Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: BGH-Urteile v. 15. 7. 09  (Gelesen 20462 mal)

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Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #30 am: 07. August 2009, 16:13:30 »
Das Gesetz geht davon aus, dass der Grundversorger verpflichtet ist, Allgemeine Preise zu bestimmen, solche aufzustellen und zu veröffentlichen.
Weiter geht das Gesetz davon aus, dass diese so bestimmten Allgemeinen Preise  gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und deshalb auch zugunsten der Kunden nachträglich angepasst werden müssen, wenn und soweit es die Kostenlage des Grundversorgers zulässt. Weiter geht das Gesetz davon aus, dass in Bezug auf die Allgemeinen Preise des Grundversorgers eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB stattfindet (zB. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV). Das Gesetz geht auch davon aus, dass wegen insgesamt steigender Kosten unter Berücksichtigung aller preisbildenden Kostenfaktoren die Allgemneinen Preise durch den Grundversorger auf einem erhöhten Preisniveau neu festgesetzt werden können, wodurch sich jedoch sein Gewinnanteil nicht erhöhen darf, so dass die Neufestsetzung auf erhöhtem Niveau auf den Umfang des tatsächlichen Kostenanstiegs seit der letzten einseitigen Festsetzung der Allgemeinen Preise  unter Berücksichtigung aller preisbildenen Kostenfaktoren begrenzt ist.

Es ist gut und schön, dass die Vertragsfreiheit außerhalb der Grundversorgung die Vereinbarung von Preisen zulässt, die von Anfang an keiner gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterliegen.

Offline Opa Ete

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #31 am: 07. August 2009, 16:21:51 »
@RR-FT

wie kann denn ein Gestz von etwas ausgehen??? Ich dachte immer Gesetze schreiben etwas vor. Wer sollte denn die Billigkeit überprüfen, von der das Gessetz ausgeht, dass sie überprüft wird??

Offline nomos

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #32 am: 07. August 2009, 16:23:41 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Das Gesetz geht davon aus, dass der Grundversorger verpflichtet ist, Allgemeine Preise zu bestimmen, solche aufzustellen und zu veröffentlichen.
Weiter geht das Gesetz davon aus, dass diese so bestimmten Allgemeinen Preise  gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und deshalb auch zugunsten der Kunden nachträglich angepasst werden müssen, wenn es die Kostenlage des Grundversorgers zulässt. Weiter geht das Gesetz davon aus, dass in Bezug auf die Allgemeinen Preise des Grundversorgers eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB stattfindet (zB. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV).
    Ja so richtig und so gut, und jetzt geht der Disput doch darum, ob diese Bedingungen nach der gegebenen BGH-Feststellung auch in Normsonderkundenverträgen vereinbart und wirksam übernommen werden können?

    Die Versorger sagen ja, aber mit so wenig wie möglich Billigkeitsprüfung und wenn dann ohne öffentlichen Nachweis.  

    Bestand hat hier auf Dauer nicht viel.  ;)

Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #33 am: 07. August 2009, 16:29:04 »
@nomos

Oben habe ich aufgezeigt, wie es sich grundsätzlich bei allen Sonderverträgen verhält.


Zitat
Original von RR-E-ft


Während bei der Grundversorgung der Versorger gesetzlich  berechtigt und verpflichtet ist, die Allgemeinen Preise anhand seiner Kostenentwicklung der Billigkeit entsprechend fetszusetzen, wird bei Abschluss eines Sondervertrages ein Preis vereinbart.

Ob dieser bei Abschluss eines Sondervertrages vereinbarte Preis nachträglich einseitig abgeändert werden darf, richtet sich allein danach, ob eine wirksame Preisänderungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde.

Wenn überhaupt eine Preisänderungsklausel in den Vertrag einbezogen wurde (die der Kunde vor Vertragsabschluss kennen musste und mit deren Einbeziehung er bei Vertragsabschluss einverstanden gewesen sein muss, § 305 II BGB), dann ist diese nur wirksam, wenn sie das Äquivalenzverhältnis nach Vertragsabschluss wahrt, also nicht nur zu Preiserhöhungen (im Umfang begrenzt auf  nachträgliche Kostenerhöhungen)  berechtigt, sondern zugleich auch eine Verpflichtung enthält, bei rückläufigen Kosten die Preise nach gleichen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten auch zugunsten des Kunden anzupassen.

Wurde keine Preisänderungsklausel einbezogen oder ist sie unwirksam, so ist der Lieferant nicht zur nachträglichen einseitigen Preiserhöhung berechtigt, aber auch nicht zur nachträglichen Preisanspassung zugunsten des Kunden verpflichtet, sondern es gilt einfach der bei Vertragsabschluss vereinbarte Preis bis zur Vertragsbeendigung [vgl. LG Gera, Urt. v. 07.11.08 , 2 HK O 95/08].  

