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Autor Thema: Festpreis- Modelle pro und contra  (Gelesen 24213 mal)

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Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #60 am: 04. August 2009, 15:29:18 »
Ich sprach natürlich von der Lichtgeschwindigkeit. Wie kommen Sie jetzt schon wieder auf die Gallier?

Aus Spiegel-Online

Zitat
Beim Gasmarkt - wo nur ein Prozent der Kunden jedes Jahr den Anbieter wechsele - sollte ebenfalls eine Börse eingeführt werden. Gaslieferverträge über mehr als zwei Jahre sollten zudem untersagt werden.

Offline RR-E-ft

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #61 am: 04. August 2009, 15:35:06 »
@reblaus

Danke für die ausgesprochen sachliche Diskussion bis hierher.
Es sieht so aus, als wenn auch die Monopolkommission davon ausgeht, dass längerfristige Bezugsbindungen den Wettbewerb behindern.
Eine These, die ich hier auch schon angebracht hatte.

Zitat
Wettbewerbsfeindlich sind hingegen langfristige Kundenbindungen, weil sie zu einer Marktverstopfung/ Marktabschottung führen. Das gilt nicht nur im Bereich langfristiger Gaslieferungsverträge zwischen Importeuren und Regionalversorgern und Weiterverteilern, sondern betrifft alle Marktstufen im Inland. Darüber besteht wohl unter allen Wettbewerbstheoretikern und Kartellrechtlern Einigkeit.

Zitat
Ich bin der Meinung, dass langfristige Bezugsbindungen auf allen Marktstufen im Inland geeignet sind, die Liquidität des jeweiligen Marktes herabzusetzen, sogar zu einem Marktverschluss auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt führen können.

Zitat
Ein unbefristeter Sondervertrag, bei dem der Kunde den Vertrag jeweils mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen kann, schränkt die Liquidität eines Marktes auch nicht übermäßig ein. In der Grundversorgung bestehen unbefristete Energielieferungsverträge, die nur der grundversorgte Kunde mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen kann. Deshalb steht auch diese Nachfrage der grundversorgten Kunden für attraktivere Angebote von Wettbewerbern fast uneingeschränkt offen.

Jede längerfristige Bezugsbindung führt hingegen zwangsläufig zur abnehmenden Liquidität des betroffenen Marktes, was im Extremum bis zum Marktverschluss führen kann. Umso mehr längerfristige Bezugsbindungen bestehen, um so weniger bildet sich ein Marktpreis aus einem unmittelbaren Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, die an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit (sog. Markt) zugleich aufeinandertreffen.

Offline reblaus

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Festpreis- Modelle pro und contra
« Antwort #62 am: 05. August 2009, 08:50:07 »
Längerfristige Bezugsbindungen behindern den Markt dann, wenn eine Vielzahl von Verträgen dafür sorgt, dass ein nennenswerter Marktanteil von mind. 5 - 15% für längere Zeit einem möglichen Lieferantenwechsel entzogen ist.

Das Verbot Verträge mittels AGB längere Vertragslaufzeiten als zwei Jahre zu vereinbaren wirkt einer übermäßigen Marktdurchdringung entgegen. Auch die Pflicht zur Einräumung eines Sonderkündigungsrechtes bei Preisänderungen nach billigem Ermessen (BGH Urt. v. 15.07.2009 - Az: VIII ZR 56/08 ) schränkt den Marktanteil solcher Verträge faktisch ein.

Gegen ein komplettes Verbot spricht, dass mit einem langlaufenden Vertrag ein berechtigtes Interesse der Vertragsparteien verbunden sein kann, wenn die Preise während der Laufzeit fixiert sind. Ob solche Langläufer allein jemals den kritischen Marktanteil erreichen werden halte ich für sehr fraglich.

Falls und sobald durch langlaufende Verträge die kritische Grenze erreicht wird, halte ich ein Verbot von Verträgen mit mehr als zwei Jahren Laufzeit und flexiblen Preisen für sinnvoll.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #63 am: 05. August 2009, 15:48:28 »
Und Jean Pütz erklärt möglicherweise, wie man einen losen Pudding effektiv an die Wand nagelt. ;)

Offline reblaus

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« Antwort #64 am: 05. August 2009, 19:08:05 »
Arbeitet Jean Pütz bei der EU-Kommission?

Offline reblaus

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« Antwort #65 am: 13. August 2009, 14:49:39 »
@RR-E-ft
Sie haben um die Mitteilung der Preisanpassungsklausel der Stadtwerke Konstanz gebeten.

