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Autor Thema: Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB schließt Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB regelmäßig aus  (Gelesen 92441 mal)

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Offline Black

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Zitat
Original von RR-E-ft
Ein Preisänderungsrecht ist etwas anderes als ein Preisbestimmungsrecht, worauf ich hinweisen wollte. M.E. handelt es sich bei der gesetzlichen Regelung um ein Preisbestimmungsrecht.

andere Ansicht BGH
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Zitat
Original von RR-E-ft

In der Grundversorgung ist wohl klar, dass als Kehrseite der gesetzlichen Versorgungspflicht ein gesetzliches Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (zur Bestimmung des Äquivalenzverhältnisses) besteht, die Allgemeinen Preise gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden sind, §§ 2, 1 EnWG (möglichst preisgünstig, Kosteneffizienz) eine Rolle spielen (BGH KZR 2/07). Die Preise der Grundversorgung müssen jederzeit der Billigkeit entsprechen.

Aus der gesetzlichen Regelung ergab sich schon immer ein Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07) mit der Folge, dass der gesetzlich versorgungspflichtige Versorger vollkommen neue Tarife bestimmen und in Kraft setzen  und seine Kunden in diese neu festgesetzten Tarife einordnen kann. Was es dort deshalb nicht gab, war eine ein Äquivalenzverhältnis begründende Preisvereinbarung (a. A. BGH VIII ZR 36/06, VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07).

Es stünde wohl sehr schlecht, wenn den Grundversorgern kein Tarifbestimmungs- und - änderungsrecht zustände, insbesondere als viele Grundversorger ihre Tarifstruktur zwischenzeitlich grundlegend geändert haben. Dafür fehlte es dann an einer Grundlage, weil dadurch die bis dahin bestehenden  Äquivalenzverhältnisse grundlegend verändert wurden.  Oftmals haben Verbraucher der Änderung der Tarifstruktur widersprochen. Zu solchen Fällen sind reichlich Prozesse anhängig.

Ich bin der Auffassung, dass sich aus §§ 36, 2, 1 EnWG ergibt, dass schon potentiellen Grundversorgungskunden von Anfang an durch öffentliche Bekanntgabe solche Allgemeine Preise angeboten werden müssen, die der gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 2, 1 EnWG entsprechen.

Ohne Tarifbestimmungsrecht könnte kein Versorger eine neue Tarifstruktur einführen und seine Bestandskunden in die neu gebildeten Tarife einseitig einordnen. Es wäre schon fraglich, ob der Versorger einen Kunden nach Vertragsabschluss in einen von mehreren parallel nebeneinander bestehende Tarife einordnen darf, was regelmäßig bei konkludentem Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 AVBV/ GVV der Fall ist.

Zitat
BGH KZR 2/07 Tz. 26

Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

Der Kartellsenat des BGH spricht eindeutig von einem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht, welches der VIII. Zivilsenat des BGH auf ein Tarifänderungsrecht verkürzt.


Zitat
BGH KZR 29/06 Tz. 20

Der jeweilige Netzbetreiber ist hiernach gehalten, nach Art eines Tarifs allgemeine Preise zu bilden, die den in vergleichbaren Fällen tatsächlich oder kalkulatorisch angesetzten internen Leistungsentgelten entsprechen und in den Verträgen mit externen Netznutzern nur unter-, aber nicht überschritten werden dürfen, wobei regelmäßig wegen des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots auch eine Unterschreitung im Einzelfall ausscheidet. Ebenso wie der Gesetzgeber den Energieversorgern, die nach § 10 EnWG 1998 allgemeine, d.h. für jedermann geltende Tarife aufzustellen haben, hierdurch ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hat (BGH NJW 2007, 2540 Tz. 17), ist damit den Netzbetreibern, die allein über die für die Bestimmung des zulässigen Preises erforderlichen tatsächlichen Kenntnisse verfügen, das Recht gegeben worden, unter Beachtung der Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und gegebenenfalls der durch Rechtsverordnung konkretisierten Kriterien allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden.

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Ich stimme Ihnen zu, dass das gesetzliche Preisbestimmungsrecht grundsätzlich die gesamte Preisbestimmung umfasst, und nicht nur Preisänderungen. Faktische kann eine Preisbestimmung aber nur einmalig nämlich zum Zeitpunkt des Markteintritts in den Grundversorgungsmarkt wahrgenommen werden. Danach ist dieser einmalig festgelegte Preis nur noch den billigen Preisänderungen unterworfen.

