Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sondervertrag gekündigt: Wie geht\'s weiter?

<< < (98/99) > >>

bolli:

--- Zitat ---Original von reblaus
Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Lösung einer Rechtsfrage aus dem Gesetz ergibt, und nicht (direkt) aus der Rechtsprechung oder aus dem Glauben. Wenn das so ist, sollte man auch mit dem Gesetz argumentieren.
--- Ende Zitat ---
Mein verehrter @reblaus,

ich schätze Ihre Beiträge durchaus sehr, jedoch ist anscheinend die Lesart des Gesetzes bei einigen durchaus unterschiedlich.

Leider beherrsche ich die Technik, auf einzelne bestimmte Beiträge innerhalb dieses Threads, der mittlerweile zugegebenermaßen etwas unübersichtlich geworden ist, zu verlinken, nicht. Da ist nämlich an verschiedenen Stellen durchaus mehreres aus dem Gesetz gesagt worden. Ich möchte aber auch nicht alles nochmals wiederholen. Daher hier nur ein alter Beitrag von mir:


--- Zitat ---Original von bolli
Da es sich bei meinem Gas aber um ein besonders wichtiges Gut handelt, hat der Gesetzgeber dankenwerterweise das Energiewirtschaftsgesetz erlassen und dort festgelegt, dass

1.) für ein Gasversorgungsgebiet immer ein Grundversorger vorhanden sein muss, der diese gesetzliche Gaslieferverpflichtung erfüllen muss (§36 EnWG) und
2.) das dieser gesetzliche Grundversorger, da er ein einseitiges Preisbestimmungsrecht hat, darauf zu achten hat, dass der in dieser gesetzlichen Grundversorgung von ihm bestimmten Preis der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs 1. BGB).

Für den Fall, dass ich als Kunde der Meinung bin, dass dieser von ihm angesetzte Preis nicht der Billigkeit entspricht, kann ich gem. § 315 Abs. 3 BGB einen Billigkeitseinwand geltend machen und die Preise sind bis zum Nachweis der Billigkeit erstmal nicht verbindlich (vereinbart).

Wie also, in Gottes Namen, soll ich einen einmal vorhandenen Preissockel, der meiner nach nicht der Billigkeit entspricht, wieder in Frage stellen können, wenn der VIII. Senat und einige hier permanent das Anerkenntnis des Sockelpreises herleiten (möchten).

Dafür, dass der Versorger nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung zur Grundversorgung sondern auch eine solche Berechtigung hat und dort ein einseitiges Preisbestimmungsrecht zugestanden bekommt, muss er sich an die Spielregeln halten und die lauten: Festsetzen billiger Preise und zwar Sockelpreis und Preiserhöhungen.

Ich will nicht wechseln, ich will unter Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung mit Gas beliefert werden, welches einem angemessenen Preis entspricht und nicht Gewinnmargen von wer weiss wieviel Prozent enthält. Da es hier nicht um Kaugummi, Kartoffeln oder Chips sondern um ein Gut der Daseinsvorsorge geht und der gesetzliche Grundversorger sich nicht unangemessen an den Bedürfnissen seiner Kunden bereichern soll, sind ja diese gesetzlichen Schranken da.
--- Ende Zitat ---
Sie sagten an einer anderen Stelle ziemlich vorne mal:

--- Zitat ---Original von reblaus
@Münsteraner
Ein Vertrag kommt nicht dadurch zustande, dass die eine Vertragspartei der anderen ihren Willen aufzwingt.
--- Ende Zitat ---

Nochmals, es geht hier nicht um Bananen oder Äpfel, auf deren Genuss man freiwillig verzichten kann, sondern es geht um ein Gut der Daseinsvorsorge, für dessen Sicherstellung der Belieferung der Gesetzgeber eigene Rechtsvorschriften erlassen hat.

Und um nochmals auf das aufzwingen des Willens zu kommen. Wie bezeichnen Sie es denn, wenn Sie nur unter Inkaufnahme des aus ihrer Sicht überhöhten Preissockels ihr Recht auf die gesetzliche Grundversorgung sichergestellt bekommen? Für mich ist das genau der Zwang, den Sie einer der beiden Parteien nicht zubilligen. Schließlich hat auch der BGH schon entschieden, dass der Kunde nicht auf einen anderen Energieträger als Ausweichlösung für seine Gaslieferung verwiesen werden kann..

Also, ich lese weder im EnWG noch in der GasGVV etwas von einer Aufteilung des Preises in Preissockel und angepasste Preise. Und der Verweise auf die allgemeinen Vertragsregelungen des BGB mit dem vereinbarten Preis bei Vertragsschluss passt bei Abnahme des lebensnotwendigen Gutes \"Gas\" und gleichzeitigem Unbilligkeitseinwand schon vor der ersten Gasentnahme eben nicht.

