@jroettges
Zu einem konkreten Versorger XYX äußert sich
Black freilich nicht, jedenfalls nicht
hier.
Original von jroettges
- hätte der Versorger XYX in 2007 die widersprechenden Kunden in die Ersatzversorgung gekündigt, wäre damit auch kein neuer Preissockel vereinbart gewesen (richtig?)
Man kann Kunden nicht \"
in etwas hinein\" kündigen, sondern allenfalls bestehende Sonderverträge form- und fristgerecht kündigen, wie
Black zutreffend ausführte.
Wie es nach Wirksamwerden der Kündigung weitergeht, insbesondere bei vorsorglichem Widerspruch gegen die Allgemeinen Preise der Grundversorgung, ist fraglich und wird hier heftig diskutiert.
Alle sind sich darüber einig, dass § 315 BGB
allenfalls dann auf Sonderverträge anwendbar ist, wenn die Parteien bei Vertragsabschluss vereinbart haben, dass ein Vertragsteil die Leistung nach Vertragsabschluss bestimmen soll oder
zumindest Preisänderungsklauseln eines ganz bestimmten Inhalts gem. Art. 226 § 5 EGBGB iVm. § 305 II BGB
wirksam in solche Sonderverträge einbezogen wurden, bei denen sich die Parteien bei Vertragsabschluss auf einen besonderen Preis geeinigt hatten.
Bei dem zur Revision anstehenden Urteil des OLGOL ist schon fraglich, ob überhaupt eine wirksame Einbeziehung gem. § 305 Abs. 2 BGB gegeben war. Fehlte es an dieser, kommt es auf die weiteren Fragen wohl auch nicht mehr an. Wurden AGB schon nicht wirksam in Sonderverträge einbezogen, gibt es auch schon nichts zu zerreißen. Was nicht wirksam in einen Vertrag einbezogen wurde, muss nicht erst noch auf seinen Inhalt hin kontrolliert werden (Inhaltskontrolle).
Davon gedanklich fein zu trennen ist die Frage der Auswirkungen eines
gesetzlichen Preisbestimmungsrechts, welches sich direkt aus dem EnWG ergibt (so BGH KZR 29/06 Tz. 20) bzw. aus dazu erlassenen Rechtsverordnungen (so BGH VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07) bei einer Belieferung innerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht und dabei wiederum insbesondere die Frage, ob ein Kunde, der einen gesetzlichen Anspruch auf Belieferung gem. §§ 36, 2, 1 EnWG hat, den Ausgangspreis erfolgreich als unbillig rügen kann.
Die unterschiedlichsten Auffassungen dazu liegen \"
auf dem Tisch\", jeweils mit mehr oder minder nachvollziehbaren und überzeugenden Begründungen.
U. a.
Black meint, ein Vertrag könne ohne Einigung auf einen Preis nicht wirksam zustande kommen.
Es gibt jedoch die Möglichkeit eines wirksamen Vertragsabschlusses
ohne Preisvereinbarung, wenn die Parteien nur vertraglich vereinbaren, eine von ihnen solle nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen, was zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt (BGH VIII ZR 138/07 Tz. 16).
Ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das zur unmittelbaren Anwendung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, kann sich aber auch aus einem Gesetz ergeben (BGH VIII ZR 36/06 Tz. 14/17).
Ich meine, das
gesetzliche Preisbestimmungsrecht (und die damit verbundene
gesetzliche Preisbestimmunsgpflicht) folge unmittelbar aus § 10 EnWG 1998/ § 36 EnWG (so auch BGH KZR 29/06 Tz. 20), auch wenn mir in BGH VIII ZR 36/06 noch anderes zugeschrieben wird.
Insoweit verfängt auch der Einwand von
Black, dass es sich bei AVBV/ GVV um keine Gesetze, sondern nur um Verordnungen handelt. Selbst wenn die Verordnungen vollständig entfielen, bliebe immer noch das gesetzliche Preisbestimmungsrecht erhalten.
Aus diesem
gesetzlichen Preisbestimmungsrecht ergibt sich m. E. auch die gesetzliche Verpflichtung, die Allgemeinen Preise gegenüber allen innerhalb einer gesetzlichen Versorgungspflicht belieferten Kunden
einheitlich der Billigkeit entsprechend festzusetzen, was schon keinen Raum für individuelle Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden lässt, solche sogar zwingend ausschließt,
a. A. [bedeutet anderer Ansicht] BGH VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07. Individuelle Preisvereinbarungen liefen der gesetzlichen Verpflichtung aus § 36 Abs. 1 EnWG zuwider, Allgemeine Preise festzusetzen, die gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, und zu diesen aufgestellten Allgmeinen Preisen jeden grundversorgungswilligen Haushaltskunden zu beliefern.
Was der VIII.Zivilsenat des BGH teilweise auf den Kopf gestellt hat, gilt es nur wieder auf die Füße zu stellen:
Es gibt wirksame Verträge ohne Preisvereinbarung.
Ein gesetzliches Preisbestimmungsrecht, das zur unmittelbaren Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB führt, kann individuelle Preisvereinbarungen mit einzelnen Kunden sogar zwingend ausschließen.
So verhält es sich m.E. bei der Energieversorgung, jedoch nur im Bereich der Belieferung innerhalb einer
gesetzlichen Versorgungspflicht, von welchem der Bereich der - der Vertragsfreihit unterliegenden - Sonderverträge ganz klar zu unterscheiden ist.
Soweit der Kartellsenat des BGH (in KZR 36/04 Tz. 9 ff.)
zutreffend festgestellt hat, dass bei
Preisen nach Art Allgemeiner Tarife eine künstliche Aufspaltung der einheitlichen Preisvereinbarung in einen vertraglich vereinbarten Anfangspreis einerseits und einen einseitig bestimmten Folgepreis andererseits zu willkürlichen Zufallsergebnissen führt und führen muss, lässt sich wohl schon sagen, dass der \"
vereinbarte Preissockel\" eine Erfindung des VIII. Zivilsenats des BGH ist, auch wenn u. a. der Bankensenat des BGH früher ähnlichen Ideen anhing, von denen er aber wohl zwischenzeitlich abgerückt ist (vgl. XI ZR 78/08].
Der
Gesetzgeber hat es zwingend ausgeschlossen, dass mit grundversorgten Kunden individuelle Preisvereinbarungen getroffen werden. Dem läuft die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH über getroffene Preisvereinbarungen ersichtlich zuwider, die auf
individuelles Kundenverhalten (Widerspruch ja/ nein) abstellen möchte.
Der gesetzlichen Regelung der §§ 36, 2, 1 EnWG läuft es insbesondere zuwider, wenn einem gesetzlich versorgungspflichtigen EVU ein diesem besonders vorteilhafter (profitabler) Allgemeiner Preis erhalten bleiben soll.