Es steht dem Grundversorger auch frei seinen Tarif alle Jahre in der Namensgebung der neuesten Mode zu unterwerfen und umzubenennen. Dennoch handelt es sich rechtlich immer um den gleichen Tarif, der zum Nachteil des Kunden immer nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen verändert werden kann.

@Black
Ihre konkrete Kritik hat sich auf die Änderung des Äquivalenzverhältnisses bei unüblich hohen Gewinnen beschränkt. Darf man daraus schließen, dass Sie sich mit meinen Vorschlägen ansonsten im Grundsatz anfreunden könnten?

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Die grundlegende Änderung der Tarifstruktur eines Grundversorgers hat nichts mit einem inhaltlich unveränderten Angebot zu tun (\"Raider heißt jetzt Twix\"). Das Tarifbestimmungsrecht verhindert, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur (etwa: Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G, Vollversorgungstarif VV I, Vollversorgungstarif VV II) auf ewig uanbänderlich erhalten bleibt.

@Black/ Ronny

Sind Sie auch der Auffassung, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur vom Grundversorger auf ewig nicht mehr abgeändert werden kann, der Grundversorger nicht berechtigt ist, neue Tarife zu bilden und seine Bestandskunden in diese einzuordnen?

Offline reblaus

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@RR-E-ft
Der Sockelpreis verhindert, dass der Versorger bestehende Grundversorgungstarife zum Nachteil des Kunden verändern kann. Ob er bestehenden Tarife aus seinem Neukundenangebot nehmen und nur noch bei Altkunden anwenden darf, halte ich insoweit für fraglich, als der neue Tarif Verschlechterungen für die Kunden erbringt. Eine solche Ungleichbehandlung könnte die Ausbeutung einer marktbeherrschenden Stellung bedeuten.

Offline RR-E-ft

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@reblaus

Allgemeine Preise gem. § 36 Abs. 1 EnWG müssen immer für Neu- und Bestandskunden gleich sein.
Deshalb heißen sie Allgemeine Preise bzw. Allgemeine Tarife (vgl. auch BGH KZR 36/04 Tz. 9 ff.).

Nur deshalb gibt es auch das nicht näher konkretisierte gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht.

Zitat
BGH KZR 2/07 Tz. 26

Die Vorschrift bestimmt, dass das Gasversorgungsunternehmen zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung stellt und dass Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. Zwar ergibt sich auch aus dem Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht entgegen der Auffassung der Kläger ein (gesetzliches) Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB (BGHZ 172, 315 Tz. 17). Dass die Norm keine Vorgaben zu Zeitpunkt und Inhalt von Preisänderungen nennt, ist jedoch eine unmittelbare Folge des Umstandes, dass Tarifkunden zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen beliefert werden und beliefert werden müssen. Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

Offline bolli

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Zitat
Original von reblaus
@RR-E-ft
Ich stimme Ihnen zu, dass das gesetzliche Preisbestimmungsrecht grundsätzlich die gesamte Preisbestimmung umfasst, und nicht nur Preisänderungen. Faktische kann eine Preisbestimmung aber nur einmalig nämlich zum Zeitpunkt des Markteintritts in den Grundversorgungsmarkt wahrgenommen werden. Danach ist dieser einmalig festgelegte Preis nur noch den billigen Preisänderungen unterworfen.

Das würde ich aber anders sehen wollen. Wenn zum Zeitpunkt des Markteintritts niemand die Unbilligkeit gerügt hat, wird sie auch nicht festgestellt. Komme ich nun später in die Allgemeine Grundversorgung dieses Versorgers, muss es doch auch mir noch möglich sein, von einem unbilligen Grundsockelpreis wieder herunter zu kommen.
Über die Unbilligkeit der Preisänderungen geht das aber nicht.

Offline RR-E-ft

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Als potentieller Grundversorgungskunde hat man m. E. Anspruch darauf, dass einem vom Grundversorger Allgemeine Preise (gesetzlich gebunden an den Maßstab der Billigkeit) angeboten werden, die der gesetzlichen Verpflichtung des Grundversorgers aus §§ 36, 2, 1 EnWG entsprechen. Ob die Allgemeinen Preise des Grundversorgers dessen gesetzlicher Verpflichtung aus §§ 36, 2, 1 EnWG entsprechen, bemisst sich nicht danach, ob die grundversorgten Bestandskunden letzten Preisänderungen widersprochen hatten oder nicht.