Übrigens hat auch der Kartellsenat eine solche Preisaufspaltung in seiner Entscheidung abgelehnt, wenn es um ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht geht. BGH, Urt. v. 04.03.2008 - KZR 29/06

Und als letztes sei noch gesagt, dass auch Sie sich nicht immer so sicher zu sein scheinen, wie Sie manchmal vorgeben.  ;)


--- Zitat ---Original von reblaus
@Bolli
Es hat bisher noch kein Verbraucher die Frage gestellt, wie lange eigentlich die Wartefrist bemessen sein muss, die der BGH beim Preissockel verlangt, und was eigentlich passiert, wenn innerhalb dieser Wartefrist der Versorger seine Preise erneut erhöht. Zieht er dann sein altes Angebot zurück?

Es hat noch niemand vorgetragen, dass andere, die bereits erfolgreich die Unbilligkeit eingewendet haben, deutlich günstigere Grundversorgungstarife zu bezahlen haben.

Es wurden auch noch keine Fälle entschieden, bei denen der Versorger 15% Umsatzrendite erzielt. Es hat auch noch kein Versorger vorgetragen, angesichts der fehlerhaften Preisfestsetzungen der Vergangenheit nun Grundversorgungstarife zu haben, mit denen das Unternehmen nicht überleben könne.

Wenn diese Fragen zur Entscheidung anstehen, wird der BGH seine Rechtsprechung vielleicht nochmals überdenken. Bis dahin müssen wir damit leben.
--- Ende Zitat ---
Aber ich gehe davon aus, dass mittlerweile alle Argumente hinreichend ausgetauscht sind. Wer die Argumente des Anderen nicht nachvollziehen  bzw. übernehmen kann, wird dieses auch nach wiederholtem Wiederholen nicht tun.
Letztlich werden wir tatsächlich warten müssen, bis entsprechende Fälle zur Entscheidung anstehen.

Ronny:
@ Bolli

es klingt fast so als würden sie die arme Reblaus dafür angreifen, dass der BGH seine Rechtsprechung zum Sockelpreis im Rahmen der Gasversorgung entwickelt hat. Aber dafür kann Reblaus doch nichts.

reblaus:
@bolli
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Sie Ihre Ansicht nur damit begründen, dass es wünschenswert sei, mittels Widerspruch gegen einen Anfangspreis einfach ein vertragliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu vereinbaren. Es soll dabei auf den Willen des Vertragspartners nicht ankommen, und § 2 GasGVV soll für diese Fälle ausgesetzt werden.

Sie missachten für Ihre Ansicht, dass Verträge nur mit beiderseitigem Willen geschlossen werden können, und Gesetze auch dann zu beachten sind, wenn sie keinen persönlichen Vorteil einbringen.

Dann hoffen Sie darauf, dass der BGH dies ebenso sieht wie Sie.

Dass etwas aus Verbrauchersicht wünschenswert ist, kann ich nicht als Sachargument dafür gelten lassen, dass andere dann unter Zwang solche wünschenswerten Verträge abschließen müssen. Wenn Sie die grundlegenden Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts außer Acht lassen, sind Ihre darauf basierenden Argumente wertlos und Ihre Ansicht unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten fehlerhaft.

Meine Argumente, in welchen Fällen die Rechtsprechung zum Sockelpreis zumindet eine Ergänzung erfahren muss, habe ich immer mit dem Gesetz begründet, und bin auch nie der Meinung gewesen, dass der Sockelpreis gänzlich abgeschafft wird.

Das einzige was bei Altfällen zu Ihrem Ergebnis geführt hätte, wäre die Beibehaltung der Monopolrechtsprechung gewesen. Dies hat der BGH für diese Fälle aber ausdrücklich abgelehnt. Die Frage ist daher entschieden. Für aktuelle Fragen ist die Monopolrechtsprechung sowieso nicht von Bedeutung, weil es keine Gasmonopole mehr gibt.

bolli:
@reblaus
Es gilt hier glaube ich, einiges klar zu stellen::

--- Zitat ---Original von reblaus
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass Sie Ihre Ansicht nur damit begründen, dass es wünschenswert sei, mittels Widerspruch gegen einen Anfangspreis einfach ein vertragliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu vereinbaren. Es soll dabei auf den Willen des Vertragspartners nicht ankommen, und § 2 GasGVV soll für diese Fälle ausgesetzt werden.
--- Ende Zitat ---
Nein, nicht ausgesetzt, sondern unter gleichzeitiger Beachtung von § 36 (1) EnWG, § 5 (2) GasGVV und § 315 BGB. Dazu ist der Versorger ja gesetzlich verpflichtet. Ich sehe da das Problem nicht.  ?(


--- Zitat ---Original von reblaus
Sie missachten für Ihre Ansicht, dass Verträge nur mit beiderseitigem Willen geschlossen werden können, und Gesetze auch dann zu beachten sind, wenn sie keinen persönlichen Vorteil einbringen.
--- Ende Zitat ---

In der gesetzlichen Grundversorgung erfährt der Wille des einen Vertragspartners (Versorgers) aber dadurch eine Einschränkung, dass seine Preise den gesetzlichen Anforderungen (s.o.) entsprechen müssen und, entgegen vielleicht Ihrer Meinung, bin ich der Auffassung, dass der Versorger bei der Bestimmung des Anfangspreises in der gesetzlichen Grundversorgung eben auch schon ein einseitiges Preisbestimmungsrecht ausübt.


