Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
Black:
Das Gericht kann trotz Antragsbindung bei Unbilligkeit einen selbst festgesetzten Preis tenorieren. Wenn das Gericht im Rahmen einer Zahlungsklage zum Ergebnis kommt, dass der Kläger nur Anspruch auf einen Teil der eingeklagten Summe hat, dann wird es diese Summe zusprechen, ohne das es eines erneuten reduzierten Klageantrages bedarf.
Bsp:
Wenn K 5.000,- Euro aus Werkvertrag fordert und der B die Zahlung wg. Mängeln verweigert, kann das Gericht den B auch zur Zahlung von 2.000,- Euro verurteilen, ohne das der K noch einen reduzierten Antrag stellen muss oder einen Feststellungsantrag auf hilfsweise Festsetzung des zustehenden Werklohnes. Auch muss K dann nicht vorher eine neue \"korrekte\" Rechnung über 2.000,- Euro erstellen um die Fälligkeit neu zu schaffen.
Um den Zahlungsanspruch des EVU zu prüfen muss das Gericht bei bestehender Unbilligkeitseinrede incident die Billigkeit prüfen. Der § 315 BGB schreibt als Rechtsfolge der Feststellung der Unbilligkeit automatisch die Ersetzung durch das Gericht vor.
reblaus:
@Black
Ihren Vergleich mit dem Werkvertrag verstehe ich nicht. Der Kunde ist nicht verpflichtet eine mangelhaftes Werk abzunehmen. Dies ist die Fälligkeitsvoraussetzung für die vereinbarte Vergütung. Ein Gericht kann den Besteller nicht zu einer der in § 634 BGB geregelten Rechtsfolgen zwingen. Die Auswahl steht dem Besteller zu.
Hat der Besteller ein mangelhaftes Werk abgenommen, so wird die Vergütung zur Zahlung fällig, vermindert um einen angemessenen Teil nach § 641 Abs. 3 BGB. Das Risiko, diesen angemessenen Teil zu hoch angesetzt zu haben, trägt der Besteller.
Beim Gasliefervertrag sieht die Rechtslage vollkommen anders aus. Die Vergütung ist nicht nach Abnahme oder Entnahme der Ware fällig, sondern 14 Tage nach Erstellung der Abrechnung. Die Abrechnung kann aber erst dann erstellt werden, wenn der korrekte Preis bekannt ist.
Wenn das Gericht den Preis von Amts wegen bestimmen muss, so hat es die Zahlungsklage mangels Fälligkeit des sich ergebenden Anspruchs entweder abzuweisen oder es hat eine Zwischenentscheidung über die Billigkeit zu fällen, so dass den Parteien die Möglichkeit eröffnet wird anhand des festgesetzten Preises ihre Vertragspflichten zu erfüllen. Erfüllt der Kunde seine Zahlungspflicht auf Basis des gerichtlich bestimmten Preises oder erkennt er den sich daraus ergebenden Anspruch an, so trägt der Versorger die gesamten Kosten der Verfahrens.
ktown:
--- Zitat ---Original von reblaus
Beim Gasliefervertrag sieht die Rechtslage vollkommen anders aus. Die Vergütung ist nicht nach Abnahme oder Entnahme der Ware fällig, sondern 14 Tage nach Erstellung der Abrechnung.
--- Ende Zitat ---
Wird damit nicht die Verjährungsfrist vollkommen ausgehebelt?
Somit könnte jeder Energieversorger auch Jahrzehnte nach entnahme der Energie eine Rechnung stellen und der Kunde müßte zahlen.
tangocharly:
--- Zitat ---Original von Black
[...]Der § 315 BGB schreibt als Rechtsfolge der Feststellung der Unbilligkeit automatisch die Ersetzung durch das Gericht vor.
--- Ende Zitat ---
Auch wenn bekannt ist, dass Sie sich da ab und an mit RR-E-ft in dieser Frage mit unterschiedlichen Auffassungen reiben wollen, von einem \"Automatismus\" kann, auch wenn Sie auf den 315 verweisen, keine Rede sein.
Das von RR-E-ft zitierte Erkenntnis des BGH vom 05.07.2005 können Sie ja weiter oben nachlesen, und dort wird dies ausdrücklich erwähnt
--- Zitat ---Zitat: BGH, Urt. v. 05.07.05 - X ZR 60/04 Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.
--- Ende Zitat ---
Es ist immer wieder beruhigend feststellen zu können, dass andere Bundesrichter sich nicht genötigt sehen, ihre Fähnlein in den Wind zu hängen.
bolli:
--- Zitat ---Original von ktown
--- Zitat ---Original von reblaus
Beim Gasliefervertrag sieht die Rechtslage vollkommen anders aus. Die Vergütung ist nicht nach Abnahme oder Entnahme der Ware fällig, sondern 14 Tage nach Erstellung der Abrechnung.
--- Ende Zitat ---
Wird damit nicht die Verjährungsfrist vollkommen ausgehebelt?
Somit könnte jeder Energieversorger auch Jahrzehnte nach entnahme der Energie eine Rechnung stellen und der Kunde müßte zahlen.
--- Ende Zitat ---
Nein, denn gem. § 40 EnWG haben Sie einen Anspruch darauf, spätestens nach 12 Monaten eine Abrechnung zu bekommen (gilt für Strom und Gas). Passiert dieses nicht, sollten Sie sich an Ihren Versorger wenden und ihn dazu auffordern. Tut er dieses nicht, lassen Sie es gut sein. Kommt er dann Jahre später auf einmal doch mit iener Rechnung für diesen Abrechnungszeitraum, können Sie sich auf die sogenannte Verwirkung berufen. Er kann halt nicht beliebig lange mit seiner Abrechnug warten. Jedoch müssen Sie auch nachweisen, dass Sie ihn zur Rechnungslegung aufgefordert haben. Nur darauf hoffen, dass auch nach 5 Jahren keine Rechnung kommt, könnte zu wenig sein.
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