@reblaus
Eine Großzahl der Sanktionen sind rechtswidrig, wie die Anzahl der gewonnen Prozesse gegen die Maßnahmen beweist. Es handelt sich somit nicht um Einzelfälle/Einzelschicksale, wie Du gerne glauben machen möchtest.
Eine angemessene Anwendung des § scheitert schon an der schwammigen Formulierung \"Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.\", weil es offensichtlich dem Verwender des § obliegt, einen Grund als wichtig oder nicht wichtig anzusehen.
Seit Jahren gelingt es der Bundesagentur für Arbeit nicht, geeignete Instrumente zu etablieren, die den Behördenmitarbeitern eine Unterscheidung nach wichtigem Grund und nicht wichtigem Grund ermöglichen. Ansonsten gäbe es die zahlreichen zu Unrecht verhängten Sanktionen nicht. Zeit genug war wohl vorhanden.
Wenn es also nicht möglich ist treffsicher einen \"Drückeberger\" von einem anderen zu unterscheiden, dann erscheint ein solcher § nicht geeignet. Das insbesondere dann, wenn eine falsche Entscheidung auf der einen Seite zu Risiken für Leib und Leben führen kann, wenn der Job wider besseren Wissens angenommen wird, oder auf der anderen Seite die finanzielle Unterstützung unter das Existenzminimum fällt, wenn der Job wegen des besseren Wissens nicht angenommen wird, was ebenfalls zu Risiken für Leib und Leben führen kann.
Zudem ist die Arbeitsverweigerung ein eher seltener Sanktionsgrund. Es führen häufig bereits Kleinigkeiten zu unberechtigten Sanktionen, wie beispielsweise die Verweigerung einer Unterschrift unter eine völlig unverständliche Eingliederungsvereinbarung. Auch wenn solche Sanktionen gegen die Verhältnismäßigkeit verstoßen, werden sie immer noch praktiziert. Auch hier hat die Bundesagentur für Arbeit es versäumt, geeignete Abhilfe zu schaffen.
Daß jedem Hartz IV Empfänger der Rechtsweg offen steht, wird nicht bestritten. Er kann und wird nur eben häufig aus den unterschiedlichsten Gründen nicht angewendet. Die Betroffenen sind schlichtweg überfordert und kennen ihre Rechte nicht, was in einem Dschungel voller Fußangel-Paragrafen und unklarer Regelungen, die sich mitunter gegenseitig widersprechen, für einen Normalbürger nachvollziehbar ist. Du kannst nicht Deine Kenntnisse als ausgebildeter Rechtsanwalt zum Maß aller Dinge machen.
Es geht auch augenscheinlich nicht darum das Hartz IV Gesetz auszusetzen, sofern Du das meintest, sondern nur einen § der für die zahlreichen zu Unrecht verhängten Sanktionen verantwortlich ist.
Was macht man denn mit einem §, wenn er sich in der Praxis als untauglich herausstellt?
Wenn es nach Dir gehen würde, dann würde man ihn wohl einfach so belassen wie er ist, völlig egal, ob er sich in der Praxis bewährt hat oder ob er häufig zu Ungerechtigkeiten führt - nur die gute Absicht zählt.
Vielleicht solltest Du Dir mal zumindest Kapitel 5.4 Resümee der Broschüre
\"Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - Sanktionen gegen Hartz-IV-Beziehende - Erfahrungen, Analysen, Schlussfolgerungen\" (PDF) ansehen.
Ich bin nicht arbeitslos und war es auch noch nicht. Ich setze mich aber für eine Wiederherstellung eines sozialeren Staates ein und dafür, daß die Würde des Menschen vom Staat wieder geschützt wird und es sich dabei nicht nur um leere Floskeln im Grundgesetz handelt. Gibt es einen Fall, in dem der Staat die Würde des Menschen nicht schützt, dann ist das einer zu viel.
Du hingegen scheinst die Meinung zu vertreten, daß es auf Einzelfälle nicht ankommt.