Dieser vereinbarte Preis schöpft seine Richtigkeitsgewähr allein aus der vertraglichen Einigung der Parteien über den Preis. Wäre der Preis für den einen oder anderen Vertragsteil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht in Ordnung gewesen(für den Kunden zu hoch, für den Lieferanten zu niedrig), hätte man sich schließlich bei Vertragsabschluss nicht gerade auf diesen Preis geeinigt. Ein solcher vereinbarter Preis unterliegt deshalb keiner Billigkeitskontrolle. Er ist auch - abgesehen von vorgenannten Ausnahmen - nicht einseitig abänderbar. Die nachträgliche Änderung kann nur auf Umständen (Kostenentwicklung) beruhen, die nach Vertragsabschluss liegen.

Es besteht auch die Möglichkeit, einen Sondervertrag abzuschließen, ohne sich dabei auf einen Preis zu einigen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man statt dessen vereinbart, dass ein Vertragsteil nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen soll. Dann findet auf einen solchen Vertrag (und dessen Preis) die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 1 und 3 BGB von Anfang an unmittelbare Anwendung. Dass die Leistung nach Vertragsabschluss vom Lieferanten bestimmt werden soll, muss dabei aber ausdrücklich vereinbart werden und der Lieferant muss also wie der Kunde zu einer solchen Vereinbarung bereit sein, so dass man sich darauf bei Vertragsabschluss einigen kann. Das findet sich seltener.

Einigt man sich bei Abschluss eines Sondervertrages weder auf einen Preis noch auf einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eines Vertragsteils, so kommt wegen fehlender Einigung über einen vertragswesentlichen Punkt gem. § 154 Abs. 1 BGB gar kein Vertrag zustande.

(Nur ganz ausnahmsweise bei bereits in Vollzug gesetztem, länger anhalten Leistungsaustausch ohne Einigung greift man auf eine entsprechende Anwendung von §§ 315, 316 BGB zurück um eine Rückabwicklung des bereits erfolgten Leistungsaustauschs zwischen den Parteien allein nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen wegen § 154 Abs. 1 BGB zu vermeiden).

@Opa Ete

Das Gesetz eröffnet dem grundversorgten Kunden in Bezug auf die Allgemeinen Preise der Grundversorgung und deren Anpassungsbedarf die Möglichkeit der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB (vor einem Zivilgericht) , ohne dass dem grundversorgten Kunden vorgeschrieben wird, von dieser bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen. Er kann es auch lassen.

Offline Opa Ete

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #34 am: 07. August 2009, 16:34:19 »
@RR-FT
na das klingt doch schon ganz anders, ich dachte sie wollten behaupten,
dass die EVUs ihre eigenen Preise auf Billigkeit geprüft haben, das Ergebnis hätten wir gewusst.

Offline Kampfzwerg

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #35 am: 07. August 2009, 16:45:21 »
Zitat
Zitat:
BGH Urt. 29.04.2008, Az. KZR 2/07

b) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel schließlich auch nicht entgegen, dass sie dem gesetzlichen Leitbild des (bis zum 7. November 2006 geltenden) § 4 Abs. 1 und 2 AVB-GasV entspräche.

Allerdings kann den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden ebenso wie den Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden, obwohl sie für Sonderverträge nicht gelten, \"Leitbildfunktion im weiteren Sinne\" zukommen (BGHZ 138, 118, 126 ff.). Indessen ist eine solche Funktion den Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden nicht pauschal beizumessen, sondern jeweils für die einzelne in Rede stehende Bestimmung zu prüfen. Damit wird auch dem Umstand angemessen Rechnung getragen, dass nach § 310 Abs. 2 BGB zwar die §§ 308, 309 keine Anwendung auf Verträge über die Versorgung von Sonderabnehmern mit Gas finden, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen, die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch nicht ausgeschlossen ist.

Zitat
Original von reblaus
Nein, hat er nicht. Er hat dies lediglich in Bezug auf die dort streitige Klausel getan. Grundsätzlich hat er die Leitbildfunktion anerkannt.

KANN…zukommen.
M.E. hat er die Leitbildfunktion nur eingeschränkt unter bestimmten Umständen, ausschliesslich für Tarifkundenverträge – und vorbehaltlich der Prüfung jeder einzelnen Bestimmung – anerkannt.
Das hört sich für mich nicht nach „grundsätzlicher Anerkennung“ an.
Und für Sonderverträge gelten weder die alten gesetzlichen AVBGas noch die neuen GasGVV.
Grundsätzlich ging es in diesem Urteil um die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel.
Fakt: Diese war unwirksam.