Zitat
Auszug aus den Auftragsbedingungen zur Lieferung von Erdgas für den Eigenverbrauch im Haushalt bis max. 100.000 kWh; Best Spartarif Erdgas Haushalt 05.09/ 2 Jahre

6. Laufzeit, Kündigung
Der Vertrag beginnt ab Annahme des Auftrags durch den Lieferanten und endet am 30.09.2011. Ungeachtet besonderer Kündigungsrechte gemäß den beigefügten AGB verlängert er sich jeweils um ein Jahr, soforn er nicht von einer Partei mit einer Frist von zwei Monaten vor Ablauf in Textform gekündigt wird. Der Vertrag ersetzt einen etwa bisher bestehenden Gasliefervertrag zwischen dem Kunden und dem Lieferanten, der außer Kraft tritt.

Auszug aus den AGB
6. Preise und Preisanpassung / Steuern und sonstige hoheitlich auferlegte Belastungen

6.6 Die SWK wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus (Änderungen der steuerlichen Belastungen, der Verf.) nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Erhöhung oder Ermäßigung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich die Kosten für die Beschaffung  von Energie oder die Nutzung des Verteilnetzes ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (z.B. durch die Einführung von Nutzungsentgelten für Einspeisungen). Die SWK wird bei Ausübung ihres billigen Ermessens Kostensenkungen nach den gleichen Maßstäben berücksichtigen, wie Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen. Änderungen der Preise nach dieser Ziffer sind nur auf den 01. 10. eines jeden Jahres und nur auf den Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsverlängerung möglich. Die SWK wird dem Kunden die Änderungen spätestens zwei Monate vor diesem Zeitraum in Textform mitteilen. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Preisanpassung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisanpassung in Textform zu kündigen. Macht er von diesem Recht keinen Gebrauch, gilt die Preisanpassung als genehmigt. Auf diese Folgen wird der Kunde von der SWK in der Mitteilung gesondert hingewiesen.

Einjährige Verträge sollten entsprechend abgefasst sein.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #66 am: 13. August 2009, 15:11:12 »
Danke.

Ob unbefristete Vertragsverhältnisse, die nur jährlich kündbar sind, so ausgestaltet sein sollten, hängt davon ab, auf welcher Seite man steht.

Die Klausel weicht vom gesetzlichen Preisänderungsrecht ab, weil der Tarifkunde die Alternative hat, den Vertrag zu kündigen oder eine gerichtliche Billigkeitskontrolle herbeizuführen. Bei SWK besteht nur die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen oder die Preisänderung gilt als genehmigt, was eine Billigkeitskontrolle ausschließen soll. Die Klausel wird deshalb wohl unwirksam sein. Die erstmalige Vertragsverlängerung erfolgt zum 01.10.2011, so dass erst zu diesem Zeitpunkt eine einseitige Preisänderung erfolgen kann, wenn die Klausel wirksam ist.

In welche Richtung sich die Kosten zwischenzeitlich entwickelt haben, hängt vom Zeitpunkt des konkreten Vertragsabschlusses ab.

Zitat
Änderungen der Preise nach dieser Ziffer sind nur auf den 01.10. eines jeden Jahres und nur auf den Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsverlängerung möglich. Die SWK wird dem Kunden die Änderungen spätestens zwei Monate vor diesem Zeitraum in Textform mitteilen. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Preisanpassung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisanpassung in Textform zu kündigen. Macht er von diesem Recht keinen Gebrauch, gilt die Preisanpassung als genehmigt. Auf diese Folgen wird der Kunde von der SWK in der Mitteilung gesondert hingewiesen.

Dass das nun besser sein sollte als bei EWI steht zu bezweifeln.

Offline reblaus

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« Antwort #67 am: 13. August 2009, 15:50:32 »
Es ist richtig, dass die Klausel eine gerichtliche Billigkeitskontrolle ausschließt. Ob dies tatsächlich so gewollt war, bezweifle ich. Vermutlich hat man die Wirkung des entscheidenden Satzes einfach nicht ordentlich bedacht. Unabhängig davon halte auch ich die Klausel für unwirksam.

Ohne die Genehmigung der Preisanpassung wäre die Klausel wohl wirksam.

Die SWK bieten wahlweise auch einjährige Laufzeiten und unter der Hand individuell vereinbart auch dreijährige Laufzeiten an.

 

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