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Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit

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Black:
Ein Beispiel:

Ein EVU erhebt Zahlungsklage gegen ein Widerspruchskunden auf Zahlung von 500,- Euro. Der Kunde ist Tarifkunde und hatte seine Zahlungen unter Berufung auf § 315 BGB in der Form gekürzt, dass die beanstandeten Preiserhöhungen nicht gezahlt wurden sondern nur der bis dahin geltende \"Sockelpreis\"

Das Gericht ordnet die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens an um die Billigkeit der Preise zu prüfen. Die Gutachterkosten belaufen sich auf 2.000,- Euro.

Das Gericht stellt dabei fest, dass die Preise nicht der Billigkeit entsprechen und ersetzt die unbillige Preisbestimmung des EVU gem. § 315 BGB durch eine eigene gerichtliche Preisfestlegung.

Nach dem neuen Preis werden dem klagenden EVU noch 250,- Euro von den ursprünglich geforderten 500,- Euro zugesprochen.

Kostenfolgen:

- das EVU erhält einen Zahlungstitel über 250,- Euro
- die Kostenquote beträgt 50% daher müssen EVU und Kunde die Verfahrenskosten je zur Hälfte tragen

Der Kunde muss damit 250,- Euro + 1.000 Euro Gutachterkosten + 1/2 gerichtskosten + eigene Anwaltskosten tragen

Preisfrage: Um wieviel Prozent muss der beanstandete Preis also unbillig überhöht sein, damit der Kunde trotz erfolgreichem Unbilligkeitseinwand aufgrund der Kostenquote nicht mit einem Minus aus dem Verfahren herausgeht?

RR-E-ft:
Ihre Preisfrage ist mathematisch wohl nicht lösbar, weil es viel zu viele Unbekannte darin gibt.  

Die gerichtliche Tarifbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB wird wohl auch Wirkung für die Zukunft zeitigen. Man muss deshalb möglicherweise die deshalb resultierenden Einsparungen des Kunden auch in den nächsten 20 Jahren des laufenden (vom Grundversorger nicht ordentlich kündbaren) Vertragsverhältnisses mit in die Überlegungen einstellen. Wer die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung hat, braucht sich gar keine Gedanken zu machen.

Black:
Trotzdem nehme ich natürlich an, dass der ordentliche Verbraucheranwalt seinen Mandanten darauf hinweist, dass im obigen Fall auch bei einer zu 90 % unbilligen Preisfestsetzung (da muss der Versorger schon viel falsch gemacht haben) noch immer

50,- Euro (Hauptforderung) + 200,- Euro (Gutachterkosten) + 10 % Anwaltskosten + 10 % Gerichtskosten vom Kunden zu zahlen sind.

RR-E-ft:
Wenn der Versorger die Billigkeit nicht nachweisen kann, steht die Unbilligkeit damit regelmäßig noch nicht positiv fest. Es fehlt zumeist an den Voraussetzungen einer gerichtlichen Ersatzbestimmung gem.§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, so dass die Zahlungsklage des Versorgers insgesamt als derzeit unbegründet abgewiesen werden muss (vgl. BGH, Urt. v. 02.10.1991 - VIII ZR 240/90 am Ende).

Zudem wird die Forderung frühestens mit der Rechtskraft des Urteils mit der getroffenen Ersatzbestimmung (incidentes Gestaltungsurteil) fällig. Der Kunde befand sich dann zu keinem Zeitpunkt vor Rechtskraft der Entscheidung mit Zahlungen im Verzug, so dass die Kosten des Verfahrens wohl in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO dem auf Zahlung klagenden Versorger aufzugeben sind.

Erfolgt die Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB schließlich auf Antrag des Kunden (§ 308 ZPO), hat wohl auch der Versorger die Kosten insgesamt zu tragen, weil diesem Antrag des Kunden vollständig stattgegeben wird.

Black:
Das kommt auf das Ergebnis des Gutachtens an.

Liefert das EVU keine Daten an den Gutachter oder bietet keinen Beweis an, dann haben Sie recht. Sobald aber ein umfassendes Sachverständigengutachten vorliegt, wird darin üblicherweise umfassend dargelegt inwieweit das EVU die Vorgaben des BGH für eine \"billige\" Anpassung eingehalten hat.

Üblicherweise wird also die Steigerung der Vorlieferantenpreise etc. in Zahlen/Prozent dort angegeben. Anhand dieser Daten ist in der Regel auch der Umfang der Unbilligkeit ersichtlich, da diese als Abweichung deutlich wird.

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