Aber eine Leitbild- Diskussion gibt es doch ebenfalls schon in einem anderen Thread.
Leitbildfunktion der AVB/GVV - Doppelte Verneinung = Bejahung?



Zitat
Original von reblaus
Es geht nicht um die unveränderte Übernahme des § 5 GasGVV, sondern um die Übernahme aller Rechte und Pflichten aus der Grundversorgung, die Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben.

Nicht? Nach meiner Meinung geht es genau darum. Im Urteil steht wörtlich „unverändert übernimmt“. Allerdings den alten § 4 AVBGas.


Und schon kann man zuzüglich zu anderen - ohnehin schon sehr umfassenden Sachfragen - darüber streiten, ob denn dann wohl auch der entsprechend neue § 5 GasGVV gemeint sein könnte.
Kein Wunder, dass viele die Lust verlieren mitzudiskutieren, wenn von einer theoretischen Frage nahtlos zur nächsten theoretischen Frage übergegangen wird, und auch noch das ganze Juristendeutsch ;-)

Man fragt sich, bei allem Interesse, doch auch manchmal, worin denn für Otto-Normal-Verbraucher-und-Forumsteilnehmer der PRAKTISCHE MEHRWERT besteht sollte.



Zitat
Original von reblaus
@Kampfzwerg
Ich habe Sie stets so verstanden, dass Sie die Existenz des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes in der Grundversorgung bestreiten.

Wenn Sie aber nur die Existenz eines gesetzlichen Preisanpassungsrechtes für Sonderverträge bestritten haben (So verstehe ich Sie jetzt), hieße das ja, dass Sie sich zur Übernahme des gesetzlichen Preisanpassungsrechtes der Grundversorgung in Sonderverträge per Vertrag gar nicht geäußert hätten.

Wenn ich Sie jetzt richtig verstehe, haben Sie lediglich eine kleine rechtstechnische Anmerkung gemacht.

Ich weiss nicht, ob ich „eine kleine rechtstechnische Anmerkung“ gemacht habe – aber ich weiss jetzt, dass Sie mich ursprünglich völlig missverstanden hatten.
Das mag einiges erklären. Ich, an Ihrer Stelle, hätte mich in diesem [Edit:ersten!] Fall des Bestreitens für einen völligen Deppen gehalten.
Vielleicht verstehen wir uns ja jetzt (offensichtlich ;) ) und auch in Zukunft besser.

Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #36 am: 07. August 2009, 17:38:04 »
Zitat
Original von Opa Ete
@RR-FT
na das klingt doch schon ganz anders, ich dachte sie wollten behaupten,
dass die EVUs ihre eigenen Preise auf Billigkeit geprüft haben, das Ergebnis hätten wir gewusst.

Eine Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB meint immer eine gerichtliche Billigkeitskontrolle. Und ein Gerichtsverfahren kommt nur in Gang, wenn sich ein Kläger findet, der einen entsprechenden Antrag stellt, über den ein Gericht nur dann zu entscheiden hat und entscheiden kann. (\"Wo kein Kläger, da kein Richter\").

Offline nomos

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #37 am: 07. August 2009, 18:56:53 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Es besteht auch die Möglichkeit, einen Sondervertrag abzuschließen, ohne sich dabei auf einen Preis zu einigen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man statt dessen vereinbart, dass ein Vertragsteil nach Vertragsabschluss die Leistung bestimmen soll. Dann findet auf einen solchen Vertrag die gerichtliche Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 1 und 3 BGB von Anfang an unmittelbare Anwendung. Dass die Leistung nach Vertragsabschluss vom Lieferanten bestimmt werden soll, muss dabei aber ausdrücklich vereinbart werden und der Lieferant muss also wie der Kunde zu einer solchen Vereinbarung bereit sein, so dass man sich darauf bei Vertragsabschluss einigen kann. Das findet sich seltener.
    Ja klar, so ist das laut BGH, Gesetz hin oder her. Der grundversorgte Kunde hat beim Aufdrehen seiner Gasheizung per Fiktion sich schon auf den ersten Preis mit dem Versorger geeinigt. Beim Normsondervertrag muss er das ausdrücklich tun und ....

    .. die E-wie-einfach-Variante kommt noch dazu. Man nimmt den \"billigen Preis\" des örtlichen Grundversorgers als Referenz .. usw..

    Man gewinnt in der Diskussion aktuell wohl keine weiteren Erkenntnisse. Kommt Zeit kommt Rat. Mal sehen, wie diese neuen von den Versorgern vermutlich bald angebotenen Normsonderkundenverträge aussehen werden und wie lange sie ohne Streit bestehen.