--- Zitat ---Original von reblaus
Dann hoffen Sie darauf, dass der BGH dies ebenso sieht wie Sie.
--- Ende Zitat ---
Zumindest für bestimmte Sonderfälle (s.u.)  :)


--- Zitat ---Original von reblaus
Dass etwas aus Verbrauchersicht wünschenswert ist, kann ich nicht als Sachargument dafür gelten lassen, dass andere dann unter Zwang solche wünschenswerten Verträge abschließen müssen. Wenn Sie die grundlegenden Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts außer Acht lassen, sind Ihre darauf basierenden Argumente wertlos und Ihre Ansicht unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten fehlerhaft.
--- Ende Zitat ---
Das für den Vertrag das Allgemeine Schuldrecht gilt, entbehrt in aber nicht der Verpflichtung, auch mit dem EnWG noch in Einklang zu stehen. Da gibt es meines Erachtens keine Stufigkeit, die dem Allgemeinen Schuldrecht uneingeschränkten Vorrang einräumt.


--- Zitat ---Original von reblaus
Meine Argumente, in welchen Fällen die Rechtsprechung zum Sockelpreis zumindet eine Ergänzung erfahren muss, habe ich immer mit dem Gesetz begründet, und bin auch nie der Meinung gewesen, dass der Sockelpreis gänzlich abgeschafft wird.
--- Ende Zitat ---
Die gesetzliche Begründung habe ich doch auch gegeben (auch wenn Sie sie vielleicht nicht anerklennen wollen). Und das Sockelpreisprinzip will auch ich nicht abschaffen, außer Kraft setzen oder völlig leugnen. Wenn in einer Grundversorgung ein Grundversorgungsvertrag mit einseitigem Leistungsbestimmungsrecht (Preisfestsetzungsrecht) unwidersprochen eingegangen wird, ist dieser Preis sicherlich genau wie in einem Sondervertrag als vereinbart anzusehen. Für den Fall, dass schon bei Vertragsschluss (oder unmittelbar vorher) ein Unbilligkeitseinwand vorliegt, kann ich dieses Konstrukt jedoch nicht akzeptieren, da damit aus meiner Sicht ein Teil der gesetzlichen Billigkeitskontrolle außer Kraft gesetzt würde, die ja auch in § 17 GasGVV ausdrücklich erwähnt ist.


--- Zitat ---Original von reblaus
Das einzige was bei Altfällen zu Ihrem Ergebnis geführt hätte, wäre die Beibehaltung der Monopolrechtsprechung gewesen. Dies hat der BGH für diese Fälle aber ausdrücklich abgelehnt. Die Frage ist daher entschieden. Für aktuelle Fragen ist die Monopolrechtsprechung sowieso nicht von Bedeutung, weil es keine Gasmonopole mehr gibt.
--- Ende Zitat ---
Nun, zum einen hat der BGH meines Erachtens festgestellt, dass es  (noch) keinen funktionierenden Wärmemarkt gibt und es insofern auf eine Monopolstellung nicht ankommt (Quelle habe ich gerade nicht zur Hand, suche ich aber noch mal) und zum anderen hat der Versorger im Bereich der gesetzlichen Grundversorgung sehr wohl eine Monopolstellung. Denn dort ist er für mein Gebiet einziger Anbieter und nur hier habe ich (gegebenfalls) die Möglichkeit, den gesamten Preis mittels Unbilligkeitseinwand überprüfen zu lassen. Bei möglichen Sondervertragsabschlüssen erkenne ich ja unzweifelhaft den Anfangspreis als vereinbart an.

reblaus:
@bolli
Sie weißen schön auf dieses und jenes hin, nur um Ihre eigene Theorie machen Sie einen großen Bogen.

Sie haben propagiert, dass durch einen Widerspruch gegen den Anfangspreis dieser Preis nicht zum Vertragspreis würde, weil keine Einigung zustande käme. Der trotzdem erfolgte Gasverbrauch müsse deshalb zu einem der Billigkeit entsprechenden Preis vergütet werden.

Nur gegen diese Theorie richtet sich meine Kritik. Nur in dieser Frage werfe ich Ihnen Wundergläubigkeit vor.

Ich habe versucht Ihnen klarzumachen, dass ein Gaskunde ohne Vertrag kein Gas entnehmen darf. Wenn er es dennoch tut, teilt  er mit der Gasentnahme seinen Willen mit, einen Liefervertrag abzuschließen. Da auf den Preiswiderspruch kein günstigeres Preisangebot erfolgt ist, wird der Tarifpreis zum Vertragspreis.

Sie haben kein einziges Sachargument geliefert, wie denn Ihre Theorie rechtstechnisch funktionieren soll, sondern sich immer nur auf die Ungerechtigkeit der Welt berufen.

Am Rande, die Grundversorgung ist eine gesetzliche Kontrahierungspflicht. Die damit versorgten Kunden bilden keinen eigenständigen Markt, in dem ein Monopol errungen werden könnte. Die Kunden können jederzeit zu einem anderen Versorger wechseln, der seine Leistungen nur mittels Sonderverträgen anbieten kann.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln