb auf die streitige Frage der Billigkeit ankommt, dann muss man mit der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens rechnen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Ich sehe auch keinen Grund, weshalb der betroffene Kunde deshalb wehklagen sollte. Er könnte ja die Unbilligkeitseinrede auch fallenlassen und sich immer noch im Prozess durchsetzen, wenn aus Rechtsgründen im konkreten Vertragsverhältnis kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht besteht. Immerhin trifft das Kostenrisiko beide Streitparteien gleichermaßen.

Der Versorger, der eine vorgeblich offen stehende Forderung aus Gaslieferungen in Höhe von  2,50 EUR einklagt, muss ggf. Beweis durch gerichtliches Sachverständigengutachten antreten, die Kosten in Höhe von 10.000 EUR vorschießen und dann noch dem gerichtlich bestellten Gutachter die von diesem geforderten Unterlagen vollständig zur Verfügung stellen... Der Kunde entscheidet, ob er es darauf ankommen lässt, oder seine Verteidigung im Prozess vor der Einholung eines Sachverständigengutachtens ggf. umstellt.

reblaus:
@RR-E-ft
Ich habe bereits weiter oben deutlich darauf hingewiesen, dass es sich hier um einen Sondervertrag handeln wird, und das Gericht wohl von einer wirksamen Preisanpassungsklausel ausgeht, so dass es die Einholung des  Gutachtens aus diesem Grunde angeordnet hat.

Die Diskussion um die Tarife hat sich entwickelt, da Stubafü mit dem tatsächlichen Sachverhalt nur scheibchenweise herausgerückt ist.

@Black
Das hatte jetzt eine geradezu erschreckende Logik. ;)

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