Offline Kampfzwerg

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #38 am: 07. August 2009, 19:02:38 »
Zitat
Original von Ronny
Ist es aus Ihrer Sicht denn immer noch streitig, woraus sich das gesetzliche Preisanpassungsrecht ableitet, wenn Sie diese Passage des BGH-Urteils gelesen haben?

Zitat: (Randnummer 18 BGH VIII ZR 56/0 :\"Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht weiter zu Recht angenommen, dass § 5 Abs. 2 GasGVV, auf den die streitige Preisanpassungsklausel Bezug nimmt und der bestimmt, dass Änderungen der Allgemeinen Preise und der ergänzenden Bedingungen jeweils zum Monatsersten und erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden, dem Grundversorger ebenso wie die Vorläuferregelung des § 4 AVBGasV ein gesetzliches Preisänderungsrecht zuerkennt.\"
Der Punkt dürfte inzwischen geklärt sein.;)
Das Zauberwort heisst ABLEITUNG! Ableitungen sind natürlich immer subjektive Deutungen, sprich Meinungen. Daher ist der Sachverhalt - in Bezug auf Sonderverträge - natürlich streitig, da es für diese generell \"kein gesetzliches\" Preisänderungsrecht gibt!


Zitat
Original von Ronny
@ Kampfzwerg
Haben Sie sonst noch Kritikpunkte an den Urteilen des BGH?
Sehr allgemeine Frage:)
An \"den Urteilen des BGH\" generell nicht unbedingt.
Das BGH Urteil vom 29.04.2008, Az. KZR 2/07 (Sondervertragskunde) fand ich richtig, verbraucherfreundlich und nachvollziehbar, soweit es mir als Nicht-Juristen möglich war.
Das BGH-Urteil vom 15.07.09, Az.VIII ZR 225/07 (Sondervertragskunde) grundsätzlich ebenfalls, soweit es die eigentliche Thematik und Ursache des Rechtsstreits betraf.
(Die Preisänderungsklausel im konkreten Sondervertrag Tarif \"GASAG Aktiv\" war unwirksam, so dass keine einseitige Preisänderung darauf gestützt werden konnte.)
Auslöser für diese derzeitigen sehr heftigen, theoretischen Diskussionen hier im Forum ist doch \"lediglich\" eine \"anscheinend versorgerfreundlich\" auszulegende, nebenbei erfolgte Meinungsäußerung des Gerichts.



Zitat
Original von Ronny
Mein Fazit:
Der Bundesgerichtshof hat eine Vielzahl offener Fragen geklärt. Man mag mit diesen beiden Entscheidungen einverstanden sein oder auch nicht. Es wäre jedoch vernünftig, die Rechtsprechung des höchsten deutschen Zivilgerichtes zu akzeptieren. Dies bleibt aber natürlich jedem selbst überlassen.
mein Fazit: ich bin sehr froh, dass in bestimmten Bereichen des Forums,
z.B. hier: http://forum.bdev.de/board.php?boardid=40
nur unter bestimten Voraussetzungen gepostet werden kann. ;)

Und was als sinnvoll empfunden wird, oder nicht- wieder einmal: sehr subjektiv.

Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #39 am: 07. August 2009, 19:15:05 »
@nomos

Als Sondervertragspreis kann grundsätzlich auch ein \"Mondpreis\" angeboten werden. Wer sich mit einem Lieferanten (freiwillig) auf einen solchen  einigt, kann diesen (mit Armani Gas deluxe) vereinbarten Preis nicht als unbillig rügen.

Wenn ein Monopolanbieter (insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge)  hingegen einen \"Mondpreis\" anbietet bzw. fordert, dann liegt darin der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.  

Der Grundversorger darf m. E. hingegen keinen \"Mondpreis\" aufstellen, weil ja die Allgemeinen Preise der Grundversorgung schon gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind und durch Aufstellen Allgemeiner Preise der Grundversorgung auch die gesetzliche Verpflichtung aus §§ 36, 2, 1 EnWG erfüllt werden muss. Der Grundversorger erfüllt mit der Aufstellung Allgemeiner Preise mithin entsprechende gesetzliche Verpflichtungen und muss diese erfüllen.

Jeder Lieferant, der außerhalb der Grundversorgung Verträge (= Sonderverträge) anbietet, erfüllt mit diesen Angeboten keine gesetzlichen Verpflichtungen. Er muss schon keine Verträge anbieten, kann Preismodelle ebensogut auf den Markt werfen, wie er sie auch wieder vom Markt nehmen kann. Er kann auch selbst entscheiden, wem er Vertragsangebote unterbreitet, ob er in seine Vertragsangebote Laufzeitregelungen oder überhaupt Preisänderungsklauseln aufnimmmt und welchen Inhalt diese haben. Das Risiko der Unwirksamkeit solcher Klauseln ist dabei ein ganz normales unternehmerisches Risiko.