Möglicherweise schwierig zu beantworten:

Zitat
@Black/ Ronny

Sind Sie auch der Auffassung, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur vom Grundversorger auf ewig nicht mehr abgeändert werden kann, der Grundversorger nicht berechtigt ist, neue Tarife zu bilden und seine Bestandskunden in diese einzuordnen?

Offline reblaus

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@bolli
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Original von bolli Komme ich nun später in die Allgemeine Grundversorgung dieses Versorgers, muss es doch auch mir noch möglich sein, von einem unbilligen Grundsockelpreis wieder herunter zu kommen.

Der BGH hat aber leider gegenteiliges entschieden. Sie müssen sich daher damit abfinden, eine Mindermeinung zu vertreten, die in der Rechtsprechung in nächster Zeit keine Rolle spielen wird.

Offline RR-E-ft

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Merkwürdigerweise meint der VIII. Zivilsenat des BGH (m. E. entgegen §§ 36, 2, 1 EnWG) ein zuvor unbilliger Tarifpreis könne (durch vertragliche Vereinbarung mit den Kunden) in die Zukunft fortgeschrieben werden, obschon der Grundversorger zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, unbillige Allgemeine Tarife anzubieten, die gegen seine gesetzlichen Verpflichtungen verstoßen. Dass man sich durch privatrechtliche Vertragsvereinbarungen gesetzlicher Verpflichtungen entziehen kann, wäre wohl halbwegs neu.

Offline Ronny

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Zitat
@Black/ Ronny

Sind Sie auch der Auffassung, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur vom Grundversorger auf ewig nicht mehr abgeändert werden kann, der Grundversorger nicht berechtigt ist, neue Tarife zu bilden und seine Bestandskunden in diese einzuordnen?

Nach BGH kann der Grundversorger durchaus verschiedene Grundversorgungsprodukte anbieten, solange sie auf dem Boden der Grundversorgungsverordnungen bleiben.

Dann muss der Grundversorger auch neue Produkte anbieten können.

Falls das zu schlicht gedacht sein sollte, setze ich mich aber gerne mit Gegenargumenten auseinander.

Offline RR-E-ft

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@Ronny

Nichts spricht dagegen, dass ein Grundversorger mehrere Tarife nebeneinander anbietet. Diese zusammen bilden seine aktuelle Tarifstruktur (etwa Kleinverbrauchstarif K, Grundpreistarif G, Vollversorgungstarif VV 1, Vollversorgungstarif VV 2 oder nur Basistarif für alle).

reblaus meint, eine einmal gebildete Tarifstruktur könne nachträglich nicht mehr geändert werden, es könnten nur die innerhalb der Tarifstruktur bereits bestehenden Tarife entsprechend der Kostenentwicklung angepasst werden. Es wäre also ausgeschlossen, bisher bestehende vier Tarife zu zwei oder gar nur einem neu gebildeten Tarif zusammenzufassen und die Bestandskunden in diese neu gebildeten Tarife einzuordnen. Dies begründet er damit, dass Bestandskunden Preissockel vereinbart haben, die der Neubildung von Tarifen entgegenstünden. Wegen der mit den Bestandskunden vereinbarten Äquivalenzverhältnisse (\"Preissockel\") müssten die irgendwan einmal gebildeten Tarife weitergeführt werden und könnten nur noch unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH (VIII ZR 138/07, VIII ZR 314/07) angepasst werden, ohne dass sich dadurch die o. g. Tarifstruktur ändert.

Wenn der Grundversorger eine neue Tarifstruktur bildet, dann müsste er seine Bestandskunden denknotwendig in die neu gebildeten Tarife (die völlig anders aussehen könnten als die bisherigen) einordnen.

Um mal ein Beispiel zu geben:

EWE Oldenburg schaffte zum 01.10.2004 die bis dahin bestehenden Tarife Kleinverbrauchstarrif K und Grundpreistarif G ab, bildete einen vollkommen neuen einheitlichen Basistarif und ordnete die Tarifkunden in diesen neuen (und einzigen) Allgemeinen Tarif  ein. Später wurde dieser Basistarif BT wieder aufgesplittet für verschiedene Abnahmefälle in  BT 1 und BT2 und die grundversorgten Kunden durch den Versorger  in diese neu gebildeten Tarife jeweils eingeordnet.

Fraglich, ob dies zulässig war. Nach reblaus wäre dies nach  der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats unzulässig gewesen, weil bestehende Tarife nur angepasst werden können. Für die Änderung der Tarifstruktur ist ein Preisbestimmungsrecht erforderlich, also ein weitergehendes Recht als ein Preisänderungsrecht.


Zitat
@Black/ Ronny

Sind Sie auch der Auffassung, dass eine einmal gebildete Tarifstruktur vom Grundversorger auf ewig nicht mehr abgeändert werden kann, der Grundversorger nicht berechtigt ist, neue Tarife zu bilden und seine Bestandskunden in diese einzuordnen?

Offline bolli

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Original von RR-E-ft
Als potentieller Grundversorgungskunde hat man m. E. Anspruch darauf, dass einem vom Grundversorger Allgemeine Preise (gesetzlich gebunden an den Maßstab der Billigkeit) angeboten werden, die der gesetzlichen Verpflichtung des Grundversorgers aus §§ 36, 2, 1 EnWG entsprechen. Ob die Allgemeinen Preise des Grundversorgers dessen gesetzlicher Verpflichtung aus §§ 36, 2, 1 EnWG entsprechen, bemisst sich nicht danach, ob die grundversorgten Bestandskunden letzten Preisänderungen widersprochen hatten oder nicht.

Das ist mir schon klar. Aber da wir keine Tarif- bzw. Preisprüfung haben, wird die Tatsache, ob sich der Versorger an seine gesetzliche Verpflichtung gehalten hat, i.d.R. wohl nur in einem solchen Verfahren konkret geprüft werden. Sagt niemand was, prüft auch niemand und ich habe später mit dem Sockel zu kämpfen. Aber wir sehen das doch meines Erachtens durchaus ähnlich mit der Billigkeitsbetrachtung von Sockel und Erhöhung.

Im übrigen ist für mich auch noch fraglich, ob ich wissent- und willentlich ein Vertragsverhältnis in der Allgemeinen Grundversorgung eingegangen bin/eingehen würde (und somit den Sockelpreis akzeptieren müsste), wenn ich z.B. einer Kündigung meines Sondervertrages widersprochen habe und der Versorger mir ankündigt, mich im Falle des Nichtabschlusses eines neuen SV in die Allgemeine Grundversorgung einzustufen. Der Versorger ist natürlich für mein Gebiet der gleiche und nennenswerte Konkurrenz gibt es nicht, so dass ich auch nicht so ohne weiteres zu einem anderen Versorger wechseln kann. Ich widerspreche dieser Vorgehensweise und rüge vorbehaltlich, dass ich tatsächlich (zwangsweise) in die Grundversorgung rutsche, die dortigen Preise als unbillig gem. § 315 BGB. Ich meine ja, mein alter SV bestünde weiterhin und falls sich später herausstellt, dass dem nicht so wäre, ist die allgemeine Grundversorgung doch nicht mit meiner Zustimmung zustande gekommen.
Ist das dann nicht eher ein Fall der sog. Ersatzversorgung ?

Offline Black

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@ RR-E-ft

Mein Hinweis auf die abweichende Ansicht des BGH bezog sich darauf, dass der Tarif zwar einseitig vom Versorger geändert werden darf (§ 315 BGB) aber nicht einseitig am Anfang bestimmt wurde. Denn der Anfangspreis gilt im Verhältnis zu jeweiligen Kunden als einvernehmich vereinbart und ist daher auch keiner Billigkeitskontrolle unterzogen.

@ Bolli

Wenn Sie \"später dazukommen\" haben Sie sich bewusst für den Grundversorgungstarif entschieden. Der Tarif kann also nicht Ihnen gegenüber von Anfang an unbillig sein. So sieht es jedenfalls der BGH. Daher kann der Sockelpreis nicht auf Billigkeit geprüft werden.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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@Black

Auf abweichende Ansichten weise ich selbst hin.

Wie ist nun Ihre Meinunbg zur nachträglichen Änderung der Tarifstruktur, zB bei der Oldenburger EWE zum 01.10.2004 ff.?

Es gibt Kunden, die haben sich bewusst gegen Grundversorgung entschieden, dieser widersprochen und wurden gleichwohl vom Grundversorger in einen von dessen nebeneinender bestehende Allgemeine Tarife eingeordnet. Dass in einem solchen Fall eine Preisvereinbarung vorliegt, steht zu bezweifeln.

 

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