Was für alle Sonderverträge gilt.

Wer als Lieferant freiwillig Sonderverträge mit einseitigem Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB anbietet, unterstellt sich damit auch freiwillig der Möglichkeit einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB. Er hat deshalb die Wahl, ob und in welchem Umfang auf seine Sonderverträge § 315 BGB zur Anwendung kommt oder nicht.

Offline nomos

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #40 am: 07. August 2009, 20:26:50 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@nomos

Als Sondervertragspreis kann grundsätzlich auch ein \"Mondpreis\" angeboten werden. Wer sich mit einem Lieferanten (freiwillig) auf einen solchen  einigt, kann diesen (mit Armani Gas deluxe) vereinbarten Preis nicht als unbillig rügen. ...
    RR-E-ft, ist ja gut, ich werde mich mit keinem Lieferanten auf einen  Sondervertrag mit \"Mondpreisen\" einigen und habe daher auch keinen Grund und auch nicht die Absicht einen solchen zu rügen. Zwingen lassen werde ich mich dazu auch nicht.

    Die §§ 1 und 2 EnWG  sind dann für Versorger die nur Sonderverträge anbieten Makulatur.

Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #41 am: 07. August 2009, 20:46:51 »
@nomos

Zitat
§ 2 Abs. 1 EnWG:

Energieversorgungsunternehmen sind ihm Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu einer Versorgung im Sinne des § 1 EnWG verpflichtet.

Armani Gas ist als reiner Energielieferant wohl schon überhaupt nicht gesetzlich zu einer Versorgung verpflichtet.

Im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes
verpflichtet sind vor allem Grundversorger und Netzbetreiber.

§ 41 EnWG mag einen Sonderfall darstellen. Es ist indes nichts dafür ersichtlich, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen § 41 EnWG überhaupt bestehen sollen. Armani Gas hat § 40 EnWG zu beachten.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen:

Das gilt für alle Sonderverträge, unabhängig davon, ob der Lieferant sonst auch Grundversorger ist.

Denn es handelt sich um eine Betätigung außerhalb der gesetzlichen Versorgungspflicht, wo der Grundsatz der Vertragsfreiheit herrscht (der seinerseits durch zu beachtende  kartellrechtliche Grundsätze bei regional marktbeherrschenden Unternehmen eingeschränkt sein kann).

Ein bayerisches Stadtwerk mag in seinem Grundversorgungsgebiet auch bei Sonderverträgen als regional marktbeherrschendes Unternehmen durch kartellrechtliche Bestimmungen in der Vertragsfreiheit eingeschränkt sein. Bietet dieses bayerische Stadtwerk indes Strom oder Gas in Hamburg an, dann ist die Tätigkeit auf dem dortigen Markt wegen fehlender marktbeherrschender Stellung nicht durch kartellrechtliche Bestimmungen eingeschränkt, so dass der Grundsatz der Vertragsfreiheit uneingeschränkt gilt.

Zu welchen Bedingungen und Preisen das bayerische Stadtwerk nun Strom und Gas in Hamburg wem anbieten möchte, steht ihm deshalb grundsätzlich vollkommen  frei. Es kann sich auch wieder vollkommen aus Hamburg zurückziehen.

Vereinbart das bayerische Stadtwerk nun mit einem einzelnen Kunden in Hamburg, dass es nach Vertragsabschluss den zu zahlenden Preis für die Energielieferungen einseitig bestimmen soll, dann ist dieser vertragliche Energiepreis deshalb durch den Hambúrger Kunden von Anfang an gem. § 315 BGB gerichtlich kontrollierbar, undzwar nur deshalb weil der Lieferant sein Sondervertragsangebot entsprechend gestaltet hat.

Wird dabei bei Abschluss eines Sondervertrages hingegen ein Preis vereinbart und daneben die Verpflichtung des Lieferanten nach Vertragsabschluss das Äquivalenzverhältnis entsprechend seiner eigenen Kostenentwicklung zu wahren, dann kann der Hamburger Kunde bei rückläufigen Kosten nach Vertragsabschluss eine Preisabsenkung gerichtlich durchsetzen, undzwar auch wieder nur deshalb, weil der Lieferant eine entsprechende Vertragsgestaltung angeboten hatte.

Dafür ist es vollkommen egal, ob der vereinbarte Preis für Hamburger Verhältnisse nun vergleichsweise hoch oder vergleichsweise niedrig war. Ein Kostenrückgang beim Lieferanten nach Vertragsabschluss  ist kraft vertraglicher Verpflichtung durch eine Preisabsenkung an den Kunden weiterzugeben.

Hat der Lieferant etwa ein Kostensenkungsprogramm in seinem Haus aufgelegt, dann muss er den entsprechenden Kunden durch Preissenkungen an dessen Erfolg beteiligen undzwar nur deshalb, weil er eine entsprechende Vertragsgestaltung angeboten hat.

Bei solchen Vertragsgestaltungen kann niemals auf die Marktentwicklung abgestellt werden, sondern es kommt immer auf die konkrete Kostenentwicklung beim Lieferanten an, mithin ggf. gerichtliche Kostenkontrolle.  Alles selbstverständlich vollkommen freiwillig, weil der Lieferant es ja so für sich gewählt hatte.

Wohl auch von Black aktuell so empfohlen. Ronny findet es wohl auch gut.
E.ON- Kunden, die von Kostensenkungsprogrammen bei E.ON in der Zeitung lesen wohl auch.

Offline nomos

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #42 am: 07. August 2009, 22:16:21 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Armani Gas ist als reiner Energielieferant wohl schon überhaupt nicht gesetzlich zu einer Versorgung verpflichtet.
    Ihr Armani Gas ist doch auch als reiner Energielieferant ein Energieunternehmen nach dem EnWG und so im Sinne des § 1 verpflichtet. Erst wer Gas liefert ist da wohl auch ein Lieferant. So eindeutig sind halt Gesetze gestrickt.

    Da könnte eine ordentliche Verordnung doch mindestens für den Bereich der Haushaltskunden mehr Klarheit schaffen. Daran fehlt es halt.

    Immerhin gibt es noch den Lichtblick Europa für die Verbraucher und da wird vorgegeben, dass die Mitgliedstaaten wenigstens dafür Sorge zu tragen haben, dass mindestens die Haushaltskunden über eine Grundversorgung verfügen müssen und denen das Recht auf eine Versorgung mit angemessenen, leicht und eindeutig vergleichbaren und transparenten Preisen einzuräumen ist.

    Wenn ich mir die Richtlinien insgesamt durchsehe, dann bin ich ziemlich sicher, dass Mondpreise bei Haushaltskunden außerhalb dieser Grundversorgung mit Europarecht nicht zu vereinbaren sind.  Verantwortlich für die Umsetzung sind die Mitgliedsstaaten und da hat Deutschland offensichtlich noch viel zu tun.

Offline RR-E-ft

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #43 am: 07. August 2009, 23:45:03 »
@nomos

Grundversorgung für Haushaltskunden  haben wir doch, aber eben nicht von Armani Gas.

Bei Armani Gas wird bisher noch  jeder Neukunde mit einer Flasche Champus, einem Reisegutschein über 2.000 €sowie einem Stehempfang der Geschäftsführung begrüßt, werden jeden Monat unter allen Kunden luxuriöse Gewinne verlost. Dort wird man nur Kunde, wenn man über die besondere Kreditkarte verfügt und damit vor staunendem Publikum zeigen möchte, dass man im Monat für 10.000 € Gas verbrennt und durch den Abzug jagt, den Swimmingpool im Park hinterm Haus ganzjährig mit Gas beheizt. Man muss auch mal jönne könne. Es möchte schließlich auch nicht jeder beim Discounter einkaufen oder Kleider von der Stange tragen oder gar nicht maßangefertigte Schuhe anziehen. Die Bedürfnisse der Menschen sind nun einmal verschieden. Bevor man bei Armani Gas Energie für Krethi und Plethi  billig anbieten muss, stellt man das Geschäft wohl lieber ein. Billige Energie ist bei deren Kunden nämlich verpönt.

Nicht Ihr Ding? Unproblematisch. Sie müssen dort nicht Kunde werden.

Die durch Art. 2 GG geschützte Vertragsfreiheit ist ein hohes Gut.

Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, mit einem anderen Verträge einzugehen (negative Vertragsfreiheit), es sei denn es besteht ein Kontrahierungszwang. Das sieht man in Europa in Bezug auf die Grundrechte wohl hoffentlich einheitlich. Sonst droht uns möglicherweise auch die Zwangsehe (nicht uns beiden persönlich miteinander).

Wo keine gesetzliche Versorgungspflicht besteht, besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit, die im Übrigen wohl auch Voraussetzung für jeden Wettbewerb ist. Wenn jeder Lieferant jeden Kunden zum Einheizpreis beliefern muss, gibt es keinen Wettbewerb.

Und wie es sich diesbezüglich bei Sonderverträgen verhält, habe ich versucht darzustellen. Der Lieferant ist grundsätzlich frei, ob er überhaupt etwas auf dem Markt anbietet und zu welchen Konditionen er es auf dem Markt anbietet, so wie das bayerische Stadtwerk mit seinem Energie- Angebot in Hamburg. Wenn nun in Sonderverträgen ein Preis vertraglich vereinbart ist, dann gilt dieser Preis kraft Vereinbarung und die Einigung über den Preis bildet die Richtigkeitsgewähr.

Kein Richter wüsste einen für beide Vertragspartner passenderen (gerechteren) Preis zu bestimmen, als die Vertragspartner selbst.

Sonst hätte der Kunde in Hamburg für seine leitungsgebundenen Energielieferungen mit dem bayerischen Stadtwerk den Vertrag schon nicht abgeschlossen und den Preis nicht vereinbart, umgekehrt genauso. Der Vertrag wurde nur deshalb abgeschlossen, weil beide Vertrgspartner ihn wollten undzwar so wollten und nicht anders, sonst wären sie sich nicht gerade darin einig geworden.

An diesem zunächst im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbarten Preis gibt es deshalb - zurecht -  nichts zu rütteln. Manche nennen das den Preissockel. (Merke: Grundversorgung ist ausdrücklich keine Belieferung im Rahmen der Vertragsfreiheit.)


Die  Bestimmung eines \"gerechten Preises\" (z.B. \"fairer Gaspreis\") sieht die Justiz deshalb grundsätzlich  nicht als ihre Aufgabe an und fühlt sich mit einer entprechenden Aufgabe auch überfordert, zumal die maßgeblichen Umstände auch kurzfristigen Veränderungen unterworfen sind.


Wir haben eine Vorstellung davon, dass bei vollkommenen Wettbewerb (einem Ideal) sich der Preis bei den Grenzkosten einstellt, ohne wirksamen Wettbewerb die Preise erheblich höher liegen weil sie eine Monopolrente enthalten und empfinden es zudem als ausgesprochen ungerecht, dass durch geringen Wettbewerb ermöglichte überhöhte Preise zu überhöhten Gewinnen führen, die insbesondere bei kommunal beherrschten Unternehmen bisher ordnungspolitisch bedenklich dazu verwendet werden, defizitäre Bereiche quer zu subventionieren.  

Die Entscheidungen des BGH besagen im Kern, dass es ein Recht zu einseitigen Preisänderungen sowieso jedenfalls  begrenzt auf den  Umfang nachträglich gestiegener Kosten nur um den Preis der Verpflichtung zur Preisanpassung zugunsten der Kunden bei rückläufigen Kosten nach gleichen Maßstäben geben kann und dass in einem solchen Fall die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle für den Kunden  darüber besteht, ob dem vom Lieferanten im konkreten Vertragsverhältnis tatsächlich auch Rechnung getragen wurde.

Insoweit tragen sie weiter.

Interessant wird es deshalb erst, wenn der Lieferant sich vertraglich verpflichtet, nach Vertragsabschluss das durch diese Preisvereinbarung gebildete Äquivalenzverhältnis auch durch die Weitergabe nach Vertragsabschluss eingetretener  Kostenreduzierungen zu wahren.

Es geht dann nicht um den Schutz vor überhöhten Preisen (denn der zunächst vereinbarte Preis trägt die Richtigkeitsgewähr in sich selbst), sondern nur um die Durchsetzung der vertraglichen Verpflichtung zur Wahrung des vertraglichen Äquivalenzverhältnisses, das auf der getroffenen Preisvereinbarung beruht.  

Der Kunde kann wohl  im Wege der Stufenklage Auskunft über die sachlichen und zeitlichen Maßstäbe von Preisanpassungen und die Kostenentwicklung sowie eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der Angaben und ggf. entsprechend des Ergebnisses dieser Auskunft eine Anpassung des Preises zu seinen Gunsten verlangen, im Zweifel schon kurze Zeit nach Vertragsabschluss, wenn zu den Anpassungszeitpunkten keine besonderen vertraglichen Abreden bestehen.

Da es sich bei der vertraglichen Anpassungspflicht um eine Vertragspflicht des Lieferanten  handelt, wird der Kunde wohl auch noch nachträglich Schadensersatz beanspruchen können, wenn sich eine Verletzung dieser Vertragspflicht des Lieferanten nachweisen lässt (möglicherweise auch im Rahmen einer Stufenklage, nämlich Auskunft über die Kostenentwicklung, eidesstattliche Versicherung des Finanzvorstands, und in der nächsten Stufe Zahlung eines entsprechenden Schadensersatzes).

Da es sich um die Vertragspflicht handelt, das Äquivalenzverhältnis anhand der eigenen Kostenentwicklung nach Vertragsabschluss zu wahren, wäre es wohl auch rechtsmissbräuchlich sich gegen das Auskunftsverlangen auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu berufen.
Das geht dann gerade nicht. Wer eine vertragliche Verpflichtung eingeht muss deren Erfüllungskontrolle auch zulassen und ermöglichen.

Der E.ON- Konzern schließt gerade tausendfach Verträge ab, die eine solche vertragliche Verpflichtung enthalten. Andere Versorger behaupten, eine solche Verpflichtung bestehe schon länger  gegenüber den Kunden allein durch die verwendeten Preisänderungsklauseln, die gerade nur wegen dieser bestehenden vertraglichen Verpflichtung wirksam sind.

Für die Grundversorgung hat der BGH eine enstprechende Verpflichtung gerade auch wiederholt bestätigt, worauf auch versorgerseits verwiesen wird.

Gewinne der Energieversorger (nachzulesen in den Geschäftsberichten) steigen ja insbesondere wohl auch deshalb, weil man Kostensenkungen bisher nicht entprechend an die Kunden weitergibt.

RWE, E.ON, EnBW, Vattenfall haben milliardenschwere Kostensenkungsprogramme aufgelegt, für deren erfolgreiche Umsetzung sich die Kunden mit entsprechenden Verträgen wohl nun interessieren müssten. Wer sich an den steigenden Gewinnen aufgrund nicht (vollständig) weitergegebener Kostensenkungen stört, dem wird wohl etwas in die Hand gelegt. Perform to win für die Kunden.

Fraglich, wie die Aktionäre wohl darauf reagieren werden.

Der Clou scheint mir zu sein, dass das alles auf freiwilliger Basis erfolgt.

Wo sich E.ON Hanse noch 2005 zierte, dann wegen der fehlenden Wechselmöglichkeit der Kunden  seine Kalkulation doch noch irgendwie offen legen wollte (§ 315 BGB als \"Auslaufmodell\" angeblich in der Endphase wegen der bald bestehenden Möglichkeit des Lieferantenwechsels, E WIE EINFACH  als Wettbewerbsplacebo), verpflichten sich jetzt alle E.ON Vetriebsgesellschaften (bis auf ETE) und viele andere Versorger freiwillig vertraglich gegenüber ihren Kunden, Kostensenkungen durch Preisanpassungen weiterzugeben und ermöglichen den Kunden erst dadurch die gerichtliche Kostenkontrolle. Selbst der BDEW lobt die Rechtssicherheit.

Wie gesagt, Black empfiehlt es wohl. Und Ronny findet es wohl auch gut.

Offline nomos

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BGH-Urteile v. 15. 7. 09
« Antwort #44 am: 08. August 2009, 10:37:21 »
RR-E-ft, ich habe doch nicht geschrieben, dass ich Ihren tollen Beispielsgaslieferanten \"Armani Gas\" als Grundversorger sehe.

Sicher gibt es für dieses \"Energiesuperexclusivangebot\" auch den einen oder anderen Kunden. Den typischen Haushaltskunden wird man dort nicht finden. Wer sich Schuhe das Stück für 2000 EURO leisten will und kann, bitte. Ich kann gerne Bezugsquellen nennen. Porsche ist vor Ort, da gibt es nicht nur Sportwagen, sondern auch die passenden Accessoires.

Darum geht es doch nicht. Die Vertragsfreiheit ist nicht grenzenlos. Schranken befinden sich aus gutem Grund sowohl im Privatrecht als auch im öffentlichen Recht. Es geht dabei um Schutz, dabei oft um den Schutz und die Wahrung der Interessen der Leistungsempfänger auf der schwächeren Seite. Man findet sie z.B. in der Versicherungs- und Kreditwirtschaft.  Im EnWG ist § 6 ein Beispiel dafür. Im BGB finden sich z.B. die §§ 134 und 138; 307 ff , 315 kann man auch dazuzählen.

Im GWB findet sich § 26 Abs. 2 .......

Die Energieversorgung ist nicht mit dem Verkauf von Würstchen an der Imbissbude zu vergleichen.  

Es geht auch nicht um Mondpreise, sondern um unfaire Bedingungen, dazu gehören auch unfaire Preise. Der Staat hat die Pflicht den schwächeren Bürger als Verbraucher von Haushaltsenergie zu schützen. Es geht nicht um den Schutz der Großindustrie die Energieversorgungsverträge grenzenlos frei und global abschliessen.

Nochmal, alleine dieses Forum zeigt auf, dass es hier in Deutschland erhebliche Defizite gibt. Was spricht gegen eine klare einheitliche Verordnung für die Bedingungen der Versorgung von Haushaltskunden mit Energie, die sich ausdrücklich nicht nur auf die Grundversorgung beschränkt? Wettbewerb wird damit nicht verhindert, im Gegenteil. Klare Bedingungen fördern ihn.

 

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